Kundenbeziehungsmanagement - Schnittstelle Werbung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FernFH MediaWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „= Schnittstelle 1 – die Werbung = '''Wo brauchen wir KBM?''' Folgende Schnittstellen gibt es: * Werbung * Verkauf * Folgekauf * Kundenservice * Reparatur * Reklamation * Das Image * Das Produkt Überall dort ist KBM notwendig und findet auch statt – die Frage ist nur, wie gut. Es lohnt sich daher, die einzelnen Schnittstellen etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Für jede dieser Schnittstellen ist ab jetzt eine Lektion verantwortlich. Die Geschi…“)
 
Zeile 31: Zeile 31:
Wenn wir das altbekannte Beispiel der benetton-Werbung der 1990er heranziehen, so hilft uns das weiter. Damals schockierte der Kleidungskonzern benetton mit riesigen Plakaten, auf denen verstörende Bilder zu sehen waren. Das ergab nicht nur jede Menge Medienberichte, die von benetton nicht bezahlt werden mussten, sondern auch sehr unterschiedliche, meist stark emotionale Reaktionen der Öffentlichkeit, sprich der potenziellen Käuferinnen und Käufer.
Wenn wir das altbekannte Beispiel der benetton-Werbung der 1990er heranziehen, so hilft uns das weiter. Damals schockierte der Kleidungskonzern benetton mit riesigen Plakaten, auf denen verstörende Bilder zu sehen waren. Das ergab nicht nur jede Menge Medienberichte, die von benetton nicht bezahlt werden mussten, sondern auch sehr unterschiedliche, meist stark emotionale Reaktionen der Öffentlichkeit, sprich der potenziellen Käuferinnen und Käufer.


[[File:media/image5.jpeg|502x354px|:::benetton-1.jpg]]
[[Datei:MK422 2.png|300px|none|thumb]][[Datei:MK422 3.png|300px|none|thumb]][[Datei:MK422 4.png|300px|none|thumb]]
 
Abbildung 2 (Internet)
 
[[File:media/image6.jpeg|229x343px|:::mh_benetton3_DW_Lif_895432z.jpg]][[File:media/image7.jpeg|360x239px|:::image004.jpg]]Abbildung 3 (Internet) Abbildung 4 (Internet)


Wie sich jeder vorstellen kann, hatte der Kundenservice von benetton damals eine Menge zu tun: empörte AnruferInnen, die sich Luft machen wollten, Journalisten etc.
Wie sich jeder vorstellen kann, hatte der Kundenservice von benetton damals eine Menge zu tun: empörte AnruferInnen, die sich Luft machen wollten, Journalisten etc.
Zeile 74: Zeile 70:
''Wie kaufe ich mir einen Tauchanzug, den ich nicht anprobieren kann? Dazu müsste ich mich nämlich nackt, zumindest bis auf die Unterhose ausziehen – mit Kleidung kann das kein Mensch. Tauchanzüge sind aber überhaupt nur sinnvoll, wenn sie richtig passen.''
''Wie kaufe ich mir einen Tauchanzug, den ich nicht anprobieren kann? Dazu müsste ich mich nämlich nackt, zumindest bis auf die Unterhose ausziehen – mit Kleidung kann das kein Mensch. Tauchanzüge sind aber überhaupt nur sinnvoll, wenn sie richtig passen.''


