Internationale Wirtschaft - Handelsströme: Unterschied zwischen den Versionen

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Ist z.B. <math display="inline">a_{c} = 1</math>, <math display="inline">a_{w} = 2</math> und <math display="inline">L = 20</math>, so können maximal <math display="inline">L/a_{c}\  = 20</math> EH Tuch oder <math display="inline">\frac{L}{a_{w}} = 10</math> EH Wein produziert werden, und die Produktion von 1 EH Tuch entspricht Opportunitätskosten von 0,5 EH Wein. Die Steigung der Trans­formationskurve ist entsprechend dem Verhältnis des nötigen Arbeitsaufwands, <math display="inline">\frac{a_{c}}{a_{w}} = 0,5</math>: Um 1 EH mehr Tuch produzieren zu können, muss auf 0,5 EH Wein verzichtet werden. Die Transformationskurve kann natürlich auch umgedreht und entsprechend interpretiert werden: Um 1 EH mehr Wein produzieren zu können, muss auf die Produktion von 2 EH Tuch verzichtet werden.
Ist zB <math display="inline">a_{c} = 1</math>, <math display="inline">a_{w} = 2</math> und <math display="inline">L = 20</math>, so können maximal <math display="inline">L/a_{c}\  = 20</math> EH Tuch oder <math display="inline">\frac{L}{a_{w}} = 10</math> EH Wein produziert werden, und die Produktion von 1 EH Tuch entspricht Opportunitätskosten von 0,5 EH Wein. Die Steigung der Trans­formationskurve ist entsprechend dem Verhältnis des nötigen Arbeitsaufwands, <math display="inline">\frac{a_{c}}{a_{w}} = 0,5</math>: Um 1 EH mehr Tuch produzieren zu können, muss auf 0,5 EH Wein verzichtet werden. Die Transformationskurve kann natürlich auch umgedreht und entsprechend interpretiert werden: Um 1 EH mehr Wein produzieren zu können, muss auf die Produktion von 2 EH Tuch verzichtet werden.


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Aktuelle Version vom 27. Juli 2023, 08:22 Uhr

Handelsströme

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs, insbesondere aber seit den frühen 1990er-Jahren hat sich das Welthandelsvolumen beständig erhöht – nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch relativ zum Weltwirtschaftswachstum. Damit verbunden ist der Begriff der Globalisierung, der in den 1990er-Jahren populär und Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs wurde. Zwar ist umstritten, was mit Globalisierung nun tatsächlich gemeint ist: Manche zählen auch den globalen Massentourismus und kulturelle Aspekte dazu, andere fokussieren vor allem auf Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologien wie dem Internet in Verbindung mit einer Reduktion der Transportkosten. Diese Phänomene mögen sich in den 1990er-Jahren verstärkt haben, sie setzten jedoch nur Trends fort, die sich bereits seit dem 19. Jahrhundert beobachten lassen und mit den Erfindungen des Telegrafen und der Eisenbahn ihren Ausgang genommen haben. In diesem Sinn wäre Globalisierung nichts genuin Neues.

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs haben die etablierten („westlichen“) Industrie­staaten unter Führung der USA eine kontinuierliche Politik betrieben, die grenz­überschreitenden Handel und Investitionen erleichtern sollte und mit der Gründung der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) 1995 ihren Abschluss fand. [1] Parallel zu dieser Entwicklung haben sich weite Teile der Welt­wirtschaft von diesem System des globalen Kapitalismus abgeschottet und einen eigenen Weg der Entwicklung gesucht, insbesondere die Sowjetunion und die mit ihnen verbündeten Staaten (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, RGW), die Volks­republik China nach ihrer Gründung 1949 sowie Indien nach der Erlangung der Unabhängigkeit 1947. Was die 1990er-Jahre so besonders macht, ist die Öffnung dieser Ökonomien für das globale kapitalistische System, die praktisch zeitgleich erfolgte. Somit lässt sich der Begriff der Globalisierung einengen auf die Ausweitung des globalen Handels- und Investitionssystems auf den überwiegenden Teil der Erde. Gleichzeitig hat die EU mit dem Vertrag von Maastricht den Europäischen Binnenmarkt verwirklicht und so die wirtschaftliche Integration vertieft. Durch den EU-Beitritt 1995 war Österreich beiden Entwicklungen gleichzeitig ausgesetzt, was das Land nachhaltig geprägt und verändert hat.

Aus dieser Sicht ist das Fach der Internationalen Wirtschaft eng mit dem Phänomen der Globalisierung verwoben. Globalisierung ist im obigen Sinn kein natürliches Phänomen oder eine zwangsläufige Entwicklung technologischen Fortschritts, sondern politisch gewollt und durchgeführt. Berücksichtigt man, dass sich Russland, die Volksrepublik China und Indien die ursprüngliche Loslösung vom globalen kapitalistischen System unter großen Opfern erkämpft haben, so wird offensichtlich, dass es nicht nur einen determinierten, „natürlichen“ Weg der Entwicklung gibt. Gerade weil diese Länder sich dem globalen kapitalistischen System wieder geöffnet haben, wird allerdings deutlich, dass von den damit verbundenen Entwicklungen Vorteile erwartet werden. Hinsichtlich des Handels gilt dies insbesondere für Effizienzgewinne als Folge der internationalen Arbeitsteilung. Die theoretische Grundlage für den Abbau von Handelshemmnissen bis zur Gründung von Frei­handels­zonen bildet das Ricardo-Modell, das in Lektion 1.1 vorgestellt wird. Argumente für und wider den Freihandel und Instrumente der Handelspolitik, werden in Lektion 1.2 diskutiert, bevor in Lektion 1.3 empirische Konzepte zur Erfassung des Handels vorgestellt werden.

Komparative Vorteile

Grundlegend für das Verständnis des Ricardo-Modells ist das Prinzip der komparativen Vorteile. Im Unterschied zu den absoluten Vorteilen geht es hier nicht darum, welche Ökonomie etwas Bestimmtes im Unterschied zu anderen Ökonomien besser macht, sondern was eine Ökonomie verglichen mit sich selbst am besten macht. Die Hauptaussage ist: Jede Ökonomie soll sich auf das spezialisieren, was sie am besten kann. Aufgrund der daraus resultierenden komparativen Vorteile soll eine Ökonomie auch dann mit anderen Ökonomien handeln, wenn sie nichts besser als andere Ökonomien kann. Die intellektuelle Leistung des Ricardo-Modells besteht darin, zu zeigen, dass auch in diesem Fall beide Ökonomien vom Handel profitieren.

Opportunitätskosten

Die Basis des Ricardo-Modells [2] bildet das Konzept der Opportunitätskosten (auch: Alternativkosten), definiert als entgangener Nutzen oder Ertrag im Vergleich zur besten nicht realisierten Alternative. In einer Ökonomie bedeutet das, dass bei Produktion eines Gutes ein anderes nicht produziert werden kann. Auch wenn eine Volkswirtschaft eine sehr große Entität darstellt, in der Millionen Güter produziert werden, sind die Mittel dennoch begrenzt: Maschinen und Arbeiter*innen, die zur Produktion von Gut X eingesetzt werden, können nicht gleichzeitig Gut Y produzieren. Bei Berücksichtigung von steigenden Skalenerträgen wird deutlich, warum Größeneffekte die Relevanz dieser Feststellung noch unterstreichen, da sich aus der Konzentration auf ein Gut besondere Vorteile ergeben können. [3] So kann man sich beispielsweise vorstellen, dass Österreich weniger als halb so viele Maschinenteile produzierte, würde die Hälfte der derzeitigen Kapazitäten zur Produktion anderer Güter verwendet. Das Konzept der Skalenerträge unterstreicht die Bedeutung der komparativen Vorteile im globalen Handel, es ist jedoch für das Verständnis des Grundprinzips nicht unmittelbar erforderlich.

Betrachtet werde stattdessen zur Einführung die Produktion von Äpfeln und Orangen in den beiden Ländern Österreich und Italien. Angenommen werde ferner, dass die Produktion beider Obstsorten grundsätzlich in beiden Ländern möglich ist. Wenn die Opportunitätskosten zur Herstellung des einen Guts – hier Äpfel – niedriger sind als in einem anderen Land, dann besitzt das Land einen komparativen Vorteil.

Angenommen, in Österreich können mit denselben Ressourcen entweder 10 Äpfel oder 1 Orange produziert werden. Das heißt, in Österreich 10 Äpfel zu produzieren bedeutet, auf die Produktion von 1 Orange zu verzichten. Analog bedeutet in Österreich 1 Orange zu produzieren auf die Produktion von 10 Äpfeln zu verzichten. Innerhalb Italiens können mit denselben Ressourcen entweder 10 Äpfel oder 5 Orangen produziert werden. Das heißt, in Italien 10 Äpfel zu produzieren bedeutet, auf die Produktion von 5 Orangen zu verzichten, und umgekehrt.

Die Opportunitätskosten von Äpfeln sind in Österreich somit niedriger. Das heißt nicht, dass innerhalb Italiens die Produktion von Orangen billiger ist als jene von Äpfeln. Es heißt, dass bei der Produktion von Äpfeln in Österreich auf weniger Orangen verzichtet werden muss als bei der Produktion in Italien.

Produktionsmöglichkeiten

Ricardo selbst hat in seinen Ausführungen die Produktionsmöglichkeiten einer Volks­wirtschaft anhand der Güter Tuch (engl. cloth) und Wein dargestellt. Das Modell lässt sich problemlos auf mehr Güter erweitern, die zweidimensionale Darstellung erleichtert allerdings das Verständnis. Selbiges gilt für die Annahme, dass als Produktions­faktor nur Arbeit benötigt wird. Alternativ kann man mehrere Produktionsfaktoren berücksichtigen und in Geldeinheiten (GE) bewerten, um zum selben Ergebnis zu kommen.

In einer Ökonomie gebe es nun den Produktionsfaktor Arbeit, der zur Produktion der Güter Tuch und Wein in beliebigen Einsatzverhältnissen verwendet werden kann. Da nicht unendlich viele Arbeitseinheiten (AE) zur Verfügung stehen, muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, was produziert werden soll. Eine Arbeits­einheit kann gleichzeitig nur einmal eingesetzt werden, also entweder nur für Tuch oder Wein, oder gar nicht eingesetzt werden. Die folgende Ungleichung verdeutlicht das Problem:

(1.1.1)

wobei den Arbeitskoeffizienten darstellt, definiert als nötigen Arbeitsaufwand für die Produktion einer Einheit eines Guts. bezeichnet die produzierte Menge eines Guts, und symbolisieren die beiden Güter Tuch und Wein, das gesamte verfügbare Arbeitsangebot der Ökonomie.

Die Transformationskurve in der unteren Abbildung stellt diesen Zusammenhang als Produktions­­möglichkeiten grafisch dar. [4] In der Ökonomie gibt es insgesamt AE, die auf die Produktion von Tuch und Wein verteilt werden können. Die Punkte auf der Kurve repräsentieren Produktionsmöglichkeiten, die das Arbeitsangebot zur Gänze ausschöpfen; Punkte unter der Kurve sind ebenfalls erreichbar, lassen jedoch einen Teil des Arbeitsangebots ungenutzt; Punkte über der Kurve können nicht erzielt werden. Der Anstieg der Kurve ist gleich den Opportunitätskosten von Tuch in Wein: Aus dem Anstieg der Kurve kann abgelesen werden, wie viele Einheiten (EH) von Wein bei voller Arbeitsauslastung aufgegeben werden müssen, um 1 EH mehr Tuch zu erzeugen. Die Kurve entspricht in der Grafik einer Geraden, da die Opportunitäts­kosten unabhängig von der jeweils produzierten Menge über den gesamten Bereich konstant sind.

Transformationskurve

Ist zB , und , so können maximal EH Tuch oder EH Wein produziert werden, und die Produktion von 1 EH Tuch entspricht Opportunitätskosten von 0,5 EH Wein. Die Steigung der Trans­formationskurve ist entsprechend dem Verhältnis des nötigen Arbeitsaufwands, : Um 1 EH mehr Tuch produzieren zu können, muss auf 0,5 EH Wein verzichtet werden. Die Transformationskurve kann natürlich auch umgedreht und entsprechend interpretiert werden: Um 1 EH mehr Wein produzieren zu können, muss auf die Produktion von 2 EH Tuch verzichtet werden.

Relative Preise

Die Transformationskurve bildet alle möglichen Produktions-Kombinationen ab; was tatsächlich produziert wird, hängt in einer Marktwirtschaft von den relativen Preisen ab. Wenn Arbeit der einzige Produktionsfaktor ist und es keine Gewinne gibt, dann entsprechen die Preise den Kosten der eingesetzten Arbeit, d.h. den Löhnen. Die Arbeiter*innen werden in einer Marktwirtschaft natürlich dort arbeiten wollen, wo die Löhne höher sind. Ohne Profit werden die Löhne allein durch die Produktivität bestimmt. Der Lohn im jeweiligen Sektor entspricht dem Wert, der von 1 AE produziert werden kann. Definiert man und als Preise für Tuch und Wein, ergeben sich als jeweilige Löhne und .

Wenn die Produktivität der Arbeiter*innen nur vom jeweiligen Sektor abhängt, die Arbeiter*innen selbst sich jedoch hinsichtlich ihrer Eigenschaften nicht weiter voneinander unter­scheiden, so muss in einer Marktwirtschaft gelten:

wobei einem landesweiten, einheitlichen Lohnsatz entspricht. Der Grund dafür ist, dass bei sektoral unterschiedlichen Löhnen die Arbeiter solange in den besser bezahlenden Sektor wechseln würden, bis sich die Unterschiede ausgeglichen haben. Gleichung (1.1.2) entspricht somit dem Preisverhältnis ohne Außenhandel und sagt aus, dass die relativen Güterpreise den relativen Produktionskosten entsprechen.

