Medienrecht - Neue Medien - Einführung

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Einführung in das Medienrecht

Allgemeines

Medien spielen in nahezu sämtlichen Lebensbereichen, sei das nun Politik, Bildung, Wirtschaft, Familie, Religion, Sport, Technik usw. eine Rolle und sind in unserer Gesellschaft kaum noch wegzudenken. Medien beeinflussen diese Lebensbereiche und diese Lebensbereiche beeinflussen Medien und deren Inhalte.

Viele wissenschaftliche Disziplinen haben Medien zum Betrachtungs- und Untersuchungsgegenstand, etwa die Mediensoziologie, Medienwissenschaft usw.

Auch im Bereich der Rechtswissenschaften sind Medien bzw. das Medienrecht bedeutsam. Dabei bildet das Medienrecht jedoch keine „abgeschlossene“ Teildisziplin, wie beispielsweise das Privatrecht, das öffentliche Recht oder das Strafrecht. Es ist vielmehr eine „Querschnittsmaterie“, welche in das öffentliche Recht, das Zivilrecht und das Strafrecht hineinspielt.

Von der inhaltlichen Betrachtung gesehen, hat „das“ Medienrecht daher auch unterschiedliche Gegenstände bzw. Zielsetzungen. So kann etwa die Nutzung von geistigen Werken in Medien in das Urheberrecht hineinspielen. Übertragungsspezifische Regelungsaspekte einzelner Medien könnten wiederum in das Telekommunikationsrecht und das Rundfunkrecht hineinspielen.

Die von der Gesetzgebung verfolgte Zielsetzung bei der Regelung medienspezifischer Sachverhalte liegt im Kern zum einen in der Ausgestaltung und Durchsetzung der verfassungsrechtlich verankerten Kommunikationsfreiheit [1] . Neben dieser verfassungsgesetzlich gewährleisteten Freiheit, die es umzusetzen und zu schützen gilt, sind aber auch Grenzen zu beachten und auf gesetzlicher Ebene zu „artikulieren“. Diese Grenzen können in Gründen des Allgemeininteresses gelegen sein. Solche Interessen wären beispielsweise Konsumenten- oder Jugendschutz. Neben den Allgemeininteressen können sich auch Grenzen auftun, die im Interesse eines Individuums liegen, etwa dessen Privatsphäre oder dessen gewerbliche Schutzrechte.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die medienspezifischen Regelungsinteressen nicht ausschließlich von der österreichischen Gesetzgebung artikuliert werden. Auch auf Ebene der Europäischen Union oder des Europarates werden medienspezifische Vorgaben, die zum Teil für Österreich bindend sind, festgelegt. [2]

Medien, Massenmedien und Neue Medien

Bevor in weiterer Folge auf die das Medienrecht bildenden Rechtsquellen eingegangen wird, soll zunächst noch ein Blick auf die Ausgangsbegriffe geworfen werden:

1. Das Wort „Medium“ stammt aus dem Lateinischen und kann mit dem „Dazwischenstehenden“ übersetzt werden. In der Kommunikationswissenschaft wird Medium gebräuchlich als Transportmittel, welches es ermöglicht, gedankliche Inhalte zwischen Lebewesen zu übermitteln, verstanden. Ihre Hülle ist das Mittel, mit dem Ideen und Vorstellungen für andere Menschen sinnlich wahrnehmbar gemacht werden können. Folglich kann jede Verkörperung, die sich als Mittel zur sinnlichen Wahrnehmbarmachung von Ideen und Vorstellungen von Menschen für andere Menschen eignet, als Medium bezeichnet werden. [3] Medien können beispielsweise Bücher, Fernsehen, Videofilm, Telefon oder Briefe sein.

2. Ein Medium kann der Individual-, aber auch der Massenkommunikation dienen:

Individualkommunikation zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich typischerweise zwischen zwei Personen oder einem kleinen Personenkreis abspielt. Paradebeispiel dafür ist eine briefliche Kommunikation. Im elektronischen Bereich wird von sogenannter „point to point“ - Kommunikation gesprochen (zB Telefonieren oder email).