''Ob das gestattet ist? Ob ich das will? Noch dazu hat das Ding einen Rückeneinstieg, d. h. ich muss noch jemand bitten, mir den Reißverschluss hinten zuzumachen (das geht auch allein, nach so 10-30 Yogastunden). Was ist, wenn der erste Anzug nicht passt? Das Ganze noch einmal, unter wildem Gejohle der gerade einkaufenden Schaulustigen? (”Erna, kumm her, da ziagt si ana aus”)'' <ref>Erna, komm her, da zieht sich einer aus.</ref>  ''Produktmanager und Einkäufer bitte vor den Vorhang (allerdings woanders, im Penny-Markt gibt es keinen)! Darf ich raten: Keiner von denen ist Taucher!''
''Ob das gestattet ist? Ob ich das will? Noch dazu hat das Ding einen Rückeneinstieg, d. h. ich muss noch jemand bitten, mir den Reißverschluss hinten zuzumachen (das geht auch allein, nach so 10-30 Yogastunden). Was ist, wenn der erste Anzug nicht passt? Das Ganze noch einmal, unter wildem Gejohle der gerade einkaufenden Schaulustigen? (”Erna, kumm her, da ziagt si ana aus”)'' <ref>Erna, komm her, da zieht sich einer aus.</ref>  ''Produktmanager und Einkäufer bitte vor den Vorhang (allerdings woanders, im Penny-Markt gibt es keinen)! Darf ich raten: Keiner von denen ist Taucher!''


Möglicherweise gibt es nicht viele KundInnen, die auf solche Details Wert legen. Oder doch? Es kann z. B. sein, dass sich die Anzüge sehr gut verkauft haben und kein Mensch nach einer Umkleidekabine gefragt hat. Der günstige Preis hat eventuell bewirkt, dass die Kunden die zusätzliche Anstrengung für den Umtausch in Kauf genommen haben.
Möglicherweise gibt es nicht viele KundInnen, die auf solche Details Wert legen. Oder doch? Es kann z. B. sein, dass sich die Anzüge sehr gut verkauft haben und kein Mensch nach einer Umkleidekabine gefragt hat. Der günstige Preis hat eventuell bewirkt, dass die Kunden die zusätzliche Anstrengung für den Umtausch in Kauf genommen haben.
Zeile 88: Zeile 84:
Update: Die Wortspiele zu dem Thema nehmen kein Ende. Die Firma „Meisterfrost“ ([http://www.meisterfrost.at www.meisterfrost.at]) nennt ihr Produkt jetzt „More im Hemd“ und erklärt dies mit „mehr“ im Geschmack.
Update: Die Wortspiele zu dem Thema nehmen kein Ende. Die Firma „Meisterfrost“ ([http://www.meisterfrost.at www.meisterfrost.at]) nennt ihr Produkt jetzt „More im Hemd“ und erklärt dies mit „mehr“ im Geschmack.


[[File:media/image8.jpg|363x485px]]Abbildung 5
[[Datei:MK422 5.png|300px|none|thumb]]
 
== Beispiel 4: Der Angebots-Trick bei SPAR ==
== Beispiel 4: Der Angebots-Trick bei SPAR ==


Zeile 100: Zeile 95:
Am Bild wird ersichtlich, wie das funktioniert:
Am Bild wird ersichtlich, wie das funktioniert:


[[File:media/image9.jpeg|426x320px|Foto0010]]Abbildung 6
[[Datei:MK422 6.png|300px|none|thumb]]


Diese Kampagnenart fährt SPAR nun schon seit Jahren und sie dürfte erfolgreich sein.
Diese Kampagnenart fährt SPAR nun schon seit Jahren und sie dürfte erfolgreich sein.

Version vom 13. Jänner 2022, 08:01 Uhr

Schnittstelle 1 – die Werbung

Wo brauchen wir KBM?

Folgende Schnittstellen gibt es:

  • Werbung
  • Verkauf
  • Folgekauf
  • Kundenservice
  • Reparatur
  • Reklamation
  • Das Image
  • Das Produkt

Überall dort ist KBM notwendig und findet auch statt – die Frage ist nur, wie gut. Es lohnt sich daher, die einzelnen Schnittstellen etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Für jede dieser Schnittstellen ist ab jetzt eine Lektion verantwortlich.

Die Geschichten dazu sind jeweils kursiv gedruckt, um besser erkennbar zu sein. Danach folgt meist eine Interpretation sowie zum Abschluss jeder Lektion eine Aufgabe.