Was würde passieren, wenn sich die Ökonomie für den Welthandel öffnet und der Weltmarktpreis dergestalt ist, dass ? Daraus würde folgen, dass . Wenn aber die Arbeiter*innen in jenem Sektor arbeiten, in dem der Lohn höher ist, dann wird im Welthandel nur in einem Sektor produziert. Die Ökonomie wird sich daher auf jenes Gut spezialisieren, für das das Preisverhältnis günstiger ist als der nötige Arbeitsaufwand, d.h. bei auf die Produktion von Wein und vice versa. Anders formuliert: Betreibt eine Ökonomie Handel und richtet sich nach den Weltmarktpreisen, so wird sie sich in einer Markt­wirtschaft automatisch auf jenes Gut mit dem für sie günstigeren Preisverhältnis spezialisieren.

Absolute und komparative Vorteile

In einem Szenario mit Außenhandel lassen sich die nötigen Arbeitseinsatz­verhältnisse vergleichen. Im Folgenden werden die Ökonomien in Anlehnung an Ricardo mit wie England und wie Portugal bezeichnet. Es lassen sich zwei Konzepte unterscheiden:

  • Wenn eine Ökonomie 1 EH eines Guts mit weniger Arbeitseinsatz produzieren kann als eine andere Ökonomie, dann hat die erste Ökonomie einen absoluten Vorteil bei der Produktion dieses Guts.
  • Wenn eine Ökonomie 1 EH eines Guts mit geringeren Opportunitätskosten produzieren kann als eine andere Ökonomie, dann hat die erste Ökonomie einen komparativen Vorteil bei der Produktion dieses Guts.

Der Unterschied kann durch folgendes Beispiel veranschaulicht werden: Wenn die oben beschriebene Ökonomie repräsentiert, so lassen sich die Variablen umformulieren als , und . Angenommen seien für die folgenden Werte: , und . Daraus folgt, dass einen absoluten Vorteil bei der Produktion beider Güter hat, da und : Die gleiche Menge beider Güter kann in mit weniger Arbeitsaufwand produziert werden als in .

Der relative Arbeitsaufwand ist jedoch unterschiedlich, da : Für die gleiche produzierte Menge von muss in auf mehr verzichtet werden als in . Diese Ungleichung lässt sich umformen zu , wodurch das Kostenverhältnis ausgedrückt wird. Daraus folgt, dass einen komparativen Vorteil bei der Produktion von hat, und vice versa.

Es ist wichtig, zu betonen, dass der komparative Vorteil nur identifiziert werden kann, wenn alle vier Arbeitseinsatzkosten bekannt sind. Werden lediglich die Arbeits­einsatzkosten für ein Gut zweier Länder verglichen, so erfährt man nur den absoluten Vorteil. Wie im Folgenden gezeigt wird, sind für den Handel die komparativen Vorteile von Bedeutung, aus den absoluten Vorteilen können hingegen keine Schlüsse bzgl. der Handelsströme gezogen werden. Das dennoch zu tun, ist einer der häufigsten Fehler bei der Interpretation des Welthandels und entsprechenden Schluss­folgerungen für die Handelspolitik.

Entstehen von Handel

Durch Handel werden die Preise auf den Gütermärkten nicht mehr nur durch die Arbeitseinsatzverhältnisse innerhalb der jeweiligen Länder bestimmt, sondern vom Handel selbst beeinflusst. Gerade beim Handel ist wichtig, die Gütermärkte gemeinsam zu betrachten, da sie sich durch die komparativen Vorteile gegenseitig beeinflussen. Die folgende Abbildung zeigt die Kurven des relativen Weltangebots und der relativen Weltnachfrage nach Tuch relativ zu Wein als Funktion der Preis­verhältnisse von Tuch relativ zu Wein: Je höher der relative Preis von Tuch, umso niedriger die nachgefragte Menge, skizziert durch die Kurve N. Je höher der Preis von Tuch relativ zu Wein, umso höher auch das Angebot, skizziert durch Kurve A.

Relatives Weltangebot und relative Weltnachfrage

Wie weiter oben argumentiert, wird sich auf die Produktion von Tuch spezialisieren, wenn . Für gilt das gleiche, wenn . Wenn
, so sind die Arbeiter*innen in indifferent, in welchem Sektor sie arbeiten – bei diesem Verhältnis wird in beides zu beliebig variierbaren Mengen produziert, im Diagramm wird die Angebots­kurve daher an dieser Stelle flach, und analog bei für . Wenn der Weltmarkt­preis unter den Punkt fällt, dann gibt es überhaupt kein Angebot an Tuch – niemand ist bereit, zu diesem Preis zu produzieren.

Der entscheidende Bereich in der oberen Abbildung liegt zwischen den beiden markierten Punkten der Achse der Preisverhältnisse: Wenn , wird sich auf Tuch spezialisieren. So lange jedoch , wird sich auf die Produktion von Wein spezialisieren. Die in diesem Bereich von produzierte Menge beträgt EH Wein und die von produzierte Menge beträgt EH Tuch. Die relative Menge an Tuch, die insgesamt produziert wird, ergibt sich aus der Produktion von Tuch dividiert durch die Produktion von Wein, .

Beim Schnittpunkt der Kurven N und A produzieren beide Länder daher jenes Gut, bei dem sie einen komparativen Vorteil haben: produziert nur Wein, produziert nur Tuch. Fällt die Nachfragekurve auf N’, so entspricht der Weltmarktpreis von Tuch und somit exakt den Opportunitätskosten von Tuch, ausgedrückt in Wein in , und es wird in beides produziert, während sich völlig auf die Produktion von Wein spezialisiert. Das Gesetz der komparativen Vorteile wird hier besonders deutlich, denn abgesehen von diesem Spezialfall liegt der Weltmarktpreis immer irgendwo zwischen den beiden Preisen, die sich auf autarken Heimmärkten ergeben, und jedes Land spezialisiert sich bei Handel auf jenes Gut, für das es relativ weniger Arbeitseinsatz braucht.

Auswirkungen des Handels

Der Import und Export, der unter den skizzierten Bedingungen (Schnittpunkt der Kurven N und A innerhalb des entscheidenden Bereichs in der oberen Abbildung) stattfindet, übt natürlich auch einen Druck auf die Preise aus. Aus Sicht von wird nun Wein aus importiert (neues Angebot) und Tuch nach exportiert (neue Nachfrage) – und vice versa für . Durch das vergrößerte Angebot gibt es einen Druck nach unten für den relativen Preis von Wein in sowie für Tuch in . Analog erfolgt ein Druck nach oben für die relativen Preise von Wein in und Tuch in . Abgesehen vom Fall, in dem sich eines der Länder nicht vollständig spezialisiert, wird der relative Preis für Wein am Weltmarkt stets zwischen den relativen Preisen unter Autarkie liegen:

wobei sich mit den Variablenwerten , , , ein kritischer Bereich von ergibt. Das Modell hat somit gezeigt, dass Ökonomien mit unterschiedlichen Produktivitätsniveaus sich spezialisieren werden – nämlich auf jenes Gut, bei dem sie einen komparativen Vorteil haben.

Inwieweit beide Ökonomien davon profitieren, kann auf zweierlei Arten gedacht werden. Die erste Weise bezieht sich auf die Produktion: könnte Tuch auch direkt selbst produzieren, aber indem es Wein exportiert, kann Tuch gewissermaßen indirekt „produzieren“, indem es zuerst Wein tatsächlich herstellt und dann gegen Tuch mit tauscht. Dass diese Methode der „indirekten Tuchproduktion“ für vorteilhafter weil effizienter ist, kann man erkennen, indem man den jeweils nötigen Arbeitsaufwand vergleicht.

Einerseits kann eine Arbeitsstunde verwenden, um EH Tuch direkt zu produzieren. Andererseits kann diese Arbeitsstunde benutzen, um EH Wein zu produzieren. Dieser Wein kann dann verwendet werden, um ihn mit gegen Tuch zu tauschen. Am Weltmarkt wird Wein zum relativen Preis gehandelt, d.h. 1 EH Wein wird gegen EH Tuch getauscht. Daraus ergibt sich, dass eine Arbeitsstunde in nun EH Tuch einbringt. Damit erhält mehr Tuch, als wenn es Tuch selbst produziert hätte, solange die aus Ungl. (1.1.3) abgeleitete Bedingung erfüllt ist. Sind bspw. und , so kann mit gleichem Einsatz 1,5mal so viel Tuch „produzieren“ wie ohne Handel.

In einer Welt ohne Handelsbilanzdefizite kann ein Land grundsätzlich nur konsumieren, was es produziert. Die zweite Weise zu zeigen, wie Länder vom Handel profitieren, liegt in der Betrachtung des Konsums. Folgende Abbildungen zeigen die erweiterten Konsummöglichkeiten für beide Länder, wobei die durchgehenden Kurven den möglichen Konsum ohne Handel, die strichlierten Kurven den Konsum mit Handel anzeigen. Das linke Diagramm zeigt, wie sich der potenzielle Tuch-Konsum in bei Handel erhöht, mit den bisher angenommenen Variablen von auf EH Tuch, was einem Wachstum von 50% entspricht. Das rechte Diagramm zeigt analog den Anstieg des potenziellen Wein-Konsums in , in diesem Fall von auf , was 33,3% Wachstum entspricht. In beiden Diagrammen repräsentieren die Flächen zwischen den beiden Kurven die jeweiligen Güterbündel, die unter Handel erzielbar sind und unter Autarkie nicht erreicht werden können. [5] Aus diesem Grund kann gesagt werden, dass es den Konsument*innen mit Handel besser gehen muss als ohne Handel, weil sie mehr konsumieren können.

Erweiterte Konsummöglichkeiten mit Handel
Erweiterte Konsummöglichkeiten mit Handel

Implikationen

Vergleicht man die Ergebnisse unter Handel und unter Autarkie, so folgt erstens, dass in ausschließlich Wein produziert wird, obwohl im Vergleich zu auch Tuch billiger produzieren kann (d.h. einen absoluten Vorteil genießt) und konsequenter­weise in ausschließlich Tuch produziert wird, weil im Vergleich zu bei diesem Gut niedrigere Opportunitätskosten hat (d.h. einen komparativen Vorteil genießt). Zweitens kann nun in beiden Ländern bei gleichem Arbeitsaufwand mehr konsumiert werden, und zwar auch in jenem Land, das auf­grund seiner technologischen und/oder natürlichen Ressourcen unterlegen ist (hier: ).

Aus dem Modell heraus lassen sich auch die relativen Löhne der Arbeiter*innen in beiden Ländern berechnen. In der Beispielrechnung arbeiten alle Arbeiter*innen in konsequenter­weise in der Weinproduktion, und alle Arbeiter in in der Tuch­produktion. Da es 2 AE braucht, um 1 EH Wein zu produzieren, beträgt der Lohn je AE in , , den Gegenwert von 0,5 EH Wein, aus der Beispielrechnung ergibt sich somit . Analog ergibt sich , da dies dem Gegenwert der Tuchproduktion je AE in entspricht. Ein*e Arbeiter*in in verdient somit dreimal so viel wie ein*e Arbeiter*in in .

Zu beachten ist, dass der relative Lohn zwischen den Verhältnissen der beiden Ökonomien in den beiden Sektoren liegt: Arbeiter*innen in sind bei Wein 4-mal so produktiv wie jene in , aber nur 2-mal so produktiv bei Tuch. Der Lohn ist 3-mal so hoch, wie oben berechnet. Gerade weil der relative Lohn zwischen den beiden relativen Produktivitätsniveaus liegt, haben beide Länder einen Kostenvorteil für jeweils ein Gut: Aufgrund seines niedrigeren Lohnniveaus hat einen Kostenvorteil bei der Produktion von Tuch, obwohl die Produktivität niedriger ist. Analog hat einen Kostenvorteil bei Wein, obwohl das Lohnniveau höher ist: Der höhere Lohn wird durch die höhere Produktivität mehr als kompensiert.

Dass trotz des niedrigeren Lohns die Arbeiter*innen in vom Handel profitieren, lässt sich anhand dessen demonstrieren, was sie sich vorher und nachher leisten können: Unter Autarkie können mit dem Lohn für eine Arbeitseinheit 0,5 EH Tuch oder 0,125 EH Wein erworben werden, oder beliebige Güterbündel im Austauschverhältnis 4:1. Mit Handel kann mit dem Lohn für eine Arbeitseinheit immer noch 0,5 EH Tuch oder nun 0,167 EH Wein erworben werden, oder beliebige Güterbündel im Austausch­verhältnis 3:1.

Diese Werte gelten freilich für den*die durchschnittlichen Arbeiter*in und werden aus diesem Grund auch durch die Diagramme in den oberen Abbildungen repräsentiert. Es stellt sich als letzte Frage, wie es um den Nutzen von Arbeiter*innen in bestellt ist, die lieber Wein konsumieren, da der Preis von Wein relativ zu Tuch nun höher ist? Im konkreten Beispiel hat sich der Weinpreis von 2 auf 3 GE erhöht. Die Antwort liegt einerseits im obigen Absatz, da entscheidend ist, was eine Arbeitseinheit kaufen kann: Das war vor und nach der Öffnung für Handel eine 0,5 EH Wein. Ein*e Arbeiter*in, der*die nur Wein konsumiert (und nur dieser!), ist daher zwar nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt. Alle anderen können nun bei gleichem Weinkonsum mehr Tuch konsumieren, oder von beidem mehr konsumieren.

Eine Umrechnung in das Bruttoinlandsprodukt zeigt schließlich, wie durch den Handel beide Länder Wirtschaftswachstum erfahren: Angenommen, beide Länder haben unter Autarkie jeweils die Hälfte der Ressourcen für die Produktion der beiden Güter eingesetzt. Dann betrug das BIP zu Weltmarktpreisen in unter Autarkie , was mit den eingesetzten Variablen­werten 25 GE entspricht. Nach der Öffnung für Handel und der Spezialisierung auf die Weinproduktion beträgt das BIP und somit 30 GE. Für ergeben sich analog die Werte von 8,75 GE und 10 GE.

