Lernunterlage - Formen des wissenschaftlichen Arbeitens

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Formen des wissenschaftlichen Arbeitens

Das Ziel der unterschiedlichen Wissenschaften ist, Erkenntnis und Wissen systematisch zu gewinnen und zu ordnen. Wissenschafter*innen können grundsätzlich auf zwei Wegen neues Wissen erschließen, indem sie sich ausschließlich auf vorhandene Theorien beziehen, die bereits publiziert oder auf eine andere Art und Weise dokumentiert sind, oder indem sie versuchen, für wissenschaftliche Probleme und Fragestellungen innovative Lösungen und Antworten zu finden. Die literaturbasierte wissenschaftliche Arbeit steht damit einer wissenschaftlichen Arbeit gegenüber, die neue Erkenntnisse, aber auch den Prozess der Forschung oder Entwicklung dieser Erkenntnisse dokumentiert. In den folgenden zwei Abschnitten sollen die Literaturstudie sowie die empirische Forschungsarbeit genauer beschrieben werden.

Formen des wissenschaftlichen Arbeitens

Prinzipien für die wissenschaftliche Arbeit

Der bekannte Philosoph und Schriftsteller Umberto Eco beantwortet die Frage nach Prinzipien für das wissenschaftliche Arbeiten folgendermaßen. Ec03, 39ff.

  1. Die Untersuchung behandelt einen erkennbaren Gegenstand, der so genau umrissen ist, dass er auch für Dritte erkennbar ist.
  2. Die Untersuchung muss über diesen Gegenstand Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind.
  3. Die Untersuchung muss für andere von Nutzen sein.
  4. Die Untersuchung muss jene Aufgaben enthalten, die es ermöglichen nachzuprüfen, ob ihre Hypothesen falsch oder richtig sind.


Wichtig ist hierbei auch, darauf zu achten, dass das Problem versachlicht wird. Das heißt, dass für die Beschreibung des Problems eine sachliche Fachsprache verwendet wird und das Problem theoretisch eingebettet ist, sei es nun durch Verwendung einer mathematischen Sprache oder durch eine Verknüpfung mit anderen in der Disziplin vorhandenen Theorien. Die Gütekriterien für wissenschaftliche Arbeiten müssen eingehalten werden.
Folgende Aufzählung von Aufgaben für Wissenschafter*innen ist praxis- und handlungsorientierter und bezieht die Arbeit in der und für die „Scientific Community“ mit ein:

  • Hinterfragen und Überprüfen der eigenen Forschungs- und Auswertungsmethoden auf Zweckmäßigkeit, Wahrheitsgehalt und ethische Qualität;
  • Aussagen, Hypothesen und Schlussfolgerungen müssen überprüfbar und widerlegbar sein;
  • Beachtung der für das Wissensgebiet als „wissenschaftlich“ anerkannten Theorien, Methoden und der Fachsprache (Nomenklatur);
  • Erbringen von Beiträgen zur Grundsubstanz des Wissens (z.B. durch Lehrbücher);
  • Mitwirkung an fachtypischen Wissensvermittlungsmethoden (Lehre);
  • Weiterentwicklung der akademischen Abschlüsse und Qualifikationen des Wissensbereichs;
  • Teilnahme am Wissensaustausch zwischen Wissenschafter*innen des Fachbereichs und darüber hinaus („Scientific Community“, Publizieren, Konferenzen etc.). Ne03

Der Soziologe Max Weber stellte für die Wissenschaften das Postulat der Werturteilsfreiheit auf. Wissenschafter*innen haben frei von Werten zu sein. Sie sollen nichts als böse oder gut klassifizieren. Da aber jeder Mensch selbst Werte hat, müssen diese vorab klargelegt werden. Wichtig ist, dass die Erkenntnisse intersubjektiv überprüfbar sind, das heißt, dass andere die Erkenntnisschritte nachvollziehen können. Die Analyse muss immer wieder hinterfragt werden. Nun ist ein Wissenschaftler, eine Wissenschaftlerin nicht amoralisch, sondern positioniert sich, wie Max Weber unterscheidet, in einer Verantwortungsethik und nicht in einer Gesinnungsethik. Die Politik beispielsweise verpflichtet sich einer Gesinnungsethik und ist damit weltanschaulich gebunden.
Die Wissenschafter*innen sind der Rationalität verpflichtet.

Die Forschungsfrage
Aus den genannten Prinzipien leitet sich auch die Forschungsfrage ab. Sie ist der Ausgangspunkt jeglicher Art von Forschung. Es gibt keine wissenschaftlichen Methoden zur Auswahl einer Forschungsfrage. Sie kann entweder dem Interesse des/der einzelnen Wissenschafter*in entspringen oder als Auftrag an die Wissenschafter*innen ergehen.

