Angewandte Mikroökonomik - Oligopoltheorie: Unterschied zwischen den Versionen

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Nachdem Anbieter A weiß, dass Anbieter B sich bei Entscheidungspunkt B1 für die Menge 60 beziehungsweise bei Punkt B2 für die Menge 30 entscheiden wird, wird sie bei Punkt A die Menge 60 wählen. Nachdem die Spielmatrix symmetrisch ist, wäre der Ausgang der gleiche, wenn Anbieter B als erstes entscheidet. In diesem Fall würde allerdings Anbieter B 60 Stück und Anbieter A 30 Stück produzieren.
Nachdem Anbieter A weiß, dass Anbieter B sich bei Entscheidungspunkt B1 für die Menge 60 beziehungsweise bei Punkt B2 für die Menge 30 entscheiden wird, wird sie bei Punkt A die Menge 60 wählen. Nachdem die Spielmatrix symmetrisch ist, wäre der Ausgang der gleiche, wenn Anbieter B als erstes entscheidet. In diesem Fall würde allerdings Anbieter B 60 Stück und Anbieter A 30 Stück produzieren.



Version vom 13. September 2022, 16:01 Uhr

Oligopoltheorie

Nichtperfekte Märkte: Monopole und Oligopole

Märkte können unterschiedliche Strukturen aufweisen. Es gibt zum Beispiel Märkte, auf denen sich nur ein Anbieter befindet, man spricht hier von einem Monopol. Das Gegenteil davon ist ein Markt, auf dem sich so viele Anbieter befinden, dass diese den Marktpreis als gegeben annehmen, d.h. davon ausgehen, dass sie sowohl bei unilateraler Preiserhöhung (durch verminderten Absatz) wie Preissenkung (der Preis deckt die Kosten nicht) Verluste machen werden; hier spricht man von perfektem Wettbewerb (Polypol). Die Situation dazwischen, ein Markt mit einigen wenigen Anbietern, heißt Oligopol: Hier haben die Anbieter einen gewissen Spielraum bei der Preissetzung. Eine Sonderform ist das Duopol, in dem nur zwei Anbieter präsent sind. In dieser Lektion werden strategische Interaktionen, die auf nichtperfekten Märkten zwischen den einzelnen Unternehmen stattfinden, mit Hilfe der spieltheoretischen Grundlagen der vorigen Lektion erklärt.

Monopole

Da ein Monopolist alleiniger Anbieter auf dem Markt ist, kann er auch die angebotene Gesamtmenge eines Produktes bestimmen. Mit dieser Mengen­entscheidung setzt der Monopolist gleichzeitig einen Preis fest, er ist also ein „Preissetzer“. Erhöht er das Angebot, so muss er den Preis senken, um alles abzusetzen. Reduziert er das Angebot, wird sich zwar der Preis erhöhen, zu dem er alles absetzen kann, aber der Absatz als solcher wird fallen. Der Monopolist muss also die Menge (oder, nach derselben Logik, den Preis) derart setzen, dass sein Gewinn maximiert wird. In einem solchen Markt gibt es typischerweise erhebliche Eintrittsschranken, da ansonsten Anbieter in den Markt eindringen würden, um ihrerseits einen Teil des positiven Profits zu lukrieren. Wenn es in einem Markt keine Eintrittsschranken gibt, strömen zusätzliche Anbieter so lange in den Markt, bis die Profite null betragen. [1] Eintrittsschranken sind zum Beispiel durch staatliche Regelungen gegeben. Eintrittsschranken können jedoch auch Folge hoher Fixkosten sein, die nötig sind, um überhaupt produzieren zu können.

Oligopole

In diesem Fall befinden sich nur einige wenige Anbieter am Markt - es gibt also auch hier Eintrittsschranken, die ein Eindringen anderer Anbieter in den Markt verhindern. Die wenigen Anbieter können (ähnlich wie ein Monopolist) durch ihre Mengen­entscheidung den Marktpreis beeinflussen, sie sind also Preissetzer. Da es nicht nur einen Anbieter am Markt gibt, der den Preis allein setzen kann, werden strategische Interaktionen zwischen den Oligopolisten stattfinden. Die Anbieter beeinflussen einander durch ihre Mengen- oder Preisentscheidungen zwangsläufig. Tabelle 2-1 fasst die unterschiedlichen Marktstrukturen zusammen. [2]

Monopol Oligopol Polypol

Optimalitätsbedingung

(= Gewinnmaximierung)

Grenzertrag (GE)

=Grenzkosten (GK)

Grenzertrag (GE)

=Grenzkosten (GK)

Grenzertrag (GE)

=Grenzkosten (GK)

=Preis (p)

Möglichkeit Preise zu setzen Preissetzer Preissetzer Preisnehmer
Marktmacht Ja, Preis>Grenzkosten Ja, Preis>Grenzkosten Nein, Preis=Grenzkosten
Markteintritt Nein begrenzt, Markteintrittsschranken Ja, freier Markteintritt
Anzahl der Anbieter im Markt 1 wenige viele
Gewinn ≥0 ≥0 0
Optimale Strategie durch andere Anbieter beeinflusst Nein (keine anderen Anbieter im Markt) Ja Nein (Preis=Grenzkosten gilt in jedem Fall)

Tabelle 2‑1: Charakteristika unterschiedlicher Marktstrukturen

Alle Anbieter, in jeder Marktstruktur, haben das Ziel, ihren Gewinn zu maximieren. Dies geschieht, indem der Anbieter seinen Grenzertrag gleich den Grenzkosten setzt. Im Fall von perfektem Wettbewerb dringen so viele Anbieter in den Markt ein, dass der Marktpreis auf die Grenzkosten gedrückt wird, und dadurch keine Profite mehr möglich sind. Im Fall von Oligopol beziehungsweise Monopol­strukturen haben die Anbieter Marktmacht, setzen den Marktpreis also höher als die Grenzkosten, und können damit einen positiven Gewinn verbuchen.

Zur Vereinfachung wird im Folgenden zumeist ein Duopol betrachtet, wobei die Analyse sich auf Fälle mit mehreren Anbieter ausdehnen lässt. Prinzipiell gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie Anbieter in einem Oligopol interagieren können. Wie oben diskutiert, haben die Anbieter eine gewisse Marktmacht, d.h. sie können entweder durch eine Mengenentscheidung den Preis setzen oder durch eine Preisentscheidung die Menge, die verkauft wird, bestimmen. Das klassische Beispiel für einen Mengensetzer ist die OPEC. Bei regelmäßigen Treffen wird über die Höhe der Erdölförderung während einer gewissen Periode beraten und damit das Angebot an Erdöl bestimmt.

Um die in Lektion 1 eingeführten Termini zu verwenden, kann man also sagen, die beiden Anbieter (Spieler) wählen in einem Oligopol-Spiel aus einer Strategie­menge, die durch die möglichen Preise beziehungsweise Mengen gegeben ist. Als Resultat der eigenen Mengen- beziehungsweise Preis­entscheidung sowie der der Gegenspieler erhalten die Anbieter nach Spiel-ende einen Gewinn durch den Verkauf ihres Gutes (= eine Auszahlung). Analog zu den zuvor besprochenen unterschiedlichen Spielvarianten treffen die Anbieter entweder in einem simultanen oder sequenziellen Spiel aufeinander. Es ergeben sich also verschiedene mögliche Interaktionen, welche im Folgenden betrachtet werden. Die Interaktion kann simultan geschehen und Anbieter können dabei entweder Preise oder Mengen setzen. Weiters wird die Situation betrachtet, in der Anbieter in einem sequenziellen Spiel nacheinander reagieren und dabei Mengen setzen. Dabei geht es nicht darum, den realen Oligopol-Prozess exakt zu modellieren, sondern gewisse Regelmäßigkeiten im Verhalten von Oligopolisten abzuleiten und herauszufinden, welche Faktoren einen entscheidenden Einfluss haben. Außerdem gibt es natürlich auch die Möglichkeit, dass die Anbieter in einem Oligo­pol kooperieren, d.h. ihre Mengen­entscheidungen abstimmen, um gemeinsam den größtmöglichen Gewinn zu erwirtschaften. In diesem Fall bilden die Anbieter ein Kartell, auch diese Möglichkeit wird im Folgenden analysiert.