Handelspolitik

Wie bei so vielen Fragen in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften gibt es gerade beim Außenhandel bei vielen Antworten ein sowohl-als-auch. Das Ricardo-Modell zeigt eindrucksvoll, warum Ökonomien vom Handel profitieren, wobei das zugrunde­liegende Prinzip so zu verstehen ist: Der Schlüssel liegt im Prinzip der Arbeitsteilung, wonach jeder machen soll, was er am besten kann. Wie für Mit­arbeiter*innen eines Betriebs gilt das auch für die Weltwirtschaft und folgt damit dem Grundprinzip allen ökonomischen Denkens, nämlich jenem des geringsten Auf­wands zur Erreichung eines bestimmten Ziels, oder – gleichlautend – die Maximierung des Ertrags bei gleichem Aufwand. Wie gezeigt wurde, wird in der Welt mit Handel bei gleichem Arbeitseinsatz mehr produziert, und somit ist mehr für alle da. Dennoch gibt es Einwände gegen internationalen Handel, manche basieren auf Missverständnissen, manche sind berechtigt. Von entsprechender Bedeutung sind Instrumente zur Steuerung des Außenhandels, von denen das wichtigste Instrument Zölle darstellen. Sie führen in der Regel zu Wohlfahrtsverlusten, können unter Umständen dennoch sinnvoll sein.

Die Bedeutung des Ricardo-Modells

Gerade das Ricardo-Modell ist ein gutes Beispiel dafür, wie häufig zu hörende Argumente in der öffentlichen Diskussion relativ leicht widerlegt werden, wenn man sich mit dem Sachverhalt auseinandersetzt. Drei Aussagen begegnet man dabei besonders häufig:

  • Aussage 1: „Freier Handel lohnt nur dann, wenn das eigene Land stark genug ist, um gegenüber ausländischem Wettbewerb zu bestehen.“
    • Dahinter steht die Annahme, dass eine Ökonomie, die alles teurer produziert als eine andere, im Freihandel zwangsläufig untergehen müsse. Doch dieses Argument ist in etwa so zutreffend wie die Vorstellung, dass zwei Personen eine beliebige Arbeit nur dann sinn­voll aufteilen können, wenn jede*r bei zumindest einer Tätigkeit besser ist als der*die andere. Es ist nicht schwierig, sich vorzustellen, dass eine Person sowohl Tätigkeit A und Tätigkeit B besser verrichten kann als eine andere Person. Heißt das, dass die Zusammenarbeit produktiver wird, wenn die zweite Person gar nichts tut? Wohl kaum! Der Schlüssel liegt folglich darin, zu verstehen, dass auch eine Ökonomie, die in allem besser ist, davon profitiert, Tätig­keiten auszulagern, in denen sie komparativ schlechter ist. Analog profitiert auch eine Ökonomie, die in allem schlechter ist, davon, jene Tätigkeiten auszuführen, in denen sie komparativ besser ist – um dann vom gestiegenen Gesamtprodukt zu profitieren.
  • Aussage 2: „Globaler Wettbewerb ist ungerecht und schadet anderen Ländern, wenn er auf niedrigen Löhnen basiert.“
    • Dieses Argument ist gerade in der Globalisierungskritik weit verbreitet und bezieht sich häufig auf Lohndumping und damit der Angst, dass niedrig bezahlte Arbeiter*innen im Ausland die Industriearbeit der etablierten Industrie­staaten übernehmen. Das Argument hat einen korrekten Ausgangs­punkt, da die Verlegung der Industriearbeit tatsächlich ein wesentliches Merkmal der Globalisierung darstellt. Obendrein ist die Ungerechtigkeit hinsichtlich der weltweiten Unter­schiede bei Arbeits­einkommen evident. Falsch ist allerdings der Schluss, diese Prozesse wären schädlich – zumindest, wenn man als Kriterium die gesamte Wohlfahrt heranzieht. Wie oben gezeigt wurde, steigt das BIP beider Länder, und somit profitieren sowohl das produktivere wie das weniger produktive Land.
  • Aussage 3: „Handel beutet ein Land aus und bringt es in eine schlechtere Position, wenn die Arbeiter*innen in diesem Land niedrigere Löhne erhalten als in anderen Ländern.“
    • Dieses Argument taucht unweigerlich auf, wenn man sich etwa die Löhne und Arbeitsbedingungen von Näherinnen in Bangladesch ansieht und sie mit dem eigenen Lohn vergleicht. Richtig ist aus marxistischer Sicht, dass Arbeiter*innen ausgebeutet werden und unbestritten ist wohl, dass irgendjemand in den importierenden Ländern vom Handel profitiert, denn sonst fände er nicht statt; das Argument hat allerdings zwei Schwächen. Erstens ist nicht zu sehen, inwieweit die Ausbeutung auf niedrigerem Niveau sich qualitativ von jener auf höherem Niveau unterscheidet. Anders formuliert: Wenn eine Näherin in Bangladesch durch eine in Österreich ersetzt wird (oder umgekehrt), inwieweit ändert sich das Grundprinzip der Ausbeutung? Es ändert sich gar nicht, es findet nur auf unterschiedlichem Niveau statt, entsprechend den Entwicklungsniveaus der jeweiligen Ökonomien. Zweitens wird übersehen, dass sich – wie in der Ein­leitung zu Lektion 1.1 besprochen – die meisten Länder, die von niedrigen Löhnen geprägt sind, freiwillig geöffnet haben, um diese Arbeiten durchzuführen. Das Ricardo-Modell zeigt, dass sich auch die Konsument*innen im weniger produktiven Land nach der Öffnung mehr Güter leisten können.

Die begrenzte Aussagekraft des Ricardo-Modells

So schlüssig die aus dem Ricardo-Modell abgeleiteten Gegen-Gegen-Freihandels-Argumente auch sein mögen, sie haben ihrerseits Schwächen. Im Sinne der Erkenntnis ist die erste Entwicklungsstufe, das Ricardo-Modell zu verstehen und die zweite, seine Limitationen zu erkennen. Das Grundproblem des Ricardo-Modells ist dabei, dass es seinem Wesen nach statisch ist: Zwei Ökonomien werden beschrieben und ändern sich nicht. Als wichtigstes Gegen-Gegen-Gegen-Frei­handels-Argument genügt ein schlichter Verweis auf die Geschichte: Die heute führenden, export­orientierten Industriestaaten – Deutschland, Japan, USA – haben ihre Wirtschaft zunächst abgeschottet, bevor sie eine international konkurrenzfähige Industrie aufbauten. Auch die Republik Korea als letzter (und seit Japan einziger) Neuling im exklusiven Klub reicher Nationen, die ihren Wohlstand auf einer export­orientierten Industrie aufgebaut haben, schottet ihre Wirtschaft bis heute in vielen Bereichen vor ausländischer Konkurrenz ab. Gar nicht zu reden von Ökonomien, die zu diesem Klub zumindest temporär aufgeholt (aber ihn noch lange eingeholt) haben wie etwa die Sowjetunion in den 1950er- und 1960er-Jahren, oder aktuell die Volks­republik China seit den 1990er-Jahren.

Allgemeiner formuliert liegt die erste Schwäche des Ricardo-Modells darin, dass es impliziert, dass die Ökonomien ihre Rollen einnehmen und darin verharren – und Entwicklungsländer für immer Entwicklungsländer bleiben. Skeptisch sollte in diesem Zusammenhang machen, dass die etablierten Industriestaaten seit dem 19. Jahr­hundert bis heute den globalen Freihandel mitunter auch mit Gewalt durch­setzen. Wenn sich wirtschaftlich schwache Länder wie Bulgarien oder Rumänien dem Gemeinsamen Markt der EU anschließen, so ist dies nicht zwangs­läufig ein Beleg für die Richtigkeit der aus dem Ricardo-Modell abgeleiteten Argumente, sondern zeigt bloß, dass in diesem bestimmten Fall die Vorteile der Mitgliedschaft gegenüber der Nicht-Mitgliedschaft überwiegen. Aus dem Ricardo-Modell den Schluss ziehen zu wollen, dass Bulgarien und Rumänien allein dank des inner­europäischen Freihandels dereinst zu reichen Ländern würden, ist aufgrund des statischen Charakters des Modells jedenfalls nicht zulässig! Bezeichnend ist in diesem Kontext, dass sehr große und mächtige Länder – meistens zum Missfallen der etablierten Industriestaaten – in der Regel ihre eigenen Wege der Entwicklung suchen und häufig unter großen Opfern auch durchsetzen, bspw. die China, Indien, Iran, Russland. Dass die Volksrepublik China im letzten Vierteljahrhundert sehr stark vom Außenhandel profitiert hat, heißt eben nicht, dass es noch mehr profitierte, wenn es die Kontrolle völlig aufgäbe.

Die Statik des Ricardo-Modells ignoriert zweitens die Kosten, die durch Anpassung entstehen. Öffnet sich eine Ökonomie und stellt ihre Wirtschaft entsprechend der komparativen Vor- und Nachteile um, so passiert dies nicht von heute auf morgen. Vielmehr werden jene Branchen, in denen die Ökonomie von komparativen Nach­teilen betroffen ist, von Pleiten und Arbeitsplatzverlust gekenn­zeichnet sein. Im Modell passiert die Anpassung ohne Übergangszeit, in der realen Welt kann sie für Individuen lebenslange Arbeitslosigkeit nach sich ziehen, mit den entsprechenden Folgen für die Gesellschaft. Ein besonders prägnantes Beispiel ist der Niedergang der Industrie im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR), die im Zuge der deutschen Vereinigung praktisch über Nacht der Konkurrenz der gesamten Europäischen Gemeinschaft ausgesetzt war. Hohe Arbeitslosigkeit, Bevölkerungsrückgang und Deindustrialisierung mögen im Gebiet der ehemaligen DDR noch verkraftbar sein, weil sie innerhalb Deutschlands passieren und durch innerdeutsche Transfers erheblich abgemildert werden. Allerdings waren alle RGW-Staaten mit vergleichbaren Problemen konfrontiert, die zwar zumeist langsamer abliefen als im Fall der DDR, von denen sich einige jedoch bis heute nicht erholt haben; Länder wie Tadschikistan oder die Ukraine haben bis heute nicht das Produktions- und Wohlstandsniveau erreicht, dass sie vor ihrer Öffnung im Zuge der Auflösung der Sowjetunion bereits hatten.

Ein dritter, vom Ricardo-Modell ausgeklammerter Effekt, der jedoch ein wesentliches Merkmal der Globalisierung darstellt, ist die Frage, was mit den erzielten Wohlfahrtsgewinnen passiert. So zeigt die Entwicklung der USA im letzten Viertel­jahrhundert, die von einem starken Rückgang des Anteils der Industrie gekenn­zeichnet ist, dass viele vergleichsweise gut bezahlte Arbeitsplätze im industriellen Sektor durch vergleichsweise schlecht bezahlte Arbeitsplätze im Dienst­leistungs­sektor ersetzt wurden. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Unter­nehmensgewinne am Volkseinkommen deutlich erhöht. [6] Offensichtlich hat sich in den USA im Rahmen der Globalisierung die Verteilung des Wohlstands zugunsten des Kapitals verschoben. Diese Entwicklung widerlegt nicht die Aussage des Ricardo-Modells, sie zeigt allerdings seine Grenzen auf: Im Ricardo-Modell sind die Arbeiter zugleich die Eigentümer der Produktionsfaktoren, da es nur den Faktor Arbeit gibt. In der realen Welt spielen freilich auch Machtverhältnisse eine große Rolle, und die jüngere Geschichte zeigt, dass vom Freihandel verschiedene Gruppen innerhalb der Gesellschaften unterschiedlich betroffen sind. [7]

Zölle

Zölle gehören zu den ältesten wirtschaftspolitischen Instrumenten und lassen sich bis ins Altertum rückverfolgen. Ihre Bedeutung geht zwar seit dem GATT zurück, dennoch sind sie auch heute allgegenwärtig und eine wichtige staatliche Einnahmen­quelle. [8] Bei einem Zoll handelt es sich aus ökonomischer Sicht schlicht um eine Steuer auf ein importiertes Gut. Man unterscheidet:

  • Spezifische Zölle: Diese werden in einer festen Höhe auf jede importierte Gütereinheit erhoben (z.B. 1 GE je EH Wein).
  • Wertzölle: Diese werden anteilig auf den Wert des Güterimports erhoben (z.B. 25% auf den Warenwert des eingeführten Weins).

Für Konsument*innen sind die Auswirkungen analog zu indirekten Steuern: Sie reduzieren die Konsumentenrente und verlagern den Konsum auf andere, weniger hoch besteuerte Güter. Der Lenkungseffekt wird offensichtlich, da nach Einführung eines Zolls auf ein bestimmtes Gut andere Güter vermehrt konsumiert werden. Handelt es sich dabei um die Produkte einheimischer Anbieter*innen, so können Letztere ihre Preise anheben und die Produktion ausweiten. Aus Sicht der ausländischen Anbieter*innen können Zölle mit Transportkosten verglichen werden: Man ist auf einem Exportmarkt nur dann konkurrenzfähig, wenn man zum Preis der einheimischen Anbieter*innen zuzüglich der Transportkosten seine Produkte anbieten kann.

Angenommen, ein homogenes Gut x wird von zwei Ländern A und B produziert und auf beiden Märkten angeboten. Der Anpassungsprozess nach der Einführung eines Zolls in der Höhe von t GE auf Gut x in A auf Angebot und Nachfrage in A und B lässt sich wie folgt skizzieren: Der Zoll erhöht aus Sicht von Land B die Transportkosten und das Gut wird von dort nur dann weiterhin exportiert werden, wenn es auch nach Einführung des Zolls in Land A konkurrenzfähig ist. Ist das nicht der Fall, ergibt sich in Land A ein Nachfrageüberhang, was den Preis in Land A erhöht, und ein Angebotsüberhang in Land B, was den Preis in Land B reduziert – dieser Prozess setzt sich fort, bis der Preisunterschied genau t GE beträgt: Er ist brutto in Land A um t GE höher als der Nettopreis, der zugleich der Preis in Land B ist.