Werbung hat zwei Funktionen:

a.) Verkauf

b.) Kundenbindung bzw. Imagepflege

Es ist ein langer und nie endender Streit, ob Werbung tatsächlich verkaufen kann, d. h. direkt zu einer Umsatzsteigerung führt. Unbestritten ist dies nur im Bereich der Verkaufsaktionen („Heute und morgen Äpfel – 30 %“), alles andere ist schwer bis manchmal gar nicht messbar.

Was hier jedoch passiert, ist bereits Imagepflege. Die Flyer im Postkasten, die Fernsehwerbung, die Plakate, die Internet-Banner etc. beeinflussen unsere Wahrnehmung eines Unternehmens und bewirken, dass wir dieses in unserer Erinnerung abspeichern und auch bewerten. An dieser Stelle könnten wir lange Ausflüge in die Psychologie unternehmen, aber viel spannender ist der Blick auf unser Thema: Inwiefern muss KBM die Werbung berücksichtigen?

Beispiel 1: benetton

Wenn wir das altbekannte Beispiel der benetton-Werbung der 1990er heranziehen, so hilft uns das weiter. Damals schockierte der Kleidungskonzern benetton mit riesigen Plakaten, auf denen verstörende Bilder zu sehen waren. Das ergab nicht nur jede Menge Medienberichte, die von benetton nicht bezahlt werden mussten, sondern auch sehr unterschiedliche, meist stark emotionale Reaktionen der Öffentlichkeit, sprich der potenziellen Käuferinnen und Käufer.

MK422 2.png
MK422 3.png
MK422 4.png

Wie sich jeder vorstellen kann, hatte der Kundenservice von benetton damals eine Menge zu tun: empörte AnruferInnen, die sich Luft machen wollten, Journalisten etc.

Ich weiß nicht genau, wie benetton sich auf die Reaktionen damals vorbereitet hat. Gab es zusätzliche MitarbeiterInnen, um den Ansturm abzudecken? Wurden diese entsprechend geschult bzw. hat man sie überhaupt rechtzeitig vor der Kampagne eingestellt und darauf vorbereitet?

Überall dort, wo das nicht passiert, wo also KMB nicht professionell gelebt wird, wird eine Schleife produziert, die etwa so aussieht:

  • Eine Kampagne wird gestartet (oder ein Unfall / Zwischenfall passiert...)
  • Die Menschen reagieren und rufen an bzw. schreiben E-mails.
  • Die Servicestelle ist überlastet und kann die Anrufe nicht beantworten, meist nicht einmal entgegennehmen.
  • Die KundInnen sind verärgert und reagieren entsprechend – wenn dann doch jemand den Hörer abhebt, ist der Tonfall aggressiv.
  • Die Servicekräfte sind psychisch überfordert und reagieren mit Widerstand. Das zieht Kreise im Unternehmen, die Stimmung sinkt, weil etwa in der Kantine zu Mittag heulende KollegInnen zu beobachten sind.

Irgendwann ebben die Anrufe ab, aber der Schaden bleibt, denn die verärgerten Anrufer geben ihren Ärger weiter, meist in potenzierender Absicht und dies bewirkt eine Multiplikation. Früher war das nicht weiter tragisch, aber im Zeitalter des Web 2.0 darf die multiplizierende Wirkung nicht unterschätzt werden. Ein gutes Beispiel ist BP beim Unfall der Deep Water Horizon (Ölplattform). Der einzige Vorteil von BP war und ist, dass die Empörung der Menschen an der Zapfsäule endet, sonst wäre die Sache für den globalen Konzern wohl nicht so glimpflich ausgegangen. Auch hier fehlte deutlich ein professionelles Kundenbeziehungsmanagement. Oder doch nicht? Haben die alles richtig gemacht und wir haben es nur nicht bemerkt?