Simultane Mengensetzung: Cournot-Wettbewerb

Allgemeine Lösung

In einem Duopol produzieren Anbieter 1 und Anbieter 2 dasselbe Gut und stehen vor dem Problem, welche Menge beziehungsweise des Guts sie anbieten sollen, um ihren jeweiligen Gewinn zu maximieren. Die auf dem Markt angebotene Gesamtmenge, die den Gleichgewichtspreis bestimmt, ist im Duopol durch
gegeben. Damit hängt die optimale Wahl von Anbieter 1 von der Mengen­entscheidung von Anbieter 2 ab und umgekehrt.

Der Strategienraum beinhaltet alle möglichen Mengenentscheidungen und ist damit sehr groß, weshalb sich dieses Spiel nicht in Normalform wie in Lektion 1 darstellen lässt. Die Aktionen der beiden Anbieter sind durch ihre Mengen­entscheidungen und gegeben. Im Cournot-Wettbewerb wird ein statisches Spiel behandelt. Die Anbieter treffen nur in dieser einen Runde aufeinander und müssen in dieser Runde all ihre Güter verkaufen (es kann also nichts gelagert werden). Daher gilt in dem Modell, dass die produzierte gleich der verkauften Menge ist.

Wir beginnen damit, die allgemeine Situation zu betrachten, in welcher die Oligo­polisten mit einer allgemeinen (indirekten) Nachfragefunktion konfrontiert sind. Diese beschreibt welcher Preis sich bei einer angebotenen Gesamtmenge einstellt. [3] Der Preis sinkt mit der auf dem Markt angebotenen Menge. Es gilt also

d.h. wird die die Menge erhöht, ist die Veränderung der Menge negativ (das Ergebnis der ersten Ableitung der Preisfunktion ist kleiner null). Wie in Lektion 1 gezeigt wurde, müssen zur Lösung des Spiels Beste-Antwort-Korrespondenzen (= Reaktionsfunktionen) beider Spieler gefunden werden. Mit Hilfe dieser kann das Nash-Gleichgewicht identifiziert werden, welches die Lösung des Spieles darstellt.

Die Reaktionsfunktion von Anbieter 1 beschreibt, welche Menge er optimal setzen sollte, gegeben Anbieter 2 produziert eine bestimmte Outputmenge. Die Reaktions­funktion bestimmt sich also als Resultat des Gewinnmaximierungs­problems von Anbieter 1. Dabei nehmen wir der Einfachheit halber konstante Grenz­kosten in der Höhe von an. Welche Menge maximiert den Profit von Anbieter 1, gegeben Anbieter 2 produziert ? Formal wird das Optimierungs­problem von Anbieter 1 wie folgt angeschrieben:

Anbieter 1 möchte also seinen Gewinn , der sich aus dem Erlös durch die verkaufte Menge minus die Kosten der Produktion zusammensetzt, maximieren. Die Bedingung für ein Optimum wird durch Nullsetzen der ersten Ableitung der Zielfunktion gefunden. In diesem Fall ist also die Bedingung für ein Optimum gegeben durch

Diese Bedingung stellt den Effekt einer zusätzlich angebotenen Einheit auf den Gewinn von Anbieter 1 dar. Zwei Effekte (A+B) beziehen sich dabei auf den Ertrag von Anbieter 1 indem Effekte A und B als Summe den Grenzertrag (GE) einer zusätzlich produzierten Einheit ausmachen. Einerseits kann Anbieter 1 eine zusätzliche Einheit des Gutes verkaufen (Effekt B). Daher erhöht sich der Ertrag um (die zusätzliche Einheit wird zum Preis verkauft). Andererseits verringert sich der Gewinn , der aus dem Verkauf aller anderen Einheiten des Gutes erzielt wird, da der Preis zu dem die Einheiten verkauft werden können, nun geringer ist (Effekt A). Die zusätzlichen Kosten, die durch die Produktion der zusätzlichen Ein­heit anfallen, sind durch die konstanten Grenzkosten (GK) gegeben (Effekt C). Wie in Tabelle 2-1 dargestellt, befindet sich der Anbieter im Optimum, wenn die zusätzlichen Kosten gleich dem zusätzlichen Ertrag. Der Anbieter wird daher jene Menge produzieren, bei der gilt: GE = GK. Eine Situation, in der die Grenzkosten größer als der Grenzertrag sind, kann nicht optimal sein, da der Anbieter durch die letzte verkaufte Einheit Verlust machen würde – die zusätzliche Einheit kostet dem Anbieter mehr, als sie ihm an zusätzlichem Gewinn bringt. Andererseits kann auch eine Situation, in der die Grenzkosten kleiner als der Grenzertrag sind, nicht optimal sein, da der Anbieter in einer solchen Situation durch einen größeren Output einen positiven Gewinn erzielen könnte. Nur wenn GE = GK gilt, kann der Gewinn durch Veränderung des Outputs nicht mehr erhöht werden.

Unter der Annahme, dass beide Anbieter die gleichen Grenzkosten haben, ist das Maximierungsproblem von Anbieter 2 symmetrisch. Die Optimalitäts­bedingung lautet also spiegelgleich zu Anbieter 1:

Aus obigen Optimalitätsausdrücken können wir nun die Reaktionsfunktionen aus Sicht von Anbieter 1 sowie aus Sicht von Anbieter 2 ableiten. Um das Nash-Gleichgewicht dieses Spieles zu identifizieren, muss der Schnitt­punkt beider Kurven gefunden werden. Da die Reaktionsfunktionen die Menge des jeweiligen Gegenspielers enthalten, benötigt man zur Lösung ein Gleichungs­system. Die Lösung wird im Folgenden anhand eines Beispiels mit einer linearen indirekten Nachfragefunktion demonstriert:

wobei und Konstante sind. Es ist deutlich zu sehen, dass der Preis mit Erhöhung des Angebots fällt. Man erhält die Lösung, indem man zuerst obige Nachfragefunktion in die Gewinnfunktion von Anbieter 1, , wobei und beliebige Anbieter repräsentiert, einsetzt. Im vorliegenden Fall erhält man für Anbieter 1:

Da die Fragestellung lautet: „Wie viel muss ich produzieren, um meinen Gewinn zu maximieren?“ wird diese Funktion wird nach der eigenen Outputmenge abgeleitet:

Der rechte Teil der Gleichung wird nun null gesetzt

und anschließend für explizit ausgedrückt:

Das ist die Reaktionsfunktion von Anbieter 1: Welche Menge immer auch Anbieter 2 produzieren wird, Anbieter 1 erhält den maximalen Gewinn durch die angegebene Menge als Funktion der Menge von Anbieter 2. Die Reaktionsfunktion von Anbieter 2 ist symmetrisch:

Das Problem kann wie in Abbildung 2-1 grafisch veranschaulicht und gelöst werden: Der Schnittpunkt der beiden dargestellten Reaktionsfunktionen stellt das Gleichgewicht dar.

Grafische Darstellung des Cournot Gleichgewichtes

Mathematisch erhält man das Nash-Gleichgewicht, indem eine Reaktionsfunktion in die andere eingesetzt wird:

Diese Gleichung wird für explizit ausgedrückt und ergibt daher für Anbieter 1:

Und analog für Anbieter 2:

Da die beiden Anbieter perfekt symmetrisch sind, setzen beide im Gleichgewicht dieselbe optimale Menge. Der produzierte Gesamtoutput ist gegeben durch:

Die produzierte Gesamtmenge impliziert einen sich materialisierenden Preis. Dieser ist

Man beachte, dass diese Lösung nicht der Lösung eines Monopolisten entspricht. Analog zum Gefangenendilemma wird die den kollektiven Gewinn maximierende gesamte Auszahlung nicht erreicht, da die beiden Anbieter nicht miteinander kommunizieren. Vielmehr ergibt sich die Lösung aus der Unterstellung rationalen Verhaltens des jeweiligen Gegenspielers.