Richtet sich die Botschaft an eine Vielzahl von Menschen, dann wird von Massenkommunikation gesprochen. Die Kommunikation erfolgt als „point to multipoint“.

Nach gängiger Definition sind Massenmedien Kommunikationsmittel, die durch technische Vervielfältigung und Verbreitung mittels Schrift, Bild oder Ton Inhalte an eine unbestimmte (weder eindeutig festgelegte, noch quantitativ begrenzte) Zahl von Menschen vermitteln und somit öffentlich an ein anonymes, räumlich verstreutes Publikum weitergeben. [4]

Als Massenmedien kommen jene Medien zum Einsatz, die geeignet sind, menschliche Ideen oder Vorstellungen für eine Vielzahl von Menschen sinnbildlich wahrnehmbar zu machen, somit etwa Rundfunk, Fernsehen, Printmedien, Schallträger usw.

Dabei wechselten Leitmedien bei historischer Betrachtung bzw. traten neue hinzu. Am Beginn waren es Printmedien, gefolgt von elektronischen Medien wie Hörfunk und Fernsehen. Seit 1990 wächst auch die Bedeutung des world wide web und der sozialen Medien.

In der Kommunikationswissenschaft werden die Massenmedien von den sonstigen Medien wegen ihrer Bedeutung für die Gesellschaft unterschieden. Nach den Funktionen, die die Massenmedien erfüllen, kann unterschieden werden: [5]

>a) Aufgaben für die Gesellschaft (Sozialisation, soziale Orientierung, Unterhaltung),

b) Aufgaben für das politische System (Herstellen von Öffentlichkeit, Forum zum Ausdrücken von Ansichten und Interessen sowie von Kritik und Kontrolle staatlicher Gewalten oder gesellschaftlicher Strömungen),

c) Aufgaben für das Wirtschaftssystem (Arbeitgeber*innen, selbständiges Wirtschaftsgut, Forum für Werbung, aber auch Berichte über die Wirtschaft).

3. Der Begriff „Neue Medien“ stellt zeitbezogen auf neue Medientechniken ab. Anfänglich war damit das Radio gemeint, dann das Fernsehen und mit dem Aufkommen von Videotext wurden dieser als Neue Medien bezeichnet. Seit Mitte der 1990er Jahre ist er für alle elektronischen, digitalen, interaktiven Medien und den Kontext Multimedia und Netzpublikation gebräuchlich.

Mit anderen Worten sind „Neue Medien“ Medien, die mit Hilfe neuer oder erneuerter Technologien, neuartige, also in dieser Art bisher nicht gebräuchliche, Formen von Informationstransfer ermöglichen. Die „Neuen Medien“ unterliegen daher einem stetigen Wandel.

Kennzeichnend sind derzeit rechnergestützte Anwendungen, digitale Daten und ein interaktiver Umgang mit diesen Daten. Gelegentlich wird statt des Begriffs der Neuen Medien auch der Begriff Multimedia verwendet, weil infolge der Digitalisierung eine Integration von allen möglichen Kommunikationswegen - wie Sprache und Text, Video und Audio, Telekommunikation, Unterhaltungselektronik und Computertechnik - eröffnet ist.

Rechtsquellen

Wie bereits unter Punkt 1.1. angeführt, ist „das“ Medienrecht nicht in einem Gesetzeswerk kodifiziert. Die Rechtsquellen, die medienrechtliche Inhalte bzw. Zielsetzungen zum Gegenstand haben, haben ihren Ursprung etwa auf europarechtlicher, auf verfassungsrechtlicher und auf einfachgesetzlicher Ebene. Neben diesen Regelungswerken, die rechtlich verbindliche Bestimmungen zum Gegenstand haben, gibt es auch - zwar rechtlich nicht verbindliches, aber aufgrund der Akzeptanz der beteiligten Verkehrskreise durchaus effektives - „soft law“ bzw. Regelungen der Selbstregulierung. [6]

Europarechtliche Rechtsquellen

Bei den europarechtlichen Rechtsquellen des Medienrechts ist zwischen jenen, die ihre Wurzeln in den Vertragswerken der Europäischen Union (= „unionsrechtliches Medienrecht“) und jenen, die ihren Ursprung im Europarat haben, zu unterscheiden:

