Internationales Vertragsrecht u. Europarechtsmaterien - Schuldrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus ehelichen Güterständen oder Erbsachen ergeben.</p></li>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus ehelichen Güterständen oder Erbsachen ergeben.</p></li>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse aus Wechseln, Schecks, Eigen­wechs­eln und anderen handelbaren Wertpapieren, sofern die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen.</p>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse aus Wechseln, Schecks, Eigen­wechs­eln und anderen handelbaren Wertpapieren, sofern die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen.</p>
<p>Diese Ausnahme erfolgte aus denselben Erwägungen wie die korrespondierende Ausnahme von der Rom I-VO ([[#Wechsel|4. Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen han-delbaren Wertpapieren]].</p></li>
<p>Diese Ausnahme erfolgte aus denselben Erwägungen wie die korrespondierende Ausnahme von der Rom I-VO ([[#Wechsel|Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen handelbaren Wertpapieren]]).</p></li>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht, dem Vereinsrecht und dem Recht der juristischen Personen ergeben, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen, die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungs­legungs­unterlagen.</p></li>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht, dem Vereinsrecht und dem Recht der juristischen Personen ergeben, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen, die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungs­legungs­unterlagen.</p></li>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus Schäden durch Kernenergie ergeben.</p>
<li><p>Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus Schäden durch Kernenergie ergeben.</p>
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So ist etwa aufgrund des österreichischen IPR-G die Frage zu beantworten, welche Rechtsordnung im Falle eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten, insbesondere bei Verletzung der Namensführung, zur Anwendung kommt. So ist gemäß § 13 Abs 2 IPR-G der Schutz des Namens nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird. Der Namensschutz ist nicht bloß für Menschen, sondern auch für juristische Personen – für Firmen – bedeutsam. Dabei umfasst der Schutz des Namens nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Schadenersatzansprüche.
So ist etwa aufgrund des österreichischen IPR-G die Frage zu beantworten, welche Rechtsordnung im Falle eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten, insbesondere bei Verletzung der Namensführung, zur Anwendung kommt. So ist gemäß § 13 Abs 2 IPR-G der Schutz des Namens nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird. Der Namensschutz ist nicht bloß für Menschen, sondern auch für juristische Personen – für Firmen – bedeutsam. Dabei umfasst der Schutz des Namens nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Schadenersatzansprüche.


Gewissermaßen als Anschlussstück zu den Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Rom II-VO (siehe Punkt 2.3.1.2.) trifft § 48 IPR-G eine kollisionsrechtliche Auffangregelung für die („anderen“) außervertraglichen Schuldverhältnisse. Grundsätzlich ist für diese außervertraglichen Schuldverhältnisse auch aufgrund § 48 IPR-G eine frei Rechtswahl der Parteien zulässig. Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, dann ist das außervertragliche Schuldverhältnis nach der Rechtsordnung jenes Staates zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist (Handlungsortprinzip).
Gewissermaßen als Anschlussstück zu den Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Rom II-VO (siehe [[#Anwendungsbereich|Rom I-VO Anwendungsbereich]]) trifft § 48 IPR-G eine kollisionsrechtliche Auffangregelung für die („anderen“) außervertraglichen Schuldverhältnisse. Grundsätzlich ist für diese außervertraglichen Schuldverhältnisse auch aufgrund § 48 IPR-G eine frei Rechtswahl der Parteien zulässig. Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, dann ist das außervertragliche Schuldverhältnis nach der Rechtsordnung jenes Staates zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist (Handlungsortprinzip).


== Wiederholungsfragen ==
== Wiederholungsfragen ==

Aktuelle Version vom 29. März 2022, 08:39 Uhr


Internationales Privatrecht und Schuldrecht

Allgemeines

Unter dem Schuldstatut versteht man das auf ein vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis [1] anzuwendende Recht, ungeachtet dessen, ob es aufgrund einer Rechtswahl – also kraft Parteienvereinbarung – oder durch eine der jeweiligen gesetzlich vorgesehenen Anknüpfungen zur Anwendung kommt.

Dabei gilt grundsätzlich, dass in Fällen, in welchen eine Rechtswahl zulässig ist, der Anwendungsbereich des gewählten Rechts durch Parteienvereinbarung begrenzt werden kann. Wurde keine Rechtswahl getroffen, dann gilt grundsätzlich das gesetzlich vorgesehene Schuldstatut.

Gerade im Zusammenhang mit den schuldrechtlichen Kollisionsregeln ist eingangs auf die Regelung des § 53 Abs 1 IPR-G hinzuweisen. Danach werden die Be­stimmungen zwischenstaatlicher Vereinbarungen durch das IPR-G nicht berührt. Aus dieser Formulierung ist der subsidiäre Charakter des IPR-G ableitbar, wenn zwischenstaatliche Vereinbarungen mit (partiell) abweichenden Kollisionsnormen in Österreich gelten. MaW: gilt in Österreich eine zwischenstaatliche Vereinbarung mit einschlägigen Kollisionsnormen dann ist diese Vereinbarung zur Ermittlung der im konkreten Fall anzuwendenden Rechtsordnung heranzuziehen und nicht das IPR‑G. Im Zusammenhang mit den schuldrechtlichen Kollisionsregeln verdient die Rege­lung des § 53 IPR‑G gerade deshalb besonderer Erwähnung, weil es für den Be­reich des Schuldrechts solch (international) vereinheitlichtes Kollisionsrecht gibt.

Dabei ist zu beachten, dass es sich bei zwischenstaatlichen Vereinbarungen im Sinne des § 53 Abs 1 IPR‑G um völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten handelt. Ein solcher Vertrag ist etwa des Europäische Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht (EVÜ – Europäisches Vertrags­statut­übereinkommen). [2] Dieses ist seit der Rom I – VO aber nur mehr bei Schuldverhältnissen mit Bezug zu Dänemark relevant, da für alle anderen EVÜ-Vertragsstaaten die Rom I – VO Vorrang genießt (siehe weiter unten).

Auch im Bereich des Verkehrsrechts gibt es mehrere staatsvertragliche Regelungen, etwa das:

  1. Genfer Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr – CMR, [3]

  2. Übereinkommen vom 9. Mai 1980 über den internationalen Eisenbahnverkehr – COTIF, [4]

  3. Abkommen vom 12. Oktober 1929 zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr („Warschauer Abkommen“), [5]

  4. Internationale Übereinkommen vom 23. September 1910 zur einheitlichen Feststellung bestimmter Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen [6] oder das Übereinkommen vom 15. März 1960 zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen [7];

Aber auch außerhalb des Verkehrsrechts gibt es solche staatsvertraglichen Regelungen etwa im Bereich

  1. des Wertpapierrechts – zB Abkommen über das einheitliche Wechselgesetz [8] und Abkommen über das einheitliche Scheckgesetz[9] oder

  2. des Warenkaufrechts – zB das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht)[10]

    welches auf eine weltweite Vereinheitlichung der wichtigsten Sachregeln für grenzüberschreitende Warenkaufverträge abzielt.

Des Weiteren existieren schuldrechtliche Kollisionsnormen zum Schuldrecht, die vor den Bestimmungen des IPR-G zur Anwendung kommen. Dieser Vorrang ergibt sich jedoch nicht aufgrund der Regelung des § 53 Abs 1 IPR-G, sondern aufgrund der Rechtsquelle dieser schuldrechtlichen Kollisionsnormen, denn es sind gemeinschaftsrechtliche Verordnungen. Konkret zu nennen sind die Rom I-VO [11] sowie die Rom II-VO [12] . Den Regelungen der Rom I‑VO und der Rom II-VO kommt deshalb große Bedeutung zu, da ihnen aus Sicht der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union universelle Geltung zukommt, dh dass sie Vorrang vor den jeweiligen mitgliedsstaatlichen Internationalen Privatrechtsgesetzen haben, unabhängig davon, zu welchem Staat (also auch nicht EU-Staaten) die Auslandsbeziehung des Sachverhaltes steht. [13]

Vertragliche Schuldverhältnisse

Rom I-VO

Entstehungsgeschichte

Die Rom I‑VO ist eine Verordnung, die im gemeinschaftsrechtlichen Rechts­erzeugungs­prozess entstanden ist und deren Wirkungen daher entsprechend Art 288 AEUV zu beurteilen sind. Danach haben Verordnungen allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Eine Umsetzung durch mitgliedstaatlichen Rechtsakt – etwa in Form eines nationalen Gesetzes – ist daher weder erforderlich und – aus gemeinschafts­rechtlicher Sicht – auch nicht zulässig.