Nummerische Lösung

Setzt man für die Konstanten und beliebige Zahlen ein, so kann das Cournot-Gleichgewicht mittels eines nummerischen Beispiels veranschaulicht werden. Angenommen, , und so ist die indirekte Nachfrage­funktion

und die Gewinnfunktionen

Diese Gleichungen werden nun nach der jeweils eigenen Menge abgeleitet, die resultierende Funktion null gesetzt. Daraus ergeben sich die Reaktionsfunktionen:

Durch Schneiden dieser beiden Funktionen oder durch Auflösen der Gleichung erhält man das Nash-Gleichgewicht als . Produziert Anbieter 1240 Stück, so ist die beste Antwort von Anbieter 2 auf diese Aktion ebenfalls 240 Stück zu produzieren und vice versa. Gegeben die Anbieter befinden sich in diesem Gleichgewicht hat keine Anbieter einen Anreiz individuell abzuweichen (also eine andere Menge als zu wählen), da jede Abweichung einen niedrigeren Profit bedeuten würde.

In diesem nummerischen Beispiel erhält man als weitere Resultate
, sowie und
, der gesamte Profit ist somit .

Allgemeine Lösung bei mehr als zwei Anbietern

Das Cournot-Gleichgewicht lässt sich auch für Anbieter berechnen. Die indirekte Nachfragefunktion der Konsumenten sei wiederum linear:

Auch hier bestimmt sich also der Preis durch die angebotene Gesamtmenge
. Das Optimierungsproblem von Anbieter 1 ist demnach gegeben durch die Gewinnfunktion

die analog zum vorigen Abschnitt maximiert werden muss.

Die Optimalitätsbedingung für Anbieter 1 ist

Haben alle Anbieter dieselben Kosten, so gilt im Gleichgewicht

. Die abgeleitete Gewinnfunktion wird wiederum null gesetzt, was explizit für ausgedrückt ergibt:

Die Reaktionsfunktionen der anderen Anbieter ergeben sich analog. Ein Cournot-Gleichgewicht tritt dort auf, wo sich die Reaktionsfunktionen im mehrdimensionalen Raum schneiden. Da alle Anbieter identisch sind ergibt und somit gilt, ergibt sich die Lösung durch explizites Ausdrücken der Gleichung

was

ergibt. Die allgemeine Gültigkeit dieses Ergebnisses lässt sich veranschaulichen, indem man für den Fall von zwei Anbietern einsetzt. Das Ergebnis ist zwangsläufig dasselbe wie in Abschnitt 2.2.1:

und für das nummerische Beispiel aus Abschnitt 2.2.2:

Nimmt man nun einen Markt mit drei Anbietern, , an, so ergibt sich als Menge eines einzelnen Anbieters

als Gesamtmenge

als Preis

und als jeweiliger Gewinn

Die angebotene Gesamtmenge ist größer, der Preis und der Gewinn je Anbieter sind kleiner. Man beachte, dass nicht nur der Preis und die produzierende Menge mit einer größeren Zahl an Anbietern sinkt, sondern neben dem individuellen Gewinn auch der kollektive Gewinn:

Somit werden bei Markteintritten zusätzlicher Anbieter sowohl der individuelle wie der kollektive Gewinn stets sinken, ebenso aber auch der Preis. Daraus ergibt sich in der Praxis auf oligopolistischen Märkten ein permanenter Konflikt zwischen großen Anbietern (Konzernen) und der Gesellschaft: Während die Konsumenten und die Gesamtwirtschaft von zusätzlichen Anbietern profitieren, sind die Konzerne bestrebt, die Zahl ihrer Mitbewerber zu minimieren. Da die meisten Personen an den produzierenden Anbietern nicht beteiligt sind, ist es in der Regel im allgemeinen Interesse, die Zahl der Anbieter möglichst groß zu halten.

Sequenzielle Mengensetzung: Stackelberg-Wettbewerb

Wie realistisch das Cournot-Modell ist, hängt davon ab, welchen Markt man betrachtet. Häufig haben Anbieter jedoch die Möglichkeit, die Entscheidungs­struktur sequenziell statt simultan wie im Cournot-Wettbewerb zu modellieren. Im Stackelberg-Wettbewerb betrachten wir daher ein sequenzielles Spiel, analog zur Spieltheorie in Lektion 1. Zur Vereinfachung betrachten wir auch hier den Fall eines Duopols. Anbieter 1 trifft zuerst eine Mengenentscheidung, Anbieter 2 beobachtet diese und setzt die für ihn optimale Menge.

Allgemeines Spiel

Abbildung 2-2 zeigt den Entscheidungsbaum im sequenziellen Spiel, der Gewinn eines Anbieters ist jeweils eine Funktion der Mengen beider Anbieter:

Allgemeiner Spielbaum im Stackelberg Spiel

In der ersten Runde (Entscheidungspunkt A) wählt Anbieter 1 eine bestimmte Menge . Anbieter 2 beobachtet diese und trifft danach seinerseits eine Mengen­entscheidung (Entscheidungspunkt B). Daraus resultieren die Gewinne und .

Auch in diesem Fall ist es nicht möglich, den gesamten Strategienraum der beiden Anbieter grafisch darzustellen, da es sehr viele verschiedene mögliche Mengenkombinationen gibt. Später werden wir die Strategienmengen beider Anbieter künstlich beschränken und annehmen, sie könnten nur bestimmte Mengen produzieren, damit wir die einzelnen Strategien explizit darstellen können und damit einen direkten Vergleich zu den Entscheidungsbäumen in Kapitel 1 herstellen. Für den Moment halten wir das Spiel allerdings so allgemein wie möglich.

Für eine analytische Lösung des Spieles wenden wir das Konzept der Rückwärtsinduktion an. Dementsprechend beginnen wir am Ende des Spieles und betrachten zuerst das Entscheidungsproblem von Anbieter 2. Anbieter 2 wird jene Menge setzen, die den Gewinn, gegeben eine gewisse Menge , maximiert. Anbieter 1 weiß, dass Anbieter 2 sich rational, also gemäß seiner Reaktionsfunktion, verhalten wird. Wenn man davon ausgeht, dass der Preis mit steigender Menge fällt, so muss Anbieter 1 die gesetzte Menge von Anbieter 2 für sein eigenes Gewinnmaximierungsproblem berücksichtigen. Das Optimierungs­problem für Anbieter 1 stellt sich wie folgt dar:

Der Anbieter berücksichtigt also die Reaktionsfunktion von Anbieter 2, , die ihrerseits eine Reaktionsfunktion auf die Menge von Anbieter 1 ist. Demzufolge muss Anbieter 1 die Reaktion von Anbieter 2 berücksichtigen, um die für sich selbst Gewinn maximierende Menge zu produzieren. Die Optimalitätsbedingung von Anbieter 1 ergibt sich wiederum aus der ersten Ableitung nach der eigenen Menge. Beim Ableiten muss berücksichtigt werden, dass selbst eine Funktion von
ist und wiederum eine Funktion von , was in der Gewinnfunktion durch die Darstellung zum Ausdruck kommt. Zur Anwendung kommen die Produkt- und die Kettenregel:

Ec411 11.png

Würde Anbieter 1 eine zusätzliche Einheit produzieren, so hätte dies vier Effekte auf seinen Gewinn. Die Effekte auf den Ertrag sind gegeben durch

1) Anbieter 1 verkauft eine Einheit mehr des Gutes und hat dadurch einen zusätzlichen Ertrag von (Effekt C).

2) Wenn Anbieter 1 eine zusätzliche Einheit anbietet, so steigt das Gesamt­angebot des Gutes, was ein Sinken des Preises zur Folge hätte (Effekt A).