Bevor sich Wissenschafter*innen einzelnen Forschungsfragen zuwenden, sollten sie jedoch einige Punkte berücksichtigen:

  • gesellschaftliche Relevanz,
  • wissenschaftliche Relevanz und
  • kritische Überprüfung der Forschungsfrage auf ihre Herkunft.

Das wissenschaftliche Literaturstudium

Eine Literaturstudie befasst sich mit bereits publizierter wissenschaftlicher Literatur über ein bestimmtes Thema bzw. eine bestimmte Fragestellung. Im Rahmen des Studiums und auch bei Abschlussarbeiten [1] ist dies eine oft gewählte Form des wissenschaftlichen Arbeitens. Oft fällt es schwer, Methoden des Literaturstudiums zu finden, meistens sind Erklärungen auf die Beschaffung von Literatur beschränkt. Wie jedoch mit der vorhandenen Literatur umgegangen wird, wird methodisch von vielen Wissenschafter*innen nicht dokumentiert, sondern basiert auf informell (z.B. im Laufe des Studiums) erworbenem Erfahrungswissen.
Ein wichtiger Punkt bei der Bearbeitung von wissenschaftlichen Texten ist, zu welchem Zeitpunkt im Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens diese stattfindet. Sinnvoll ist eine intensive Auseinandersetzung mit Literatur erst dann, wenn bereits eine Forschungsfrage formuliert wurde, also klar ist, welches Problem im Vordergrund steht und im Laufe der Arbeit beantwortet werden soll. Diese Forschungsfrage bildet sowohl den roten Faden für die Literaturrecherche als auch für die Bearbeitung der Literatur. Nur jene Literatur, die zur Beantwortung der Fragestellung beitragen kann, ist relevant. Das Literaturstudium kann also als die Bearbeitung relevanter wissenschaftlicher Literatur in Bezug auf die eigene Fragestellung bezeichnet werden.
Diese relevante Literatur wird im Forschungsstand bzw. State of the Art dargestellt. Mit dem Erfassen des Forschungsstandes wird ein Überblick über die Diskursträger*innen des gewählten Themas geschaffen, also über die Aussagen jener Autor*innen, die zum wissenschaftlichen Diskurs mit wesentlichen Erkenntnissen beigetragen haben. Sie können hierbei beschreibend vorgehen, verschiedene Beiträge zusammentragen und komprimieren oder diese vergleichen und kontrastieren und damit zur Verdichtung bisheriger Erkenntnisse beitragen und neue Erkenntnisse gewinnen.
Aufbauend auf diesem Fundament werden in einer Literaturstudie nun die eigenen Erkenntnisse, die neu erkannten Zusammenhänge, Interpretationen und mögliche Kritik formuliert. Eine Literaturstudie besteht somit darin, die eigene Fragestellung mit Hilfe von bereits publizierten wissenschaftlichen Texten zu bearbeiten und im Laufe der Arbeit zu beantworten.

Wissenschaftlich Forschen

Methode: logisches, planmäßiges, systematisches Verfahren wissenschaftlicher Forschung, Untersuchungsweise, Art der Wahrheitsfindung. Ei04, 665-668
Das Wort Methode stammt aus dem Altgriechischen (methodos) und bedeutet so viel wie „Nachgehen“, „Verfolgen“ oder „der Weg zu etwas hin“. Eine Methode bietet uns die Möglichkeit, bei der Entwicklung wissenschaftlicher Probleme, Fragen, Aussagen sowie deren empirischer Überprüfung durch Realitätsanalysen einen bereits von anderen Forscher*innen entwickelten und erprobten Weg „nachzugehen“. Das heißt, eine Methode gibt ein systematisches Vorgehen bzw. Verfahren vor, um Informationen zu beschaffen und auszuwerten. Methoden helfen damit, zwischen Empirie und Theorie zu vermitteln. Methoden müssen wissenschaftlichen Kriterien entsprechen, um überzeugend zu sein. Sie helfen aber auch dabei, die Intersubjektivität des Forschungsprozesses sicherzustellen. Indem sich ein Forscher, eine Forscherin auf eine bestimmte Methode bezieht und zum Beispiel in der Einleitung seines/ihres Artikels angibt, welche Methode er/sie für das Forschungsvorhaben verwendet hat, können die Leser*innen des Artikels Rückschlüsse auf den Forschungsprozess des Autors, der Autorin ziehen. Zu unterscheiden sind besonders naturwissenschaftliche, sozialwissenschaftliche, formalwissenschaftliche und philosophische Methoden.