Inhaltlich geht die Rom I-VO auf das EVÜ zurück bzw. baut auf dieses auf. Das EVÜ ist im Unterschied zur Rom I-VO ein völkerrechtlicher Vertrag, der lediglich den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zum Abschluss zugänglich war. Die Gründe dafür waren, dass zum Zeitpunkt der Schaffung des EVÜ der EGV noch keine Kompetenz der Gemeinschaft zur Schaffung solcher Kollisionsnormen vorsah. Erst durch den Vertrag von Amsterdam, der mit 1.1.1999 in Kraft trat, wurde die Grundlage für unmittelbare gemeinschaftsrechtliche Kollisionsnormen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen geschaffen.

Die inhaltlichen Änderungen gegenüber dem EVÜ sind gering, insbesondere wurden einzelne Vorschriften aktualisiert und klarer formuliert, was als Beitrag zur Rechtssicherheit zu verstehen ist. Das Hauptanliegen war die Umwandlung des bestehenden Übereinkommens in ein Gemeinschaftsinstrument mit den sich daraus ergebenden gemeinschaftsrechtlichen Rechtswirkungen. [14]

Anwendungsbereich

Die Rom I-VO gilt für vertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, wobei ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vorliegen muss. Eine Auslandsberührung liegt etwa vor, wenn sich der Abschluss- oder der Erfüllungsort im Ausland befindet, wenn der Wohnsitz einer Partei im Ausland liegt, oder wenn Gerichtsort und Staat, in welchem sich der Sachverhalt ereignet, verschieden sind. Eine besondere Facette der Rom I-VO ist dabei, dass die Rechtsordnung jenes Staates, in welche aufgrund der Anknüpfungspunkte in der Rom I-VO verwiesen wird, auch dann anzuwenden ist, wenn es sich dabei um das Recht eines Staates handelt, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist (sog. universelle Anwendung).

Vom sachlichen Anwendungsbereich der Rom I-VO sind generell Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten ausgenommen. Des Weiteren nimmt Art 1 Abs 2 Rom I-VO bestimmte Bereiche vom Anwendungsbereich der VO aus, die an sich in einem Zusammenhang zu zivil- und handelsrechtlichen Angelegenheiten gesehen werden können. Danach sind beispielsweise ausgenommen:

  1. Das Personenrecht sowie die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit von natürlichen Personen.

    Der Ausschluss der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit natürlicher Personen vom Anwendungsbereich ist in den unterschiedlichen rechtlichen Qualifikationen und Traditionen dieser Fähigkeiten in den Ländern des Common Law und den Ländern mit kontinental europäischer Rechtstradition begründet. In Art 13 Rom I-VO findet sich jedoch eine Regelung zum Schutz des Vertrauens auf die Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners.

  2. Schuldverhältnisse aus einem Familienverhältnis, einschließlich der Unterhaltspflichten.

  3. Schuldverhältnisse aus ehelichen Güterständen und aus Testamenten und Erbrecht.

  4. Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen handelbaren Wertpapieren, soweit die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen.

    Der Grund für die Ausnahme von Scheck- und Wechselrecht liegt darin, dass darüber Regelungen in internationalen Übereinkommen bestehen, welche bereits Berücksichtigung in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gefunden haben. Hinsichtlich des Ausschlusses für „andere handelbare Wertpapiere“ gilt mangels anderer kollisions­rechtlicher Sondervorschriften, dass Verpflichtungen, welche aus der Übertragung anderer Wertpapiere (Oder- oder Inhaberpapiere) entstehen, entsprechend § 1 Abs 1 IPR‑G nach der Rechtsordnung der stärksten Beziehung zu beurteilen sind.

  5. Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht, das Vereinsrecht und das Recht der juristischen Personen, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen so­wie die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Ver­bindlichkeiten einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person.

    Diese Ausnahme vom Anwendungsbereich war ebenso im EVÜ vorgesehen und war begründet mit den zur Zeit der Ausarbeitung des EVÜ bereits entfalteten Aktivitäten der Europäischen Union auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, die zur Rechtsvereinheitlichung und Rechtsangleichung führten.

Zur zeitlichen Anwendbarkeit der Rom I-VO bestimmt deren Art 28, dass sie auf Verträge angewandt wird, die nach dem 17.12.2009 geschlossen werden.

Auch zur Frage des Umfangs des anzuwendenden Rechts, maW: des Umfangs der für anwendbar erklärten Rechtsordnung, enthält die Rom I-VO in Art 12 (nicht abschließende) Regelungen. Danach ist die verwiesene Rechtsordnung maßgeblich insbesondere für

  1. die Auslegung des vertraglichen Schuldverhältnisses.

    In diesem Zusammenhang wäre etwa zu beurteilen, ob eine von den Parteien festgelegte Form (zB Notariatsakt, drei Zeugen, Schriftlichkeit einer Erklärung) als Bedingung für die Wirksamkeit oder lediglich zu Beweis­zwecken vereinbart wurde.

  2. die Erfüllung der durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen.

    Darunter sind grundsätzlich alle aus dem geltenden Recht oder aus dem Vertrag erfließenden Voraussetzungen zu verstehen, unter denen die für die jeweilige Verpflichtung charakteristische Leistung zu erbringen ist. Danach erfasst sind alle vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten sowie Obliegen­heiten aus dem Vertrag.

    Die Art und Weise der Erfüllung und die vom Gläubiger im Falle mangelhafter Erfüllung zu treffenden Maßnahmen sind jedoch – mangels abweichender Rechtswahl – aufgrund der Spezialregelung des Art 10 Abs 2 Rom I-VO nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Erfüllung erfolgt (= Recht des Erfüllungsortes).

  3. die Folgen der vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen, in den Grenzen der dem angerufenen Gericht durch sein Prozessrecht eingeräumten Befugnisse, einschließlich der Schadens­bemessung, soweit diese nach Rechtsnormen erfolgt.

    Die Schadensbemessung umfasst dabei neben der Grundlage des Anspruches auch die Anspruchshöhe. Dem Vertragsstatut [15]

  4. die verschiedenen Arten des Erlöschens der Verpflichtungen sowie die Verjährung und die Rechtsverluste, die sich aus dem Ablauf einer Frist ergeben. [16]

  5. die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages.

    Von dieser Ausnahmeregelung ist nicht bloß die Nichtigkeit [17] eines Vertrages im eigentlichen Sinn, sondern sind auch der Rücktritt vom Vertrag und die Wandlung, Rückabwicklungsansprüche aus Anfechtung wegen Willensman­gel, Wegfall der Geschäftsgrundlage oder Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses erfasst.

Grundsatz der freien Rechtswahl

Art 3 Rom I-VO regelt die freie Rechtswahl für das Vertragsstatut und drückt den herrschenden Grundsatz der Privatautonomie aus. Begrenzt ist die zulässige Rechtswahl grundsätzlich durch das Vorliegen einer Auslandsberührung. Die Auslandsberührung muss dabei eine gewisse Intensität erreichen. In Ermangelung dieser sollen die Parteien nicht die Möglichkeit haben, das objektiv anwendbare Recht abzuändern. [18] Für das Vorliegen einer Auslandsberührung spricht etwa der gewöhnliche Aufenthalt, Wohnsitz, Niederlassung oder der Erfüllungsort.

Die Rechtswahl kann ausdrücklich oder schlüssig [19] und für den gesamten Vertrag oder Teile davon erfolgen. Bloße Indizien reichen für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl jedoch nicht; eine Rechtswahl setzt ein gewisses Erklärungsbewusstsein bei den Parteien voraus.

Bei zeitlicher Betrachtung kann die Rechtswahl zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Getroffene Rechtswahlen können auch zu einem späteren Zeitpunkt wieder geändert werden. Durch die (geänderte) Rechtswahl werden weder die bis zum (geänderten) Rechtswahlzeitpunkt formgültig gesetzten Akte (für welche nach der gewählten Rechtsordnung andere Formerfordernisse zu beachten wären) noch die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechte Dritter berührt.

Für den Fall, dass die Vertragsparteien keine Rechtswahl getroffen haben, enthält Art 4 Rom I‑VO eine grundsätzliche Regelung für das mangels Rechtswahl anzuwendende Recht.

Dabei knüpft Art 4 Abs 1 zunächst an bestimmte Vertragstypen (1.) an:

  1. bei Kaufverträgen

  2. über bewegliche Sachen (zB Bücher, Autos udgl) ist jene Rechtsordnung maßgeblich, in der der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

    über bewegliche Sachen durch Versteigerungen ist jene Rechtsordnung maßgeblich, in dem die Versteigerung abgehalten wird, sofern der Ort der Versteigerung bestimmt werden kann.