Der weitere Verlauf: In Land A erhöhen die Produzent*innen als Folge des gestiegenen Preises ihr Angebot. Der höhere Preis führt aber zugleich dazu, dass die Nachfrage in Land A sinkt. In Land B ist der Effekt umgekehrt: Die Produzent*innen reduzieren als Folge des gesunkenen Preises ihr Angebot, und die Nachfrage in Land B steigt. Der Preisanstieg in Land A ist geringer als t, weil zugleich der Nettopreis der Importe durch die Anpassung in Land B gesunken ist. Anders formuliert schlägt sich der Zoll nur im Ausmaß t* < t für die Konsument*innen in Land A nieder.

Effekte der Einführung eines Zolls für ein kleines Land
Effekte der Einführung eines Zolls für ein großes Land


Betrachtet werde nun ein weiteres Land C, das so klein ist, dass der Effekt der Einhebung eines Zolls auf die Preise im Ausland vernachlässigbar ist. Die Analyse reduziert sich dann auf die Auswirkungen auf Land C, wo sich der Preis von Gut x in vollem Ausmaß t erhöht. Die Produktion von Gut x in Land C steigt aufgrund des höheren Preises, während die Importe im selben Ausmaß zurückgehen.

Die obigen Abbildungen illustrieren diese Zusammenhänge, im 1. Diagramm zunächst für ein kleines Land: Durch die Einführung des Zolles entsteht im Land ein neues Gleichgewicht von Angebot S und Nachfrage D, es verschiebt sich von auf . Das Angebot der Inlandsproduktion erhöht sich durch den neuen Preis von auf , während die Nachfrage von auf zurückgeht. Zugleich geht die importierte Menge zurück: Betrug sie vor Einführung des Zolls , beträgt sie nun . Von besonderem Interesse sind die Flächen a, b, c und d, welche Kosten und Nutzen für unterschiedliche Gruppen darstellen. [9]

Die Konsumentenrente entspricht der gesamten Fläche unterhalb der Nachfrage­kurve und über dem Preis. Vor Einführung des Zolls entsprach die Konsumenten­rente jener Fläche, die oben von der Nachfragekurve und unten vom Preis begrenzt wird. Nach Einführung umfasst sie jetzt nur noch die Fläche, die oben von der Nachfragekurve und unten vom Preis begrenzt wird. Durch den Preis­anstieg schrumpft die Konsumentenrente daher um die Fläche a + b + c + d.

Die Produzenten in Land C hingegen profitieren vom höheren Preis, was sich in einem Anstieg der Produzentenrente niederschlägt. Die Produzentenrente ent­spricht der Fläche über der Kurve S und unter dem Marktpreis, sie wächst daher um die Fläche a. Der Staat wiederum profitiert von den Zolleinnahmen, welche sich auf das Importvolumen multipliziert mit Zollsatz belaufen. Da das Importvolumen von auf schrumpft, entsprechen die Zolleinnahmen der Fläche c. Der Gesamteffekt für ein kleines Land ist somit eindeutig negativ: Dem Anstieg der Produzentenrente a und der Steuereinnahmen c steht der Verlust der Konsumentenrente a + b + c + d gegenüber, der Nettowohlfahrtsverlust des Zolls entspricht somit der Summe der Flächen b + d.

Anders sieht die Situation für ein großes Land A aus, die im 2. Diagramm abgebildet ist. Durch den Einfluss auf die Gesamtnachfrage ausländischer Produzent*innen sinkt der Auslandsexportpreis auf . Die Einnahmen des Staates werden daher um die zusätzliche Fläche e erhöht: Die Differenz zwischen dem Nettoimportpreis und dem Bruttomarktpreis ist größer als jene zwischen dem alten Marktpreis und . Der Gesamtwohlfahrtseffekt eines Zolls ist nicht eindeutig, da dem Verlust an Konsumentenrente unter Umständen höhere Steuereinnahmen gegenüberstehen.

An dieser Stelle sei das Konzept der Terms of Trade (reales Tauschverhältnis) definiert: Sie entsprechen dem Verhältnis von Export- zu Importpreisen und geben somit an, wie viele Güter ausgeführt werden müssen, um eine bestimmte Menge von Gütern einführen zu können. Für ein großes Land kann die Einführung eines Zolls daher zu Terms-of-Trade-Gewinnen führen, da sich die Auslandsexportpreise reduzieren und importierte Güter somit netto billiger werden. Ein kleines Land hat diese Möglichkeit nicht und es überwiegt der nachteilige Effekt für die Konsument*innen.

Exportsubventionen

Hierbei handelt es sich um eine Zahlung für die Lieferung eines Guts ans Ausland. Ebenso wie spezifische Zölle können sie nach exportierten Mengen, oder analog zu Wertzöllen nach einem Anteil des Exportwerts bestimmt werden. Der*die Anbieter*in wird reagieren, indem er*sie das Gut so lange exportiert, bis der Inlandspreis den Auslands­preis um die Höhe der Subvention übersteigt.

Der Effekt ist somit umgekehrt wie bei einem Zoll: Im Inland kommt es zu einem Nach­frage­überhang und einer Preiserhöhung, im Ausland zu einem Angebots­überhang und einer Preissenkung. Folgende Abbildung skizziert die Effekte für ein großes Land: Durch die Ausweitung der Produktion steigt der Preis im Exportland von auf . Gleichzeitig sinkt jedoch durch die vermehrten Importe der Preis im Import­land, weshalb die gesamte Preiserhöhung geringer ausfällt als die Höhe der Subvention . Die Differenz zwischen dem neuen Preis im Exportland, , und dem neuen Preis im Importland, , entspricht der Höhe der Subvention.

Effekte einer Exportsubvention für ein großes Land

Die Konsumenterente im Exportland entspricht wie in obiger Abbildung der Veränderung der Fläche unterhalb der Nachfragekurve S und über dem jeweiligen Preis, in der oberen Abbildung verringert sie sich im Exportland folglich um a + b. Demgegenüber steht eine Zunahme der Produzentenrente a + b + c. Die Kosten der staatlichen Subvention entsprechen dem Exportvolumen mal der Subventionshöhe; in der Abbildung entspricht das Exportvolumen , die Höhe der Subventionen , die Kosten somit den Flächen b, c, d, e, f und g. Der gesamte Wohlfahrtseffekt ergibt sich aus den Veränderungen der Produzentenrente, der Konsumentenrente und den staatlichen Ausgaben, somit . Der Effekt ist daher eindeutig negativ, wobei b und d denselben Verzerrungseffekt hinsichtlich Konsum und Produktion entsprechen wie bei der Einführung von Zöllen. Darüber hinaus verschlechtert sich das reale Tausch­verhältnis, da der Preis des exportierten Gutes auf den Auslandsmärkten sinkt, während er im Inland steigt; dieser Verlust entspricht den Flächen .

Eine Variante der Exportsubventionen sind Exportkreditförderungen. In diesem Fall erhält der*die Käufer*in des Guts einen geförderten Kredit, was den Erwerb für ihn*sie vergünstigt. Die Effekte sind ähnlich, da der Staat für die Kosten des Kredits zu vergünstigten Konditionen aufkommen muss.

Importquoten

Wird die Menge, die von einem Gut importiert wird, begrenzt, spricht man von einer Importquote. Der Effekt für die Konsument*innen ist analog zur Einführung von Zöllen, der Wirkungskanal läuft jedoch anders: Eine Importquote reduziert das Angebot, wodurch sich die Preise erhöhen. Die inländischen Anbieter*innen werden ihre Produktion entsprechend ausweiten, bis der entstandene Nachfrageüberhang gedeckt ist. In den zwei Abbildungen über der obigen Abbildung würde also nicht die Steuer eingeführt werden, sondern die importierte Menge direkt begrenzt werden, das Importvolumen schrumpft von auf , der Preis erhöht sich entsprechend.

Für die Konsument*innen ist der Effekt einer Importquote damit gleich eines Zolls, der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass mit einer Importquote keine Steuereinnahmen verbunden sind. Ist der Importeur nicht der Staat selbst, sondern vergibt der Staat Lizenzen an Unternehmen, die das Gut importieren dürfen, so werden diese das Gut zum Weltmarktpreis einkaufen und zum höheren Inlandspreis verkaufen. Die Fläche c in Abb. 1.4 entspricht somit nicht mehr Steuereinnahmen, sondern Renten für die Importeure! Vergibt der Staat die Lizenzen direkt an ausländische Unternehmen, so kommt es zu einem Transfer ins Ausland, da die Fläche c jenen ausländischen Unternehmen zugutekommt. Abgesehen von Fall eines staatlichen Importmonopols sind die gesamtwirtschaftlichen Kosten einer Quote somit wesentlich höher als jene eines Zolls.

Importquoten lassen sich auch in folgenden Varianten beobachten:

  • Freiwillige Exportbeschränkungen: In diesem Fall verpflichtet sich das exportierende Land, die Ausfuhr eines Gutes mengenmäßig zu beschränken. Für das importierende Land ist der Effekt der gleiche wie bei einer Importquote, da das Importvolumen reduziert wird. Die Lizenzvergabe erfolgt hier an ausländische Unternehmen oder Regierungen, welche analog die der Fläche c in Abb. 1.4 entsprechenden Gelder einnehmen. Freiwillige Export­beschränkungen führen als Folge der höheren Preise daher nicht nur zu einer Reduktion der Konsumentenrente im importierenden Land, sondern außer­dem zu einem Einkommenstransfer in das exportierende Land.
  • Local-Content-Klauseln: Sie schreiben vor, dass ein bestimmter Anteil des Endprodukts aus inländischer Herstellung stammen muss. Local-Content-Klauseln betreffen damit v.a. die Produktion von Zwischengütern. Folglich haben sie für die Anbieter*innen dieser Güter einen ähnlichen Schutzeffekt wie Importquoten. Ein wichtiger Unterscheid besteht jedoch darin, dass die Hersteller*innen der Endprodukte weiterhin Zwischengüter importieren dürfen, und somit die Importmenge auch erhöhen können, solange sie in gleichem Ausmaß die Menge der im Inland gekauften Zwischengüter erhöhen. Der Kostenaufwand der Hersteller*innen der Endprodukte ergibt sich aus dem Durch­schnitt der Preise der importierten und der im Inland produzierten Teile zusammen und wird entsprechend an die Konsument*innen weitergereicht.
  • Bevorzugung heimischer Anbieter*innen: Angewendet über staatliche Aufträge oder durch staatliche oder stark regulierte Firmen. Diese können ein­heimische Zwischengüter oder Endprodukte auch dann kaufen, wenn diese teurer als Importe sind; die Effekte sind ähnlich wie bei Importquoten und Local-Content-Klauseln. Handelt es sich bei den Akteuren um staatliche Unter­nehmen, so mündet die erhöhte Produzentenrente jedoch über den Umweg der staatlichen Unternehmenstätigkeit in erhöhte Staatseinnahmen.

Argumente gegen den Freihandel

Trotz der Wohlfahrtsgewinne, die sich aus dem Ricardo-Modell ergeben und der Wohl­fahrtsverluste, die sich aus Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen ergeben, können gute Gründe vorgebracht werden, den Handel zumindest einzu­schränken. Ein offensichtliches Argument betrifft den Ablauf des Handels selbst: Der Warentransport durch Europa oder um die ganze Erde führt zu Umwelt­verschmutzung, und es stellt sich die berechtigte Frage, ob die Kosten der Umweltverschmutzung nicht den Anstieg der Konsumentenrente überwiegen. Das Problem ergibt sich hier allerdings aus einer unzureichenden Steuerpolitik, in der die Kosten der Umweltverschmutzung nicht von jenen getragen werden, die sie verursachen, im Wesentlichen also die Transportunternehmen.

Einschränkungen des Handels sind zu unterscheiden von Politikmaßnahmen, die nur das Inland betreffen, aber geeignet sind, das Produktionsvolumen bestimmter Güter zu verändern und somit das Import- und Exportvolumen der jeweiligen Branchen zu beeinflussen. Dazu zählen die Steuer- und Subventionspolitiken sowie Mark­tregulierungen. Argumente dafür, den Handel direkt einzuschränken, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Reales Tauschverhältnis: Wie oben dargestellt, hat ein großes Land durch Einführung eines Zolls die Möglichkeit, den Weltmarktpreis zu beeinflussen. Wie in Abb. 1.4 zu sehen, können bei einem hinreichend geringen Zoll die Terms-of-Trade-Gewinne die durch den Zoll induzierten Verluste über­kompensieren. Daraus ergibt sich der jeweiligen Konstellation entsprechend ein Optimalzoll, der die nationale Wohlfahrt maximiert. Das bedeutet u.a. auch für die EU die Sinnhaftigkeit eines Zolls gegenüber Dritt­staaten, der auch tatschlich eingehoben wird. Export­subventionen führen, wie oben dargelegt, zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Terms-of-Trade. Allerdings können auch Export­steuern unter bestimmten Bedingungen die Wohlfahrt erhöhen. So haben bspw. einige Erdöl exportierende Länder diese Erdöl­exporte mit Steuern belegt und den Preis des Exportguts in einem Ausmaß erhöht, das den dadurch verringerten Absatz überkompensiert hat.
  • Marktversagen im Inland: Marktversagen bezeichnet einen Zustand, in dem die Marktmechanismen nicht das gewünschte Ergebnis herbeiführen. Denk­bar ist im Bereich des Außenhandels ein Szenario, in dem die zur Verfügung stehende Arbeitskraft nur in einer Branche eingesetzt werden kann und andern­falls brachläge, oder zumindest weniger produktiv eingesetzt würde. Die aus der Deindustrialisierung der USA entstandene Beschäftigung im Dienst­leistungssektor ist hierfür ein Beispiel. Ein anderes Beispiel wäre, dass die Produktion eines Gutes externe Effekte hervorbringt, die in einem anderen Sektor eingesetzt werden können, etwa durch die Produktion von Wissen in der Grundlagenforschung.
  • Besondere Branchen: Insbesondere der Landwirtschaftssektor genießt in vielen Ländern, darunter Österreich und der EU, einen besonderen Schutz durch mannigfaltige Instrumente. Zwar könnten durch eine Liberalisierung die Nettopreise gesenkt werden und die frei werdenden Mittel, etwa der EU-Agrarförderung, anderweitig eingesetzt werden. Andererseits besteht die Gefahr, als Netto-Importeur*innen von Lebensmitteln vom Ausland abhängig und erpressbar zu werden. Das Hauptargument für den besonderen Schutz des Landwirtschaftssektors ist somit nicht, wie gerne behauptet wird, die Förderung der Landschaftspflege oder der wenigen Bauern*Bäuerinnen, die es in fortgeschrittenen Industriestaaten noch gibt (warum sollten gerade sie geschützt werden?), sondern das Prinzip der Selbstversorgung. Ähnliche Argumente können für bestimmte industrielle Sektoren vorgebracht werden, insbes. der Rüstungsindustrie, oder bei Gütern von kulturellem Wert. [10]
  • Erziehungszoll: Dieses Argument besagt im Kern, das ein Land über das Potenzial eines komparativen Vorteils verfügt, dieses aber nicht ausschöpfen kann, da die heimischen Anbieter*innen gegenüber der aus­ländischen Konkurrenz zurzeit noch nicht wettbewerbsfähig sind. Damit sich die betreffende Branche etablieren kann, müsse sie demnach erst eine Zeit lang geschützt werden, bis sie eine internationale Wettbewerbsfähigkeit aufgebaut hat. Tatsächlich ist es für Entwicklungsländer schwierig, unter ohnehin benach­teiligten Bedingungen eine Industrie aufzubauen, die in Industrie­staaten bereits etabliert ist. Problematisch ist allerdings, dass es schwierig ist, vorherzusehen, welche Branche in Zukunft einen komparativen Vorteil haben könnte. Da zum Aufbau einer Industriebranche erhebliche Investitionen nötig sind, besteht die Gefahr enormer Ressourcen­verschwendung, wenn der Plan nicht aufgeht. Hinzu kommen die Kosten der Übergangszeit, während der das betreffende Gut geschützt ist, da durch Zölle die Konsument*innen höhere Preise für das Gut bezahlen müssen.