Überblick über die Methoden der Wirtschaftsinformatik

Die Wirtschaftsinformatik versteht sich als Wissenschaft mit einer methoden-pluralistischen Erkenntnisstrategie. Sie bedient sich der Instrumente der
Erfahrungs-, Formal- und Ingenieurwissenschaften.
Die Wirtschaftsinformatik arbeitet innerhalb zweier erkenntnistheoretischer Pardigmen. Einerseits will sie mit sozialwissenschaftlichen Methoden die Ausgestaltung und Wirkung verfügbarer IT-Lösungen, Unternehmen und Märkte analysieren. Neben rein an der Erkenntnis orientierten, sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden spielen in der Wirtschaftsinformatik vor allem auch konstruktionsorientierte Methoden (Erstellen und Evaluieren von Prototypen) und Methoden der Informationssystemgestaltung (Entwicklungsmethoden) eine wesentliche Rolle. Im Rahmen von „Design Science“ bzw. dem konstruktionswissenschaftlichen Paradigma will die Wirtschaftinformatik nützliche IT-Lösungen entwickeln, die durch das Schaffen und Evaluieren verschiedener Artefakte in Form von Modellen, Methoden oder Systemen untersucht werden sollen.
Grundsätzlich können wissenschaftliche Methoden in zwei Gruppen eingeteilt werden: in quantitative und qualitative Methoden. Die Unterscheidungsmerkmale sollen nachfolgend anhand der Methoden der Sozialforschung in ihren Grundzügen beschrieben werden. Diese können vor allem aufgrund ihres Formalisierungsgrades unterschieden werden. Wilde & Hess WH07, 282 hingegen ergänzen diese zwei Kategorien um „semi-formale Gegenstandsrepräsentationen“, zu denen sie beispielsweise Petrinetze oder UML-Modelle zählen.
Einen ersten Einblick in die Vielfalt der Methoden der Wirtschaftsinformatik gibt folgende Tabelle, die auf Basis einer Inhaltsanalyse verschiedener facheinschlägiger Artikel in der Fachzeitschrift „Wirtschaftsinformatik“ erstellt wurde. WH07
In dieser Auflistung sind sowohl formalwissenschaftliche, anwendungsorientierte technische Methoden als auch Methoden der empirischen Sozialforschung enthalten.

Methodenspektrum der Wirtschaftsinformatik mit Anwendungsbeispielen, übernommen von WH07
Methode Beschreibung
Formal-/konzeptionell- und argumentativ-deduktive Analyse Logisch-deduktives Schließen kann als Forschungsmethode auf verschiedenen Formalisierungsstufen stattfinden: entweder im Rahmen mathematisch-formaler Modelle (z.B. in semi-formalen Modellen) oder rein sprachlich (argumentativ).
Simulation Die Simulation bildet das Verhalten des zu untersuchenden Systems formal in einem Modell ab und stellt Umweltzustände durch bestimmte Belegungen der Modellparameter nach. Sowohl durch die Modellkonstruktion als auch durch die Beobachtung der endogenen Modellgrößen lassen sich Erkenntnisse gewinnen.
Referenzmodellierung Die Referenzmodellierung erstellt induktiv oder deduktiv meist vereinfachte und optimierte Abbildungen von Systemen, um so bestehende Erkenntnisse zu vertiefen und daraus Gestaltungsvorlagen zu generieren.
Aktionsforschung Es wird ein Praxisbeispiel durch einen gemischten Kreis aus Wissenschaft und Praxis gelöst. Hierbei werden mehrere Zyklen aus Analyse-, Aktions-, und Evaluationsschritten durchlaufen, die jeweils gering strukturierte Instrumente wie Gruppendiskussionen oder Planspiele vorsehen.
Prototyping Es wird eine Vorabversion eines Anwendungssystems entwickelt und evaluiert. Beide Schritte können neue Erkenntnisse generieren.
Ethnographie Die Ethnographie möchte durch partizipierende Beobachtung Erkenntnisse generieren. Der Unterschied zur Fallstudie liegt in dem sehr hohen Umfang, in dem sich ein Forscher in das untersuchte soziale Umfeld integriert. Eine objektive Distanz ist kaum vorhanden.
Fallstudie Die Fallstudie untersucht in der Regel komplexe, schwer abgrenzbare Phänomene in ihrem natürlichen Kontext. Sie stellt eine spezielle Form der qualitativ-empirischen Methodik dar, die wenige Merkmalsträger intensiv untersucht. Es steht entweder die möglichst objektive Untersuchung von Thesen (sozialwissenschaftlicher Zugang) oder die Interpretation von Verhaltensmustern als Phänotypen der von den Probanden konstruierten Realitäten (konstruktionsorientierter Zugang) im Mittelpunkt.
Grounded Theory Die Grounded Theory zielt auf eine induktive Gewinnung neuer Theorien durch intensive Beobachtung des Untersuchungsgegenstandes im Feld ab. Die verschiedenen Vorgehensweisen zur Kodierung und Auswertung der vorwiegend qualitativen Daten sind exakt spezifiziert.
Qualitative/ Quantitative Querschnittsanalyse Diese beiden Methoden fassen Erhebungstechniken wie Fragebögen, Interviews, Delphi-Methode, Inhaltsanalysen etc. zu zwei Aggregaten zusammen. Sie umfassen eine einmalige Erhebung über mehrere Individuen hinweg, die anschließend quantitativ oder qualitativ kodiert und ausgewertet werden. Ergebnis ist ein Querschnittsbild über die Stichprobenteilnehmer*innen hinweg, welches üblicherweise Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zulässt.
Labor-/Feldexperiment Das Experiment untersucht Kausalzusammenhänge in kontrollierter Umgebung, indem eine Experimentvariable auf wiederholbare Weise manipuliert und die Wirkung der Manipulation gemessen wird. Der Untersuchungsgegenstand wird entweder in seiner natürlichen Umgebung (im „Feld“) oder in künstlicher Umgebung (im „Labor“) untersucht, wodurch wesentlich die Möglichkeiten der Umgebungskontrolle beeinflusst werden.