Unionsrechtliches Medienrecht

Die Regelungsbefugnis auf europäischer Ebene ist keine allumfassende. Unionsrechtliche Regelungen können lediglich für jene Bereiche getroffen werden, die der Europäischen Union seitens der Mitgliedstaaten in den unionsrechtlichen Kompetenzbereich übertragen wurden. [7]

Für den medialen Bereich gibt es keine ausdrückliche, unionsrechtliche Kompetenz zur Regelung von Medieninhalten. [8] Dennoch finden sich im Unionsrecht Grundlagen, die als Kompetenzgrundlage für die Regelung medienrechtlich bedeutsamer Sachverhalte herangezogen werden. Diese Grundlagen sind etwa im Wettbewerbsrecht, wie insbesondere Kartellverbot, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Fusionskontrolle und Regelung staatlicher Beihilfen verankert. (Näheres zum Wettbewerbsrecht findet sich unter Lektion 4.) Für den Medienbereich bedeutsam sind auch die Grundfreiheiten, nämlich die Warenverkehrsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. Zudem ist die Medienfreiheit und die Pluralität der Medien grundrechtlich in Art 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) verankert.

Da die (neuen) Medien nicht an den Landesgrenzen Halt machen und eine europäische Orientierung des Medienwesens als erforderlich erachtet wurde, ergingen sekundärrechtliche Regelungen auf dem Gebiet des Medienrechts. Gerade auch im Ausbau der Informationsgesellschaft sah bzw. sieht die Unionspolitik einen bedeutsamen Beitrag zur Steigerung des Wachstums, der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung in der Union. Die europarechtlichen Regelungsinitiativen begannen in diesem Bereich gegen Ende der Neunzigerjahre des 20. Jahrhunderts. Hervorzuheben sind dabei insbesondere:

1. Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie [9] . Diese ersetzte die Fernsehrichtlinie [10] und umfasst neben dem klassischen Fernsehen sämtliche andere an eine breite Öffentlichkeit gerichtete audiovisuelle Mediendienste auf Abruf („video-on-demand“). Die Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie enthält dabei Mindeststandards - etwa im Bereich von Werbung und Sponsoring, Jugendschutz oder bestimmte Programmgrundsätze -, die grenzüberschreitende Fernsehprogramme in Europa aufweisen müssen. Dabei ist es notwendig und ausreichend, wenn alle Fernsehsendungen dem Recht des Mitgliedstaates entsprechen, in dem sie ihren Ursprung haben. Folglich ist der Sendestaat für die Einhaltung der Bestimmungen dieser RL verpflichtet; Eine Überprüfung seitens des Empfangsstaates ist nicht erforderlich. Umgesetzt wurde die RL in Österreich durch das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G).

2. Urheberrechtsrichtline [11] . Mit der Urheberrechts-RL soll einerseits das europäische Urheberrecht an neue technische Verwertungsarten (zB Digitalisierung, Internet) angepasst und andererseits zwei im Rahmen der Weltorganisation für das geistige Eigentum im Jahr 1996 erarbeitete Übereinkommen umgesetzt werden. Die Urheberrechts-RL enthält dabei Regelungen für das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe auf Distanz und das Verbreitungsrecht und führt das Recht der interaktiven öffentlichen Wiedergabe für die Nutzung von geschützten Werken im Internet ein. Ferner sieht die Richtlinie einen abschließenden Katalog möglicher freier Werknutzungen vor, wobei eine freie Werknutzung für vorübergehende, technisch bedingte Vervielfältigungen verbindlich vorgeschrieben ist. [12]

Europarat

Rechtsakte des Europarates schaffen als solches noch kein unmittelbar anwendbares (Medien-)Recht. Sie sind zum Teil als Empfehlungen an die Vertragstaaten des Europarates gerichtet. Zum Teil stehen sie als völkerrechtliche Verträge den Vertragstaaten zur Ratifizierung offen, die dann insoweit verbindlich Wirkung entfalten, als den Staaten die Erfüllung der in diesen Verträgen übernommenen Verpflichtungen obliegt. Eine mögliche Erfüllungsform kann beispielsweise in der Erlassung bzw. Anpassung von Gesetzen liegen.