Bei allen theoretischen Überlegungen können sowohl Freihandelsbefürworter*innen wie
-gegner*innen jeweils noch ein Hauptargument aus der Praxis ins Spiel bringen. Befür­worter*innen können darauf verweisen, dass selbst bei theoretischer Berechtigung protektionistischer Maßnahmen die Gefahr besteht, dass aus politischen Gründen einzelne Interessensgruppen zum Vorzug kommen. Gegner*innen können auf die historischen Entwicklungen der etablierten Industriestaaten verweisen, die sich heute zwar global für den Freihandel einsetzen, ihrerseits freilich einst ihre damals noch jungen Industrien geschützt haben.

Empirische Konzepte

Angesichts der enormen Bedeutung des internationalen Handels im Rahmen der Globalisierung wird die Verflechtung von Volkswirtschaften mit dem Welthandel für ihre weitere Entwicklung immer wichtiger. Verschiedene empirische Konzepte zur Erfassung der Interaktionen einer Volkswirtschaft mit dem Rest der Welt geben Aufschluss über Stärken und Schwächen. Allerdings sollte man vorsichtig sein, die Steigerung des Außenhandels als Ziel an sich zu formulieren. Denn erstens kann eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik auch darin bestehen, die Importabhängigkeit bei bestimmten Gütern zu reduzieren und somit das Außenhandelsvolumen zumindest in den betreffenden Branchen einzuschränken. Zweitens besteht als Grundproblem aller statistischen Konzepte zum Außenhandel, dass Vorleistungen nicht abgezogen werden, da Exportstatistiken üblicherweise die Summe aller Produktionswerte inkl. der Vorleistungen angeben.

Außenhandel in der VGR

Das BIP entspricht definitionsgemäß der Bruttowertschöpfung eines Landes, korrigiert um indirekte Steuern und Subventionen. [11] . Da das BIP entgeltliche Trans­aktionen erfasst, müssen sämtlichen Ausgaben entsprechende Einnahmen gegen­überstehen. Sieht man aus Gründen der Vereinfachung von Veränderungen im Lager­­bestand ab (die die Entsprechung von Ausgaben und Einnahmen lediglich verschiebt), so folgt für eine Ökonomie unter Autarkie, dass die Produktion in einer Periode identisch mit der Summe der Konsum- und Investitionsausgaben ist. Man spricht hier auch von der Identität der Entstehungsrechnung (was wird produziert) und der Verwendungsrechnung (was passiert mit den produzierten Gütern). [12] Für eine Handel-treibende Ökonomie muss die Verwendungsrechnung um den Außen­handel erweitert werden. Somit lässt sich das Bruttoinlandsprodukt einer Ökonomie als Verwendungsrechnung darstellen als

(1.3.1)

wobei den gesamten Konsum und die gesamten Brutto-Investitionen bezeichnet. entspricht dem Gesamtvolumen der Exporte, entspricht dem Gesamtvolumen der Importe. Beide Variablen werden nicht als Wertschöpfung, sondern zum Produktionswert erfasst. Das könnte vom Konzept her problematisch sein, da das BIP auf der Wertschöpfung basiert.

Betrachtet man sich Gl. (1.3.1) jedoch genauer, so wird deutlich, dass automatisch um importierte Vorleistungen korrigiert wird: Ein inländisches Unternehmen, das Vorleistungen im Wert von 100 GE importiert, und das entstandene Endprodukt um 150 GE verkauft, hat eine Wertschöpfung von 50 GE erzielt. Wird das Produkt ins Ausland verkauft, so ergibt sich aus , dass der Nettoexportwert der im Inland entstandenen Wertschöpfung entspricht. Wird das Produkt im Inland verkauft, so werden die Vorleistungen über vom BIP abgezogen. Bei vollständiger Produktion im Inland und Verkauf ins Ausland entspricht die Wertschöpfung dem Produktions­wert .

Als Indikator der Offenheit einer Ökonomie wird häufig die Exportquote heran­gezogen, definiert als

Aus Gl. (1.3.2) wird deutlich, dass bei der Berechnung der Exportquote nicht um die Vorleistungen korrigiert werden. Die Exportquote misst somit nicht den Anteil des BIP, der exportiert wird. Aus demselben Grund ist möglich, dass ein Land eine Exportquote von über 100% erzielt. Bei Abwandlungen der Gl. (1.3.2), etwa durch Hinzuziehen der Importe in Form von , bleiben diese Probleme bestehen.

Vorsicht ist auch geboten bei internationalen Vergleichen, da kleinere Länder üblicher­­weise höhere Exportquoten aufweisen. Das folgt aus der räumlichen Distanz zu Zuliefer*innen und Abnehmer*innen: Bei gleicher Distanz ist es in einem größeren Land wahr­scheinlicher, keine Staatsgrenze überwinden zu müssen. Auch werden sehr stark spezialisierte Unternehmen mit weltweitem Absatz in einem kleinen Land vergleichsweise weniger absetzen, da die Transportkosten und/oder bestimmte Präferenzen für einheimischen Produkte kaum eine Rolle spielen.

Weltmarktanteile

Maße zur Erfassung der Spezialisierung einer Ökonomie beziehen sich auf die Weltmarktanteile in bestimmten Branchen. Ein einfaches Maß für die Export­spezialisierung einer Ökonomie stellen ihre sektoralen Weltmarktanteile dar:

wobei die jeweilige Warengruppe bezeichnet und die Anzahl aller untersuchten Ökonomien. Die sektoralen Weltmarktanteile geben schnell Aufschluss über die globale Position einer Ökonomie innerhalb einer Branche. Auch kann die Ver­änderung im Zeitverlauf erfasst werden. Das Maß ist jedoch nicht geeignet, sektorale Spezialisierungs­muster von Ökonomien mit unterschiedlichen Außen­handels­­volumen zu vergleichen.

Zu diesem Zweck bietet sich das Maß des relativen Weltmarktanteils an, das die sektoralen Weltmarktanteile mit dem Anteil der Warengruppen an den Gesamt­exporten des Gesamtraumes in Beziehung setzt:

wobei die Anzahl aller untersuchten Warengruppen bezeichnet. Ein positiver RWA-Wert zeigt an, dass der Exportanteil der Gütergruppe an den Gesamt­exporten der Ökonomie größer ist als der Exportanteil dieser Waren­gruppe an den Exporten des Gesamtraumes, ist in diesem Fall somit überdurchschnittlich auf den Export dieser Warengruppe spezialisiert, und vice versa für negative Werte. Man beachte, dass das Logarithmieren in Gl. (1.3.4) v.a. den Effekt hat, unterdurchschnittliche Spezialisierung durch negative Werte sofort anzuzeigen. Verzichtet man auf das Logarithmieren, so wird eine unterdurchschnittliche Spezialisierung durch einen Wert zwischen null und eins angezeigt, die Interpretation ändert sich jedoch nicht.

Der Vorteil der RWA liegt darin, dass die Exportdaten sowohl auf die Exporttätigkeit der eigenen Ökonomie wie auf die Exporte des gesamten Untersuchungsraums bezogen werden. Somit können auch für kleine Branchen in kleinen Ländern hohe Werte erzielt werden. Die Aussagekraft ist allerdings begrenzt, da Importe nicht berücksichtigt werden und die Exportwerte wie oben besprochen üblicherweise den Produktionswerten (nicht: der Wertschöpfung) entsprechen.

Außenhandelsspezialisierung

Ein einfaches Maß zur simultanen Berücksichtigung der Exporte und Importe einer Ökonomie ist die sektorale Handelsbilanz. Sie drückt die Differenz zwischen Export- und Importwerten eines Teilraums in einer Warengruppe aus:

(1.3.5)

Abgesehen von der Information, ob eine Ökonomie innerhalb einer Warengruppe Netto-Exporteur oder Importeur ist, ist die Aussagekraft allerdings sehr begrenzt, da weder um die Bedeutung der Branche noch um die Größe der Ökonomie korrigiert wird. Im Gegensatz dazu normiert die Nettoaußenhandelsposition den Außen­handels­saldo einer Warengruppe über das Außenhandelsvolumen in diesem Sektor, sodass Vergleiche zwischen unterschiedlich großen Ökonomien ermöglicht werden:

Alternativ zur Berechnung von Maßzahlen auf Saldenbasis lässt sich die Außen­handelsspezialisierung eines Teilraumes mit Hilfe sektoraler Export-Import-Relationen ausdrücken. Anstelle der Differenz wird hier der Quotient zwischen Export- und Importwerten gebildet, .

Im Unterschied zur sektoralen Handelsbilanz stellen die Nettoaußenhandelsposition und Export-Import-Relationen relative Maße für die Außenhandels­spezialisierung dar und sind damit für internationale Vergleiche geeignet. Ein einfache Illustration verdeutlicht, dass sie allerdings nur absolute Wett­bewerbs­vorteile anzeigen können: Eine Nettoaußenhandelsposition >0 oder eine Export-Import-Relation von >1 zeigen zwar Exportüberschüsse relativ zum Gesamtvolumen an. Liegt bspw. die Export-Import-Relation einer Ökonomie in einer Branche bei 1,1 und in allen anderen Branchen bei >1,1, so zeigt der Wert von 1,1 mithin zwar einen absoluten, aber keinen komparativen Vorteil im Sinne des Ricardo-Modells an.

Komparative Vorteile

Geht man davon aus, dass das Ricardo-Modell Handelsbeziehungen in der realen Welt erklären kann, so kann man versuchen, aus den empirischen Handelsdaten die komparativen Vor- und Nachteile von Ökonomien zu identifizieren. Demnach müsste der Anteil von Waren, bei deren Herstellung ein Land über komparative Vorteile verfügt, im Export höher sein als im Import, und vice versa bei komparativen Nach­teilen. Ein Maß zur Erfassung dieser Verhältnisse ist der offenbarte komparative Vorteil (revealed comparative advantage, auch: Balassa-Index), der die Export-Import-Relation einer Warengruppe mit der Export-Import-Relation aller Waren­gruppen einer Ökonomie in Beziehung setzt:

Positive Werte deuten einen komparativen Vorteil für Ökonomie in der Warengruppe an. Ist bei Nettoexporteur, so ist der erste Bruch >1, folglich wird der OKV-Wert positiv beeinflusst. Ist insgesamt Nettoexporteuer, so ist der zweite Bruch >1 und der OKV-Wert wird negativ beeinflusst. Auf diese Weise wird – im Unterschied zu Berechnungen von Weltmarktanteilen und Außenhandels­spezialisierungen – die gegen­wärtige Gesamtposition auf den Weltmärkten berücksichtigt. [13] Je größer die OKV-Werte, desto größer sind die komparativen Vorteile. Wie bei der Berechnung der relativen Weltmarktanteile hat das Logarithmieren in Gl. (1.3.7) v.a. den kosmetischen Effekt, komparative Nachteile durch negative Werte sofort anzuzeigen.

Aufbau der Zahlungsbilanz

Die Zahlungsbilanz bezeichnet ein Kontensystem zur Erfassung der Außen­wirtschaft und wird in Österreich von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) veröffentlicht. Sie ergänzt die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), die von der Statistik Austria veröffentlicht werden, und erfasst sämtliche Transaktionen mit dem Ausland innerhalb einer Periode: Erstens Transaktionen von Gütern und Faktorleistungen zwischen inländischen und ausländischen Wirtschaftssubjekten, zweitens sämtliche Änderungen der Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten. Die Zahlungsbilanz ist ihrem Grundkonzept nach in drei Teilbilanzen gegliedert:

  • die Leistungsbilanz (Waren- und Dienstleistungsbilanz)
  • die Übertragungsbilanz
  • die Kapitalbilanz.