  3. Verträge, die ein dingliches Recht [20] an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum Gegenstand haben, unterliegen der Rechtsordnung, in der die unbewegliche Sache liegt.

  4. Dienstleistungsverträge unterliegen der Rechtsordnung jenes Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

  5. Franchiseverträge [21] unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Franchisenehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

  6. Vertriebsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Vertriebshändler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Ist die anzuwendende Rechtsordnung auf einen Vertrag aufgrund dieser genannten Einordnungskriterien nicht bestimmbar, dann (2.) unterliegt der Vertrag gemäß Art 4 Abs 2 Rom I‑VO dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat („Schuldnersitz“). Dabei kann als Faustregel herhalten, dass bei entgeltlichen Verträgen jene Leistung die vertragscharakteristische Leistung ist, die die Nichtgeldleistung ist (zB die Überlassung des Leihgegenstandes).

Hinsichtlich des Schuldnersitzes ist danach zu unterscheiden, ob der Vertragsabschluss in Ausübung nichtunternehmerischer oder unternehmerischer Tätigkeit erfolgte. Bei Vertragsabschluss in Ausübung nichtunternehmerischer Tätigkeit befindet sich der Schuldnersitz natürlicher Personen an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort und bei juristischen Personen am Ort der Hauptverwaltung. Bei Vertragsabschluss in Ausübung unternehmerischer Tätigkeit befindet sich der Schuldnersitz natürlicher Personen an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort und bei juristischen Personen am Ort der Hauptniederlassung oder der Zweigniederlassung.

Des Weiteren enthält die Rom I-VO detailliertere Kollisionsregeln, welche mangels abweichender Rechtswahl für bestimmte Vertragsarten zur Anwendung kommen (Be­förderungsverträge, Verbraucherverträge, Ver­sicherungsverträge oder Individualarbeitsverträge).

Beförderungsverträge

Art 5 Rom I-VO regelt das auf Beförderungsverträge anzuwendende Recht mangels Rechtswahl der Parteien. Wie bereits unter Allgemeines dargelegt, gibt es für den Bereich des Verkehrsrechts zahlreiche internationale Übereinkommen. Dazu stellt sich die Frage, wie sich die dort vereinbarten Regeln etwa zu der Kollisionsregel des Art 5 Rom I-VO verhält. Art 25 Rom I‑VO nimmt auf den Fall des Bestehens internationalen Übereinkommen und der Anwendbarkeit der Rom I‑VO Bezug und regelt, dass die Anwendung dieser internationalen Übereinkommen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug nicht berührt wird; MaW: es gehen dann die Anknüpfungen internationalen Übereinkommen der Rom I-VO vor. In den Fällen, in denen sich der Sachverhalt mit Auslandsbezug ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten (die auch Vertragspartei eines solchen internationalen Übereinkommens sind) ereignet, dann haben die Regelungen der Rom I-VO jedoch Vorrang vor den Regelungen des jeweiligen internationalen Übereinkommens.

Wurde für einen Güterbeförderungsvertrag keine Rechtswahl getroffen und ist das anzuwendende Recht auf Grundlage des Art 5 Rom I-VO zu ermitteln, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Übernahmeort oder der Ablieferungsort oder der gewöhnliche Aufenthalt des Absenders befindet. Wenn diese Voraussetzungen hingegen nicht erfüllt sind, dann ist das Recht des Staates des von den Parteien vereinbarten Ablieferungsorts anzuwenden.

Haben bei einem Personenbeförderungsvertrag die Vertragsparteien keine Rechtswahl getroffen und ist das anzuwendende Recht auf Grundlage des Art 5 Rom I-VO zu ermitteln, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Abgangsort oder der Bestimmungsort befindet. Sind diese Voraussetzung nicht erfüllt, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Bei Personenbeförderungsverträgen normiert die Rom I-VO auch eine Einschränkung der grundsätzlich freien Rechtswahl. Kraft ausdrücklicher Anordnung kann zwischen den Vertragsparteien nur zwischen dem Recht der Staaten gewählt werden,

a) in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

b) in dem der Beförderer seien gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

c) in dem der Beförderer seine Hauptverwaltung hat oder

d) in dem sich der Abgangsort befindet oder

e) in dem sich der Bestimmungsort befindet.

Verbraucherverträge

Verbraucher im Sinne der Rom I-VO sind natürliche Personen, die Verträge zu Zwecken, die nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden können, mit Unternehmern schließen. Unternehmer sind dazu korrespondierend Personen, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verträge mit Verbrauchern abschließen.

Verbraucher befinden sich häufig bei Vertragsabschluss gegenüber dem Unternehmer in einer wirtschaftlich schwächeren Position, weshalb Gesetze häufig Schutzbestimmungen zu ihren Gunsten festlegen. [22] Die Rom I-VO geht bei der Festlegung des anzuwendenden Rechts grundsätzlich auch von der Schutzwürdigkeit des Verbrauchers aus und zielt auf die grundsätzlich Anwendbarkeit des „Heimatrechts“ des Verbrauchers ab, weil ihm diese besser vertraut ist und die Rechtsdurchsetzung für ihn dadurch erleichtert wird.

Gemäß Art 6 Abs 1 Rom I-VO ist daher auf Verbraucherverträge grundsätzlich das Recht des Staates anwendbar, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn der Unternehmer

a) seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

b) eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in irgendeiner Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ausgerichtet hat.

Der Verbraucher und der Unternehmer können zwar eine davon abweichende Rechtswahl treffen, doch ist die Rechtswahlmöglichkeit insoweit eingeschränkt, als diese nicht dazu führen darf, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm aufgrund der zwingenden Bestimmungen des bei objektiver Anknüpfung maßgebenden Rechts verliehen wird. In Summe bedeutet dies, dass eine abweichende Rechtswahl dann zulässig ist, wenn die gewählte Rechtsordnung den Verbraucher nicht schlechter stellt (Günstigkeitsprinzip).

Versicherungsverträge

Der kollisionsrechtliche Anknüpfungsansatz der Rom I-VO zu Versicherungs­verträgen ist kompliziert. Ein Anknüpfungskriterium richtet sich nach der Frage, ob es sich um einen Versicherungsvertrag handelt, der Großrisiken unabhängig davon deckt, ob das gedeckte Großrisiko in einem Mitgliedstaat gelegen ist oder nicht (1), oder, ob es sich um einen anderen Versicherungsvertrag handelt, durch den Risiken gedeckt werden, die im Gebiet der Mitgliedstaaten belegen sind (2).

Handelt es sich um einen Versicherungsvertrag mit Großrisiken (1), dann steht den Vertragsparteien die Möglichkeit zur Rechtswahl grundsätzlich offen. Mangels einer solchen Wahl unterliegt der Versicherungsvertrag dem Recht des Staates, in dem der Versicherer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Handelt es sich um einen Versicherungsvertrag, durch den Risiken gedeckt werden, die im Gebiet der Mitgliedstaaten belegen sind (2), dann ist die Rechts­wahl­möglichkeit der Vertragsparteien beschränkt. [23]

a) das Recht eines jeden Mitgliedstaats, in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Risiko belegen ist;

b) das Recht des Staates, in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;

c) bei Lebensversicherungen das Recht des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Versicherungsnehmer besitzt;

d) für Versicherungsverträge, bei denen sich die gedeckten Risiken auf Schadensfälle beschränken, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat, in dem das Risiko belegen ist, eintreten können, das Recht jenes Mitgliedstaats;

e) wenn der Versicherungsnehmer eines Vertrags im Sinne dieses Absatzes eine gewerbliche oder industrielle Tätigkeit ausübt oder freiberuflich tätig ist und der Versicherungsvertrag zwei oder mehr Risiken abdeckt, die mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehen und in unterschiedlichen Mitgliedstaaten belegen sind, das Recht eines betroffenen Mitgliedstaats oder das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Versicherungsnehmers.

Mangels getroffener Rechtswahl unterliegt ein solcher Versicherungsvertrag dem Recht des Mitgliedstaats, in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Risiko belegen ist.

Die Rom I-VO enthält weitere zusätzliche Regelungen, welche an Regelungen der in den Mitgliedstaaten vorgesehenen Versicherungspflicht (Stichwort: Haftpflicht­versicherungen) anknüpfen.