3) Wenn Anbieter 1 eine Einheit zusätzlich anbietet, so wird der Wett­bewerber, Anbieter 2, weniger anbieten als zuvor. Dadurch sinkt das Gesamt­angebot des Gutes, was ein Steigen des Preises zur Folge hätte (Effekt B).

Außerdem hat eine zusätzlich produzierte Einheit einen Effekt auf die Kosten der Anbieter 1:

4) Anbieter 1 muss die zusätzliche Einheit des Gutes produzieren und hat dadurch zusätzliche Kosten c (Effekt D).

Im Optimum ist (wie zuvor besprochen) der zusätzliche Ertrag gleich den zusätzlichen Kosten der zuletzt produzierten Einheit.

Effekt 2) und 3) wirken in entgegengesetzter Richtung auf das Gesamtangebot des Gutes. Hier wird der Unterschied zu dem Cournot-Wettbewerb offensichtlich. Im Stackelberg-Wettbewerb ist durch die sequenzielle Struktur ein Effekt vorhanden, der im Cournot-Wettbewerb nicht zum Tragen kam, nämlich dass Anbieter 1 seinen Mitbewerber Anbieter 2 durch die eigene Mengenentscheidung beeinflussen kann. Dies hat zur Folge, dass der Ertrag einer zusätzlichen Einheit im Stackelberg-Wettbewerb größer ist, da der Rückgang der Menge der Zunahme von entgegenwirkt, die Gesamtmenge also weniger stark ansteigt als im Cournot-Wettbewerb und als Resultat der Preis weniger stark sinkt. Intuitiv ist nun also schon offensichtlich, dass Anbieter 1 in einem Stackelberg-Wettbewerb eine höhere und dementsprechend Anbieter 2 eine niedrigere, Menge wählt als im Cournot-Spiel.

Beispielrechnung

Betrachten wir nun zum direkten Vergleich der beiden Spielstrukturen Cournot und Stackelberg auch hier den Fall einer linearen indirekten Nachfragefunktion
. Anbieter 2 sieht sich mit derselben Situation wie im Cournot-Spiel konfrontiert, nämlich seine Menge in Abhängigkeit von so zu wählen, dass sein Gewinn in Abhängigkeit von maximiert wird, folglich ist

Anbieter 1 wird diese Reaktion nun antizipieren, da er den ersten Zug hat. Rechnerisch ist der einzige Unterschied zum Cournot-Spiel, dass Anbieter 1 das Verhalten von Anbieter 2 direkt in seine eigene Gewinnfunktion integrieren kann, weshalb sich sein Optimierungsproblem wie folgt darstellt:

Nach einigem Umformen erhält man

und somit als erste Ableitung nach dem eigenen Output

Nullsetzen dieser Funktion und für explizit ausgedrückt ergibt die optimale Mengen­setzung für Anbieter 1:

Dieses Resultat erhält man naturgemäß auch durch Einsetzen in obige Ableitung

und anschließendem Nullsetzen und Auflösen für . Die von Anbieter 2 produzierte Menge, die gesamte Menge sowie der sich materialisierende Preis sind gegeben durch

Als konkretes Beispiel kann ein Beispiel mit Zahlen betrachtet werden. Die indirekte Nachfragefunktion sei in diesem Fall, wie im vorigen Beispiel zum Cournot-Spiel, durch , und gegeben, woraus sich indirekte Nachfragefunktion

ergibt. Zur Veranschaulichung beschränken wir die theoretisch unendlich große Strategienmengen der beiden Anbieter so, dass der Spielbaum einfach und wir diese explizit darstellen können. In diesem Sinne nehmen wir an, dass Anbieter 1 nur die Mengen {180, 240, 360}, Anbieter 2 nur die Mengen {180, 240, 270} setzen kann. Der Spielbaum stellt sich wie in Abbildung 2-3 dar.

Spielbaum Stackelberg, nummerisches Beispiel

Das Spiel kann nun, analog zu Lektion 1, durch Rückwärtsinduktion gelöst werden: Anbieter 2 trifft die letzte Entscheidung in dem Spiel, wobei er am Entscheidungs­punkt B1 270 Einheiten produziert, weil hier der Gewinn 72,9 betragen wird, und analog für die anderen Entscheidungspunkte. Man braucht also bloß zu prüfen, was für Anbieter 1 den höchsten Gewinn in Abhängigkeit der Entscheidung von Anbieter 2 abwerfen wird. Das ist die Menge 360, weil sich Anbieter 2 im Punkt B3 für 180 entscheiden wird.

Der Spielbaum beinhaltet die tatsächliche Lösung, wie durch Einsetzen der Zahlen in obige Gleichungen überprüft werden kann:

Gegenüber dem Cournot-Spiel sind die Mengen also unterschiedlich und somit auch der Preis . Das hat naturgemäß Auswirkungen auf die Gewinne, sie betragen nun und . Spieler 1 profitiert vom ersten Zug, da sein Gewinn höher ist als im Cournot-Spiel, jener von Anbieter 2 ist niedriger.

In der Realität wird meistens der größte Anbieter den ersten Zug setzen, aber das muss nicht immer der Fall sein. Entscheidend ist weniger die Größe, sondern der Informationsvorsprung über das Verhalten der Konsumenten oder ihre Loyalität zu einem bestimmten Anbieter. So zeigt bspw. eine Untersuchung des österreichischen Markts für Tageszeitungen für den Beobachtungszeitraum 1979-2003, dass nicht die scheinbar übermächtige Mediaprint (Kronen-Zeitung, Kurier) die Einzelverkaufspreise zuerst setzte, sondern fast immer die jeweiligen regionalen Konkurrenten (Kleine Zeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Salz­burger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten) den ersten Zug in den jeweiligen Preiserhöhungsrunden spielten. [4]

Preissetzung: Bertrand-Wettbewerb

In den vorangegangenen Modellen haben wir uns mit Mengensetzung in einem Oligopol beschäftigt. Der Preis in diesen Modellen wurde demnach endogen im Modell (als Resultat der Mengenentscheidungen) bestimmt. Eine andere Möglichkeit in einem Oligopol ist, dass Anbieter Preise statt Mengen wählen und sich daraus simultan die angebotene Menge ergibt. Ein Beispiel zur Erklärung des Verhaltens ist das Bertrand-Modell.

Der Wettbewerb stellt sich dabei wie folgt dar: Jeder Oligopolist wählt einen Preis, zu dem er das Produkt anbietet. Die Produkte beider Oligopolisten sind perfekt substituierbar, d.h. dem Konsumenten ist es egal, ob er das Produkt von Anbieter 1 oder Anbieter 2 kauft. Dies bedeutet wiederum für die Anbieter, dass (gegeben es gibt keine Kapazitätsbeschränkungen) nur der Anbieter mit dem niedrigeren Preis Produkte verkaufen wird. Daraus ergibt die in Tabelle 2-2 dargestellte Spielmatrix.

Im in Tabelle 2-2 dargestellten Beispiel ist die Gesamtnachfrage abhängig vom gesetzten Preis . Die Grenzkosten der Produktion sind für beide Anbieter konstant und betragen .



Anbieter 2




Anbieter 1


Tabelle 2-2: Spielmatrix Bertrand-Wettbewerb

Das Szenario entspricht dem Gefangenendilemma: Beide Anbieter haben die Möglichkeit, entweder den höheren Preis zu setzen oder diesen um zu unter­bieten, der gesetzte Preis beträgt dann . Wenn beide Anbieter den hohen Preis setzen, erhält jeder Anbieter die halbe Gesamtnachfrage und erhält die Auszahlung, die sich aus Multiplikation der halben Gesamtnachfrage mit der Differenz von Preis und Kosten je Einheit, , ergibt, also . Wenn ein Anbieter einseitig abweicht und um unterbietet, so erhält er die gesamte Nachfrage und folglich die Auszahlung , während der andere Anbieter leer ausgeht. Der Preis, zu dem der Anbieter die Güter verkauft ist dann zwar niedriger, allerdings wird dies mehr als kompensiert durch die höhere Nachfrage, die der Anbieter in diesem Fall befriedigen kann. Wenn beide Anbieter sich dazu entschließen, den niedrigeren Preis anzubieten, so hat dies zur Folge, dass sie sich wieder die Gesamtnachfrage teilen, diese allerdings zu einem niedrigeren Preis bedient wird, die jeweilige Auszahlung beträgt dann
.

