Collaborative Business - Prozessmanagement: Unterschied zwischen den Versionen
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Dies führte zur Einführung des Prozessmanagements.<br> | Dies führte zur Einführung des Prozessmanagements.<br> | ||
'''Definition | '''Definition Prozess'''<br>''Becker/Kahn definieren einen Prozess als eine inhaltlich abgeschlossene, zeitliche und logische '''Folge von Aktivitäten''', die zur Bearbeitung eines prozessprägenden betriebswirtschaftlichen Objektes notwendig sind.'' <ref>[Becker, 2000-1, S.4]</ref> <br> | ||
Die Idee war nun nicht mehr Abteilungen oder Funktionen abzubilden sondern Prozesse zu definieren. Bei den wesentlichen Geschäftsprozessen steht der Kunde am Anfang und Ende des Prozesses.<br> | '''Definition Geschäftsprozess/Unternehmensprozess'''<br>''Hammer/Champy definieren den Unternehmensprozess als eine Menge von Aktivitäten, für die ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt werden und die für die Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugen.'' <ref>[Hammer, 1994]</ref> <br> | ||
Bei der Darstellung dieser Unternehmensorganisation spricht man nicht mehr von Organigramm sondern von einer Prozesslandkarte.<br> | |||
Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau einer solchen Prozesslandkarte ohne auf Branchen- oder Unternehmensspezifika einzugehen. | |||
Die Idee war nun nicht mehr Abteilungen oder Funktionen abzubilden sondern Prozesse zu definieren. Bei den wesentlichen Geschäftsprozessen steht der Kunde am Anfang und Ende des Prozesses.<br>Bei der Darstellung dieser Unternehmensorganisation spricht man nicht mehr von Organigramm sondern von einer Prozesslandkarte.<br>Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau einer solchen Prozesslandkarte ohne auf Branchen- oder Unternehmensspezifika einzugehen. | |||
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Man sieht hier deutlich die geänderte Denkweise. Es ist nicht mehr die Hierarchie und die Einzelfunktionalität entscheidend sondern der Prozessgedanke und die Kund*innenorientierung. Die Kernprozesse sind jene Prozesse, die eine Wertschöpfung bringen und die eindeutig an externen Kund*innen orientiert sind. Die Supportprozesse unterstützen die Kernprozesse, d.h. Kund*innen der Supportprozesse sind die Kernprozesse. Die Managementprozesse haben ebenfalls keine externen Kund*innen. Sie haben Führungsfunktionen und steuern somit die Kernprozesse.<br> | Man sieht hier deutlich die geänderte Denkweise. Es ist nicht mehr die Hierarchie und die Einzelfunktionalität entscheidend sondern der Prozessgedanke und die Kund*innenorientierung. Die Kernprozesse sind jene Prozesse, die eine Wertschöpfung bringen und die eindeutig an externen Kund*innen orientiert sind. Die Supportprozesse unterstützen die Kernprozesse, d.h. Kund*innen der Supportprozesse sind die Kernprozesse. Die Managementprozesse haben ebenfalls keine externen Kund*innen. Sie haben Führungsfunktionen und steuern somit die Kernprozesse.<br> | ||
Häufig finden Sie in der Literatur auch nur die Unterscheidung zwischen Primärprozessen und Sekundärprozessen. Eine Überführung der dreiteiligen Prozesslandkarte aus Abbildung | Häufig finden Sie in der Literatur auch nur die Unterscheidung zwischen Primärprozessen und Sekundärprozessen. Eine Überführung der dreiteiligen Prozesslandkarte aus Abbildung "Schmatische Prozesslandkarte" in diese zweiteilige Struktur erfolgt einfach indem alle Kernprozesse (mit externen Kund*innen) zu Primärprozesssen werden und alle anderen Prozesse (mit internen Kund*innen) zu Sekundärprozessen werden.<br>Prinzipiell ist jede Prozesslandkarte ein Unikat, da ja auch die Aufgaben und die Organisation der Unternehmen nie identisch sind. Für große Konzerne macht es aber Sinn, die Prozesslandkarten ihrer Teilbetriebe zumindest auf einer Metaebene zu vereinheitlichen. Als konkretes Beispiel dafür sei im Folgenden noch das Siemens Process Framework gezeigt, das als Basismodell für alle Unternehmen der Siemens Gruppe definiert ist.<br> | ||
Prinzipiell ist jede Prozesslandkarte ein Unikat, da ja auch die Aufgaben und die Organisation der Unternehmen nie identisch sind. Für große Konzerne macht es aber Sinn, die Prozesslandkarten | |||
