Unternehmensanalyse und -planung - Ausgangsituation: Unterschied zwischen den Versionen
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Ein österreichischer und ein belgischer Investor beschließen gemeinsam ein Unternehmen mit dem Namen „PERFECT-SOUND GmbH“ zu gründen um folgende Geschäftsidee in die Tat umzusetzen. | Ein österreichischer und ein belgischer Investor beschließen gemeinsam ein Unternehmen mit dem Namen „PERFECT-SOUND GmbH“ zu gründen um folgende Geschäftsidee in die Tat umzusetzen. | ||
Sie wollen | Sie wollen Headphones in Kleinserien (bis ca. 18.000 Stück) für den europäischen Markt produzieren. In einer späteren Ausbaustufe ist geplant, diese Menge noch deutlich zu erhöhen, was jedoch in der gegenwärtigen Situation aufgrund von Kapitalengpässen, auch unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Fremdfinanzierungsmöglichkeiten, nicht finanzierbar ist. | ||
Es ist jedenfalls geplant, zwei unterschiedliche Modelle ( | Es ist jedenfalls geplant, zwei unterschiedliche Modelle (HP-High undHP- Easy) gleichzeitig auf den Markt zu bringen, um sowohl Kund*innen des mittleren bis höheren Preissegments als auch Kund*innen im unteren Preissegment anzusprechen. | ||
Nun kennen Sie aus Ihrem Vorstudium sicherlich schon einige Ausführungen zum strategischen Management bzw. strategischen Controlling. Es gibt auf diesem Gebiet verschiedene Instrumente zur strategischen Analyse und Prognose sowie zur Strategieformulierung. Im Rahmen dieser Unterlage wollen wir jedoch nicht weiter auf diese Probleme und mögliche Lösungsansätze eingehen. Wir werden also beispielsweise keine Branchenanalyse nach Porter und keine Stärken-Schwächen-Analyse durchführen. Auch für die Themen Mission-Statement, Leitbild- und Strategieentwicklung (z.B. mittels Einsatz von Portfolioanalysen) verweisen wir auf weitere Literatur. <ref>vgl. Welge/Al-Laham, 2007 und Baum/Coenenberg/Günther, 2007</ref> Unsere beiden Investoren beschreiten hier einen sehr pragmatischen Weg. | Nun kennen Sie aus Ihrem Vorstudium sicherlich schon einige Ausführungen zum strategischen Management bzw. strategischen Controlling. Es gibt auf diesem Gebiet verschiedene Instrumente zur strategischen Analyse und Prognose sowie zur Strategieformulierung. Im Rahmen dieser Unterlage wollen wir jedoch nicht weiter auf diese Probleme und mögliche Lösungsansätze eingehen. Wir werden also beispielsweise keine Branchenanalyse nach Porter und keine Stärken-Schwächen-Analyse durchführen. Auch für die Themen Mission-Statement, Leitbild- und Strategieentwicklung (z.B. mittels Einsatz von Portfolioanalysen) verweisen wir auf weitere Literatur. <ref>vgl. Welge/Al-Laham, 2007 und Baum/Coenenberg/Günther, 2007</ref> Unsere beiden Investoren beschreiten hier einen sehr pragmatischen Weg. | ||
Durch die bereits erwähnten Kapazitätsrestriktionen wird es in der Anfangsphase nicht möglich sein, die Produkte in der gesamten EU zu vertreiben, sondern in einer ersten Phase nur in jenem Land, in dem auch produziert wird. | Durch die bereits erwähnten Kapazitätsrestriktionen wird es in der Anfangsphase nicht möglich sein, die Produkte in der gesamten EU zu vertreiben, sondern in einer ersten Phase nur in jenem Land, in dem auch produziert wird. | ||
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In einem ersten Schritt werden Marktforschungen in beiden Ländern durchgeführt, deren Ergebnisse nachfolgend zusammengefasst sind. | In einem ersten Schritt werden Marktforschungen in beiden Ländern durchgeführt, deren Ergebnisse nachfolgend zusammengefasst sind. | ||
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Bei obigen Preis-Absatz-Funktionen ist davon auszugehen, dass auch die zu den oberen und unteren Grenzpreisen jeweils korrespondierenden Mengen in etwa 5 | Bei obigen Preis-Absatz-Funktionen ist davon auszugehen, dass auch die zu den oberen und unteren Grenzpreisen jeweils korrespondierenden Mengen in etwa 5 % von der Absatzmenge beim Durchschnittspreis abweichen (z. B. wird die absetzbare Menge HP-Easy in Österreich bei einem Preis von EUR 28,50 in etwa auf 5.700 * 1,05 = 5.985 Stück steigen und bei einem Preis von EUR 31,50 auf 5700 * 0,95 = 5.415 Stück fallen). |
Aktuelle Version vom 29. September 2023, 11:21 Uhr
Beispiel: Ausgangssituation
Ein österreichischer und ein belgischer Investor beschließen gemeinsam ein Unternehmen mit dem Namen „PERFECT-SOUND GmbH“ zu gründen um folgende Geschäftsidee in die Tat umzusetzen.