Ein Beispiel für ein solches Übereinkommen ist das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen [13] , welches den Zweck verfolgt, die grenzüberschreitende Verbreitung und Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen zwischen den Vertragsparteien des Europarates zu erleichtern.

Eine zentrale Bedeutung im Zusammenhang mit dem Medienrecht kommt auch dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu. Der EGMR erlässt bzw. schafft kein Medienrecht im Sinne eines rechtssetzenden Organs. Der Gerichtshof ist vielmehr ein Organ der Rechtsprechung. Hier kommt ihm die bedeutsame Rolle zu, Entscheidungen von nationalen Gerichten und Behörden auf deren Übereinstimmung im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu beurteilen. Gerade der Art 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäußerung) hat im medienrechtlichen Kontext große Bedeutung. Die Rechtsprechung des EGMR ergeht zu den konkret zur Überprüfung an den EGMR herangetragenen Urteilen bzw. Verwaltungshandlungen. Diese Rechtsprechung hat auch für die davon nicht betroffenen Vertragstaaten Bedeutung, weil anzunehmen ist, dass der EGMR bei seiner Rechtsprechung bleiben wird, wenn ihm vergleichbare Fallentscheidungen aus anderen Vertragstaaten zur Überprüfung vorgelegt werden. (Zur Rechtsprechung des EGMR siehe auch unter Punkt 1.3.2.)

Verfassungsrechtliche Rechtsquellen

Auch auf der Ebene des Verfassungsrechts finden sich Grundlagen im Zusammenhang mit dem Medienrecht. Zum einen handelt es sich dabei um grund- und freiheitsrechtliche Bestimmungen, zum anderen um organisationsrechtliche Regelungen:

1. Im Zusammenhang mit den Grundrechten ist die zentrale verfassungsrechtliche Grundlage die "Kommunikationsfreiheit“. Sie ist in Art 13 Abs 1 StGG und Art 10 EMRK verankert und verbrieft die individuelle Meinungsfreiheit. Jeder Mensch (und nicht bloß österreichische*r Staatsbürger*in) hat das Recht, sich in zwischenmenschlichen Begegnungen durch den Austausch von Meinungen und Informationen zu verwirklichen. Der verfassungsrechtliche Schutz bezieht sich dabei auf die Person des Äußernden (Meinungsäußerungsfreiheit) und auch auf die Person des*der Empfänger*in (Informationsfreiheit) und begründet in wechselseitiger Sinneinheit die sogenannte Kommunikationsfreiheit. [14]

Art 10 EMRK bekommt als Rechtsquelle für das Medienrecht in Österreich eine zweifache Bedeutung zu: Zum einen ist die EMRK Beurteilungsmaßstab des EGMR im Rahmen der an ihn zur Überprüfung im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Menschenrechtskonvention herangetragenen nationalen Urteile bzw. Verwaltungsakte.

Zum anderen kommt der Europäischen Menschenrechtskonvention in Österreich aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des österreichischen Parlaments auch Verfassungsrang zu. [15] Damit ist die Europäische Menschenrechtskonvention auch Beurteilungsmaßstab für den Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung.

Das kann zur Folge haben (und hat dies zum Teil auch), dass die Rechtsprechung des EGMR und des Verfassungsgerichtshofes zu identen Konventionsbestimmungen inhaltlich unterschiedlich ausgefallen ist.

In der Rechtsprechung des EGMR zu Art 10 EMRK wird regelmäßig die Bedeutung von Medien in demokratischen Gesellschaften betont. Einige Entscheidungen des EGMR ergingen in Gefolge von Urteilen österreichischer Strafgerichte; diesen Urteilen gingen Berichterstattungen über Politiker*innen voran, die dann in weiterer Folge das Medium bzw. den*die Journalist*in wegen übler Nachrede vor Strafgerichten belangten. Der EGMR betonte (auch) in diesen Entscheidungen die Wichtigkeit der Medien und der Meinungsäußerungsfreiheit in demokratischen Gesellschaften. Oft war die Verurteilung seitens der österreichischen Strafgerichte daher nicht im Einklang mit der Medienäußerungsfreiheit.