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Bereits in dieser weitgehend branchenunabhängigen Standarddarstellung sieht man die Bedeutung mancher Geschäftsprozesse (SCM, CRM) auf die | Bereits in dieser weitgehend branchenunabhängigen Standarddarstellung sieht man die Bedeutung mancher Geschäftsprozesse (SCM, CRM) auf die noch näher eingegangen wird.<br>In der folgenden Tabelle werden die wesentlichen Unterschiede zwischen funktionaler und prozessorientierter Organisation dargestellt. | ||
In der folgenden Tabelle werden die wesentlichen Unterschiede zwischen funktionaler und prozessorientierter Organisation dargestellt. | |||
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| zentrales Fremdcontrolling | | zentrales Fremdcontrolling | ||
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| Komplexität | | Komplexität | ||
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== Erweiterung des Prozessmodells == | == Erweiterung des Prozessmodells == | ||
Betrachtet man das Prozessmodell aus der Sicht der Vorlesung „Collaborative Business“ so ist leicht vorstellbar, dass sich unser Fokus auf die Zusammenarbeit im Unternehmen und die Zusammenarbeit mit Kund*innen bezieht. Heute besteht aber die Tendenz, die Zusammenarbeit noch weit darüber hinaus zu intensivieren. Ein gutes Unternehmen versucht von den | Betrachtet man das Prozessmodell aus der Sicht der Vorlesung „Collaborative Business“ so ist leicht vorstellbar, dass sich unser Fokus auf die Zusammenarbeit im Unternehmen und die Zusammenarbeit mit Kund*innen bezieht. Heute besteht aber die Tendenz, die Zusammenarbeit noch weit darüber hinaus zu intensivieren. Ein gutes Unternehmen versucht von den Lieferant*innen ihrer/seiner Lieferant*innen bis zu den Kund*innen ihrer/seiner Kund*innen die ganze Lieferkette (Supply Chain) zu betrachten und ein Gesamtoptimum zu finden.<br>Die Schwierigkeit dabei ist natürlich dass keine natürliche Durchgriffsmöglichkeit auf die externen Organisationen besteht, sondern diese mit entsprechenden Verträgen erst herbeigeführt werden muss. Ein Abschluss solcher Verträge ist aber nur möglich, wenn es das Unternehmen schafft eine Win-win Situation herzustellen.<br>Zur Optimierung der gesamten Wertkette gibt es eine Reihe von Managementansätzen, die meist aus dem Qualitätsmanagement kommen. Einige werden im Skriptum kurz behandelt. | ||
Die Schwierigkeit dabei ist natürlich dass keine natürliche Durchgriffsmöglichkeit auf die externen Organisationen besteht, sondern diese mit entsprechenden Verträgen erst herbeigeführt werden muss. Ein Abschluss solcher Verträge ist aber nur möglich, wenn es das Unternehmen schafft eine Win-win Situation herzustellen.<br> | |||
Zur Optimierung der gesamten Wertkette gibt es eine Reihe von Managementansätzen, die meist aus dem Qualitätsmanagement kommen. Einige werden im Skriptum kurz behandelt. |
Aktuelle Version vom 25. Jänner 2022, 11:36 Uhr
Grundlagen Prozessmanagement
Der/die Leser*in soll am Ende dieser Lektion verstehen warum Prozessmanagement eine Grundlage und die Voraussetzung für jede Art von Collaborative Business ist.
Organisationsformen
Mit Einführung der starken Arbeitsteilung am Beginn des 20 Jahrhunderts (Taylorismus) entwickelten sich große Unternehmen mit vielen Mitarbeitern. Die damals einzig bekannte mögliche Form so große Menschenmengen zu organisieren war die aus dem Militärwesen abgeleitete hierarchische Organisationsform. Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt eines solchen Organigramms.
In dieser Organisationsform sind normalerweise nur vertikale Kommunikationslinien definiert. Das bedeutet, die Information über Ereignisse und Zustände fließt von unten nach oben und die Anordnungen von oben nach unten. Der Kontakt zum Kunden ist hier nur Eingeweihten bekannt (Vertrieb, Marketing, Service).
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat man erkannt, dass diese Organisation aufgrund der vielen Schnittstellen und starren Kommunikationswege zu längeren Durchlaufzeiten führt und nur sehr schwer ein Gesamtoptimum erreicht werden kann.
Dies führte zur Einführung des Prozessmanagements.