Einsatzhäufigkeit der Methoden


Paradigma

Design Science

Wie bereits erwähnt bedient sich die Wirtschaftsinformatik als angewandte Forschungsdisziplin auch Methoden aus anderen Disziplinen, wie Wirtschaft oder Informatik um die Probleme an der Schnittstelle von IT und Unternehmen zu lösen. Allerdings ist die dominante Forschung weiterhin weitgehend diejenige der traditionellen deskriptiven Forschung, abgeleitet von der sozialen Forschung.
In den letzten Jahren hat sich in der Wirtschaftsinformatik jedoch Design Science immer mehr etabliert. Design Science dient dabei als Forschungsparadigma mit der tatsächlichen Integration von Design als einem der wichtigsten Faktoren.

Hevner et al. präsentierten 2004 erstmals sieben Richtlinien für eine designorientierte Forschung Hev04:

  • Design als Artefakt: Design Science muss ein funktionsfähiges Artefakt in Form eines Konstrukts, eines Modells, einer Methode oder einer Instanziierung produzieren.
  • Problemrelevanz: Ziel von Design Science ist es, technologiebasierte Lösungen für wichtige und relevante Geschäftsprobleme zu entwickeln.
  • Designbewertung: Der Nutzen, die Qualität und die Wirksamkeit eines Design-Artefakts müssen durch gut ausgeführte Bewertungsmethoden rigoros nachgewiesen werden.
  • Forschungsbeiträge: Effektive Design Science muss klare und nachprüfbare Beiträge in den Bereichen Design-Artefakt, Design-Fundamente und/oder Designmethoden liefern.
  • Forschungsstrenge: Die Design Science beruht auf der Anwendung rigoroser Methoden sowohl bei der Konstruktion als auch bei der Bewertung des Design-Artefakts.
  • Design als Suchprozess: Die Suche nach einem effektiven Artefakt erfordert die Nutzung der verfügbaren Mittel, um die gewünschten Ziele zu erreichen und gleichzeitig die Gesetze in der Problemumgebung zu erfüllen.
  • Kommunikation der Forschung: Design Science muss sowohl dem technologie- als auch dem managementorientierten Publikum effektiv präsentiert werden.

Kernaspekt ist dabei das Artefakt, das geschaffen wurde, um ein Problem aus der Praxis zu lösen. Sein Nutzen, seine Qualität und Wirksamkeit müssen danach bewertet werden. Es reicht also nicht aus, das Artefakt zu erzeugen, auch der Test der Wirksamkeit spielt eine ebenso große Rolle.
In der Praxis wird der erste Punkt – das funktionsfähige Artefakt – oft in Form eines Prototyps oder eines Leitfadens umgesetzt. Fehlt jedoch der Test der Qualität und Wirksamkeit, dann entspricht dies nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen an die designorientierte Forschung. Um eine wissenschaftliche Arbeit zu schaffen sollte man also die Punkte von Hevner als Checkliste abarbeiten. Betrachten wir die sieben Richtlinien etwas detaillierter:

Funktionsfähiges Artefakt
Das funktionsfähige Artefakt kann vom theoretischen Konzept bis zur praktischen Umsetzung alles beinhalten. Die Bandbreite reicht also von der Machbarkeitsstudie bis hin zum funktionierenden Prototyp eines Roboters.