Der Medienäußerungsfreiheit wurden in der Rechtsprechung des EGMR aber auch bedeutsame Grenzen gezogen. Besonders hervorhebenswert sind dazu die Entscheidungen im Fall Caroline von Hannover gegen Deutschland [16] ,“ in welchem der Gerichtshof der Veröffentlichung von Paparazzifotos aus dem Privatleben prominenter Persönlichkeiten eine Grenze, im Hinblick auf deren zu achtendes Privatleben (Art 8 EMRK), zog. Das heißt nun zwar nicht, dass generell über das Privatleben prominenter Persönlichkeiten keine (Bild-)Berichterstattung erfolgen darf; vielmehr muss im Einzelfall eine Interessenabwägung vorgenommen werden, im Rahmen derer zum einen der Frage nachzugehen ist, ob die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion leistet. Bezieht sich die Berichterstattung ausschließlich auf Details des Privatlebens von Personen, die keine öffentliche Funktion bekleiden, dann hat das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit gegenüber dem Recht auf Achtung des Privatlebens zurückzutreten.

Neben der Meinungsäußerungsfreiheit drückt die in Art 13 Abs 2 StGG und im Beschluss der Provisorischen Nationalversammlung [17] verankerte Pressefreiheit an heutigen Maßstäben schon fast Selbstverständliches aus, nämlich, dass

i) die Presse nicht durch ein Konzessionssystem beschränkt werden darf, folglich die Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften nicht an das Vorliegen behördlicher Bewilligungen geknüpft werden darf.

ii) die Presse nicht unter Zensur gestellt werden darf. MaW die Zulässigkeit einer Veröffentlichung darf nicht durch eine vorangehende behördliche Überprüfung bedingt sein.

iii) administrative Postverbote auf inländische Druckschriften keine Anwendung finden.

2. Art 10 Abs 1 EMRK erfasst auch die Rundfunkfreiheit (Hörfunk und Fernsehen), die einen grundrechtlichen Anspruch auf Veranstaltung von Rundfunkprogrammen durch „jedermann“ [18] garantiert.

Das österreichische Verfassungsrecht kennt zum Rundfunk eine besondere Verfassungsbestimmung: Das BVG Rundfunk [19] erklärt Rundfunk zur öffentlichen Aufgabe. Damit wird die besondere Verantwortung des Mediums Rundfunk für eine demokratische Gesellschaftsordnung angesprochen.

Weiters werden die Grundsätze für den Rundfunk verfassungsrechtlich dahingehend vorgegeben, dass dieser unabhängig, zur objektiven und unparteilichen Berichterstattung verpflichtet ist, Meinungsvielfalt sowie Ausgewogenheit der Programme zu berücksichtigen hat. Diese Grundsätze gelten sowohl für den öffentlich-rechtlichen als auch für den privat betriebenen Rundfunk. Anknüpfend an den Rundfunkveranstalter wurden auf einfachgesetzlicher Ebene diese Grundsätze dann zum Teil unterschiedlich ausgestaltet. [20]

3. Auf verfassungsrechtlicher Ebene angesiedelt ist die Zuständigkeitsverteilung (Kompetenzbestimmungen) zwischen Bund und Ländern zur gesetzlichen Regelung medienrechtlich bedeutsamer Sachverhalte.

Dabei liegt das kompetenzrechtliche Schwergewicht beim Bund: Bei der Bundesgesetzgebung liegt die Zuständigkeit zur Regelung des Pressewesens, des Post- und Fernmeldewesens, des Rundfunks, des Urheberrechts, des (medienrelevanten) Zivil- und Strafrechtswesens, aber auch des Urheberrechts oder des Arbeitsrechts für Journalist*innen.

Die Kompetenzen der Länder zur Regelung medienrelevanter Sachverhalte sind (im Vergleich zu den Bundeszuständigkeiten) gering. Den Ländern kommt im Rahmen des Veranstaltungswesens (Kinowesens) die Befugnis zur Regelung öffentlicher Filmvorführungen zu.