Die Leistungsbilanz erfasst sämtliche Güter- und Faktorleistungsströme aus dem Ausland und in das Ausland. Veränderungen bei Forderungen und Verbindlich­keiten gegenüber dem Ausland werden in der Kapitalbilanz erfasst. In der Übertragungs­bilanz erfolgen die Gegenbuchungen aller einseitigen Transaktionen von Gütern, Faktorleistungen und Forderungen aus dem bzw. in das Ausland. Jede Transaktion, die mit einer Zahlung an das Ausland verbunden ist, geht als Debet mit einem negativen Vorzeichen ein; jede Transaktion, bei denen das Ausland Zahlungen leistet, wird mit einem positiven Vorzeichen versehen und als Credit verbucht.

Somit wird jede Transaktion doppelt und mit unterschiedlichen Vorzeichen verbucht. Daraus folgt, dass die Zahlungsbilanz zwangsläufig ausgeglichen sein muss, während die drei Teilbilanzen positiv oder negativ sein können. Das Grundprinzip der Zahlungsbilanz kann schematisch wie in folgender Tabelle dargestellt werden.

Zahlungsbilanz
Credit (Haben) Debet (Soll)
Leistungsbilanz


Exporte von Waren, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren Importe von Waren, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren


Saldo 1
Übertragungsbilanz


Empfangene unentgeltliche Übertragungen Geleistete unentgeltliche Übertragungen


Saldo 2
Kapitalbilanz


Veränderungen der Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland (Kapitalimport) Veränderungen der Forderungen gegenüber dem Ausland (Kapitalexport)


Saldo 3

Aufbau der Zahlungsbilanz

Reine Finanztransaktionen berühren nur die Kapitalbilanz. Ansonsten finden für alle übrigen zweiseitigen Transaktionen Buchungen sowohl in der Leistungs- wie in der Kapitalbilanz statt. Wird bspw. eine Ware exportiert, so wird diese Transaktion als Credit in der Leistungsbilanz und als Debet in der Kapitalbilanz verbucht, da es sich um eine Forderung gegenüber dem Ausland handelt. [14] Einseitige Transaktionen sind entweder Real- oder Forderungstransfers und werden entsprechend entweder in der Leistungs- oder der Kapitalbilanz verbucht, wobei die Gegenbuchung stets in der Übertragungsbilanz erfolgt.

Leistungs- und Übertragungsbilanz

Die OeNB weist entsprechend der internationalen Gepflogenheiten die Leistungs­bilanz und Übertragungsbilanz gemeinsam aus. Inwieweit welche Positionen aufgeschlüsselt oder zusammengefasst werden, ist im Detail durchaus veränderbar, ändert aber nichts am Grundprinzip. Die folgende Gliederung folgt der derzeit üblichen Aufschlüsselung in fünf Teilbilanzen:

  • Handelsbilanz: Hier werden alle grenzüberschreitenden Warentrans­aktionen und somit Exporte und Importe im engeren Sinn erfasst. Kauft bspw. ein inländisches Unternehmen eine Maschine im Ausland, so geht dieser Import in die Debet-Spalte ein. Die Gegenbuchung erfolgt als Credit in der Kapitalbilanz, da sie die Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland erhöht.
  • Dienstleistungsbilanz: Hier werden insbesondere der internationale Reise­verkehr und das internationale Transportwesen erfasst, außerdem Ver­sicherungs- und Finanzdienstleistungen, Beratungsleistungen, technische Dienst­leistungen. Ein Bsp. hierfür ist der Konsum eines inländischen Touristen im Ausland, der als Debet in der Leistungsbilanz und als Credit in der Kapitalbilanz verbucht wird.
  • Bilanz der Primäreinkommen: Hier werden v.a. Einkommen aus Arbeit und Unternehmung erfasst, einschließlich Beteiligungen von Inländern an ausländischen Betrieben. Diese Position entspricht der Differenz zwischen BIP und BNE in der VGR; [15] analog zur VGR werden alle im Inland lebenden Personen hier wie Inländer behandelt. Ein Bsp. sind Dividenden­zahlungen aus dem Ausland: Sie werden als Entgelt für vorangegangene Leistungen interpretiert und in der Leistungsbilanz als Credit verbucht, entsprechend als Debet in der Kapitalbilanz.
  • Bilanz der Sekundäreinkommen: Hierunter fallen laufende Übertragungen, die nicht dem Erwerb eines Gutes oder eines Vermögenswerts dienen, darunter Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialbeiträge, Ver­sicherungs­­­leistungen und Überweisungen von ausländischen Arbeit­nehmer*innen (die als Wirtschaftssubjekte zum Inland zählen) an ihre Familien im Ausland (auch: Gastarbeiterüberweisungen). Als Credit werden Über­tragungen aus dem Ausland, als Debet Übertragungen an das Ausland verbucht.
  • Vermögensübertragungsbilanz: Sie umfasst v.a. nichtgeschäftliche Trans­aktionen sowie Transaktionen, die eher einen einmaligen Charakter haben und Bestandteil des verfügbaren Vermögens, nicht der laufenden Einkommen sind. Zur ersten Kategorie zählen einerseits internationale Schenkungen wie Schuldenerlässe, zur zweiten Kategorie zählen bspw. der Erwerb oder die Veräußerung von Patenten, Kundenstocks, Sportler­ablösen. Auch Rückflüsse aus dem EU-Haushalt werden hier verbucht, nicht jedoch die Zahlungen an den EU-Haushalt, da diese als laufende Übertragungen zur Bilanz der Sekundäreinkommen gezählt werden.

Die Summen aus Credit und Debet der Handels- und Dienstleistungsbilanz entsprechen den Importen und Exporten in der VGR. Daraus folgt, dass die Summe der Salden der Handels- und Dienstleistungsbilanz den Nettoexporten bzw.
-importen entspricht. Dass die Übertragungsbilanz in der obigen Tabelle als eigene Haupt­bilanz, in dieser Darstellung aber mit der Leistungsbilanz zusammengefasst wird, spiegelt die Uneinheitlichkeit in der Literatur bei ihrer Behandlung wider. Das hat auch damit zu tun, dass bestimmte Kategorien nicht eindeutig zuzuordnen sind. Handelt es sich bei Überweisungen von Gastarbeiter*innen in ihre Heimatländer wirklich um eine laufende Übertragung? Oder handelt es sich aus Sicht der gastgebenden Ökonomie nicht doch eher um eine Schenkung ohne Gegenleistung? Tatsächlich wurde diese Kategorie (neben anderen) früher zur Vermögensübertragungsbilanz gezählt, woraus deutlich wird, dass eine klare Trennung in Einzelfällen schwierig ist und weshalb hier und im Folgenden beide Kategorien zusammengefasst werden.

Kapitalbilanz

Die Kapitalbilanz ist das Gegenstück zur Leistungs- und Übertragungsbilanz und verzeichnet sämtliche internationalen Käufe und Verkäufe von Vermögenswerten. Als Bsp. zum grundlegenden Verständnis sei hier der Erwerb einer Filiale im Ausland durch ein inländisches Unternehmen angeführt: Diese Transaktion geht als Debet in die Kapitalbilanz ein. Das daraus resultierende negative Vorzeichen kann verbal beschrieben werden als „Import von Vermögenswerten“, da diese vom Inland gekauft wurden.

Man stelle sich hier zur Veranschaulichung vor, dass Land A Waren im Wert von 100 GE nach Land B exportiert und das Unternehmen anschließend in Land B eine Fabrik im Wert von 100 GE kauft. Real sind die Werte identisch, allerdings verbessert sich die Vermögensposition von Land A: Es importiert Vermögenswerte, indem es Waren exportiert. Diese Gleichheit muss immer gegeben sein und entsprechend erfolgen die Buchungen: Im Falle des Warenverkaufs +100 in der Leistungsbilanz (Haben) und -100 in der Kapitalbilanz (Soll: die Forderungen gegenüber dem Ausland steigen, real verkörpert bspw. in Form eines Schecks). Im Falle des Fabrikkaufs wird ein Vermögenswert aus dem Ausland erworben und schlägt sich in der Kapitalbilanz mit -100 (Soll: ein Vermögenswert wurde von Land B erworben) und mit +100 wieder (Haben: ausländische Vermögenswerte im Inland wurden erhöht). Die Leistungsbilanz von Land A beträgt +100, jene von Land B -100; analog beträgt die Kapitalbilanz von Land A  -100, jene von Land B +100. Land B ist daher Netto-Kapitalimporteur, die Zahlungsbilanz ist definitions­gemäß in beiden Ländern ausgeglichen.

Zur Kapitalbilanz zählen im Einzelnen folgende Positionen:

  • Direktinvestitionen: Diese sind zurzeit definiert als grenzüberschreitende Unternehmensbeteiligungen von mindestens 10% des stimmberechtigten Kapitals. Sie umfassen somit auch den Erwerb von Betrieben im Ausland sowie von Liegenschaften.
  • Portfolioinvestitionen: Hierzu zählen Anteilsrechte (Aktien und Investment­zertifikate) sowie verzinsliche Wertpapiere exklusive der als Direkt­investitionen definierten Erwerbungen sowie Finanzderivate.
  • Finanzderivate: Darunter versteht man u.a. Optionen, Futures oder Swaps, sie können auf Kapitalprodukten (z.B. Devisen, Wertpapieren) oder Zins­produkten basieren, erfasst wird nur der Saldo.
  • Sonstige Investitionen: Diese Restkategorie enthält klassische Bank­geschäfte wie Handelskredite, sonstige Kredite sowie Bargeld und Einlagen, außerdem auch Elemente des Liquiditätsmanagements von Unternehmen sowie Aktivitäten der Notenbank.
  • Währungsreserven: Forderungen in Fremdwährung gegenüber Schuldnern mit Sitz außerhalb der Währungszone (in Österreich daher ohne Veränderungen des Eurobestands, vgl. Lektion 1.3.8).

Bei vollständiger und richtiger Erfassung aller grenzüberschreitenden Transaktionen ergibt die Summe aller Salden der Teilbilanzen Null. In der Praxis verbleiben allerdings nicht unerhebliche nicht aufgeklärte oder nicht zuordenbare Trans­aktionen, die als statistische Differenz verbucht werden. Der Hauptgrund ist die Erfassung von Exporten und Importen, ohne gleichzeitig die Art der Finanzierung zu erheben. Auch zeitlich unterschiedliche Zuordnungen von Buchung und Gegen­buchung sind eine häufige Ursache für statistische Differenzen in einzelnen Perioden. Hinzu kommen noch die Schwierigkeiten bei der Erfassung von Tourismusausgaben und -einnahmen sowie bei Transaktionen mit kriminellem Hintergrund. Eine besondere Form stellt die häufig legale „Kapitalflucht“ dar, bei der Geld ins Ausland übertragen wird, ohne dass ein Gegengeschäft stattfindet. Inner­halb der Eurozone werden solche Transaktionen (sofern es sich nicht um Bargeld handelt) allerdings von der EZB erfasst.

Sonderfall Eurozone

Innerhalb der Eurozone werden grenzüberschreitende Zahlungen von der EZB verwaltet. Das Zahlungsverkehrssystem TARGET2 (als Nachfolger von TARGET, engl. kurz für Trans-European Automated Real-Time Gross Settlement Express Transfer System) ist aufgrund der dezentralen Umsetzung der Geldpolitik nötig. Die TARGET2-Salden messen Nettoüberweisungen zwischen den Ländern der Eurozone, der Prozess läuft dabei prinzipiell so ab (vgl. folgende Abbildung):

  • Die der nationalen Notenbank A zugeordnete Geschäftsbank AA überweist mittels Zahlungsanweisung Gelder an die der Notenbank B zugeordnete Geschäftsbank BB (strichlierte Linie). Dadurch kommt es zu folgenden Buchungen:
    • A belastet das Girokonto von AA und
    • stellt dabei eine Verbindlichkeit gegenüber B ein,
    • wobei B die Forderung gegen A einbucht und den Betrag am Girokonto von BB gutschreibt.
  • So kommt es zu Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den nationalen Notenbanken, deren Salden am Tagesende Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber der EZB darstellen. Die EZB übernimmt via TARGET2 die Rolle der zentralen Abwicklungsstelle.
Bilanzierung des Zahlungsverkehrs innerhalb der Eurozone

Somit können über TARGET2 innerhalb der Eurozone Waren und Vermögens­gegenstände erworben und Schulden beglichen werden. Die TARGET2-Konten werden als Teil des Postens Bargeld und Einlagen unter den sonstigen Investitionen geführt. Die Summe aller Salden aller nationalen Notenbanken ergibt zwangsläufig Null. In den einzelnen Ländern kann es jedoch durch Verlust oder Zugewinn an Euro­beständen zu Überschüssen oder Defiziten kommen.

Credit Debet Saldo
Leistungs- und Übertragungsbilanz


212,576 205,872 6,704
Handel


128,827 126,192 2,635
Dienstleistungen


52,761 41,132 11,629
Primäreinkommen


28,071 30,253 -2,182
Sekundäreinkommen


2,615 6,061 -3,446
Vermögensübertragungen


303 2,235 -1,932






Kapitalbilanz




-5,471
Direktinvestitionen


5,172 13,266 -8,094
Portfolioinvestitionen


-13,792 734 -14,526
Finanzderivate




516
Sonstige Investitionen


-3,355 -19,680 16,325
Währungsreserven




309






Statistische Differenz




-1,234

Zahlungsbilanz Österreichs 2015, in Mio. Euro [16]

Im Zuge der Euro-Krise gerieten die TAREGT2-Salden in den Blickpunkt der Öffentlich­keit, da sie sich im Rahmen der Leistungsbilanzdefizite und -überschüsse erheblich erhöht hatten. Zwar hängen Leistungsbilanz- und TAREGT2-Salden nicht unmittelbar zusammen, da Letztere auch über eine Kapitalflucht ausgelöst werden können und so zur Restgröße statistische Differenz beitragen. Allerdings wurde von wissenschaftlicher Seite darauf hingewiesen, dass zwischen den Euro-Staaten Verbindlichkeiten in den TARGET2-Salden gewissermaßen versteckt würden, da sie bis dahin von der Öffentlichkeit kaum beachtet wurden.