Individualarbeitsverträge

Die Individualarbeitsverträge beziehen sich auf das Arbeitsvertragsrecht, welches wiederum die Gesamtheit jener Normen zum Gegenstand hat, welche die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber regeln, somit von der Anbahnung über den Abschluss und bis zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Der konkrete Individualarbeitsvertrag ist dann eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, aufgrund derer sich der Arbeitnehmer gegen Entgelt zu einer weisungsgebundenen, abhängigen Tätigkeit während einer bestimmten Zeit gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet.

Wie bereits die Artikelüberschrift des Art 8 Rom I-VO mit „Individualarbeitsverträgen“ nahe legt, bezieht sich die Kollisionsregel lediglich auf Individualarbeitsverträge; auf das kollektive Arbeitsrecht, somit auf Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen, findet Art 8 Rom I-VO nicht Anwendung.

Arbeitnehmer befinden sich ähnlich wie Verbraucher bei Vertragsabschluss häufig gegenüber dem Arbeitgeber in einer wirtschaftlich schwächeren Position, weshalb Regelwerke Schutzbestimmungen zu ihren Gunsten festlegen. Die Rom I-VO geht bei der Festlegung des anzuwendenden Rechts auch beim Arbeitnehmer grundsätzlich von dessen Schutzbedürftigkeit aus. Zwar ist auch bei Individual­arbeitsverträgen mit Auslandsbezug grundsätzlich die freie Rechtswahlmöglichkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eröffnet. Diese ist im Weiteren jedoch dahingehend beschränkt, als dem Arbeitnehmer nicht der Schutz entzogen werden darf, der ihm aufgrund der zwingenden Bestimmungen des bei objektiver Anknüpfung maßgebenden Rechts verliehen wird. In Summe bedeutet dies, dass eine abweichende Rechtswahl dann zulässig ist, wenn die gewählte Rechtsordnung den Arbeitnehmer nicht schlechter stellt (Günstigkeitsprinzip).

Mangels (zulässiger) Rechtswahl zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterliegt aufgrund der Rom I-VO der Individualarbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend seine Arbeit in einem anderen Staat verrichtet (etwa bei kurzfristigen Montageaufträgen in einem anderen Staat).

Ergibt sich daraus kein Anknüpfungspunkt für das auf einen konkreten Arbeitsvertrag anzuwendende Recht, dann ist Rechtsordnung jenes Staates maßgebend, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat. Eine solche Niederlassung kann neben dem Sitz des Arbeitgebers jede Zweigstelle sein, die organisatorisch berechtigt und in der Lage ist, einen Arbeitnehmer anzustellen. Dabei ist die einstellende Niederlassung jene, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.

Übertragung von Forderungen

Bei der Übertragung von Forderungen (auch Zession genannt) [24] geht eine bereits bestehende Forderung vom bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger über, wobei sich durch den Übertragungsvorgang an der Forderung selbst an sich nichts ändert.

Eine solche Forderungsübertragung kann zum einen vertraglich vereinbart werden. Entsprechend Art 14 Rom I‑VO ist bei solcher rechtsgeschäftlicher Forderungsübertragung mit Auslandsbezug die Rechtsordnung jenes Staates maßgeblich, welche auch für das Grundgeschäft aufgrund der Rom I-VO anzuwenden ist.

Das „Grundgeschäft“ ist dabei zunächst von der vertraglichen Forderungs­übertragung zu unterscheiden. Das Grundgeschäft wird zwischen (hier jetzt sprachlich aus Sicht der Forderungsübertragung) dem neuen Gläubiger und dem alten Gläubiger abgeschlossen, wobei im Grundgeschäft der neue Gläubiger und der alte Gläubiger wie die üblichen Vertragsparteien als Schuldner und Gläubiger bezeichnet werden. MaW: Max und Sophie schließen im Grundgeschäft einen Kaufvertrag über eine bewegliche Sache mit Auslandsbezug ab, wobei Max der Verkäufer und Sophie die Käuferin ist.

Sophie hat aus einem anderen Vertrag eine finanzielle Forderung gegen Xaver offen und ist gegenüber Xaver Gläubigerin.

Wenn nun Max und Sophie vereinbaren, dass Sophie statt Zahlung des Kaufpreises dem Max ihre Forderung gegenüber Xaver abtritt, dann ist gegenüber Xaver Sophie die alte Gläubigerin und Max der neue Gläubiger.

Für die Frage, welche Rechtsordnung nun auf die vertragliche Forderungs­übertragung zwischen Max und Sophie anzuwenden ist, würde das mit Blick auf den primären Anknüpfungspunkt bedeuten, dass jene Rechtsordnung maßgeblich wäre, die auch auf den Kaufvertrag zur Anwendung käme (siehe Grundsatz der freien Rechtswahl)

Es kann neben dieser vertraglich vereinbarten Forderungsübertragung auch dazu kommen, dass andere vertraglich begründete Forderungen aufgrund gesetzlicher Regelungen auf einen neuen Gläubiger übergehen. Als Beispiel könnte hier ein Bürgschaftsvertrag genannt werden, wo der Bürge die Schuld für den Schuldner erfüllt. Das auf die Verpflichtung des Bürgen gegenüber dem Gläubiger anzuwendende Recht ist bedeutsam für die Frage, ob und in welchem Ausmaß der Bürge berechtigt ist, die Forderungen des Gläubigers gegen den Schuldner nach dem für deren Beziehungen maßgebendem Recht geltend zu machen (Rückgriffsrecht des Bürgen). Art 15 Rom I-VO sieht dafür vor, dass das für die Verpflichtung des Dritten (des Bürgen) gegenüber dem Gläubiger maßgebende Recht, ob und in welchem Umfang der Dritte (der Bürge) die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner nach dem für deren Beziehung maßgebenden Recht geltend zu machen berechtigt ist, anzuwenden ist.

Formerfordernisse

Für die Gültigkeit bzw. Wirksamkeit von Rechtsgeschäften sind verschiedentlich die Einhaltung bestimmter Formerfordernisse in den mitgliedsstaatlichen Rechtsordnungen vorgesehen. Beispielsweise kann das das Erfordernis der Schriftlichkeit (Bürgschaftsverträge [25] ), der Beiziehung von Zeugen oder eines Notariatsaktes vorgesehen sein. Regelungen zur Einhaltung bestimmter Formerfordernisse sind meist von Übereilungsschutz- bzw. Warnüberlegungen motiviert. Durch den Formcharakter soll den Parteien die Bedeutung und die Gewichtigkeit ihrer Erklärung verdeutlicht werden. Notariatsakten kommen des Weiteren besondere urkundliche Beweiskraft zu. [26]

Bei Verträgen mit Auslandsbeziehung stellt sich wiederum die Frage, welche Rechtsordnung für das Erfordernisses der Formeinhaltung und bejahendenfalls für die Wirksamkeit der Einhaltung des Formerfordernisses maßgeblich ist. Gemäß Art 11 Rom I-VO sind dabei Verträge formgültig geschlossen, wenn dabei entweder die Formvorschriften nach dem Recht des Vertragsstatuts oder die Formvorschriften nach dem Recht des Staates, in dem der Vertrag geschlossen wurde, eingehalten wurden. Voraussetzung für diesen ersten Anknüpfungstatbestand ist jedoch, dass beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sich in demselben Staat befinden.

Haben sich die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht im selben Staat befunden, dann ist der Vertrag formgültig geschlossen, wenn entweder wiederum die Formvorschriften nach dem Recht des Vertragsstatuts erfüllt sind oder die Formvorschriften des Rechts eines der Staaten erfüllt sind, in denen sich eine der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses befand oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Durch den gewählten Regelungsansatz der Rom I-VO wird die Einhaltung von Formerfordernissen bei der Vornahme eines internationalen Rechtsgeschäftes erleichtert. Dadurch soll die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts begünstigt werden, indem von verschiedenen Rechtsordnungen nur die mildesten Formvorschriften erfüllt werden müssen. Zum anderen können sich aber die Parteien einer der örtlichen Rechtsvorschriften geläufigen Form bedienen, weil es ihnen meist leichter fällt, sich über die nötigen Vorschriften zu informieren. Die Erleichterungen bei den Formerfordernissen der Rom I-VO stehen damit gelegentlich im Widerspruch zu den mitgliedstaatlichen Schutzüberlegungen.

Für Verträge mit Auslandsbezug, die ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache oder die Miete oder Pacht einer unbeweglichen Sache zum Gegenstand haben, sind davon jedoch abweichend wiederum grundsätzlich die Formvorschriften des Staates maßgeblich, in dem die unbewegliche Sache liegt.