Folgende Faktoren sind also zu berücksichtigen:

Der Puffer

Gibt es im KBM eine Funktion, die es ermöglicht, schnell und professionell auf Störfälle zu reagieren? Das könnte eine Art „Alarmknopf“ in der Software sein, der eine bestimmte Reaktionskette auslöst: Speziell für solche Fälle ausgebildete Mitarbeiter (eventuell sogar quer durch die Hierarchiestufen) werden nach einem bestimmten Plan von ihrer Arbeit abgezogen und in einem für diesen Fall vorbereiteten „Krisenzentrum“ versammelt. Ein „Projektleiter“ koordiniert den „Einsatz“ und sorgt dafür, dass es Rotation gibt etc.

Die Kompetenzen

Das funktioniert übrigens nur, wenn es die entsprechende Wichtigkeit hat. Diese muss schon vor dem Problem erkannt sein, sonst fehlt meist exakt die Zeit, die gebraucht wird, um richtig zu reagieren.

Der Projektleiter/die Projektleiterin muss in einer Art Stabstellenfunktion die Entscheidungskraft haben, um die MitarbeiterInnen von ihrer normalen Arbeit abzuziehen. Diese werden das nämlich meist nicht wollen und versuchen, sich in die Unabkömmlichkeit zu retten.

Die Vernetzung

Bei einem größeren Störfall muss der gesamte Betrieb mitarbeiten. Es funktioniert nicht, alles auf eine „Krisenabteilung“ abzuschieben, die das Problem gefälligst dort einkapseln und bearbeiten soll. Hier sind Unternehmen biomorph zu betrachten, also wie ein Organismus. Der Störfall ist der „Virus“, der sich im gesamten Unternehmen ausbreitet und überall bekämpft werden muss. Das macht eine entsprechende interne Informationspolitik und –koordination notwendig. Wer steuert diese? Wer organisiert das „Corporate Wording“, das die MitarbeiterInnen quasi auswendig lernen müssen? Oder ist es besser, ihnen nur einen Rahmen zu geben und sie ansonsten frei entscheiden zu lassen, quasi auf ihren gesunden Hausverstand zu vertrauen?

Beispiel 2: Nackt im Penny-Markt

Im neuesten Prospekt (11. 06. 2009) des Lebensmittel-Discounters Penny-Markt werden Tauchanzüge angeboten: Unisex für Männer und Frauen, 3mm Neopren, Rückeneinstieg mit integriertem Reißverschluss (ich bin dankbar, dass der Reißverschluss nicht lose beigepackt, sondern integriert ist), für kaltes und wärmeres Gewässer (ich bin erstaunt, 3mm Neopren ist nur für Warmwasser, in kaltem Wasser wird das sehr schnell sehr ungemütlich), in den Größen S-XXL.

Das klingt sehr fein, die Sache hat allerdings einen Haken. Eine Spontanrecherche im nächsten Penny-Markt ergab, dass dort keinerlei Umkleidekabinen (und auch nichts, was man als solche verwenden könnte) vorhanden sind.

Wie kaufe ich mir einen Tauchanzug, den ich nicht anprobieren kann? Dazu müsste ich mich nämlich nackt, zumindest bis auf die Unterhose ausziehen – mit Kleidung kann das kein Mensch. Tauchanzüge sind aber überhaupt nur sinnvoll, wenn sie richtig passen.

Ob das gestattet ist? Ob ich das will? Noch dazu hat das Ding einen Rückeneinstieg, d. h. ich muss noch jemand bitten, mir den Reißverschluss hinten zuzumachen (das geht auch allein, nach so 10-30 Yogastunden). Was ist, wenn der erste Anzug nicht passt? Das Ganze noch einmal, unter wildem Gejohle der gerade einkaufenden Schaulustigen? (”Erna, kumm her, da ziagt si ana aus”) [1] Produktmanager und Einkäufer bitte vor den Vorhang (allerdings woanders, im Penny-Markt gibt es keinen)! Darf ich raten: Keiner von denen ist Taucher!

Möglicherweise gibt es nicht viele KundInnen, die auf solche Details Wert legen. Oder doch? Es kann z. B. sein, dass sich die Anzüge sehr gut verkauft haben und kein Mensch nach einer Umkleidekabine gefragt hat. Der günstige Preis hat eventuell bewirkt, dass die Kunden die zusätzliche Anstrengung für den Umtausch in Kauf genommen haben.