Löst man das Spiel wie das Gefangenendilemma, so ist die dominante Strategie, den Preis zu setzen, d.h. den anderen Anbieter zu unterbieten: Was immer auch der andere Anbieter als Preis setzen wird, die eigene Auszahlung ist höher, wenn dessen Preis unterboten wird. Die Anbieter auf dem Markt werden sich dieser Logik folgend so lange unterbieten, bis kein zusätzlicher Gewinn durch die Strategie des Unterbietens möglich ist. Dies ist der Fall, wenn der Preis gleich den Grenzkosten, , ist. Bei diesem Preis wird nicht weiter unterboten, da die Anbieter sich damit zwar den gesamten Markt sichern würden, allerdings mit jedem verkauften Stück Verluste machten.

Das Nash-Gleichgewicht in diesem Spiel ist also durch gegeben und der Gewinn beider Anbieter beträgt null. Wie im Gefangenendilemma wird der kollektive Gewinn dadurch minimiert, da es für beide besser wäre, einen höheren Preis zu setzen. Jeder einzelne Anbieter hat allerdings einen Anreiz, individuell von dieser Strategie abzuweichen (d.h., den anderen Anbieter mit dem Setzen eines marginal niedrigeren Preises zu unterbieten).

Das Marktergebnis von entspricht dem des Polypols, die Anbieter setzen den niedrigstmöglichen Preis. Man beachte, dass im Beispiel aus Abbildung 2-4 dieser Fall bereits bei zwei Anbietern eintritt – es ist also nicht nötig, dass sehr viele Anbieter am Markt tätig sind. Somit materialisiert sich ein Ausgang des Spieles, welcher dem des perfekten Wettbewerbes entspricht.

In der Praxis lässt sich dieses Verhalten recht häufig beobachten, es ist zugleich auch das stärkste Argument für die freie Marktwirtschaft als Wirtschaftssystem: Wenn die Anbieter nicht kommunizieren können und einander nicht vertrauen, bleibt ihnen keine andere Wahl, als den niedrigsten Preis zu setzen und somit die dem gesamtwirtschaftlichen Optimum entsprechende Menge bereitzustellen.

Das Bertrand-Modell entspricht der Praxis umso mehr, je mehr die angebotenen Güter substituierbar oder sogar homogen sind, Beispiele sind der Wettbewerb zwischen Mobilfunkanbietern oder Tankstellen. Je mehr jedoch die Güter durch Produktdifferenzierung charakterisiert sind, umso eher kann man einen höheren Preis setzen, wenn es gelingt, bestimmte Verbrauchervorlieben zu bedienen, Beispiele hierfür sind der Pkw-Markt oder Märkte für Luxusgüter. Das ist auch ein Grund, warum auf den meisten Märkten zwar eine oligopolistische Marktstruktur mit nur wenigen Anbietern herrscht, aber gleichzeitig eine enorme Produktvielfalt gegeben ist. Diese Produktvielfalt, wie sie für unser Wirtschaftssystem charakteristisch ist, ist nicht mit einer besonderen Leistungsfähigkeit des Systems gleichzusetzen, da exzessive Produktdifferenzierung erstens Mittel bindet, die zur Bereitstellung nötig sind und zweitens eben den beschriebenen und von den Herstellern gewünschten Effekt hat, den Preiswettbewerb zu reduzieren.

Kooperatives Verhalten: Kartellbildung

Kartelle bilden den Ur-Konflikt ab, der in Wirtschaftssystemen mit privatem Unternehmertum permanent besteht. Auf der einen Seite basiert das markt­wirtschaftliche System auf der Effizienz, die sich aus dem Wettbewerb ergibt. Auf der anderen Seite haben die Unternehmen den Anreiz, den Wettbewerb zu reduzieren, um den Gewinn zu maximieren. Das System basiert also auf dem Prinzip, dass Unternehmen ihre Gewinne maximieren dürfen und sollen, weil davon ausgegangen wird, dass sie das zu besserer Qualität und effizienterer Produktionsweise anspornt, was die gesamte Wohlfahrt erhöht. Viel bequemer und lukrativer aus Sicht der Unternehmen ist es jedoch, diesen Druck der permanenten Verbesserung von Produktion und Produkten zu reduzieren, indem man sich mit den Konkurrenten abspricht. Was gerade deshalb in allen modernen Markt­wirtschaften verboten ist, weil es die Daseinsberechtigung des Systems an sich untergräbt.

Bereits Adam Smith, dessen Metapher der unsichtbaren Hand gerne als Beleg für die Überlegenheit des marktwirtschaftlichen Systems zitiert wird, hat dazu bemerkt, dass Geschäftsleute des gleichen Gewerbes selten, „selbst zu Festen und zur Zerstreuung, zusammen [kommen], ohne dass das Gespräch in einer Verschwörung gegen die Öffentlichkeit endet oder irgendein Plan ausgeheckt wird, wie man die Preise erhöhen kann“. [5] Man beachte, dass Smith explizit von Verschwörung spricht. Verschwörungstheorien haben in der Öffentlichkeit keinen besonders guten Ruf, da die bekanntesten unter ihnen (Mondlandung, Anschläge auf Einrichtungen der USA am 11. September 2001) an den Haaren herbei­gezogen sind und einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Daraus kann man jedoch nicht den Schluss ziehen, dass es keine Verschwörungen gäbe. Ein Blick auf die Seite der Wettbewerbsbehörde der EU genügt, um sich davon zu überzeugen, dass Verschwörungen gegen die Öffentlichkeit in der Wirtschaft geradezu alltäglich sind. [6] Die Industrieökonomik als Disziplin der Angewandten Mikroökonomik ist in diesem Sinn über weite Strecken nichts anderes als eine Verschwörungstheorie: Gegenstand des Interesses ist zumeist, zu untersuchen, wie sich Unternehmen unter Umgehung der Gesetze darauf verständigen können, auf Kosten der Allgemeinheit ihren Gewinn zu erhöhen. Die meisten dieser Verschwörungen betreffen die Bildung von Kartellen.

Kartelle sind Zusammenschlüsse von Anbietern, die ihre Preis- oder Mengen­setzung koordinieren, um einen höheren Gewinn zu erzielen. Im Optimalfall (aus Sicht der Unternehmen) verhält sich ein Kartell dabei wie ein einzelner Anbieter, der über ein Monopol verfügt. Ein erfolgreiches Kartell erzielt also gemeinsam den Gewinn, den ein Monopol erzielen würde, beziehungsweise unter nichtperfekten Umständen zumindest einen höheren Gewinn, als jedes Kartellmitglied bei nichtkooperativem Verhalten (also unter perfektem beziehungs­weise oligo­polistischem Wettbewerb wie in Abschnitt 2.4) erhalten würde.