§ 35 IPR-G

Für jene vertraglichen Schuldverhältnisse, die nicht vom Anwendungsbereich der Rom I-VO erfasst sind, findet sich in § 35 IPR-G eine Auffangregelung. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Gründung von „Trusts“ (soweit diese Frage als vertragliches Schuldverhältnis zu qualifizieren ist) und um Versicherungsverträge, mit denen Arbeitnehmern eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe oder Angehörigen einer Berufsgruppe Leistungen bei Tod, Arbeitseinstellung, Minderung der Erwerbstätigkeit, arbeitsbedingter Erkrankung oder Arbeitsunfällen erbracht werden. [27]

Vertragliche Schuldverhältnisse außerhalb des Anwendungsbereichs der Rom I-VO sollen dabei weiterhin in erster Linie nach dem von den Parteien – auch bloß schlüssig – gewähltem Recht beurteilt werden. Die Wirksamkeit der Rechtswahl ist nach der allgemeinen Bestimmung des IPR‑G über die Rechtswahl zu beurteilen (§ 11 IPR-G). Eine Rechtswahl ist danach dann wirksam, wenn sie ihrer Form nach gültig ist und ihr keine Rechtswahlbeschränkung entgegensteht.

Wurde keine wirksame Rechtswahl getroffen, dann ist das Recht jenes Staates maßgeblich in dem diejenige Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, die die für den Vertrag charakteristische Leistung [28] zu erbringen hat. Hat den Vertrag ein Unternehmer geschlossen, dann ist an Stelle des gewöhnlichen Aufenthalts die Niederlassung des Unternehmers maßgeblich, in deren Rahmen der Vertrag geschlossen worden ist.

Außervertragliche Schuldverhältnisse

Rom II-VO

Entstehungsgeschichte

Die Rom II‑VO ist ebenso wie die Rom I-VO eine Verordnung, die im gemeinschaftsrechtlichen Rechts­erzeugungs­prozess entstanden ist und deren Wirkungen daher entsprechend Art 288 AEUV zu beurteilen sind. Danach haben Verordnungen allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Eine Umsetzung durch mitgliedstaatlichen Rechtsakt – etwa in Form eines nationalen Gesetzes – ist daher weder erforderlich und – aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht – auch nicht zulässig.

Im Unterschied zur Rom I-VO hat die Rom II-VO kein vorhergehendes völkerrechtliches Regelwerk, auf welches die Rom II-VO inhaltlich aufbauen bzw. zurückgreifen konnte. Allgemeines Ziel der Rom II-VO war die größere Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit des anwendbaren Rechts, denn die vielzähligen einzelstaatlichen Kollisionsnormsysteme sollten durch ein einheitliches Regelwerk ersetzt werden, worin für die Wirtschaft und die EU-Bürger in Bezug auf die Rechtssicherheit ein erheblicher Fortschritt gesehen wurde. [29]

Ungeachtet dessen, dass es kein einheitliches, dem EVÜ vergleichbares Vorgängerregelwerk gab, gab und gibt es für den Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse von den Mitgliedstaaten abgeschlossene internationale Übereinkommen, die Kollisionsnormen zum Gegenstand haben, die auch Regelungsinhalte der Rom II-VO sind. Art 28 Rom II-VO beschäftigt sich mit der Frage, wie denn das Verhältnis der konkreten inhaltlichen Kollisionsregel der Rom II-VO zu dem konkreten internationalen Übereinkommen ist: Wären nun auf einen Sachverhalt mit Auslandsbezug sowohl eine Kollisionsnorm der Rom II‑VO als auch eine eines internationalen Übereinkommens anwendbar, dann geht die Anknüpfung nach internationalen Übereinkommen der Rom II-VO vor. In den Fällen, in denen sich der Sachverhalt mit Auslandsbezug ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten (die auch Vertragspartei eines solchen internationalen Übereinkommens sind) ereignet, haben die Regelungen der Rom II-VO dann jedoch Vorrang vor den Regelungen des jeweiligen internationalen Übereinkommens. [30]

Anwendungsbereich

Den sachlichen Anwendungsbereich der Rom II-VO bestimmt dessen Art 1. Demnach gilt sie für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, wobei ein Sachverhalt mit Auslandsbeziehung vorliegen muss. Der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden definiert. Im Sinne der Verordnung ist es daher bedeutsam, dass der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses als sogenannter autonomer Begriff verstanden wird. [31]

Dabei sollten Sie sich vor Augen halten, dass das Gemeinschaftsrecht und die Rechtsordnungen der jeweiligen Mitgliedstaaten oft gleiche Rechtsbegriffe kennen (zB: Wettbewerbsrecht, Schaden, Verfahren udgl.), ohne dass darunter zwangsläufig inhaltlich Gleiches zu verstehen ist. Gerade zu Begriffen des Gemeinschaftsrechts hat daher der EuGH mehrfach ausgesprochen, dass diese autonom zu interpretieren sind: Das in den jeweiligen Mitgliedstaaten vorhandene Begriffsverständnis ist nicht (zwangsläufig) auf den Gemeinschaftsrechtsbegriff zu übertragen bzw. die gemeinschaftsrechtlichen Rechtsbegriffe sind nicht zwingend unter Rückgriff auf das/die mitgliedstaatliche/n Begriffsverständnis/se auszulegen. [32]

Die außervertraglichen Schuldverhältnisse lassen sich daher in zwei große Gruppen einteilen: Schuldverhältnisse aus unerlaubter Handlung und Schuldverhältnisse aus anderer als unerlaubter Handlung. Die erste Gruppe umfasst deliktische Schuldverhältnisse, während die zweite so genannte "quasideliktische" Schuldverhältnisse betrifft, insbesondere die ungerechtfertigte Bereicherung und die Geschäftsführung ohne Auftrag. Ihnen ist gemeinsam, dass die zwischen den Parteien begründeten Rechte und Pflichten nicht ihre Grundlage in einem Vertrag sondern in gesetzlichen Regelungen haben, und deren Begründung zum Teil persönlich vorwerfbares (= deliktisches) Verhalten einer Partei voraussetzt.

Vom Anwendungsbereich der Rom II-VO sind jedoch generell Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte ausgenommen. Des Weiteren nimmt Art 1 Abs 2 Rom II-VO bestimmte Bereiche vom Anwendungsbereich der Verordnung aus, die an sich in einem Zusammenhang zu zivil- und handelsrechtlichen Angelegenheiten gesehen werden könnten. So etwa:

  1. Außervertragliche Schuldverhältnisse, die auf einem Familienverhältnis oder einem diesem gleichgestellten Verhältnis einschließlich Unterhaltspflichten beruhen.

    Familienrechtliche Ansprüche werden in der Regel nicht als deliktische Ansprüche gewertet. Ein solcher Anspruch kann jedoch im Rahmen eines Familienverhältnisses entstehen, wenn aufgrund einer verspäteten Unter­halts­leistung Schadenersatz geltend gemacht wird. Da es bislang auf Gemein­schaftsebene abgesehen von der Rom III-VO bezüglich Ehescheidungen keine harmonisierten familienrechtlichen Kollisions­normen gibt, erschien es besser, außervertragliche Schuldverhältnisse, die im Rahmen eines Familienverhältnisses entstanden sind, vom Anwendungs­bereich der Rom II-VO auszunehmen.

  2. Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus ehelichen Güterständen oder Erbsachen ergeben.

  3. Außervertragliche Schuldverhältnisse aus Wechseln, Schecks, Eigen­wechs­eln und anderen handelbaren Wertpapieren, sofern die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen.

    Diese Ausnahme erfolgte aus denselben Erwägungen wie die korrespondierende Ausnahme von der Rom I-VO (Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen handelbaren Wertpapieren).

  4. Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht, dem Vereinsrecht und dem Recht der juristischen Personen ergeben, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen, die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungs­legungs­unterlagen.

  5. Außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus Schäden durch Kernenergie ergeben.

    Der Ausschluss erfolgt aufgrund der wirtschaftlichen und staatlichen Interessen, die damit verbunden sind, und der Tatsache, dass die Staaten nach der internationalen Regelung über die Atomhaftung zum Ersatz von Schäden durch Kernenergie beitragen.

    Die Begründung des Vorschlages für eine Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM (2003) 427 endgültig, vom 22.07.2003, 10, nennt dazu das Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 und das Brüsseler Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963, das Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963, das Übereinkommen zur Bereitstellung zusätzlicher Entschädigungsmittel vom 12. September 1997 und das gemeinsame Protokoll vom 21. September 1988.

