Outsourcing, Offshoring & Alliances - Strategie
Phase 0: Outsourcing Strategie
In diesem Kapitel wird auf folgende Punkte eingegangen:
Ist Outsourcing überhaupt ein Thema?
Was sind wesentliche Gründe für ein Outsourcing?
Welche Prozesse will/sollte ich outsourcen ?
Welche Partner kommen in Frage?
Einleitung und Definitionen:
In vielen Branchen verändert sich die Bedeutung der IT vom Support-Tool hin zu einer Quelle des Wettbewerbsvorteils. Stetige Veränderungen der strategischen Rahmenbedingungen erhöhen den Veränderungsdruck in der IT. Die IT-Investitionen in Unternehmen spiegeln jedoch häufig nicht die veränderten strategischen Prioritäten wider
Damit IT nachhaltig Wert schaffen kann, ist es daher für die Unternehmen unabdingbar, dass die Entwicklung der IT-Strategie eng mit der Geschäftsstrategie verzahnt wird.
Die Rolle der IT hat sich in den letzten Jahren von einer effizienten Unterstützung des Backoffices über eine Unterstützung des Kerngeschäftes hin zu einer Quelle der strategischen Differenzierung entwickelt.
Im erstgenannten Bereich geht es heute fast ausschließlich um die kostengünstigste Lösung. Hier wird auch vorwiegend Standardsoftware eingesetzt. Beispiele sind ERP-Lösungen, Mailing Systeme, Office Software und Ähnliches.
Bei der Unterstützung des Kerngeschäftes ist nicht mehr nur die Kostenfrage entscheidend, sondern auch wie effektiv das Kerngeschäft unterstützt wird. Beispiele sind hier Routenplanungssysteme für Fuhrparkunternehmen, branchenspezifische CAD Systeme für Konstruktionsbereiche, Prozessunterstützung in der chemischen Industrie.
Eine strategische Differenzierung bedeutet, dass ich z.B. als erster eine neue Technologie nutze, die mir eine neue strategische Ausrichtung ermöglicht.
Für das Thema Outsourcing kommen vorwiegend die Supportprozesse in Betracht. Hier ist der Wettbewerbsfaktor praktisch nicht vorhanden. Bei den Kosten ist es zumindest wahrscheinlich, dass Outsourcer aufgrund ihrer größeren Mengen eindeutig Synergieeffekte lukrieren können. Da die Lösungen allgemein verfügbar sind, ist auch die Konkurrenz unter den möglichen Anbietern groß, was sich wiederum auf einen günstigen Outsourcingpreis auswirkt.
Strategische Aspekte
IT-Strategie und IT-Alignment sind wesentliche Themen der IT-Leitung. Sie behandeln immer auch die Ableitung der IT-Strategie aus der Unternehmensstrategie. In diesem Lehrheft wird das Thema nur soweit behandelt, wie es sich auf das Outsourcing differenzierend auswirkt.
Grundsatzentscheidung (ob)
Prinzipiell muss von der Geschäftsleitung entschieden werden, ob Outsourcing überhaupt ein Thema sein darf oder soll.
Neben vielen Gründen die für Outsourcing sprechen, gibt es auch Aspekte die dagegen sprechen können: So kann man den Verlust von Entscheidungsspielräumen anführen, da ein durchgeführtes Outsourcing de facto nur schwer rückgängig zu machen ist. Ein anderer Grund gegen ein Outsourcing-Projekt ist der Grad der Abhängigkeit den ein Unternehmen bereit ist einzugehen. Hier wird ein Verteidigungsministerium sicher ganz andere Vorstellungen haben als ein durchschnittliches Unternehmen.
Schwerpunktentscheidung (warum)
Neben dem Argument der Kostenersparnis gibt es noch eine Reihe anderer Faktoren die für ein Outsourcing-Projekt sprechen. Häufige Gründe sind in Kapitel 4.3 angeführt.
Sachentscheidung (was)
Es gibt immer eine gewisse Anzahl von Prozessen im Unternehmen, die auch von externen Partnern erledigt werden könnten. Wie man herausfindet, welche Prozesse sich am ehesten bei einem bestimmten Unternehmen für ein Outsourcing eignen, wird ausführlich in Lektion 5 abgehandelt.
Partnerentscheidung (wer)
Dies scheint auf den ersten Blick keine strategische Entscheidung zu sein. Sie wird auch sachlich mit klarer Vorgehensweise im Kapitel Due Diligence abgehandelt. Dennoch fließen oft bei den Bewertungs- und Gewichtungskriterien strategische Überlegungen mit ein. Ein Beispiel könnte die bessere Gewichtung von Kandidaten sein, die in den gleichen Ländern tätig sind wie der Auftraggeber.
Umsetzungsentscheidung (wie)
Hier ist bereits die grundsätzliche Entscheidung zu treffen, inwieweit speziell eine Public Cloud in Frage kommt.