Technologiebasierte Lösung
Die Entwicklung eines Prototyps birgt meist sowohl aus technologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht Potential in sich. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es dabei wichtig sich erneut die Prinzipien von Umberto Eco in Erinnerung zu rufen. Die Untersuchung muss über diesen Gegenstand Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind und die Untersuchung muss für andere von Nutzen sein. Speziell der Aspekt der Neuheit setzt für Forscher voraus, sich zuvor mit vorhandener Literatur zu dem Thema auseinanderzusetzen, um den aktuellen Stand des Wissens zu ermitteln.

Qualität und Wirksamkeit
In der Softwareentwicklung dient unter anderem die ISO/IEC 250XX Software engineering – Software product Quality Requirements and Evaluation (SQuaRE) als Norm zur Qualitätssicherung. Sie beschreibt „Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produkts oder einer Tätigkeit, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse bezieht“ DIN08.
Neben dem Produkt liegt der Fokus auch auf dem Prozess der Entwicklung selbst, wie laut Mellis der Einhaltung bestimmter zeitlicher bzw. finanzieller Restriktionen und die Notwendigkeit der Einhaltung bestimmter Prozessrichtlinien Wer13. Das Zusammenspiel zeigt die Abbildung "Prozess- und Produktqualität".

Prozess- und Produktqualität

Eine Möglichkeit zur Evaluation von Artefakten besteht nach Hevner auch darin, den erzeugten Nutzen der Artefakte mit dem Nutzen von anderen Artefakten, die das gleiche Problem lösen, zu vergleichen Hev04.

Nachprüfbare Beiträge
Methoden oder Artefakte innerhalb des Prozesses müssen eindeutig nachvollziehbar sein. Wenn man eine Blackbox mit einem Input und einem Output generiert, dann genügt dies nicht den Ansprüchen der Nachvollziehbarkeit. Dieser Aspekt ist aus den Naturwissenschaften bekannt, ein Experiment muss nachvollziehbar und auch reproduzierbar sein.

Rigorose Methoden
Die Qualität von Software und Software-Entwicklungsprozessen kann durch formale Entwicklungsmethoden deutlich gesteigert werden. Es gibt viele verschiedene formale Methoden, die unterschiedlich gut für bestimmte Projekttypen geeignet sind. Ein Kriterium kann die Benutzerfreundlichkeit oder die Skalierbarkeit sein. In der Entwicklung der Software werden diese Spezifikationen dann in einer logisch nachvollziehbaren, formalen Sprache notiert. Bestimmte Eigenschaften wie Fehlerfreiheit in manchen Aspekten können damit auch mathematisch bewiesen werden.

Design als Suchprozess
Eine Wissensbasis zu dem spezifischen Thema wird anhand eines fortlaufenden iterativen Entwicklungsprozesses aufgebaut. Entwicklungen werden umgesetzt und evaluiert. Die Suche nach einem bestimmten Prüfgegenstand erfordert die Ausnutzung der verfügbaren Möglichkeiten um einen bestimmten Nutzen zu erreichen und gleichzeitig die Regeln des Problemumfeldes einzuhalten. Die Evaluierung selbst kann in Form von sehr formalen heuristischen Methoden mit Checklisten wie der ISO 9241 (Mensch-Computer Interaktion) oder der ISO 14915 (Software-Ergonomie für Multimedia-Benutzungsschnittstellen) erfolgen. Aber auch Benutzerevaluationen in Form von Interviews oder Eyetracking sind möglich. Das Methoden-Spektrum richtet sich sehr stark nach dem Artefakt.

Kommunikation der Forschung
Letztlich muss das Ergebnis auch einem wissenschaftlichen Publikum präsentiert werden. Im Zuge des Studiums erfolgt hier der erste Kontakt mit dem Thema meist beim Verfassen der Bachelor- oder Masterarbeit. In der weiteren wissenschaftlichen Karriere gilt dies auch für das Verfassen von Fachbeiträgen oder der Formulierung von Forschungsvorhaben.

Beispiel zur Umsetzung in der Praxis anhand einer Masterarbeit
In der Praxis hat man als Forschende*r oder Studierende*r oft eine Idee im Kopf. Angenommen wir wollen als Masterarbeit eine Anwendung für ein Mobiltelefon schreiben, das uns via GPS den Weg weist. Natürlich gibt es schon unzählige Apps zu dem Thema am Markt und es wäre daher auch kein wirklicher Neuigkeitswert gegeben. Sehen wir uns dennoch die 7 Richtlinien nach Hevner für dieses einfache Beispiel an:

  • Funktionsfähiges Artefakt
    • Das funktionsfähige Artefakt kann vom theoretischen Konzept der Anbindung von GPS am Mobiltelefon, bis hin zu einem Prototyp zur einfachen Navigation reichen. Ein einfacher Prototyp der die GPS Koordinaten auf einer Karte aufzeichnet wäre ausreichend.
  • Technologiebasierte Lösung
    • Die Entwicklung des Prototyps birgt sowohl aus technologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht Potential in sich. Eine (wirtschaftliche) Welt ohne GPS wäre heute kaum mehr vorstellbar.
  • Qualität und Wirksamkeit
    • Das Artefakt wurde gemäß ISO/IEC 25010 auf dessen Usability überprüft. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf den Schutz vor Fehlbedienung durch Nutzer*innen gelegt.
  • Nachprüfbare Beiträge
    • Der Quellcode steht in digitaler Form zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung. Einzelne Schritte können so leicht nachvollzogen werden.
  • Rigorose Methoden
    • Besonderer Wert wird auch auf die Verlässlichkeit gelegt. Kritische Programmteile wurden daher unter Einsatz formaler Methoden entwickelt.
  • Design als Suchprozess
    • Die Usability wird durch Standardchecklisten geprüft und weiter durch Feldversuche validiert.
  • Kommunikation der Forschung
    • Die Masterarbeit ist sowohl für Wissenschafter*innen als auch für interessierte Laien geschrieben. Ein roter Faden ist erkennbar und erlaubt es die Arbeit ähnlich einem Buch zu lesen. Als Masterarbeit wird die Arbeit auch veröffentlicht und steht damit für weitere Forschung zur Verfügung.

Qualitativ/Quantitativ: Was ist der Unterschied?

Methodologien und Methoden sind stark mit erkenntnistheoretischen und philosophischen Denkpositionen verbunden. In der Sozialforschung wird vor allem zwischen quantitativen bzw. qualitativen Methoden unterschieden.
Welche Methode in einem speziellen Forschungsvorhaben angewandt wird, muss je nach der jeweiligen Forschungsfrage entschieden werden. Zuvor muss klar sein, auf welche Fragen man Antworten sucht. Dann kann über die Methode entschieden werden.


Unterschiede zwischen qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden
Quantitativ Qualitativ
Erklären Verstehen
Deduktiv/Theorien prüfend Induktiv/Theorien entwickelnd
Standardisiert/Geschlossen Nicht standardisiert/Offen
Lineares Forschungsdesign Zirkuläres Forschungsdesign
Hohe Fallzahl Niedrige Fallzahl
Statistik Offene Auswertungsverfahren
Zufallsstichprobe Bewusste Auswahl der Fälle
Prädetermination der Forschenden Relevanzsystem der Betroffenen
Objektiv Subjektiv
Starres Vorgehen Flexibles Vorgehen

Quantitative Methoden sollen kausale Beziehungen zwischen Erscheinungen, über die Gesetze entwickelt werden sollen, aufdecken. Qualitative Methoden sehen ausgehend von dem Prinzip der sozialen Konstruktion der Wirklichkeit Menschen als schaffende Wesen. Soziale Tatsachen werden durch Menschen konstruiert und immer wieder neu interpretiert. Phänomene sind von Menschen mit Bedeutung versehen. Mittels qualitativer Methoden wollen ForscherInnen den Sinn hinter sozialen Handlungen verstehen.

Während in der quantitativen Sozialforschung der Forschungsablauf standardisiert abläuft, wählt die qualitative Sozialforschung eine natürliche Befragungssituation; Befragte können selbst bestimmen, was sie sagen wollen. Oftmals sagen die gewählten Erzählungen viel aus.

Quantitative Sozialforschung glaubt, soziales Handeln objektiv erfassen zu können. Die Subjektivität des Forschers bzw. der Forscherin wird möglichst zurückgenommen. Das Forschungsobjekt wird deterministisch als Manifestation verschiedener Kausalzusammenhänge gesehen. Die Qualitative Sozialforschung geht davon aus, dass keine objektive Befragungssituation geschaffen werden kann. Es wird vom einzelnen Fall ausgegangen und dessen subjektive Wirklichkeitskonstruktion beobachtet.

Forschungsdesign

Quantitative Methoden

Mittels quantitativer Methoden will man Rückschlüsse auf Kausalzusammenhänge zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen gewinnen. Vieles in der Sozialwissenschaft ist nicht direkt beobachtbar oder messbar (Messen = Zahlen zuordnen) und zählt damit zu den latent vorhandenen Realitäten (Bildung, Lebensqualität, Akzeptanz von neuen Produkten). Theoretische Konstrukte dienen als Modelle für diese latenten Realitäten. Soll zum Beispiel der Bildungsstand der Bevölkerung festgestellt werden, muss auf verschiedene Indikatoren zurückgegriffen werden: z.B. höchster Schulabschluss, Anzahl der Schuljahre, Textverständnis, Anzahl der gelesenen Bücher. In der Anwendung der quantitativen Methoden sind immer die Gütekriterien zu beachten, um unsystematische wie auch systematische Messfehler zu reduzieren.