  6. Außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verleumdung.

Den zeitlichen Beginn des Anwendungsbereiches legt Art 32 Rom II-VO mit dem 11.01.2009 fest. Dabei ist die Verordnung bloß auf jene schadensbegründende Ereignisse anzuwenden, die nach diesem Datum eingetreten sind.

Maßgeblichkeit des anzuwendenden Rechts

Die kollisionsrechtlichen Regelungen der Rom II-VO legen fest, welches Recht wessen Staat bei einem Sachverhalt mit Auslandbeziehung zur Anwendung kommen soll. Auch legt Art 15 Rom II-VO gewissermaßen den Umfang des anzuwendenden Rechts fest. Dabei ist das durch die Rom II-VO verwiesene Recht etwa maßgebend für

  1. den Grund und den Umfang der Haftung einschließlich der Bestimmung der Personen, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können;

    Mit den Haftungsvoraussetzungen sind die haftungsbegründenden Merkmale gemeint. Es handelt sich dabei etwa um die Frage nach einer ver­schuldensunabhängigen oder verschuldensabhängigen Haftung oder um die Frage, ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Schaden erforderlich ist. Mit dem "Umfang der Haftung" wird auf gesetzlichen Haftungsgrenzen einschließlich der Höchstgrenzen abgestellt.

  2. die Haftungsausschlussgründe, sowie jede Beschränkung oder Teilung der Haftung;

    gemeint sind hier haftungsausschließende oder -beschränkende Elemente. Ausschlussgründe sind etwa höhere Gewalt, Notstand, das Verschulden Dritter und das Verschulden des Geschädigten.

  3. das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung;

  4. die Übertragbarkeit, einschließlich der Vererbbarkeit, des Anspruchs auf Schadenersatz oder Wiedergutmachung;

    Im Rahmen der Erbfolge ist das anzuwendende Recht etwa für die Frage maßgeblich, ob der Rechtsnachfolger des Geschädigten eine Klage auf Ersatz des dem Geschädigten entstandenen Schadens anstrengen kann. Bei der Übertragbarkeit durch Zession regelt das anzuwendende Recht die Frage der Übertragbarkeit der Forderung und das Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner.

  5. die Voraussetzungen für das Erlöschen von Verpflichtungen, die Verjährung und den Rechtsverlust.

Grundsatz der freien Rechtswahl

Gemäß Art 14 Rom II-VO ist an sich auch im Anwendungsbereich der Rom II‑VO der Grundsatz der freien Rechtswahl verankert. Begrenzt ist die zulässige Rechtswahl grundsätzlich wiederum durch das Vorliegen einer Auslandsberührung.

Zeitlich ist des Weiteren die freie Rechtswahl im Anwendungsbereich der Rom II-VO auch insoweit beschränkt, als sie erst nach (!) dem Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien entstanden ist, getroffen werden kann. Diese Beschränkung zielt auf den Schutz wirtschaftlich schwächerer Parteien ab. Vor Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schulverhältnis zwischen den Parteien entstanden ist, ist eine Rechtswahl nur dann zulässig, wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen; In diesem Fall scheint die Rom II-VO nicht von der Schutzbedürftigkeit einer Partei auszugehen.

Auch bei außervertraglichen Schuldverhältnissen kann die Rechtswahl wiederum ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben.

Unerlaubte Handlungen

Das zweite Kapitel der Rom II-VO (Art 4 ff) regelt kollisionsrechtlich unter der Kapitelüberschrift außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Handlung. Unter den Handlungen versteht die Rom II-VO (schädigende) Ereignisse aus:

  1. Produkthaftung,

  2. Unlauterem Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendem Verhalten,

  3. Umweltschädigung,

  4. Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums und

  5. Arbeitskampfmaßnahme.

Als allgemeine Kollisionsregelung stellt Art 4 Rom II-VO den Grundsatz für unerlaubte Handlungen auf, dass mangels anderer Regelung in der Rom II-VO das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Schaden eintritt (Erfolgsortprinzip). Wenn jedoch die Person, die für den außervertraglichen Schaden zur Haftung herangezogen werden soll, und jene Person, die behauptet einen außervertraglichen Schaden erlitten zu haben, zum Zeitpunkt des Schadens­eintrittes ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in welchem diese Personen ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Letztlich findet sich in Art 4 Rom II-VO eine sogenannte allgemeine „Ausweichklausel“: Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn zwischen den Parteien ein Vertrag besteht, der mit der unerlaubten Handlung in Verbindung steht.

Mangels besonderer Rechtswahl unterliegen Ansprüche aus Produkthaftung dem Art 5 Rom II-VO. Dabei sind Produkte bewegliche körperliche Sachen, auch wenn sie ein Teil einer anderen beweglichen Sache oder mit einer unbeweglichen Sache verbunden worden sind, einschließlich Energie. Als solches ist das Produkt in den Verkehr gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich auf Grund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergeben hat. Die Versendung an den Abnehmer genügt.

Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen aus Produkthaftung ist zunächst das Recht des Staates anzuwenden, in welchem Geschädigter und Schädiger ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Wenn kein solcher gemeinsamer Aufenthalt in einem Staat besteht, dann ist das Recht des Staates anwendbar, in dem der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat auch der Geschädigte keinen solchen gewöhnlichen Aufenthalt, dann ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem das Produkt in Verkehr gebracht und erworben wurde.

Die Sonderregel nach Art 6 Rom II-VO betreffend außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkenden Verhalten versteht sich nach der Intention der Rom II-VO nicht als Ausnahme von der allgemeinen Regel des Art 4 dar, sondern vielmehr eine Präzisierung derselben. [33] Im Bereich des unlauteren Wettbewerbs soll die Kollisionsnorm die Wettbewerber, die Verbraucher und die Öffentlichkeit schützen und das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft sicherstellen. Durch eine Anknüpfung an das Recht des Staates, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder beeinträchtigt zu werden drohen, können diese Ziele im Allgemeinen erreicht werden.

Für Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb ist folglich das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Verbraucherinteressen beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Kartellrechtliche Ansprüche sind dabei nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dessen Markt beeinträchtigt wird. [34]

Für außervertragliche Schuldverhältnisse aus Umweltschäden sieht Art 7 Rom II‑VO als kollisionsrechtlichen Anknüpfungspunkt an sich das Recht des Staates vor, in dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsortprinzip), es sei denn, der Geschädigte hat sich dazu entschieden, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis gesetzt wurde (Recht des Handlungsortes).

„Umweltschaden“ im Sinne der Rom II-VO [35] umfassen eine nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource, wie Wasser, Boden oder Luft, eine Beeinträchtigung einer Funktion, die eine natürliche Ressource zum Nutzen einer anderen natürlichen Ressource oder der Öffentlichkeit erfüllt, oder eine Beeinträchtigung der Variabilität unter lebenden Organismen.

Im Falle von Umweltschäden rechtfertigt Art 3 Abs 3 EUV, demzufolge ein hohes Schutzniveau erreicht werden soll, und der auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen vorrangig an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip beruht, in vollem Umfang die Anwendung des Grundsatzes der Begünstigung des Geschädigten. Die Frage, wann der Geschädigte die Wahl des anzuwendenden Rechts zu treffen hat, sollte nach dem Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts entschieden werden.

Bei einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums war der allgemein anerkannte Grundsatz zu wahren, dass Schutz nach dem Recht jenes Staates gewährt wird, für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird. Im Sinne der Rom II‑VO umfasst der Ausdruck „Rechte des geistigen Eigentums“ beispielsweise Urheberrechte, verwandte Schutzrechte, Schutzrechte eigener Art für Datenbanken und gewerbliche Schutzrechte.

Die exakte Definition des Begriffs „Arbeitskampfmaßnahmen“, beispielsweise Streikaktionen oder Aussperrung, ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden und unterliegt den jeweiligen mitgliedstaatlichen Vorschriften. Daher wird in der Rom II-VO grundsätzlich davon ausgegangen, dass das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die Arbeitskampfmaßnahmen ergriffen wurden, mit dem Ziel, die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu schützen.

Dabei ist zu beachten, dass die Regelung des Art 9 Rom II-VO die Frage nach den Bedingungen für die Durchführung solcher Maßnahmen nach nationalem Recht und die im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehene Rechtsstellung der Gewerkschaften oder der repräsentativen Arbeitnehmerorganisationen unberührt lässt. Sie knüpft nur an daraus entstehende außervertragliche Schuldverhältnisse an und verfügt darauf die Anwendbarkeit des Rechts jenes Staates, in dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgen soll oder erfolgte.