Es stellt sich nur die Frage: Woher weiß Penny das? Diejenigen Kunden, die sich abschrecken ließen und durchaus potenzielle Käufer gewesen wären, geben das ja nicht extra bekannt.

Beispiel 3: Neuer Name für Eskimo

In der ZIB 2 vom 27. Juli 2009 kam ein kurzer Bericht über den Eis-Hersteller Eskimo. Der Anlass: Die Firma Unilever wird kritisiert, weil sie ein neues Eis mit dem Geschmack von “Mohr im Hemd” mit dem Slogan “I will mohr” bewirbt. Die Plakatwerbung wird angeblich nicht verlängert, meinte der Moderator, die Debatte über historische Relikte in unserer Sprache bleibt jedoch aktuell. Armin Wolf gab ihr den Stellenwert, den sie verdient: Nennt doch gleich die Marke “Inuit” statt “Eskimo!”

Hinter dieser kleinen, unscheinbaren Anekdote steht die durchaus anspruchsvolle Frage, wie Unternehmen über die Werbung kommunizieren. Es gibt einen eigenen „Werberat“, der kritische Kampagnen unter die Lupe nimmt und sogar Verwarnungen aussprechen kann. Das Problem liegt in der Multiplikatorfrage – eine Werbekampagne sehen bzw. hören eine große Menge Menschen. Wie sorgfältig sollten hier die Worte bzw. die Bilder gewählt sein? Auch das ist bei genauerem Hinsehen Teil des KBM.

Update: Die Wortspiele zu dem Thema nehmen kein Ende. Die Firma „Meisterfrost“ (www.meisterfrost.at) nennt ihr Produkt jetzt „More im Hemd“ und erklärt dies mit „mehr“ im Geschmack.

MK422 5.png

Beispiel 4: Der Angebots-Trick bei SPAR

Wie lockt man Kunden? Ganz einfach: Man stelle nebeneinander mehrere Paletten auf, gut gefüllt mit Süßwaren. Dann platziere man große Schilder darüber. Auf eines schreibt man “Aktion” und weist damit auf verbilligte Ware hin. Die großen Paletten signalisieren einen Überschuss, den man loswerden will. Psychologisch heißt das: “Wir haben davon so viel, dass wir euch das jetzt ganz billig geben.” Das stimmt zwar nicht, aber die Ware ist gegenüber dem “Normalpreis” meist tatsächlich etwas billiger.

Jetzt kommt der Trick: Daneben platziert man eine andere, in diesem Fall ähnliche Ware. Diese ist überhaupt nicht verbilligt und das steht auch nirgends geschrieben. Es steht aber – optisch in der gleichen Aufmachung wie die Aktion – einfach “Tipp” darübergeschrieben.

Was heißt das nun schon wieder? Ganz einfach: SPAR gibt uns den Tipp, diese Ware zu kaufen. Warum? Das wird nicht bekannt gegeben. Ich tippe auf gute Margen bei SPAR.

Am Bild wird ersichtlich, wie das funktioniert:

MK422 6.png

Diese Kampagnenart fährt SPAR nun schon seit Jahren und sie dürfte erfolgreich sein.

Ist das nun Betrug oder Irreführung oder einfach nur belanglos? Aus Sicht des KBM geht es hier darum, dass der Verkauf dominiert. Ob Kunden dadurch in die Irre geführt werden, ist scheinbar zweitrangig. Das Motto könnte lauten „Jeder Trick zählt, wenn er Umsatz bringt.“ Doch welches Licht wirft das auf das Bild, das so ein Unternehmen von den Kunden hat? Was wären geeignete Namen für dieses Kundenbild?

- Melkkühe

- Dummköpfe

- Opfer

Welche Aufgaben entstehen daraus für einen Konzern wie SPAR? Und welche für eine Politik, die auf das Wohlergehen eines so wichtigen Infrastrukturbetriebs plus jeder Menge Arbeitsplätze erpicht ist?