Definition Prozess
Becker/Kahn definieren einen Prozess als eine inhaltlich abgeschlossene, zeitliche und logische Folge von Aktivitäten, die zur Bearbeitung eines prozessprägenden betriebswirtschaftlichen Objektes notwendig sind. [1]
Definition Geschäftsprozess/Unternehmensprozess
Hammer/Champy definieren den Unternehmensprozess als eine Menge von Aktivitäten, für die ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt werden und die für die Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugen. [2]
Die Idee war nun nicht mehr Abteilungen oder Funktionen abzubilden sondern Prozesse zu definieren. Bei den wesentlichen Geschäftsprozessen steht der Kunde am Anfang und Ende des Prozesses.
Bei der Darstellung dieser Unternehmensorganisation spricht man nicht mehr von Organigramm sondern von einer Prozesslandkarte.
Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau einer solchen Prozesslandkarte ohne auf Branchen- oder Unternehmensspezifika einzugehen.
Man sieht hier deutlich die geänderte Denkweise. Es ist nicht mehr die Hierarchie und die Einzelfunktionalität entscheidend sondern der Prozessgedanke und die Kund*innenorientierung. Die Kernprozesse sind jene Prozesse, die eine Wertschöpfung bringen und die eindeutig an externen Kund*innen orientiert sind. Die Supportprozesse unterstützen die Kernprozesse, d.h. Kund*innen der Supportprozesse sind die Kernprozesse. Die Managementprozesse haben ebenfalls keine externen Kund*innen. Sie haben Führungsfunktionen und steuern somit die Kernprozesse.
Häufig finden Sie in der Literatur auch nur die Unterscheidung zwischen Primärprozessen und Sekundärprozessen. Eine Überführung der dreiteiligen Prozesslandkarte aus Abbildung "Schmatische Prozesslandkarte" in diese zweiteilige Struktur erfolgt einfach indem alle Kernprozesse (mit externen Kund*innen) zu Primärprozesssen werden und alle anderen Prozesse (mit internen Kund*innen) zu Sekundärprozessen werden.
Prinzipiell ist jede Prozesslandkarte ein Unikat, da ja auch die Aufgaben und die Organisation der Unternehmen nie identisch sind. Für große Konzerne macht es aber Sinn, die Prozesslandkarten ihrer Teilbetriebe zumindest auf einer Metaebene zu vereinheitlichen. Als konkretes Beispiel dafür sei im Folgenden noch das Siemens Process Framework gezeigt, das als Basismodell für alle Unternehmen der Siemens Gruppe definiert ist.
Bereits in dieser weitgehend branchenunabhängigen Standarddarstellung sieht man die Bedeutung mancher Geschäftsprozesse (SCM, CRM) auf die noch näher eingegangen wird.
In der folgenden Tabelle werden die wesentlichen Unterschiede zwischen funktionaler und prozessorientierter Organisation dargestellt.
Funktionale Organisation | Prozessorganisation |
---|---|
vertikale Ausrichtung | horizontale Ausrichtung |
starke Arbeitsteilung | Arbeitsintegration |
tiefe Hierarchie | flache Strukturen |
Machtorientierung | Kunden- und Teamorientierung |
Abteilungsziele | Kund*innen- und Teamorientierung |
Ziel: Kosteneffizienz | Ziel: Kund*innenzufriedenheit, Produktivität |
zentrales Fremdcontrolling | dezentrales Selbstcontrolling |
kontrollierte Information | freie und offene Information |
Komplexität | Transparenz |
Erweiterung des Prozessmodells
Betrachtet man das Prozessmodell aus der Sicht der Vorlesung „Collaborative Business“ so ist leicht vorstellbar, dass sich unser Fokus auf die Zusammenarbeit im Unternehmen und die Zusammenarbeit mit Kund*innen bezieht. Heute besteht aber die Tendenz, die Zusammenarbeit noch weit darüber hinaus zu intensivieren. Ein gutes Unternehmen versucht von den Lieferant*innen ihrer/seiner Lieferant*innen bis zu den Kund*innen ihrer/seiner Kund*innen die ganze Lieferkette (Supply Chain) zu betrachten und ein Gesamtoptimum zu finden.
Die Schwierigkeit dabei ist natürlich dass keine natürliche Durchgriffsmöglichkeit auf die externen Organisationen besteht, sondern diese mit entsprechenden Verträgen erst herbeigeführt werden muss. Ein Abschluss solcher Verträge ist aber nur möglich, wenn es das Unternehmen schafft eine Win-win Situation herzustellen.
Zur Optimierung der gesamten Wertkette gibt es eine Reihe von Managementansätzen, die meist aus dem Qualitätsmanagement kommen. Einige werden im Skriptum kurz behandelt.