Ungerechtfertigte Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und Verschulden bei Vertragsverhandlungen

Für Schäden, die aufgrund einer anderen Handlung als aus unerlaubter Handlung, wie ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen, entstanden sind, sind im Kapitel III der Rom II-VO (Art 10ff) Sonderbestimmungen vorgesehen.

Art 10 Rom II-VO legt kollisionsrechtlich Regelungen von außervertraglichen Schuldverhältnisses aus ungerechtfertigter Bereicherung subsidiäre Anknüpfungskriterien fest. Die jeweils nachgereihten Anknüpfungskriterien kommen danach lediglich dann zur Anwendung, wenn das vorangehende Anknüpfungskriterium im konkreten Fall nicht zur Anwendung kommt bzw. kommen kann. Das primäre Anknüpfungskriterium bestimmt sich nach der Frage, ob zwischen dem entstandenen Schaden aus ungerechtfertigter Bereicherung eine enge Verbindung zu einem bestehenden Rechtsverhältnis besteht. Ist diese Frage zu bejahen, dann ist aus dem außervertraglichen Schaden wegen ungerechtfertigter Bereicherung die Rechtsordnung jenes Staates anzuwenden, dem dieses „eng verbundene, bestehende Rechtsverhältnis“ auch unterliegt.

Besteht kein solches Rechtsverhältnis, dann ist das Recht jenes Staates anzuwenden, in dem Schädiger und Geschädigter zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Besteht auch kein solcher gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt, dann ist das Recht jenes Staates anzuwenden, in dem die ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten ist (Erfolgsortprinzip).

Was alles unter dem Begriff einer ungerechtfertigten Bereicherung zu verstehen ist, ist an sich wiederum autonom nach Unionsrecht zu ermitteln. Aus Sicht der österreichischen Rechtsordnung können Sie sich dazu etwa den Anspruch auf Rückforderung einer Leistung nach erfolgter Vertragsanfechtung wegen Irrtums oder Rückforderungsansprüche wegen irrtümlicher Leistung einer nicht bestehenden Schuld vorstellen.

In den Fällen eines außervertraglichen Schuldverhältnisses wegen Geschäftsführung ohne Auftrag legt auch Art 11 Rom II-VO wiederum subsidiäre Anknüpfungskriterien fest. Ähnlich wie in den Fällen des Art 10 Rom II-VO ist das primäre Anknüpfungskriterium die Frage nach dem Bestehen einer engen Verbindung zwischen dem entstandenen Schaden aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu einem bestehenden Rechtsverhältnis. Verneinendenfalls soll das Recht jenes Staates anwendbar sein, in welchem Schädiger und Geschädigter zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Besteht auch kein solcher gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt, dann ist das Recht jenes Staates maßgeblich, in welchem die Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgte (Handlungsortprinzip).

Der Begriff des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ist im Rahmen des Art 12 Rom II-VO wiederum als autonomer Begriff zu verstehen und kann daher nicht zwangsläufig im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden. Im Allgemeinen kann man darunter sowohl die Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten als auch die Verletzung von Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten im vorvertraglichen Stadium (also vor Vertragsabschluss) verstehen.

Dabei gilt die Kollisionsregel des Art 12 jedoch nur für außervertragliche Schuldverhältnisse, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags stehen. In den Fällen, in denen einer Person während der Vertragsverhandlungen ein Personenschaden zugefügt wird, gelangt die allgemeine Kollisionsregel des Art 4 zur Anwendung.

Auf Ansprüche wegen Schäden aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist primär das Recht jenes Staates anzuwenden, dessen Rechtsordnung auf den hypothetisch geschlossenen Vertrag anzuwenden gewesen wäre. Folglich stellt das primäre Anknüpfungskriterium auf das hypothetische Vertragsstatut ab.

§§ 13 Abs 2 und 48 IPR-G

Der Anwendungsbereich der Rom II-VO erfasst nicht alle außervertraglichen Schuldverhältnisse abschließend. Folglich bleibt neben den außervertraglichen Schuldverhältnissen im Anwendungsbereich der Rom II-VO auch ein Regelungsbereich für mitgliedstaatliche Regelungen.

So ist etwa aufgrund des österreichischen IPR-G die Frage zu beantworten, welche Rechtsordnung im Falle eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten, insbesondere bei Verletzung der Namensführung, zur Anwendung kommt. So ist gemäß § 13 Abs 2 IPR-G der Schutz des Namens nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird. Der Namensschutz ist nicht bloß für Menschen, sondern auch für juristische Personen – für Firmen – bedeutsam. Dabei umfasst der Schutz des Namens nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Schadenersatzansprüche.

Gewissermaßen als Anschlussstück zu den Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Rom II-VO (siehe Rom I-VO Anwendungsbereich) trifft § 48 IPR-G eine kollisionsrechtliche Auffangregelung für die („anderen“) außervertraglichen Schuldverhältnisse. Grundsätzlich ist für diese außervertraglichen Schuldverhältnisse auch aufgrund § 48 IPR-G eine frei Rechtswahl der Parteien zulässig. Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, dann ist das außervertragliche Schuldverhältnis nach der Rechtsordnung jenes Staates zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist (Handlungsortprinzip).

Wiederholungsfragen

  1. Was besagt die grundsätzliche universelle Anwendung der Rom I‑VO und der Rom II‑VO?
  2. A ist Unternehmer mit Sitz in Bozen. Sein Unternehmensgegenstand umfasst die gewerbliche Beförderung von Personen und Güter im internationalen Straßenverkehr. B (mit Wohnsitz in München) wurde von C (Wohnsitz in Innsbruck) bevollmächtigt für ihn einen Personenbeförderungsvertrag von Graz nach Bregenz zu schließen. C kommt diesen Auftrag nach. Während des Transportes wird der Koffer von B beschädigt. Welche Rechtsordnung ist für die Beurteilung allfälliger Schadenersatzansprüche anzuwenden?
  3. Was besagt das „Günstigkeitsprinzip“? Nennen Sie ein Beispiel für das Günstigkeitsprinzip im Rahmen der Rom-Verordnungen.
  4. Welche Kollisionsregel ist in jenen Fällen maßgeblich, in denen für Sachverhalte mit Auslandsbeziehung sowohl Kollisionsregeln nach den jeweiligen Rom-Verordnungen aber auch Kollisionsregel nach internationalen Übereinkommen einschlägig sind?
  5. Beschreiben Sie die in Art 4 Rom II-VO geregelte Ausweichklausel.
  6. Beschreiben Sie bei außervertraglichen Schuldverhältnissen den Unterschied zwischen dem Erfolgsortprinzip und jenem des Handlungsortes.
  7. Beschreiben Sie allgemein die für kollisionsrechtliche Regelungen typischen subsidiären Anknüpfungskriterien.
  8. Welche kollisionsrechtliche Regel sieht das IPR-G bei der Verletzung von Namensrechten vor?