Im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung können sowohl der Bund als auch die Länder gesetzliche Bestimmungen erlassen. Bei diesen Fördergesetzen wird die jeweilige Förderung aufgrund eines zivilrechtlichen Vertrages mit der fördernden Gebietskörperschaft vereinbart, und aus Sicht des*der Förderungsempfänger*in darf es auf diese Förderung keinen Rechtsanspruch geben. Beispielsweise ermöglicht das Burgenländische Kulturförderungsgesetz so die Förderung des Film- und Fotowesens, der Literatur und Medien.

Einfachgesetzliche Rechtsquellen

Auf einfachgesetzlicher - und in weiterer Folge lediglich bundesgesetzlicher - Ebene existieren zahlreiche Gesetze, die Medien zum Gegenstand haben bzw. mit diesen in Zusammenhang stehen. Hier wird zunächst ein kurzer Überblick über diese Rechtsgrundlagen gegeben. Auf einzelne Rechtsgrundlagen wird in den folgenden Lektionen näher eingegangen.

1. Der zivil- und strafrechtliche Schutz von Persönlichkeitsrechten ist insbesondere im ABGB [21] , UrhG [22] und im StGB [23] verankert. Besondere Haftungs- und Verfahrensvorschriften finden sich im MedienG.

2. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt und Hintanhaltung von Medienkonzentrationen finden sich Bestimmungen im Kartellgesetz [24] .

3. Der Medienwerbung widmen sich zahlreiche Rechtsvorschriften, wie etwa das UWG, MedienG, PrR-G, AMD-G oder ORF-G. Aber auch einzelne Materiengesetze enthalten Werbebeschränkungen, etwa für bestimmte Produkte (zB ArzneimittelG oder TabakG).

4. Weiters finden sich Bestimmungen, die die Regulierung von Medien zum Gegenstand haben, die beispielsweise dem Transparenz- und Informationsbedürfnis der Nutzer*innen dienen (Impressums- und Offenlegungspflichten), die arbeitsrechtliche Sondervorschriften der Medienmitarbeiter*innen enthalten oder die die Aufsicht über Medien zum Gegenstand haben. So kommt beispielsweise die Aufsicht über den Österreichischen Rundfunk einer besonders eingerichteten Behörde, nämlich aufgrund des KOG der Kommunikationsbehörde Austria („KommAustria“).

„Soft law“ - Regelungen der Selbstregulierung

Neben der staatlichen Regulierung kommt im Medienrecht auch der Selbstregulierung durch die beteiligten Verkehrskreise Bedeutung zu. Historisches Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Presserat, der von Herausgeber*innen der Printmedien und der Journalistengewerkschaft ins Leben gerufen wurde und aufgrund eines eigenen Ehrenkodexes Entscheidungen zur journalistischen Sorgfalt trifft. Diese sind rechtlich zwar nicht verbindlich, faktisch dennoch sehr bedeutsam und setzten für weitere Berichterstattungen neue Standards, an die sich die beteiligten Kreise weitgehend halten. An weiteren Einrichtungen der Selbstregulierung sind insbesondere der Österreichische Werberat und die ISPA, als Dachorganisation der Internet-Wirtschaft, zu nennen.

Wiederholungsfragen

1. Beschreiben Sie die Einordnung des Begriffs Medienrecht im System der Rechtsordnung.

2. Was versteht man unter dem Begriff der Massenmedien?

3. Was sind „neue“ Medien?

4. Welche unionsrechtlichen Rechtsquellen bzw. Rechtsgrundlagen sind bedeutungsvoll für das Medienrecht?

5. Beschreiben Sie den Inhalt der verfassungsrechtlich verankerten Pressefreiheit.

6. Was ist unter „soft law“ zu verstehen? Gibt es im Medienrecht ein solches?

7. Erläutern Sie die Bedeutung des BVG Rundfunk.

8. Welche zweite europäische Institution neben der Europäischen Union schafft für das Medienrecht bedeutsame inhaltliche Vorgaben?

9. Skizzieren Sie die Unterschiede zwischen Individual- und Massenkommunikation.

10. Welche Gesetzgebungskompetenzen kommen den (österreichischen) Bundesländern im Bereich des Medienrechts zu?

Lösungen

1. Das Medienrecht ist keine abgeschlossene bzw. selbständige Teildisziplin. Es ist vielmehr eine Regelungsmaterie, die in verschiedene Gesetzesmaterien, wie etwa ins Strafrecht, öffentliche Recht, Namensrecht, Urheberrecht usw. hineinspielt („Querschnittmaterie“).