Die Zahlungsbilanz am Beispiel Österreich

In der obigen Tabelle werden die Hauptpositionen der Zahlungsbilanz für Österreich im Jahr 2015 dargestellt. Wie man sehen kann, hat Österreich sowohl in der Handels- wie in der Dienstleistungsbilanz Überschüsse erzielt, wobei der Überschuss Letzterer trotz geringeren Volumens viel größer ist. Hingegen verzeichnet Österreich bei Primär- und Sekundäreinkommen sowie bei Vermögensübertragungen einen Abfluss. Insgesamt überwiegen jedoch die Zuflüsse, und die Leistungs- und Übertragungs­bilanz weist einen positiven Saldo von € 6,7 Mrd. auf, was knapp 2% des BIP im selben Jahr entspricht.

Somit ist Österreich netto zwangsläufig Kapitalexporteur: Die Forderungen gegen­über dem Ausland sind gestiegen. Einen hohen Überschuss weist Österreich dabei bei den Direktinvestitionen auf, d.h. es ist als Direktinvestor im Ausland wesentlich aktiver als ausländische Investoren*innen in Österreich. Auffallend ist außerdem der enorme Unterschied der Salden von Portfolioinvestitionen und den sonstigen Investitionen. Diese schwanken von Jahr zu Jahr recht stark, da sie von den weltweiten Finanz­markt­verhältnissen abhängen.

Insgesamt lässt sich für Österreich konstatieren, dass sich das Ausland zurzeit verschuldet, um Österreichs Exporte finanzieren zu können. Der negative Saldo bei den Primäreinkommen deutet darauf hin, dass es früher eher umgekehrt war. Bei allen Interpretationen ist daher auf die lange Frist zu achten. Zwar kann Österreich auch langfristig bspw. in der Handelsbilanz einen negativen, in der Dienst­leistungsbilanz jedoch einen positiven Saldo aufweisen (tatsächlich hat Österreich auf diese Weise jahrzehntelang sein Handelsbilanzdefizit kompensiert). Aber kein Land kann für immer in der Leistungs- und Übertragungsbilanz einen positiven Saldo aufweisen. Diese Feststellung ist im Kontext der Diskussion und Handlungen in der Eurokrise relevant: Ein Schuldenerlass ist letztlich gleichlautend mit einer rück­wirkenden Schenkung. Gibt es keinen Schuldenerlass, dann muss auch ein*e Netto­exporteur*in mit vielen absoluten Handelsvorteilen irgendwann zum*zur Netto­importeuer*in werden, da sonst dereinst die angehäuften Forderungen nicht mehr geltend gemacht werden können. Daraus folgt weiterhin, dass ein*e Nettoimporteur*in nicht zwangsläufig absolute Handelsnachteile hat.

Übungen

1.4.1

Land A verfügt über 1.200 AE und kann die Güter x und y produzieren. Der Arbeitskoeffizient a nimmt die Werte und an.

  1. Skizzieren Sie die Transformationskurve für Land A.

  2. Berechnen Sie die Opportunitätskosten für x und y.

  3. Berechnen Sie die relativen Güterpreise für x und y.

1.4.2

Ein zweites Land, B, verfügt über 800 AE, mit den Arbeitskoeffizienten und .

  1. Skizzieren Sie die Transformationskurve für Land B.

  2. Berechnen Sie die Opportunitätskosten für x und y in B.

  3. Berechnen Sie die relativen Güterpreise für x und y in B.

  1. Nehmen Sie nun an, dass A und B ein Freihandelsabkommen schließen. Konstruieren Sie eine Kurve des relativen Weltangebots, indem die x-Achse der Weltproduktion erfasst, mit als produzierter Menge, und die y-Achse den relativen Weltmarktpreis misst.

1.4.3

Die relative Weltnachfrage folgt der Funktion .

  1. Skizzieren Sie im Diagramm aus 1.4.2.d die Kurve der relativen Weltnach­frage.

  2. Wo liegt der relative Gleichgewichtspreis von ?

  3. Welches Land erzeugt wie viele Einheiten welchen Guts?

  4. Berechnen Sie BIP und Lohnsatz für beide Länder, wenn .

  5. Diskutieren Sie, inwieweit sowohl A wie B vom Außenhandel profitieren.

  6. Nehmen Sie an, dass beide Länder unter Autarkie ihr Arbeits­angebot für die Produktion der beiden Güter jeweils zur Hälfte einsetzen. Wie hoch wäre das BIP der beiden Länder unter Autarkie, berechnet zum Weltmarktpreis, der sich bei Handel einstellt? Welches Wachstum ergibt sich durch Freihandel?

1.4.4

Nehmen Sie nun an, dass sich das Arbeitsangebot in A auf 2.400 AE erhöht.

  1. Ermitteln Sie den relativen Gleichgewichtspreis.

  2. Diskutieren Sie, inwieweit nun A wie B vom Außenhandel profitieren.

  3. Berechnen Sie BIP und Lohnsatz für beide Länder, wenn .

1.4.5

Nehmen Sie nun für Land A 2.400 AE an bei reduzierter Produktivität, mit und .

  1. Skizzieren Sie die Kurve relativen Weltangebots und ermitteln Sie den relativen Gleichgewichtspreis.

  2. Diskutieren Sie, inwieweit A wie B vom Außenhandel profitieren.

  3. Wie hoch sind nun BIP und Lohnsatz in beiden Ländern, wenn ?

1.4.6

Skizzieren Sie verbal oder mittels einer Grafik die Auswirkungen einer Export­subvention für ein großes Land.

1.4.7

Nennen und diskutieren Sie kurz vier Argumente dafür, den Handel direkt einzu­schränken.

1.4.8

Diskutieren Sie, warum es trotz der Verluste an Konsumentenrente einen positiven Optimalzoll geben kann.

1.4.9

Die EU hat Richtlinien über die Sicherheit von Spielzeug erlassen, die den Import dieser Warengruppe aus China erheblich einschränken. Gegner*innen dieser Richtlinie argumentieren, dass die EU mit zweierlei Maß messe und genauso gut die Einfuhr von Gütern beschränken könne und solle, die von schlecht bezahlten Arbeitskräften verrichtet werden. Argumentieren Sie, warum dieses Argument nicht stichhaltig ist.

1.4.10

Bei der Berechnung von BIP und BNE werden Doppelzählungen vermieden, indem die Vorleistungen vom Produktionswert abgezogen werden. Sollte dement­sprechend auch bei Importen verfahren werden? Wie sollten die Exporte bewertet werden?

1.4.11

Österreich hat 2015 Waren im Wert von € 131,6 Mrd. exportiert und ein BIP in der Höhe von € 329,3 erzielt.

  1. Berechnen Sie die Exportquote.

  2. In einer heimischen Tageszeitung ist der Satz zu lesen: „Rund 40 % des heimischen Bruttoinlandsprodukts werden durch Ausfuhren erwirtschaftet.“ Diskutieren Sie, warum diese Aussage nicht korrekt ist.

  3. In derselben Tageszeitung steht an einem anderen Tag der Satz: „Laut Experten ist das Zahlungsbilanzdefizit vor allem auf dem starken Import­überhang in der Handelsbilanz zurückzuführen, ausgelöst durch den wachsenden Inlandskonsum.“ Warum ist es unmöglich, dass diese Aussage stimmt?

1.4.12

Erläutern Sie, wie jede der folgenden Transaktionen zu zwei Buchungen – Credit und Debit – in der österreichischen Zahlungsbilanz führt und ordnen Sie sie der richtigen Teilbilanz zu:

  1. Eine österreichische Bank kauft britische Aktien und zahlt mit einem Scheck

    Schecks sind hier und im Folgenden synonym für Überweisungen zu verstehen.

    der auf ein Konto bei einer schweizerischen Bank ausgestellt ist.
  2. Bei einer offiziellen Devisenmarktintervention verwendet die japanische Regierung Euro von einer US-amerikanischen Bank, um von ihren eigenen Bürgern japanische Währung (Yen) zu kaufen.

1.4.13

Ein Österreicher fährt nach London, um einen Anzug zum Preis von 1000 Pfund zu kaufen. Das Unternehmen in London, welches ihm den Anzug verkauft, reicht seinen Scheck über 1000 Pfund bei einer Bank in Österreich ein.

  1. Wie werden diese Transaktionen in Zahlungsbilanzen von Österreich und Großbritannien verbucht?

  2. Was ändert sich, wenn der Österreicher den Anzug in bar bezahlen würde?

1.4.14

Eine Volkswirtschaft hatte im Jahr 2008 ein Leistungs- und Übertragungs­bilanzdefizit von 1000 GE und einen Portfoliobilanzüberschuss von 500 GE.

  1. Wie entwickelte sich das Nettoauslandsvermögen dieser Volkswirtschaft?

  2. Nehmen Sie an, dass ausländische Notenbanken keine Anlagen dieser Volks­wirtschaft gekauft oder verkauft haben. Wie veränderten sich in diesem FaIl die Devisenreserven der Notenbank der Volkswirtschaft im Jahr 2008? Wie würde sich die entsprechende Devisenmarktintervention in der Zahlungs­bilanz niederschlagen?



Lösungen



1.4.1

a. Die Transformationskurve ist eine gerade Linie. Ihr Schnittpunkt mit der x-Achse liegt bei 400 (1200/3), ihr Schnittpunkt mit der y-Achse bei 600 (1200/2).

b. Die Opportunitätskosten von gerechnet in y betragen . Die Erzeugung von 1 EH erfordert 3 Arbeitseinheiten, von nur 2. Der Verzicht auf die Erzeugung 1 EH setzt folglich 3 AE frei. Mit diesen 3 AE können 1,5 EH von erzeugt werden.

c. Die Mobilität der Arbeit innerhalb der Ökonomie sorgt für gleiche Löhne in beiden Sektoren, und der Wettbewerb sorgt dafür, dass die Preise der Güter gleich ihren Produktionskosten sind. Der relative Preis ist folglich gleich den relativen Kosten. Diese wiederum erhält man, indem man das Produkt aus Lohn und Arbeits­koeffizient von x dividiert durch das Produkt aus Lohn und Arbeitskoeffizient von . Da die Löhne in beiden Sektoren gleich sind, ist das Preisverhältnis gleich dem Verhältnis der Arbeitskoeffizienten, .

1.4.2

a. Die Transformationskurve ist wiederum eine Linie und schneidet die x-Achse bei 160 (800/5) und die y-Achse bei 800 (800/1).

b. Die Opportunitätskosten von x gerechnet in y betragen 5/1 = 5.

c. Das Preisverhältnis .

d. Man konstruiert die Kurve des relativen Weltangebots, indem man für jeden relativen Preis das Verhältnis der Angebote von und bestimmt. Der niedrigste relative Preis für liegt entsprechend den Verhältnissen in A bei . Bei diesem Preis hat die Kurve des relativen Angebots von zu einen flachen Verlauf. Die maximale Anzahl , die zum Preis von 1,5 von A geliefert wird, ist . Bei diesem Preis erzeugt B 800 EH von und 0 EH von , sodass das maximale relative Angebot bei diesem Preis bei liegt. Dieses relative Angebot gilt für alle Preise von 1,5 bis 5. Bei einem Preis von 5 würden beide Länder nur Gut erzeugen. Bei 5 wird die Kurve des relativen Angebots daher wieder flach; sie zeigt also einen stufenförmigen Verlauf: Bei einem Preis von 1,5 ist sie für ein relatives Angebot von 0 bis 0,5 flach, bei der relativen Menge von 0,5 steigt sie vertikal von 1,5 auf 5, und im weiteren Verlauf, auf der x-Achse von 0,5 bis ∞, verläuft sie wieder flach. Anders entspricht der vertikale Teil der Angebotskurve der x-Achse im Punkt .

1.4.3

a. Die Kurve der relativen Nachfrage umfasst u.a. die Punkte (0,2, 5), (0,5, 2), (1,1) und (2, 0,5). Anmerkung: Die Kurve folgt aus der Gleichung für die Nachfrage und verschiedenen Werten, die eingesetzt werden können. Sie dient allerdings eher zur Illustration und muss nicht extra ausgerechnet werden. Der Grund dafür ist, dass das Modell hier selbst einen Kniff anwendet: Einerseits wird eine Welt mit nur zwei Ländern beschrieben, andererseits gibt es einen exogen (von wem?) bestimmten Weltmarktpreis. Wichtig für das Verständnis ist, was an welchen Schnittpunkten der Nachfragekurve mit der Angebotskurve passiert.

b. Der Preis ergibt sich aus dem Schnittpunkt der Kurven der relativen Nachfrage und des relativen Angebots, (0,5, 2). Der relative Gleichgewichtspreis ist also 2.

c. A erzeugt nur , B erzeugt nur , und jedes Land tauscht eine bestimmte Menge seines Produkts gegen das Produkt des anderen Landes aus.

d. A produziert , , , , daher . Das BIP von Land A entspricht seiner produzierten Menge mal den jeweiligen Preisen, also . Der Lohnsatz entspricht dem Wert des produzierten Outputs je Arbeits­einheit, also . B produziert , , das BIP von Land B ist somit. Somit .

e. In Abwesenheit von Handel könnte A durch den Verzicht auf 2 EH von 3 EH von gewinnen, und B könnte durch den Verzicht auf 5 EH von y analog 1 EH gewinnen. Der Außenhandel ermöglicht beiden Ländern ein Austauschverhältnis von 2 EH zu 1 EH von . Folglich kann A dann durch den Verzicht auf 2 EH von 4 EH von gewinnen, und 1 EH von durch den Verzicht auf nur 2 EH von

f. Unter Autarkie setzt A jeweils 600 Arbeitseinheiten zur Produktion von und ein und produziert somit , , das BIP zu Weltmarkt­preisen entspricht daher . Land B produziert unter Autarkie beim Einsatz von jeweils 400 Arbeitseinheiten , , das BIP zu Weltmarktpreisen entspricht daher
. Land A erfährt im Freihandel somit ein BIP-Wachstum von , Land B .