Lösungen

  1. Entsprechend der universellen Anwendung der Rom I- und II-VO ist die Rechtsordnung jenes Staates, in welche aufgrund der Anknüpfungspunkte in der Rom I-VO verwiesen wird, grundsätzlich auch dann anzuwenden, wenn es sich dabei um die Rechtsordnung eines Staaten handelt, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist.
  2. Grundsätzlich jene Rechtsordnung, die zwischen A und C gewählt wurde. Dabei ist das Handeln von B als Bevollmächtigter dem C direkt zuzurechnen. Mangels erfolgter Rechtswahl ist gemäß Art 5 Abs 2 Rom I-VO primäres Anknüpfungskriterium das Recht des Staates, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Abgangsort oder der Bestimmungsort befindet. Die zu befördernde Person ist C. C hat seinen Wohnsitz in Innsbruck, somit in Österreich. Auch der Abgangsort Graz und der Bestimmungsort Bregenz liegen in Österreich. Folglich ist zur Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang Schadenersatzansprüche wegen des beschädigten Koffers bestehen, aufgrund des primären Anknüpfungskriteriums in Art 5 Abs 2 Rom I-VO österreichisches Recht anzuwenden.
  3. Das Günstigkeitsprinzip ist vom Schutzgedanken für wirtschaftlich schwächere Parteien getragen. Deshalb finden sich in juristischen Regelwerken gelegentlich bestimmte Schutzbestimmungen für die wirtschaftlich schwächere Partei. Nach dem Günstigkeitsprinzip in den Rom-Verordnungen ist die freie Rechtswahl zugunsten der schwächeren Partei beschränkt, als ihr nicht der Schutz entzogen werden darf, der ihr aufgrund der zwingenden Bestimmungen des bei objektiver Anknüpfung maßgebenden Rechts verliehen ist. Das Günstigkeitsprinzip gilt bei Verbraucherverträgen und Individualarbeitsverträgen nach der Rom I-VO
  4. Sowohl die Rom I-VO als auch die Rom II-VO behandelt diese Frage gleich: Gibt es für das vertragliche bzw außervertragliche Schuldverhältnis neben den Rom-Verordnungen auch von den Mitgliedstaaten abgeschlossene internationale Übereinkommen, dann gehen die Anknüpfungen aus den jeweiligen internationalen Übereinkommen den Rom-Verordnungen vor. In den Fällen, in denen sich der Sachverhalt mit Auslandsbezug jedoch ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten (die auch Vertragspartei eines solchen internationalen Übereinkommens sind) ereignet, dann haben die Regelungen der jeweiligen Rom‑Verordnung Vorrang vor den Regelungen des jeweiligen internationalen Übereinkommens.
  5. Ergibt sich bei gesamthafter Betrachtung der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung zu einem Staat aufweist, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn zwischen den Parteien ein Vertrag besteht, der mit der unerlaubten Handlung in Verbindung steht.
  6. Beide Prinzipien stehen im Zusammenhang mit der Frage, welches Recht bei kollisionsrechtlich relevanten außervertraglichen Schuldverhältnissen zur Anwendung kommt. Beim Erfolgsortprinzip erfolgt die kollisionsrechtliche Anknüpfung an das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist. Bei der Anknüpfung nach dem Handlungsort liegt der kollisionsrechtliche Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der anzuwendenden Rechtsordnung am Ort, in dem das schadensbegründende Ereignis gesetzt wurde.
  7. Subsidiäre Anknüpfungskriterien bedeuten, dass das jeweils nachgereihte Anknüpfungskriterium lediglich dann zur Anwendung kommt, wenn das vorangehende Anknüpfungskriterium im konkreten Fall nicht zur Anwendung kommt bzw. kommen kann. Sie werden gelegentlich auch als „Anknüpfungsleiter“ bezeichnet.
  8. Für die Beurteilung der Verletzung von Namensrechten ist die Rechtsordnung jenes Staates maßgeblich, in dessen Gebiet die Verletzungshandlung gesetzt wurde.
  1. Unter Schuldverhältnissen versteht man die Summe der zwischen konkreten Parteien bestehenden Rechte und Pflichten. Haben diese Rechte und Pflichten ihre Grundlage in gesetzlichen Regelungen, dann spricht man von gesetzlichen Schuldverhältnissen (zB: Bereicherungsrecht, Schadenersatzrecht, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Gläubi­ger­anfechtung). Entstehen diese Rechte und Pflichten aufgrund rechts­geschäftlicher Ver­einbarung, dann spricht man von vertraglichen Schuldverhältnissen (zB Kauf, Tausch, Schenkung, Verwahrungsvertrag, Leihe, Darlehen, Auftrag, Trödel­vertrag, Miete, Pacht, Dienstvertrag, Werkvertrag).
  2. Das EVÜ wurde am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegt und betraf das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof. Es war ein völkerrechtlicher Vertrag, dessen Unterzeichnung jedoch lediglich den Mitgliedsstaaten der damaligen Europäischen (Wirtschafts-)Gemeinschaft offen stand. Österreich trat diesem Vertrag später bei (siehe BGBl III Nr 166/1998). Anlässlich der Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages beschloss der Nationalrat, dass dieses Übereinkommen durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Die Transformation erfolgte dann durch die Regelung des § 53 Abs 2 IPR-G (idF BGBl I Nr 18/1999) welche besagt, dass das EVÜ „unmittelbar anzuwenden ist“.
  3. BGBl Nr 138/1961.
  4. BGBl Nr 225/1985 zuletzt geändert durch BGBl III Nr 107/2021.
  5. BGBl Nr 286/1961 idF BGBl III Nr 87/2000.
  6. RGBl Nr 33/1913.
  7. BGBl Nr 204/1966 idF BGBl Nr 247/1979.
  8. BGBl Nr 289/1932.
  9. BGBl Nr 47/1959.
  10. BGBl Nr 96/1988,
  11. Verordnung Nr 593/2008 vom 17. Juni 2009 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl L Nr 177 vom 4.7.2008, 6ff.
  12. Verordnung Nr 864/2007 vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl L Nr 199 vom 31.7.2007, 40ff.
  13. Zöchling-Jud/Aspöck, Internationales Privatrecht3.
  14. Siehe dazu die Begründung des Vorschlages für eine Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), KOM (2005) 650 endgültig, vom 15.12.2005, 3.
  15. Der Begriff des Vertragsstatuts steht für das auf den Vertrag anzuwendende Recht.
    unterliegen dabei insbesondere Haftungshöchstgrenze, Ersatzfähigkeit materieller und ideeller Schäden sowie die Form der Wiedergutmachung.
  16. Erlöschensarten können beispielsweise ein Vergleich, ein Anerkenntnis, ein Verzicht oder Schulderlass oder eine Kündigung sein.
  17. Rechtsakte sind nichtig, wenn sie derart mit Mängeln behaftet sind, dass sie von Anfang an keinerlei Rechtswirkungen entfalten. Je nach der Schwere der Mängel mit denen der Rechtsakt behaftet ist, ist zwischen absoluter und relativer Nichtigkeit zu unterscheiden. Bei relativ nichtigen Rechtsakten muss die Mangelhaftigkeit geltend gemacht werden, wodurch der Rechtsakt in weiterer Folge beseitigt werden kann.
  18. Bei reinen Inlandssachverhalten ist eine Rechtswahlmöglichkeit lediglich hinsichtlich der nicht-zwingenden Rechtsvorschriften eröffnet – oder maW – können lediglich die dispositiven Rechtsvorschriften „abgewählt“ werden. Siehe dazu Art 3 Abs 3 Rom I-VO, der lautet: „Sind alle anderen Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, so berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.“.
  19. Siehe dazu etwa § 863 ABGB.
  20. Etwa ein grundbücherlich einverleibtes Pfandrecht an einer Liegenschaft.
  21. Der Franchisevertrag ist kein gesetzlich geregelter Vertragstypus; er beruht auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Beim Franchising stellt regelmäßig ein Franchisegeber einem Franchisenehmer die Nutzung eines Geschäftskonzeptes gegen Entgelt zur Verfügung. Bei den verschiedenen Franchisekonzepten können etwa Produktions­franchising, wo die die Produktion und der Absatz einer bestimmten Warengruppe oder einzelner Waren Teil des Franchisevertrages ist, oder Vertriebsfranchising unterschieden werden.
  22. Vgl etwa in Österreich das Konsumentenschutzgesetz.
  23. Gemäß Art 7 Abs 3 Rom I-VO ist die Rechtswahlmöglichkeit auf folgende Möglichkeiten beschränkt:
  24. Zur Zession siehe allgemein §§ 1192ff ABGB sowie Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 (2015) 535ff.
  25. Siehe § 1346 Abs 2 ABGB.
  26. Siehe § 2 Notariatsordnung (NO), RGBl Nr 75/1871 zuletzt geändert durch Bundes­gesetz BGBl I Nr 86/2021.
  27. RV 322 BlgNR 24. GP, Erl zu Z 2 (§ 35).
  28. Zur vertragscharakteristischen Leistung siehe Grundsatz der freien Rechtswahl.
  29. Siehe etwa die Begründung des Vorschlages für eine Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM (2003) 427 endgültig, vom 22.07.2003, 5ff.
  30. Im Prinzip handhabt die Rom II-VO also genauso wie die Rom I‑VO die Frage, was denn nun gelten soll, wenn auf einen Sachverhalt mit Auslandsbeziehung sowohl die Kollisionsregeln der jeweiligen Rom-VO oder eines internationalen Übereinkommens einschlägig wären. Zur Rom I-VO siehe die Ausführungen unter Beförderungsverträge
  31. Siehe den 11. Erwägungsgrund der Rom II-VO.
  32. In diesem Zusammenhang regelt etwa Art 2 Rom II-VO den Begriff des Schadens und hält fest, dass der Begriff des Schadens im Sinne der Verordnung sämtliche Folgen einer unerlaubten Handlung, einer ungerechtfertigten Bereicherung, einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen umfasst.
  33. Siehe den 21. Erwägungsgrund der Rom II-VO.
  34. Zöchling-Jud/Aspöck, Internationales Privatrecht.
  35. Siehe den 24. Erwägungsgrund der Rom II-VO.