2. Massenmedien sind Kommunikationsmittel, die Inhalte durch technische Vervielfältigung und Verbreitung mittels Schrift, Bild oder Ton an eine unbestimmte Zahl von Menschen vermitteln und somit öffentlich an ein anonymes, räumlich verstreutes Publikum weitergeben. Die Kommunikation erfolgt gewissermaßen „point to multipoint“. Beispiele sind etwa Rundfunk, Fernsehen, Printmedien, Schallträger usw.

3. „Neue“ Medien verbreiten Inhalte mit neu entwickelten (Medien‑)Technologien. Rückblickend betrachtet waren das zunächst Radio, dann Fernsehen, Videotext und seit den 1990er Jahre wird dieser Begriff für alle elektronischen, digitalen, interaktiven Medien und Netzpublikationen verwendet.

4. Auf Ebene des Primärrechts sind maßgeblich das unionsrechtliche Wettbewerbsrecht (insbesondere das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Fusionskontrolle und Regelung staatlicher Beihilfen) und die Waren- und Dienstleistungsfreiheit. An sekundärrechtlichen Rechtsquellen sind insbesondere die Fernsehrichtlinie und die Urheberrechtsrichtlinie zu nennen.

5. Aufgrund der Pressefreiheit darf die Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften nicht an das Vorliegen behördlicher Bewilligungen geknüpft werden (Verbot eines Konzessionssystems), darf die Zulässigkeit einer Veröffentlichung nicht von einer vorhergehenden staatlichen Überprüfung abhängig gemacht werden (Verbot der Zensur) und dürfen für inländische Druckschriften keine administrativen Postverbote erlassen werden.

6. Unter soft law, auch Regelungen der Selbstregulierung genannt, werden Regelungen verstanden, die als solches im Rechtsweg nicht durchsetzbar sind bzw. keine erzwingbaren Rechtspositionen einräumen. Häufig werden sie von den betroffenen Verkehrskreisen selbst vereinbart. Auch im Bereich der Medien gibt es Beispiele für solches soft law (Presserat, Österreichsicher Werberat und die ISPA).

7. Das BVG Rundfunk steht im Verfassungsrang und erklärt Rundfunk zur öffentlichen Aufgabe, womit die besondere Verantwortung des Mediums Rundfunk für eine demokratische Gesellschaftsordnung festgehalten ist?

Im BVG Rundfunk ist für den Rundfunk die Verpflichtung zur unabhängigen, objektiven und unparteilichen Berichterstattung vorgegeben, wobei Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit der Programme zu berücksichtigen sind.

8. Neben der Europäischen Union schafft der Europarat für das Medienrecht bedeutsame Rechtsakte. Diese Rechtsakte verbriefen aber nicht sofort mit ihrer Erlassung (medienrechtliche) Rechtspositionen. Vielmehr sind diese Rechtsakte an die Vertragstaaten des Europarates gerichtet und müssen erst von diesen in nationales Recht (Gesetze, Verordnungen) umgewandelt werden.

9. Für Individualkommunikation ist charakteristisch, dass sie sich typischerweise zwischen zwei Personen oder einem kleinen Personenkreis abspielt („point to point“). Richtet sich dagegen die Botschaft an eine Vielzahl von Menschen, dann wird von Massenkommunikation gesprochen („poin„t to multipoint“).

10. Die Gesetzgebungskompetenzen der Bundesländer sind im Vergleich zu jenen des Bundes im Medienbereich gering. Die Länder können im Rahmen des Veranstaltungswesens (Kinowesens) öffentliche Filmvorführungen regeln. Weiters sind sie befugt, im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Fördergesetze zu erlassen.