Formale Darstellung des Kartellverhaltens

Anbieter können also durch Koordination ihres Verhaltens mit anderen einen höheren Gewinn erzielen. Um diesen Prozess nachvollziehen zu können, betrachten wir formal die optimale Mengensetzung eines Kartells. Angenommen, das Kartell besteht aus zwei Anbietern, Anbieter 1 und Anbieter 2, welche beide die gleichen konstanten Grenzkosten haben. In diesem Fall sieht das Optimierungsproblem des Kartells wie folgt aus:

Die Optimalitätsbedingungen für die Bestimmung der Mengen und sind gegeben durch die Ableitungen nach den Mengen:

Man beachte, dass auch hier die Kettenregel zur Anwendung kommt, da der Preis eine Funktion der Mengen und ist. Aus den Ableitungen ist der Unterschied des Kartellproblems zu nicht-kooperativem Cournot-Verhalten ersichtlich. Betrachten wir dafür die Überlegungen von Anbieter 1, wenn sie die Optimalität einer Mengenerhöhung überprüft. Eine Mengenerhöhung hat zwei Effekte auf ihren Gewinn: einerseits kann der Anbieter eine Einheit mehr verkaufen, dies steigert also ihren Gewinn. Andererseits sinkt der Preis, der für alle verkauften Einheiten verlangt werden kann, da nun eine größere Menge angeboten wird. Dieser niedrigere Preis gilt sowohl für die Einheiten, die Anbieter 1 verkauft, als auch für die von Anbieter 2 angebotenen. Es gibt also einen sogenannten externen Effekt der Mengenentscheidung von Anbieter 1 auf den Gewinn von Anbieter 2. In nicht-kooperativem Cournot-Verhalten ignoriert Anbieter 1 diesen Effekt – er ist einzig und allein daran interessiert, seinen Gewinn zu maximieren und hat daher kein Interesse an der Auswirkung seines Verhaltens auf den Gewinn von Anbieter 2. Wenn die Anbieter als Kartell agieren, ist das Ziel allerdings, den Gesamtgewinn zu maximieren. In diesem Fall bezieht Anbieter 1 also den Effekt seiner Entscheidung auf den Gewinn von Anbieter 2 ein. Dies sehen wir formal in obiger Gleichung, da hier der Effekt einer Preiserhöhung nicht nur auf den Erlös, der aus dem Verkauf von Menge erzielt werden kann, sondern auf den Gesamterlös aus der Menge beachtet wird.

Zusammenfassend maximiert also bei nichtkooperativem Verhalten jeder Anbieter einzeln seinen Gewinn und achtet dabei nicht auf etwaige externe Effekte, die seine Entscheidung auf andere Marktteilnehmer hat. In einem Kartell, in dem die Zielsetzung die Maximierung des Gesamtgewinns ist, werden diese Externalitäten in die Entscheidung einbezogen. Alle Kartellmitglieder entscheiden sich daher für die Aktionen, die den Gesamtgewinn maximieren, d.h. sie agieren so, als handelten sie wie ein Unternehmen. Wenn es gelingt, im Kartell alle Markt­teilnehmer zu integrieren, kann gemeinsam sogar der Monopolgewinn erzielt werden.

Um im Folgenden einen Vergleich aller Oligopol-Modelle anstellen zu können, betrachten wir auch hier den Fall eines Kartells in einem Markt mit linearen Nachfragefunktionen , mit sowie identer, konstanter Grenz­kosten beider Unternehmen.

Das Optimierungsproblem der Kartellmitglieder ist dementsprechend gegeben durch

wobei den Gewinn des Kartells bezeichnet. Die Bedingungen erster Ordnung, welche in einem Optimum erfüllt sein müssen, sind, da die Kartellmitglieder gleich Grenzkosten haben, für beide Unternehmen gleich und gegeben durch

Durch Nullsetzen der Funktion erhält man die optimalen Mengen, die aufgrund identischer Kostenfunktionen identisch sind. Die zu lösende Gleichung reduziert sich dadurch auf und man erhält als Lösung

und als Kartellpreis daher

Die Kartellsituation stellt sich für die einzelnen Spieler (Anbieter) wie eine Gefangenendilemma-Situation dar. Jeder Spieler hat individuell einen Anreiz, von der kooperativen Strategie abzuweichen. Dies ist darin begründet, dass, solange sich alle anderen Kartellmitglieder an die Abmachung halten, eine einseitige Mengen­erhöhung den Preis nicht stark ändert, allerdings ein wesentlich größerer Gewinn möglich ist. Trotzdem ist es für das Kartell als Ganzes besser, wenn sich alle Mitglieder an die Absprache halten, da der individuelle Gewinn, sollten alle Mitglieder abweichen, natürlich geringer ist als der, der in einem Kartell erzielt werden kann. Wie auch im Gefangenendilemma ist daher eine stabile Vereinbarung für kooperatives Verhalten nur dann möglich, wenn Vertrauen zwischen den Spielern herrscht, das durch gute Kontrollmechanismen hergestellt wird. Gibt es keine solchen Mechanismen, ist eine Kartellvereinbarung nicht stabil und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese nicht erfolgreich umgesetzt werden kann.

Bedingungen, die Kartellformation und -erfolg begünstigen

Kartellverhalten ist indes nicht nur auf Preise und Mengen beschränkt, sondern kann auch die Umgebung von Umweltschutz-Vorgaben betreffen, wofür die Manipulation der Abgase durch deutsche Automobilhersteller ein gutes Beispiel ist. Wie die konkrete Verschwörung auch aussieht, bestimmte Märkte begünstigen die Bildung von Kartellen, andere erschweren sie. Die folgenden sechs Bedingungen sind dabei entscheidend:

1) Die Bildung von Kartellen wird begünstigt, wenn zu erwarten ist, dass das Kartellverhalten der Anbieter zu einer substanziellen Preiserhöhung gegenüber der Situation mit perfektem Wettbewerb führt. Da die Bildung von Kartellen in den meisten Ländern verboten ist und immer ein gewisses Risiko besteht, entdeckt und bestraft zu werden, müssen die potenziellen Gewinne dieses Risiko abdecken. Dies ist dann der Fall, wenn die Nachfrage relativ unelastisch ist, d.h. wenn eine Preissteigerung keine starke Reduktion der Nachfrage nach sich zieht. In diesem Fall kann durch den höheren Preis, den ein Kartellverhalten mit sich bringt, auch ein substantiell höherer Gewinn lukriert werden.

2) Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kartell erfolgreich ist, erhöht sich, wenn die Mitglieder des Kartells einen großen Teil des (beziehungsweise am besten den gesamten) Marktes beherrschen. D.h., ein Kartell muss eine gewisse Marktmacht haben. Dies ist der Grund, warum Kartelle fast immer in oligopolistischen Märkten beobachtet werden. In jedem Fall kann ein Kartell nur funktionieren, wenn der Zugang zum Markt reguliert (etwa durch den Staat) oder sehr teuer (durch hohe Fixkosten) ist, da ansonsten so lange neue Anbieter, die keine Kartellmitglieder sind, in den Markt eindringen werden, bis der Markt keine positiven Gewinne mehr bietet.

3) Weiters müssen, damit ein Kartell erfolgreich agieren kann, die Organisations­kosten relativ niedrig sein. Dies ist der Fall, wenn die Industrie wenige Anbieter umfasst und relativ homogene (also gleichartige) Güter produziert werden. Beides erleichtert die Koordination und senkt so die Organisationskosten.

4) Da in einem Kartell stets ein Anreiz besteht, individuell von der kooperativen Strategie abzuweichen, ist ein Kartell dann mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich, wenn die Selbstkontrolle der Mitglieder untereinander einfach und kostengünstig möglich ist. Die Kontrollkosten sind niedriger, wenn das Kartell wenige Mitglieder hat, die Anbieter ein homogenes Produkt anbieten (da in diesem Fall die Preispolitik des Unternehmens leichter zu überprüfen ist) und die Verkäufe selten und in großen Mengen stattfinden. Die von vielen Unternehmen verwendete Strategie, Konsumenten die Differenz des Kaufpreises zurückzuerstatten, sollten diese dasselbe Produkt von einem anderen Anbieter billiger erhalten, ist in vielen Fällen ein solcher Kontrollmechanismus. Konsumenten werden in diesem Fall als Kontrolleure herangezogen, die aufdecken, sollten sich Kartellmitglieder nicht an die vereinbarten Preise halten. Diese Strategie von Unternehmen deutet also in manchen Fällen – gegenteilig zu der von ihnen suggerierten Idee – darauf hin, dass in dieser Branche Preisabsprachen stattgefunden haben.