Gutes KBM sollte möglicherweise ein anderes Bild von Kunden aufbauen und pflegen, woraus auch andere Bezeichnungen entstehen würden:

- Partner

- König

- Erfolgsbasis bzw. Erfolgsfaktor Nr. 1

Beispiel 5: Neue Werbe-Services erwarten uns

Ein Statement zur Eröffnung des Themas:

„Mir persönlich geht Werbung in erster Linie auf die Nerven. Es gibt für mich zu viel davon, die meiste ist fad gemacht, nicht lustig und nicht interessant und betrifft keine Produkte, die meinen Bedürfnissen entsprechen. Außerdem will ich mich möglichst selbst entscheiden können, wann und wie ich ein Bedürfnis habe, und das gilt nicht nur für den Stoffwechsel.

Da ich nicht der Einzige bin, der negativ auf Werbung reagiert und etwa Lindstrom analysiert hat, dass viele Werbungen tatsächlich abschreckend und somit auch kaufverhindernd wirken, versuchen die Werbefachleute neue Wege zu gehen, die zwar in Wahrheit auch nicht so neu, aber zumindest fokussiert und differenziert sind.

Wie sieht die Idealform für mich aus? Wenn ich ein Bedürfnis nach einem Konsumgegenstand habe, dann möchte ich das für mich ideale Produkt kaufen. Es soll genau meine Anforderungen erfüllen, von hoher Qualität sein, nein, eigentlich von höchster Qualität, und es soll extrem lange halten. Dazu erwarte ich mir einen möglichst guten Preis, d. h. einen, bei dem erkennbar ist, dass der Hersteller nicht in der Qualität gespart hat, für sich selbst jedoch sinnvolle Margen ausgerechnet hat. Das bedeutet, ich will dem Hersteller so viel zahlen, dass er sein Geschäft aufrechterhalten kann und auch in der Zukunft, wenn ich etwas von ihm brauche, mit entsprechendem Service parat steht. Ich will, dass seine MitarbeiterInnen gut ausgebildet sind, so dass sie mir mit Beratung zur Seite stehen. Ich will Freundlichkeit und Schnelligkeit und gute Erreichbarkeit, wenn möglich rund um die Uhr (je nach Branche). Ich will Transparenz über verwendete Inhaltsstoffe bzw. Herstellmethoden, im Idealfall ist der Hersteller Cradle-to-Cradle zertifiziert, was den derzeit höchsten Standard weltweit darstellt. Der Hersteller soll mit dem Geld, das er durch seine Produkte verdient, junge MitarbeiterInnen ausbilden und beschäftigen können, und zwar solche aus der näheren Umgebung. Er soll ihnen so viel zahlen können, dass sie nicht quer durchs Land pendeln müssen und in ihrer täglichen Arbeit motiviert sind, denn dann sind sie auch freundlich und kompetent zu mir. Er soll so viel verlangen, dass er eine gute Servicelinie aufrechterhalten kann, zusätzlich soll er genug Gewinn machen, um die Produkte weiterentwickeln zu können und auch noch genug, damit sich eine umweltgerechte Produktion und Wiederverwertung ausgeht. Ich will ihm so viel zahlen, dass er investieren und sich für die nächste Krise rüsten kann, so dass die Arbeitsplätze nicht gefährdet sind.

Diesen Hersteller will ich schnell finden und über sein Angebot informiert werden. Ich möchte blitzschnell Kontakt aufnehmen und den für mich reizvollen Gegenstand kaufen können. Dann erwarte ich mir entweder eine schnelle Lieferung oder einen Abholstandort, der nicht weit weg ist.

Je nach Konsumwunsch erwarte ich mir eine Auswahl von verschiedenen Herstellern, so dass ich vergleichen kann. Die Produktinformation wünsche ich mir so, dass sie meinen Bedürfnissen entspricht. Zuerst ein grober Überblick plus der Möglichkeit, Details zu erfahren bzw. zu erfragen.