Objektivität
Objektiv ist eine Messmethode dann, wenn die Ergebnisse unabhängig von der Person sind, die das Messinstrument anwendet. Probleme gibt es bei quantitativen Methoden vor allem bei der Durchführungsobjektivität, da beispielsweise die interviewende Person Einfluss auf das Untersuchungsfeld nehmen kann.

Validität (Gültigkeit)
Von Validität kann dann gesprochen werden, wenn die Methode das misst, was sie vorgibt zu messen. Eine Messung ist dann valide, wenn es einen Zusammenhang zwischen dem zu messenden Konzept und den Indikatoren, anhand derer gemessen wird, gibt. Auf Validität ist während des gesamten Forschungsprozesses zu achten. Das beginnt bei der Operationalisierung der Forschungsfrage und betrifft aber auch die Beziehung des Forschers bzw. der Forscherin zum Forschungsfeld und dessen Beeinflussung.

Reliabilität (Zuverlässigkeit)
Die Reliabilität kontrolliert die Stabilität und Genauigkeit der Messung. Eine Wiederholung des Experiments und der Erhebung unter gleichen Rahmenbedingungen würde das gleiche Ergebnis erzielen. Die Zuverlässigkeit beruht auf der Standardisierung des Kontexts und der Isolierung der untersuchenden Variablen. Qualitative Methoden haben nicht den Anspruch das Gütekriterium der Reliabilität zu erfüllen, da die untersuchten Einzelfälle bei jeder erneuten Erhebungseinheit von-einander abweichen können. Di01, 216ff

Quantitatives Forschungsdesign
Ein quantitatives Forschungsvorhaben geht immer von einer bereits bestehenden Theorie aus. Im idealtypischen Forschungsablauf ist es unwichtig, wie es zu dem Ausgangspunkt der Theorie kommt. Die Entstehung von Theorie ist vorwissenschaftlich. Das heißt, grundsätzlich können Theorien intuitiv entstehen, natürlich überprüft ein Forscher, eine Forscherin oftmals Theorien, die andere ForscherInnen bereits zuvor aufgestellt haben. Po35
Auf Basis dieser Theorie werden Hypothesen gebildet, deren Annahme folglich im Forschungsprozess bestätigt bzw. widerlegt werden soll. Dazu ist es notwendig, die Hypothesen zu operationalisieren. Unter Operationalisierung versteht man den Wechsel von der Theoriesprache zur „Empiriesprache“. Theoretische Konzepte sollen auf konkret beobachtbare (messbare) Phänomene heruntergebrochen werden. Dies wird zu einem insgesamt sehr wichtigen Schritt in der empirischen Forschung. Wenn man nicht überzeugend operationalisiert, kann das eigene Forschungsvorhaben dafür kritisiert werden, dass man gar nicht das gemessen hat, was von einer Theorie behauptet wird (Validität).
Mittels eines Messinstruments (z.B. Fragebogens) werden Daten erhoben. Diese Daten werden mittels statistischer Methoden ausgewertet. Nach der Beschreibung und Interpretation der Ergebnisse werden diese gemeinsam mit der Beschreibung des Forschungsprozesses (Messinstrument, Datenerhebung, Auswertungsschritte) oftmals im Rahmen eines Forschungsberichtes dokumentiert und damit die intersubjektive Nachvollziehbarkeit gewährleistet.