5) Auch das Kartellrecht in der jeweiligen Ökonomie spielt eine wichtige Rolle. Die Höhe der potenziellen Strafen beeinflusst dabei den Anreiz ein Kartell zu bilden. Die Anbieter können die gesetzlichen Regelungen umgehen, indem sie sich nicht explizit auf Preise beziehungsweise Mengen einigen, sondern dies stillschweigend geschieht. In diesem Fall signalisieren sich die Anbieter ihre Preisstrategien durch gesetzte Aktionen, womit die Möglichkeit zu einer stillschweigenden, nie explizit ausgesprochenen, Vereinbarung gegeben ist. Internationale Kartelle, wie zum Beispiel die OPEC, sind meist immun gegenüber länderspezifischem Kartellrecht, da sie nicht der Rechtsprechung eines einzelnen Landes unterliegen.

6) Abschließend ist auch der Zeitrahmen, in dem das Kartell agiert, von Bedeutung. Kartelle sind stabiler, wenn die Anbieter über mehrere Runden hinweg aufeinandertreffen. Der Grund dafür ist, dass die Kartellsituation, der des Gefangenendilemmas gleicht. Wie in Lektion 1 gezeigt wurde, wird das kooperative Gleichgewicht dann wahrscheinlicher, wenn die Spieler in mehreren Runden hintereinander aufeinandertreffen. In so einem Fall kann beispielsweise eine Tit-For-Tat-Strategie kartellkonformes Verhalten unter­stützen. Mehrere Runden sind konformem Verhalten nur dann zuträglich, wenn das Spiel entweder unendlich oft wiederholt wird, oder – gleich­lautend, aber realistischer – das Ende nicht absehbar ist (d.h., es ist nicht klar, in welcher Runde die Spieler zum letzten Mal aufeinandertreffen werden).

Wie sehr das Gefangenendilemma der Situation auf oligopolistischen Märkten entspricht, ist auch daran zu erkennen, dass innerhalb der EU sowohl die EU-Wettbewerbsbehörde wie nationale Wettbewerbsbehörden – darunter auch die österreichische – die Kronzeugenregelung anwenden: Der Anbieter, der buch­stäblich als erster gesteht, darf mit einem geringeren Strafmaß rechnen. Mitunter entsteht ein regelrechter Wettlauf zwischen den Anbietern, als erster zu gestehen, sobald klar ist, dass das Kartell auffliegen wird. So haben Daimler und Volkswagen 2017 in der Abgasmanipulations-Affäre ihre Selbstanzeigen innerhalb einer Stunde eingereicht und in der Folge darum gestritten, wer als erster gestanden hat. [7] Die Voestalpine, als österreichisches Beispiel, konnte ihre Strafe im Kartell um Eisenbahnschienen auf Kosten ThyssenKrupps reduzieren, indem sie sich als erstes Unternehmen meldete. [8] Man beachte, dass sich Kartelle wie jene für Eisenbahnschienen, Aufzüge [9] oder andere Produkte, die man nur selten für sich selbst kauft, oft auf wirklich jeden auswirken – ob man nun möchte oder nicht, man zahlt für die höheren Schienenpreise mit, indem man Bahn fährt oder als Steuerzahler die ÖBB, die die überteuerten Schienen bezahlen muss, subventioniert; indem man Miete zahlt für ein Haus, das einen überteuerten Aufzug hat oder auch nur der eigene Arbeitgeber Miete für das Büro oder die Fabrik mit überteuertem Aufzug zahlen muss, usw.

Die Wettbewerbsbehörden behandeln Konzerne also wie die Räuber im Gefangenen­dilemma und das mit Erfolg: Wer die Allgemeinheit jahrzehntelang durch höhere Preise betrügt, der hat vermutlich auch keine Skrupel, seine Komplizen zu verraten, wenn es einen finanziellen (Gewinn maximierenden) Vorteil bringt. Aus der betriebswirtschaftlichen Logik muss das erwartete Strafmaß berücksichtigt und natürlich minimiert werden. Wenn man es schafft, im Falle des Falles von der Kronzeugenregulierung zu profitieren, ist man als Gewinn maximierendes Unternehmen besonders „erfolgreich“.

Vergleich der Oligopolmodelle

In diesem Abschnitt sollen nun die Ergebnisse der unterschiedlichen Varianten oligopolistischen Wettbewerbs verglichen werden. In Tabelle 2-3 werden die produzierte Menge, der sich materialisierende Preis, sowie die Gewinne der Unternehmen gegenübergestellt. Alle diese Indikatoren werden unter Annahme linearer Nachfragefunktionen, sowie konstanter, identischer Grenzkosten bei oligopolistischem Wettbewerb zwischen zwei Anbietern errechnet.

Wir sehen, dass die Gesamtproduktion des Gutes im Bertrand-Wettbewerb am höchsten ist. Am zweitmeisten wird in einem Markt in dem Stackelberg-Wett­bewerb herrscht produziert. Danach folgt ein Markt mit Cournot-Wettbewerb. Die angebotene Menge ist am geringsten, wenn die beiden Anbieter ein Kartell bilden, da ein Kartell sich wie ein Monopolist verhält.

Produzierte Menge je Anbieter Gesamt -

produktion

Preis Profit je Anbieter
Cournot, alle Anbieter
Stackelberg, Anbieter 1
Stackelberg, Anbieter 2
Bertrand, alle Anbieter Fehler beim Parsen (Syntaxfehler): {\displaystyle \frac{\frac{a-c}{b}}
Kartell, alle Anbieter

Tabelle 2‑3: Vergleich unterschiedlicher Oligopolmodelle

Der Preis ist ein klarer Indikator dafür wie stark die Konsumenten von dem oligo­polistischen Wettbewerb beeinflusst werden. Je höher der Preis, umso mehr leiden die Konsumenten darunter, dass der Markt von nur wenigen Anbietern beherrscht wird. Nachdem der Bertrand-Wettbewerb das gleiche Ergebnis wie der perfekte Wettbewerb liefert, ist der Preis am niedrigsten. Den zweitniedrigsten Preis kann man beim Stackelberg-Wettbewerb beobachten. Der Cournot-Wettbewerb resultiert in einem relativ hohen Preis. Der höchste Preis und damit das schlechteste Ergebnis aus Sicht der Konsumenten ist im Kartell gegeben. Dementsprechend sind die Gewinne der Anbieter bei Kartellbildung am höchsten, im Bertrand-Wettbewerb am niedrigsten.

Übungsbeispiele

Übungsbeispiel 2.1

Ein Duopol ist mit einer indirekten Nachfragefunktion gegeben durch konfrontiert. Anbieter 1 hat konstante Grenzkosten von während Anbieter 2 zu den Kosten produziert. Berechnen Sie den Output jeder Anbieter, die angebotene Gesamtmenge, den Marktpreis und den Gewinn je Anbieter in einem

(a) kooperativen Gleichgewicht (Kartell), sowie

(b) in einem Cournot-Gleichgewicht.

Übungsbeispiel 2.2

Bestimmen Sie in jedem der unten dargestellten Spiele die optimale Strategie jedes Spielers, gegeben die Spieler handeln simultan. Würde die Möglichkeit zu Absprachen den vorhergesagten Ausgang des Spieles ändern? Warum beziehungsweise warum nicht?

(a)

B



B1 B2
A A1 4,2 1,1


A2 2,1 0,0

(b)

B



B1 B2
A A1 -1,-2 1,-3


A2 2,3 2,2

(c)

B



B1 B2
A A1 3,3 7,2


A2 1,7 6,6

Übungsbeispiel 2.3

Angenommen, die Nachfragefunktion, mit der drei Anbieter konfrontiert sind, ist durch gegeben. Jeder Anbieter hat konstante Grenzkosten von
.

(a) Wie sieht die Kartelllösung aus? (b) Nehmen sie nun an, dass Anbieter 1 100 Stück des Gutes zu den Grenzkosten von produzieren kann. Die anderen beiden Anbieter haben immer noch Grenzkosten von . Wie würden sich die angebotene Gesamtmenge, der Preis und die Gewinne ändern? Wird die Aufteilung der Gewinne aus dem Kartell durch die Tatsache unter­schiedlicher Grenzkosten komplizierter? Begründen Sie Ihre Antwort.