Was ich hingegen nicht will, ist ein Bombardement mit hochjubelnden Aussagen und Bildern, die mich an jeder Ecke überfallen und einen Angriff auf meine Sinne darstellen. Das ermüdet mich, macht mich aggressiv und veranlasst, dass ich mich wehre und dabei möglicherweise übers Ziel hinausschieße.“

Sehen wir uns ein paar der neuen Ideen an:

In-Calender Marketing – Marketingfirmen haben auf meinen digitalen Kalender Zugriff und senden mir Werbebotschaften zu der Zeit, in der sie mich am besten perforieren können. Wenn ich in der Früh den Computer aufdrehe, dann poppt eine Werbung auf, die mich fragt, ob ich heute schon am WC war und ob ich nicht mit Hakle feucht wischen möchte, es gäbe gerade ein Angebot bei Supermarkt XY und danach Tchibo Kaffee zum Frühstück!

User-generated Advertising – Konsumenten generieren ihre Werbung selbst, man kann etwa online Banner neu arrangieren und eine Werbung umgestalten. Das darf man dann gnädigerweise an alle seine Freunde weitergeben und die können dann auch weitermixen. Idealerweise wird dazu eine Internetplattform wie Facebook verwendet. Die Produkthersteller winken dafür mit kleinen Belohnungen, wahrscheinlich mit Rabatten für ihre eigenen Produkte.

Messaging-Werbung – wenn man Gespräche über VoIP führt, werden immer wieder so genannte „kontextrelevante“ Werbungen eingespielt. Das darf man sich so vorstellen: Man telefoniert gerade mit der Großmutter in der fernen Steiermark und sie fragt, ob man eh gesund ist. In diesem Moment unterbricht ein Werbespot das Gespräch: „Jetzt ganz neu – Vitaminpillen von XY – und Sie werden viel vitaler telefonieren. Gehen Sie noch heute in die Apotheke ums Eck – Mag. YZ erwartet Sie schon mit seinem ganz persönlichen Angebot!“ Um sich diese Dienste zu holen, muss man über einen speziellen Webbrowser telefonieren, der die Gespräche entsprechend analysieren kann. Im Gegenzug dazu darf man kostenfrei telefonieren.

Ortsbezogene Werbung – Je nachdem, wo ich mich befinde, erhalte ich Nachrichten auf mein Handy, z. B. über Sonderangebote in Shops, in deren Nähe ich mich gerade befinde. Man kann sich z. B. bereits jetzt in Deutschland aussuchen, wie viele Werbungen man zum Bombardement zulässt, als Belohnung gibt es Gratis-Telefonierminuten.

Neue TV-Werbung – Während der Sendung bekomme ich eine Liste der Produkte, die dort verwendet werden, und kann sie sofort mittels eines Knopfes auf meiner Fernbedienung kaufen.

Aufgabe Lektion 3

Beantworten Sie bitte folgende Fragen:

1.) Wie würden Sie als Kampagnenleiter von benetton dafür sorgen, dass keine Pannen passieren? Versuchen Sie die Frage aus KBM-Sicht zu beantworten.

2.) Welche Bereiche des Penny-Marktes haben hier offensichtlich nicht gut kooperiert? Was wäre eine einfache Maßnahme, mit der sich diese Panne hätte vermeiden lassen?

3.) Finden Sie politisch korrekte Namen für folgende Bezeichnungen:

„Zigeunerschnitzel“

„Mohr im Hemd“

Und nun die Frage: Sind Sie für oder gegen so eine Umbenennung? Und warum?

4.) Welcher Typ von Kunde/Kundin sind Sie? Achten Sie auf solche Unterschiede wie „Angebot“ oder „Tipp“? Angenommen Sie wären typisch für SPAR-Kunden – worauf müsste ein gutes KBM dann achten?

5.) Welche der neuen Werbeformen spricht Sie an und welche stößt Sie ab – und warum?

  1. Erna, komm her, da zieht sich einer aus.