1.4.4

a. Der vertikale Teil der Angebotskurve verschiebt sich zum Punkt , sodass die Eckpunkte nun bei (1, 1,5) und (1, 5) liegen. Der Schnittpunkt zwischen relativer Nachfrage- und relativer Angebotskurve liegt nun auf dem niedrigeren horizontalen Abschnitt, im Punkt (0,67, 1,5).

b. B verzeichnet Außenhandelsgewinne, doch die Opportunitätskosten für Gut in gerechnet sind für A in beiden Fällen – mit oder ohne Außenhandel – gleich, sodass A durch den Außenhandel weder Gewinne noch Verluste verzeichnet.

c. Der relative Weltmarktpreis hat nun jenes Niveau, das sich in Land A auch unter Autarkie einstellen würde, . Das BIP von Land A beträgt nun, unabhängig davon, wie das Arbeitsangebot aufgeteilt wird, , der Lohnsatz . Land A ist somit indifferent, ob es am Welthandel teilnimmt oder nicht. Unter der Annahme, dass Land A bereits ist zu tauschen, verhält sich B wie unter 1.4.3 und produziert , das BIP von Land B ist somit . Der Lohnsatz . Verweigert sich Land A dem Tausch ganz oder teilweise, so reduziert sich das BIP- und Lohnniveau in Land B entsprechend dem Tausch­volumen.

1.4.5

a. Die Kurve hat den gleichen Verlauf wie ins Bsp. 1.4.2.d, da die Verdoppelung der Anzahl der Beschäftigten mit einer Halbierung der Arbeitsproduktivität verbunden ist, und somit der der vertikale Teil der Angebotskurve im Punkt liegt. Bei unveränderter Nachfrage liegt der Schnittpunkt der beiden Kurven somit bei 2.

b. Siehe Antwort zu 1.4.3.e.

c. A produziert , , das BIP ist somit , . B produziert , das BIP von Land B ist somit , .

1.4.6

Exportsubventionen führen wie Zölle dazu, dass sich der Inlands- vom Auslands­preis um die Höhe der Subvention unterscheidet. Allerdings ist die Wirkung einer Export­subvention auf die Preise konträr zu der Wirkung von Zöllen, da die Preise nun im exportierenden Land steigen. Durch die Gewährung einer Export­subvention durch den Staat werden für die Exporteur*innen im Inland Anreize geschaffen, solange zu exportieren, bis der Inlandspreis den Auslandspreis genau um den Betrag der Subvention übersteigt. Da allerdings mit dem gestiegenen Angebot die Preise im Ausland fallen, fällt die Preiserhöhung im Exportland niedriger als die Subventions­höhe aus. Im Exportland werden die Konsument*innen durch die höheren Preise belastet, während die Produzent*innen profitieren. Diesem positiven Effekt des Anstiegs der Konsumentenrente stehen der Verlust der Konsumentenrente sowie die Kosten des Staates, der die Exportsubvention finanzieren muss, gegenüber. Im Gegensatz zu Importzöllen gibt es keine Möglichkeit zur Wohlfahrtssteigerung, da der Staat den Großteil der Produzentenrente sowie die Subventionen finanzieren muss.

1.4.7

  • Reales Tauschverhältnis: Ein großes Land kann aufgrund des relevanten Ausmaßes seiner eigenen Nachfrage den Weltmarktpreis beeinflussen. In diesem Fall sinkt bei Einführung eines Zolls die Weltnachfrage, und die ausländischen Anbieter*innen werden ihre Preise reduzieren. Die Summe der Staats­einnahmen durch den Zoll und der gestiegenen Produzentenrente kann die durch einen Zoll stets hervorgerufene Reduktion der Konsumenten­rente übertreffen.
  • Marktversagen im Inland: Als Folge des Freihandels werden im eigenen Land bestimmte Produktionsfaktoren nicht so alloziiert, wie sie sollten. Mögliche Ausprägungen sind persistente Arbeitslosigkeit oder fehlende Wissens­produktion.
  • Besondere Branchen: Manche Branchen werden aus politischen Gründen vor internationalem Wettbewerb geschützt. Das sind solche, die für die Sicherheit der eigenen Bevölkerung wichtig sind, insbes. der Agrarsektor und die Rüstungsindustrie, außerdem kulturell bedeutsame Branchen.
  • Erziehungszoll: Es ist denkbar, dass eine bestimmte Branche in einem Land langfristig einen komparativen Vorteil hat, obwohl dieses Land im Moment das betreffende Gut importiert. Die billigen Importe aus dem Ausland verhindern die Entwicklung dieser Branche im importierenden Land, obwohl diese langfristig betrachtet wettbewerbsfähiger wäre. Daher könnte ein temporärer Schutz die Entwicklung der Branche soweit fördern, bis die Produktionskosten hinreichend gesunken sind, sodass ein weiterer Schutz nicht mehr nötig ist.

1.4.8.

Das Argument des Optimalzolls basiert auf der Annahme, dass der Weltpreis eines bestimmten Guts durch einen Schutzzoll, den ein großes Land für einen bestimmten Markt verhängt, gesenkt werden kann. Ein vergleichsweise niedriger Zoll kann daher dazu führen, dass die Zolleinnahmen des Importlandes höher ausfallen als die Wohlfahrtsverluste der Verbraucher*innen, da die Preise des Importguts infolge des Zolls gesunken sind.

1.4.9

Der erste Grund bezieht sich auf das Argument des Marktversagens. Ein Einfuhr­verbot für gefährliche Produkte anstelle einer einfachen Entscheidung der Ver­braucher*innen, welche Risiken sie eingehen möchten, ist durch das Fehlen von chinesischen Sicherheitsstandards und -hinweisen begründet. Ein Einfuhrverbot für Produkte, die von schlecht bezahlten Arbeitskräften hergestellt wurden, kann mit diesem Argument nicht begründet werden. Vielmehr trifft hier die in Lektion 1.2.1 behandelte Replik auf das Ausbeutungs-Argument zu. Löhne spiegeln die Produktivität wider, und die konkurrierenden Arbeitskräfte in Niedriglohnländern stellen Güter für einen Sektor her, der in der EU vergleichsweise höhere Kosten aufweist. Der Import dieser Güter hebt den Lebensstandard der EU. Gleichzeitig steigt der Wohlstand der Arbeiter*innen im exportierenden Land im Verhältnis zu einem Zustand ohne diesen Außenhandel, denn in letzterem Fall wären die Löhne noch geringer. Entscheidend ist also nicht das Verhältnis der Lohnhöhe zwischen den Ökonomien, sondern welches sich im exportierenden Land unter Autarkie im Verglich zum Handel einstellt.

1.4.10

Es kommt nicht zu Doppelzählungen, wenn die Importe von Zwischengütern vom BIP/BNE abgezogen und die Exporte von Zwischengütern zum BIP/BNE hinzu­gezählt werden. Betrachtet werde als Bsp. der Verkauf inländischem Stahl an einen inländischen und einen ausländischen Automobilhersteller. Der an den inländischen Hersteller verkaufte Stahl wird vom Produktionswert der resultierenden Automobile abgezogen, wodurch die Doppelzählung vermieden wird. Der Wert des an den ausländischen Hersteller verkauften Stahls geht als Export in die inländische VGR ein. Werden die Automobile des ausländischen Herstellers importiert, so wird der volle Produktionswert zum BIP/BNE addiert berücksichtigt. Der Stahl als inländische Vorleistung ist jedoch bereits durch die Berücksichtigung bei den Exporten abgezogen, wodurch die tatsächlich im Ausland erfolgte Wertschöpfung vom BIP/BNE subtrahiert wird.

1.4.11

a.

b. Die Exportquote entspricht dem Verhältnis von Exportvolumen zum BIP. Da im Gegensatz zum BIP Vorleistungen nicht abgezogen werden, entspricht die Exportquote nicht dem Anteil des Exportvolumens am BIP. Wie viel des heimischen BIP tatsächlich exportiert wird, ist aus der Exportquote nicht abzulesen und die Aussage ist somit falsch.

c. Die Zahlungsbilanz ist definitionsgemäß stets ausgeglichen. Der*die Journalist*in meinte vermutlich die Leistungsbilanz.

1.4.12

a. Der Kauf der britischen Aktien schlägt sich als Debet in der österreichischen Kapitalbilanz nieder. Die Bezahlung mit dem auf eine schweizerische Bank ausgestellten Scheck führt zur Gegenbuchung als Credit in der österr. Kapitalbilanz, weil die Forderungen Österreichs an die Schweiz um den auf dem Scheck ausgewiesenen Betrag abnehmen. In diesem Fall hat die österr. Bank einen ausländischen Vermögenswert gegen einen anderen eingetauscht.

b. Die Devisenmarktintervention der japanischen Regierung beinhaltet den Verkauf eines US-amerikanischen Vermögenswerts, nämlich der von ihr in den USA gehaltenen Dollar, und stellt daher einen Debitposten in der Kapitalbilanz der USA dar. Die japanischen Bürger*innen, welche die Dollar erwerben, kaufen damit amerikanische Waren (dies wäre ein Credit in der US-amerikanischen Leistungsbilanz), oder sie kaufen einen amerikanischen Vermögenswert (dies wäre ein Credit in der amerikanischen Kapitalbilanz).

1.4.13

a. Der Kauf des Anzugs bedeutet ein Debet in der Leistungsbilanz von Österreich und ein Credit in derjenigen von Großbritannien. Wenn das Unternehmen aus Groß­britannien das Geld bei seiner Bank in London einzahlt, ergibt sich ein Credit in der Kapitalbilanz von Österreich und ein entsprechendes Debet für Großbritannien.

b. Auch wenn die Transaktion in bar abgewickelt wird, tauchen das entsprechende Debet für Großbritannien und Credit für Österreich in ihren jeweiligen Kapital­bilanzen auf. Großbritannien erwirbt Pfund (ein Vermögenswertimport aus Österreich, folglich ein Debetposten in seiner Kapitalbilanz); Österreich verliert die Pfund (ein Export von Pfundnoten und daher ein Credit in seiner Kapitalbilanz).

1.4.14

a. Da das Land sein Leistungs- und Übertragungsbilanzdefizit von 1000 GE irgendwie finanzieren musste, sank das Nettoauslandsvermögen um 1000 GE.

b. Durch den Rückgriff auf ihre Devisenreserven finanzierte die Notenbank jenen Anteil des Leistungsbilanzdefizits, der nicht durch den Zufluss privaten Kapitals gedeckt wurde. Nur wenn ausländische Notenbanken Vermögenswerte der Volkswirtschaft erworben hätten, hätte die Notenbank darauf verzichten können, zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits 500 GE aus ihren Reserven zu verbrauchen. Die Notenbank hat also 500 GE an Devisenreserven eingebüßt, was sich in der Zahlungsbilanz des Landes als offizieller Kapitalzufluss niederschlägt.

  1. Österreich trat dem 1947 geschlossenen Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT), einem der Vorläufer der WTO, 1951 bei.
  2. Das Ricardo-Modell ist nach dem englischen Ökonomen David Ricardo benannt, erstmals 1817 publiziert, heute als Original nachzulesen in: Ricardo, David (1821): On the Principles of Political Economy and Taxation [third edition]. Auflage 1996: New York, Prometheus
  3. Zum Prinzip der Skalenerträge vgl. Grundlagen der Volkswirtschaftslehre 2 (Lektion 1.1.4) sowie Angewandte Makroökonomik (Lektion 1.1.2).
  4. Zur Transformationskurve im Zshg. mit Konsumentenpräferenzen vgl. Grundlagen der Volkswirtschaftslehre 4 (Lektion 2.2).
  5. Der geneigte Leser möge sich an dieser Stelle anhand des Lehrsatzes des Pythagoras überzeugen, dass die Dreiecksflächen exakt um die angegebenen Werte zunehmen.
  6. Messbar über die Entwicklung der Lohnquote, vgl. Angewandte Makroökonomik (Lektion 1.1.2).
  7. Eine Lösung dieses Problems wäre, die vom Freihandel negativ betroffenen Gruppen innerhalb der Gesellschaft entsprechend zu kompensieren.
  8. So wurde bspw. 2014 12,4% des EU-Budgets (16,5 Mrd. Euro) durch Zolleinnahmen der EU finanziert (Quelle: EU-Kommission, Steuern und Zollunion, http://ec.europa.eu/taxation_customs/index_de.htm (abgerufen am 25. Mai 2016)).
  9. Der Schnittpunkt der Kurven S und D entspricht dem Inlandspreis unter Autarkie.
  10. So scheiterten bspw. die Verhandlungen zum Multilateralen Abkommen über Investitionen (MAI), einem Vorläufer der bei Drucklegung umstrittenen Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) nicht zuletzt am Motiv Frankreichs, seine Filmbranche vor der Konkurrenz aus den USA zu schützen, was jedoch dem Prinzip des Freihandels widerspricht.
  11. Zur VGR und zum BIP vgl. Angewandte Makroökonomik (Lektion 1.4.1).
  12. Zu diesem Prinzip vgl. Angewandte Makroökonomik (Lektion 1.1.2).
  13. Wie aus der weiter unten vorgestellten Zahlungsbilanz hervorgeht, kann keine Ökonomie für immer Nettoexporteur sein – es sei denn, sie verschenkt ihre Waren. Diese Fests­tellung ist im Kontext der Diskussion und Handlungen in der Eurokrise relevant: Ein Schuldenerlass ist letztlich gleichlautend mit einer rückwirkenden Schenkung. Gibt es keinen Schuldenerlass, dann muss auch ein Nettoexporteur mit vielen absoluten Handels­vorteilen irgendwann zum Nettoimporteuer werden. Somit ist ein Nettoimporteur nicht zwangsläufig nicht wettbewerbsfähig.
  14. Eine Ausnahme sind heutzutage äußerst seltene Realtauschvorgänge, die ihrem Charakter entsprechend nur in der Leistungsbilanz verbucht werden.
  15. Zum Unterschied zw. BIP und BNE vgl. Angewandte Makroökonomik (Tab. 1.1.1).
  16. Quelle: Oesterreichiche Nationalbank