Übungsbeispiel 2.4

„Wenn alle Anbieter den gleichen Preis verlangen, so müssen sie eine Absprache getroffen haben“ – Ist diese Aussage richtig oder falsch? Begründen Sie Ihre Antwort.

Übungsbeispiel 2.5

Nehmen Sie an, die Auszahlungen in der gegebenen Spielmatrix sind Gewinne, die sich aus unterschiedlichen Mengenentscheidungen in einem nicht-kooperativen sequenziellen Spiel, in dem Anbieter A als erstes entscheidet, ergeben. Die Anbieter müssen sich also entscheiden, entweder 30 oder 60 Stück des Guts zu produzieren.

B



60 30
A 60 3,3 8,4


30 4, 8 6,6

(a) Schreiben Sie den Spielbaum des Spieles an. Wie sieht das Stackelberg-Gleichgewicht in dem sequenziellen Spiel aus?

Wie würde sich Ihre Antwort ändern, würde Anbieter B zuerst wählen?

(b) Nun nehmen Sie an, es handle sich um ein simultanes Spiel. Gibt es ein eindeutiges Gleichgewicht? Wenn ja, welches?



Lösungen


Übungsbeispiel 2.1

  1. In einem kooperativen Gleichgewicht sollte Anbieter 1 den gesamten Output produzieren, da er die niedrigeren Grenzkosten hat. Optimalerweise wird die Monopolmenge produziert. Um diese zu berechnen, formuliert man die Gewinnfunktion so, als ob es nur einen Anbieter gäbe: . Diese Funktion wird nach abgeleitet, die daraus entstehende Funktion gleich null gesetzt und für explizit aufgelöst. Es ergeben sich und . Der Profit wird geteilt, daher .

In der Praxis wäre es wohl zu auffällig, wenn ein Unternehmen ohne zu produzieren Gewinne erzielt. Ein Szenario, dass sich unter nichtperfektem Wettbewerb jedoch regelmäßig ergibt ist eines, in dem Anbieter mit höheren Grenzkosten durch die höheren Preise dennoch überleben können.

  1. Hier werden zunächst die Gewinnfunktionen formuliert:

und jeweils nach der eigenen Menge abgleitet:

Diese Ausdrücke werden nullgesetzt, woraus sich ein Gleichungssystem aus zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten ergibt. Auflösen des Gleichungssystems ergibt , und somit , , und .

Übungsbeispiel 2.2

(a) Dominante Strategien sind A1 beziehungsweise B1. Kooperatives Verhalten würde den Ausgang des Spieles nicht ändern, nachdem es keine andere Kombination von Strategien gibt bei der beide Spieler mindestens gleich gut gestellt wären.

(b) Dominante Strategien sind A2 beziehungsweise B1. Auch hier würde die Möglichkeit zu kooperativem Verhalten den Ausgang des Spieles nicht ändern, nachdem es keine Kombination von Strategien gibt, bei der die Spieler mindestens gleich gut gestellt wären.

(c) Dies entspricht einer Gefangenendilemma-Situation – die dominanten Strategien sind A1 beziehungsweise B1. Könnten die Spieler sich absprechen, so würden sie sich auf die Strategien A2 beziehungsweise B2 verständigen, da dieser Ausgang beiden Spielern eine höhere Auszahlung bringt.

Übungsbeispiel 2.3

  1. Die Kartelllösung ergibt sich analog zu Übungsbeispiel 2.1: Die Gewinnfunktion ist . Diese Funktion wird nach abgeleitet, die daraus entstehende Funktion gleich null gesetzt und für explizit aufgelöst. Es ergeben sich und . Da alle Kartellmitglieder dieselben Grenzkosten haben, ist es an sich egal, wer wie viel produziert, am einfachsten ist es aber, wenn jedes Mitglied ein Drittel produziert, daher .

  2. Wenn ein Anbieter die ersten 100 Stück des Gutes zu den Grenzkosten von 4 (anstatt 5) GE produzieren kann, so bleiben optimale Menge und Preis unverändert zu (a). Allerdings würde dies die Aufteilung der Kartellgewinne verkomplizieren, da Anbieter 1  mehr Gewinn erzielt.

Übungsbeispiel 2.4

Es ist unklar, ob diese Aussage richtig oder falsch ist. Die Antwort hängt von den Gegebenheiten in der Industrie ab. Haben zum Beispiel alle Anbieter in einer Industrie dieselben Kostenfunktionen, so würden sie optimalerweise alle den gleichen Preis verlangen, auch ohne ein Kartell zu bilden. Allein aus der Preissetzung kann Kartellverhalten nicht beweisen werden – mehr Ausschluss gibt da schon die Art der Preissetzung oder ob und wie diese angekündigt werden. Achten Sie auf Meldungen im Wirtschaftsteil der Tageszeitungen: Oft werden Preiserhöhungen angekündigt und man mag sich fragen, wieso eigentlich? Mitunter wird die Presse als Kommunikationsmittel benutzt, und man wartet ab, wie die anderen Mitbewerber reagieren (z.B. können sie ihre eigenen Preiserhöhungen ankündigen, oder fallweise auch nicht mitgehen, das erste Unternehmen zieht dann seine Preiserhöhung wieder zurück).

Übungsbeispiel 2.5

  1. Der Spielbaum sieht wie folgt aus:

Ec411 12.png

Nachdem Anbieter A weiß, dass Anbieter B sich bei Entscheidungspunkt B1 für die Menge 60 beziehungsweise bei Punkt B2 für die Menge 30 entscheiden wird, wird sie bei Punkt A die Menge 60 wählen. Nachdem die Spielmatrix symmetrisch ist, wäre der Ausgang der gleiche, wenn Anbieter B als erstes entscheidet. In diesem Fall würde allerdings Anbieter B 60 Stück und Anbieter A 30 Stück produzieren.

  1. Würde es sich um ein simultanes Spiel handeln, so gibt es kein eindeutiges Gleichgewicht, da keiner der beiden Spieler eine dominante Strategie hat. Es ergibt sich eine Situation, die der des Kampfes der Geschlechter gleicht.

  1. „Profite in der Höhe null“ bzw. „positiver Gewinn“ ist hier und im Folgenden nicht wörtlich gemeint, sondern bezieht sich auf die Differenz zu einer Einlage mit identischem Risiko. Nur wenn ein Investor der Ansicht ist, dass der Profit eines Unternehmens mindestens so groß ist wie der einer alternativen Einlage bei identischem Risiko, wird in das Unternehmen investiert werden. Oligopole und Monopole ermöglichen im ökonomischen Sinn „exzessive Profite“.
  2. Für Details zu den Marktformen vgl. die Skripten aus dem Bachelor-Studium oder andere einführende Literatur (s. Liste am Ende des Skriptums).
  3. Typischerweise werden Nachfragefunktionen so angeschrieben, dass die gesamte Nachfragemenge explizit auf einer Seite der Gleichung (in Abhängigkeit des Preises und anderer Variablen) ausgedrückt wird. Formt man eine solche Nachfragefunktion um, sodass der Preis (nun in Abhängigkeit der produzierten Menge und anderer Variablen) explizit ausgedrückt wird, spricht man von einer „indirekten Nachfragefunktion“.
  4. Sardadvar, Sascha (2014): A model of price setting in regional duopolies based on consumer loyalty: theory and evidence from the Austrian newspaper industry, The Annals of Regional Science 53: 591-616
  5. Smith, Adam (1776): An Inquiry Into The Nature And Causes Of The Wealth Of Nations, dt. Aufl. 2003, München: Deutscher Taschenbuch Verlag,
  6. http://ec.europa.eu/competition/cartels/cases/cases.html
  7. Der Spiegel 30/2017.
  8. Wiener Zeitung, 5. Juli 2012
  9. zum Aufzugkartell s. Handelsblatt, 25. Februar 2007