Hauptparameter sind legale Aspekte wie Datenschutz bei personenbezogenen Anwendungen aber auch besonderes Bedürfnis nach Geheimhaltung z.B. auf Grund von Technologieführerschaft.
Gründe für Outsourcing
Für ein Outsourcing-Projekt können verschiedene Gründe sprechen. Im Folgenden sollen häufige Gründe kurz dargestellt werden. In der Praxis können aber natürlich auch andere Motivationsfaktoren oder eine Kombination verschiedener Gründe für oder gegen ein Outsourcing-Projekt sprechen.
Reduktion der IT-Kosten
Für viele Outsourcing Projekte steht eindeutig die Reduktion von (IT-)Kosten an oberster Stelle, allerdings gehen mit Outsourcing nicht automatisch Einsparungen einher - manche Unternehmen sehen sich nach einer Auslagerung sogar mit höheren Kosten konfrontiert. Die liegt u.a. an der mitunter schwierigen Vergleichbarkeit von Eigen- und Fremdleistung. Stehen Kostenziele im Vordergrund, ist es ratsam, wenn man vor Vertragsabschluss versteht, wie der Outsourcing-Anbieter diese erreichen will (z.B. durch Standardisierung, Reduktion von Personal, ...)
Fixkosten werden durch Outsourcing zu variablen Kosten
Fixe Kosten durch Outsourcing zu variablen Kosten zu wandeln erscheint grundsätzlich schwierig, dennoch sind viele Outsourcing-Anbieter bestrebt, ihr Angebot so zu gestalten, dass der Kunde dazu die Möglichkeit hat. Dies kann insbesondere durch die Wahl verschiedener Service Levels erfolgen. Eine tatsächliche Variabilisierung kann aber nur dann erfolgen, wenn das Preismodell transaktions- oder stückbasierend aufgebaut wird. Gerade in diesem Punkt liegt einer der wesentlichen Vorteile von Cloud-Lösungen, die eine vollständige Elastizität von Services als grundlegendes Geschäftsmodell bieten können.
Kernkompetenzen
Outsourcing ist eng mit der Konzentration auf das Kerngeschäft eines Unternehmens verknüpft. Interne Kräfte, die mit der Organisation von Randthemen betraut sind, können so effektiv entlastet werden und ihre Arbeitskraft auf den Kernprozess des Unternehmens richten. Outsourcing kann damit einen wesentlichen Beitrag zu einer Strukturreform und Flexibilisierung des Unternehmens leisten.
Reduktion der Fertigungstiefe
Die Reduktion der Fertigungstiefe kann ebenfalls ein Grund für Outsourcing sein. In diesem Zusammenhang spricht man oft auch von der „Verlängerten Werkbank“. Damit ist die direkte Unterstützung des Kunden an der Werkbank gemeint; im Gegensatz zu einem Lieferanten, der die Leistungen nur „auf dem Hof abstellt“. Durch dieses Modell können Kapazitätsengpässe und Spezialwissen ausgeglichen werden.
Verschlankung des Unternehmens
Durch den Zukauf von Leistungen, anstelle diese selbst zu produzieren, kann ein Unternehmen strategische Flexibilität gewinnen. Es entfallen Kosten für Infrastruktur und Know-How-Barrieren. Damit verbunden ist auch die Reduktion der Kapitalbindung – die bei der Eigenproduktion benötigte IT-Soft- und Hardware entfällt und bindet damit keine Finanzmittel mehr.
Bei öffentlich notierten Unternehmen wie Aktiengesellschaften kommt noch ein Aspekt hinzu: Die Konzentration auf das Kerngeschäft und die Schaffung schlanker Strukturen, wird von Analysten oft als positive Entscheidung zur langfristigen Verbesserung des Shareholder-Values gesehen. Aus diesem Blickwinkel kann Outsourcing als Bestandteil eines Shareholder-Value-Konzepts auch als strategisches Managementinstrument zur besseren Bewertung des Unternehmens gesehen werden.
Service Levels
Ein weiterer Grund für Outsourcing ist die Möglichkeit mit dem Outsourcing-Anbieter Service Levels einführen zu können. Dies ermöglicht eine bessere und vor allem transparente und garantierte Qualität der erbrachten IT-Leistungen.
IT Governance
Aufgrund gesetzlicher Anforderungen an ein internes Kontroll- oder Risikomanagementsystem kann ein unternehmensweites Corporate Governance und daraus folgend auch ein IT-Governance Modell erforderlich sein. Damit ergeht der Auftrag an den CIO, eine zielgerichtete und effektiv gesteuerte IT-Organisation zu schaffen, die den Nutzen der IT maximiert, IT-Ressourcen optimiert und das daraus resultierende Risiko minimiert. Aus diesen Anforderungen heraus kann ein Outsourcing-Projekt eine Werkzeug sein, um diese IT-Governance-Strukturen aufzubauen bzw. mit einem erfahrenden Outsourcing-Anbieter zu implementieren.