  1. Die zentralen verfassungsrechtlichen Rechtsgrundlagen im Zusammenhang mit der "Kommunikationsfreiheit" sind in Art 13 StGG und Art 10 EMRK verankert und verbriefen die individuelle Meinungsfreiheit. Jeder Mensch (und nicht bloß österreichischer Staatsbürger) hat das Recht, sich in zwischenmenschlichen Begegnungen durch den Austausch von Meinungen und Informationen zu verwirklichen. Der verfassungsrechtliche Schutz bezieht sich dabei auf die Person des Äußernden (Meinungsäußerungsfreiheit) und auch auf die Person des Empfängers (Informationsfreiheit). Diese Freiheiten begründen in wechselseitiger Sinneinheit die sogenannte Kommunikationsfreiheit (siehe etwa Berka, Die Grundrechte, Rz 544; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12, Rz 426ff.).
  2. Zu den Rechtsquellen im Medienrecht siehe Punkt 1.3.
  3. Holoubek et al, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 2, mit weiteren Nachweisen.
  4. Burkhart, Kommunikationswissenschaften5.
  5. Siehe näher dazu Holoubek et al, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 3f.
  6. Umfassend dazu Holoubek et al, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 19ff.
  7. Dabei handelt es sich um das sogenannte Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art 5 EUV) Das Europäische Parlament, der Rat, die Kommission, der Gerichtshof und der Rechnungshof üben ihre Befugnisse nach Maßgabe der ihnen in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse aus (siehe auch Art 13 Abs 2 EUV). Noch deutlicher sagt Art 5 Abs 2 EUV: Die Union wird nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen.
  8. Entsprechend Art 167 AEUV leistet jedoch die Union einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes. Dabei fördert die Union durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit, etwa im Bereich künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich. In diesen Bereichen kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen erlassen.
  9. RL 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste, ABl Nr L 95/1 vom 15.04.2010.
  10. RL 89/552/EWG, geändert durch die RL, ABl Nr L 202 vom 30.7.1997.
  11. RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl Nr L 167 vom 22.06.2001, S 10 ff.
  12. Im Juni 2014 entschied der EuGH (C-348/13), dass Streaming von der europäischen Urheberrechtsrichtlinie ausgenommen sei, denn die dabei auf den Computer geladenen Daten seien „vorübergehend, flüchtig oder begleitend und ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“. Das bloße Betrachten urheberrechtlich geschützten Materials im Webbrowser oder über einen Streaming-Client stellt demnach keinen Rechtsverstoß dar.
  13. BGBl III Nr 164/1998.
  14. Siehe etwa Berka, Die Grundrechte, Rz 544; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12, 426ff.
  15. In anderen Vertragstaaten des Europarates kommt der EMRK kein Verfassungsrang zu. Die Stellung der EMRK im Gefüge deren nationaler Rechtsordnung ist regelmäßig bloß ein (einfacher) völkerrechtlicher Vertrag.
  16. EGMR, Kleine Kammer, Urteil vom 24.09.2004, Az 59320/00; EGMR, Große Kammer, Urteil vom 7. Februar 2012, Az. 40660/08 und 60641/08 (Von Hannover II); EGMR, Große Kammer, Urteil vom 7. Februar 2012 (Axel Springer AG), Az. 39954/08.
  17. Siehe dazu den 3. Beschluss der provisorischen Nationalversammlung vom 30.10.1918, Staatsgesetzblatt für den Staat Deutschösterreich Nr 2/1918. (Abrufbar unter http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=sgb&datum=19180004 &seite=00000003&zoom=2).
  18. Im grund- und menschenrechtlichen Kontext wird danach unterschieden, ob die jeweilige verfassungsrechtliche Schutzposition lediglich österreichischen Staatsbürgern (wie beispielsweise beim Gleichheitsgrundsatz) oder auch fremden Staatsangehörigen zukommt. In letzterem Fall wird von "Jedermannsrechten" gesprochen.
  19. Bundesverfassungsgesetz über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (BVG Rundfunk), BGBl Nr 396/1974.
  20. Siehe dazu Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12, Rz 103ff, Vgl Punkt 1.3.3.
  21. Insbesondere § 43 ABGB - Namensrecht, § 1330 - Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung
  22. Etwa § 78 UrhG - Bildnisschutz.
  23. Insbesondere § 111 StGB - üble Nachrede, § 115 - Beleidigung, § 152 - Kredit­schädigung, § 297 - Verleumdung.
  24. §§ 7 ff Kartellgesetz betreffend Medienzusammenschlüsse.