Sie wollen Headphones in Kleinserien (bis ca. 18.000 Stück) für den europäischen Markt produzieren. In einer späteren Ausbaustufe ist geplant, diese Menge noch deutlich zu erhöhen, was jedoch in der gegenwärtigen Situation aufgrund von Kapitalengpässen, auch unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Fremdfinanzierungsmöglichkeiten, nicht finanzierbar ist.
Es ist jedenfalls geplant, zwei unterschiedliche Modelle (HP-High undHP- Easy) gleichzeitig auf den Markt zu bringen, um sowohl Kund*innen des mittleren bis höheren Preissegments als auch Kund*innen im unteren Preissegment anzusprechen.
Nun kennen Sie aus Ihrem Vorstudium sicherlich schon einige Ausführungen zum strategischen Management bzw. strategischen Controlling. Es gibt auf diesem Gebiet verschiedene Instrumente zur strategischen Analyse und Prognose sowie zur Strategieformulierung. Im Rahmen dieser Unterlage wollen wir jedoch nicht weiter auf diese Probleme und mögliche Lösungsansätze eingehen. Wir werden also beispielsweise keine Branchenanalyse nach Porter und keine Stärken-Schwächen-Analyse durchführen. Auch für die Themen Mission-Statement, Leitbild- und Strategieentwicklung (z.B. mittels Einsatz von Portfolioanalysen) verweisen wir auf weitere Literatur. [1] Unsere beiden Investoren beschreiten hier einen sehr pragmatischen Weg.
Durch die bereits erwähnten Kapazitätsrestriktionen wird es in der Anfangsphase nicht möglich sein, die Produkte in der gesamten EU zu vertreiben, sondern in einer ersten Phase nur in jenem Land, in dem auch produziert wird.
Aufgrund der geschätzten möglichen Absatzzahlen, welche stark mit den Einwohnerzahlen der potentiellen Absatzländer korrelieren, kämen neben Belgien und Österreich noch Bulgarien, Portugal, Schweden, die Tschechische Republik und Ungarn als Standortkandidaten in Frage.
Die Investoren wollen jedoch etwaige Währungsrisiken von vornherein ausschließen, wodurch Länder, die nicht der Eurozone angehören, ausscheiden. Dies bedeutet, dass nur noch Belgien, Österreich und Portugal als potentielle Produktionsstandorte möglich sind.
Aufgrund des in Portugal niedrigeren Preisniveaus und der geringer eingeschätzten Marktwachstumsraten kommen die Investoren überein, die Produktion entweder in Belgien oder in Österreich zu errichten.
Es wurden also, wie oben bereits erwähnt sehr pragmatisch, zwei alternative Strategien entwickelt.
Ein weiteres Problem stellt nun die Bewertung alternativer Strategien dar (in diesem Fall der Alternativen Belgien versus Österreich). Oftmals wird für die Bewertung von Strategien die Entwicklung des Unternehmenswertes als Maßstab herangezogen.
Um eine endgültige Entscheidung hinsichtlich des Standortes zu treffen wird also beschlossen, jenes Land als Standort zu wählen, in welchem aufgrund der strategischen Planung der höhere Unternehmenswert generierbar ist.
In einem ersten Schritt werden Marktforschungen in beiden Ländern durchgeführt, deren Ergebnisse nachfolgend zusammengefasst sind.
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Belgien | Österreich |
Einwohner in Mio. | 10,5 | 8,3 |
Durchschnittsalter der Bevölkerung in Jahren | 40,9 | 41,3 |
Anteil der unter 30-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in % | 32,1 | 31,8 |
USt-Satz in % | 21 | 20 |
KöSt-Satz in % | 34 | 25 |
Erwartetes Marktwachstum jährlich in % | 14 | 12 |
Preis-Absatz-Funktionen Belgien:
Preis-Absatz-Funktionen Österreich:
Bei obigen Preis-Absatz-Funktionen ist davon auszugehen, dass auch die zu den oberen und unteren Grenzpreisen jeweils korrespondierenden Mengen in etwa 5 % von der Absatzmenge beim Durchschnittspreis abweichen (z. B. wird die absetzbare Menge HP-Easy in Österreich bei einem Preis von EUR 28,50 in etwa auf 5.700 * 1,05 = 5.985 Stück steigen und bei einem Preis von EUR 31,50 auf 5700 * 0,95 = 5.415 Stück fallen).
- ↑ vgl. Welge/Al-Laham, 2007 und Baum/Coenenberg/Günther, 2007