Qualitative Methoden

Qualitative Methoden wurden als Antwort auf die Defizite der quantitativen Sozialforschung entwickelt. Der markante Unterschied der zwei Forschungsparadigmen ist, dass die qualitativen Methoden nicht standardisiert vorgehen. Qualitativ forschende Wissenschafter*innen wollen das Subjekt und seine subjektiv konstruierte Welt in aller Komplexität erfassen. Das sie leitende Prinzip ist Offenheit. Qualitative Sozialforschung will nicht Hypothesen prüfen, sondern Hypothesen generieren (induktives Vorgehen). Dabei werden im Laufe des Forschungsprozesses immer neue Hypothesen entwickelt. Wichtig für die qualitative Sozialforschung ist die Orientierung am einzelnen Subjekt. Es geht nicht darum, eine möglichst hohe Fallzahl zu erheben, sondern den Einzelfall genau zu beschreiben und zu analysieren.
Forscher*innen, die im qualitativen Paradigma forschen, glauben nicht an unveränderbare Naturgesetze, die das menschliche Handeln anleiten. Wenn sich bestimmte Phänomene häufen, wird von Regeln bzw. Strukturen gesprochen, die jedoch immer mit dem Kontext verbunden und Veränderungen unterworfen sind. Menschen handeln nach Regeln bzw. orientieren sich in ihrem Handeln an Strukturen und nicht an Gesetzen.
Qualitative Methoden erheben nicht den Anspruch, repräsentative Ergebnisse zu liefern, das heißt, ausgehend von der Stichprobe sollen keine Aussagen über die Grundgesamtheit getroffen werden.
Sehr wohl gibt es aber Vorgangsweisen für eine Verallgemeinerung der entwickelten Ergebnisse hin zu Theorien (z.B. Typenbildung). Verallgemeinerbarkeit findet jedoch nur durch Begründung und nicht durch (statistische) Verfahren statt. Die Verallgemeinerung steht damit auf einer argumentativen und induktiven Ebene und stellt kontextgebundene Regeln (statt Gesetzmäßigkeiten) auf. Ma02

Theorieverständnis in der qualitativen Sozialforschung
Der Umgang mit Theorien und theoretischen Konzepten unterscheidet sich je nach dem angewandten Forschungsansatz.

  • Ein Minimum an theoretischer Standortbestimmung ist die theoretische Einbettung des Forschungsvorhabens durch die Verwendung von Begrifflichkeiten, die von bestehenden Theorien abgeleitet wurden, sowie von sensibilisierenden Konzepten (z.B. interpretatives Forschungsparadigma).
  • In anderen qualitativen Forschungsansätzen (z.B. Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring) werden aus vorab bestehenden Theorien Kategorien deduktiv abgeleitet. Dennoch werden Theorien durch induktive Kategorienbildung ergänzt.
  • Schließlich gibt es auch qualitative Forschungsansätze, die ein theoretisches, variablenzentriertes Fallstudiendesign aufweisen.


Qualitative Erhebungsmethoden

  • Interviews
    • Einzelinterviews (Narrative Interviews, Expert*inneninterviews …)
    • Gruppeninterviews (Fokusgruppe)
  • Beobachtungen (Teilnehmende Beobachtung)
  • Nicht reaktive Verfahren (Dokumente, Artefakte)
  • Qualitatives Experiment

Die hier vorgestellten Erhebungsmethoden arbeiten zumeist auf sprachlicher Basis (Interviews, Gruppendiskussion), aber auch mit Beobachtung. In der qualitativen Forschung ist besonders der verbale Zugang, das Gespräch von großer Bedeutung. Subjektive Bedeutungen lassen sich nur schwer aus Beobachtungen ableiten. Die Subjekte können in Interviews etc. jedoch selbst zu Sprache kommen. Ma02, 66f.

Fallauswahl

  • Theoretical Sampling: Das Konzept des Theoretical Sampling stammt aus der Grounded Theory. Die Stichprobe wird aufgrund von theoretischen Überlegungen gewonnen. Der Forscher, die Forscherin sammelt, kodiert und wertet Daten aus und trifft aus diesem Prozess heraus die Entscheidungen, welche Daten als nächste zu sammeln sind. Die qualitative Sozialforschung interessiert weniger, wie ein Problem statistisch verteilt ist, sondern welche Probleme es gibt und wie diese beschaffen sind. So können beispielsweise abweichende Beispiele sehr erkenntnisreich sein und interessante Aufschlüsse geben. Zu beachten ist, dass die Auswahl der Stichprobe bestimmt, was später gesagt werden kann.
  • Qualitativer Stichprobenplan: Hier wird ein Sample (Stichprobe) selektiv gezogen. Es liegen bereits Informationen zu Merkmalen vor, die relevante Erkenntnisse versprechen. Wenn bereits quantitative Forschungsergebnisse vorliegen, können diese im Stichprobenplan berücksichtigt werden.


Qualitative Auswertungsverfahren im Überblick (interpretative Verfahren)

  1. Verfahren der Kodierung und Kategorisierung: Gegenstandsbezogen, Interpretation und Reduktion des Materials durch induktive Bildung von Kategorien, auch auf nicht-textliches Material und bei größeren Datenmengen anwendbar;
  2. Sequentielle Analysen: stärker fall- und subjektorientiert, größere Tiefenschärfe, eher für kleinere Datenmengen geeignet.


Qualitative Verfahren im Überblick


Ein Forschungsprozess in der Sozialwissenschaft kann wie folgt aussehen:

  1. Formulierung und Präzisierung des Forschungsproblems
    1. Auftragsklärung
    2. Forschungsfrage formulieren
    3. Theoretischen Rahmen festlegen
  2. Forschungsdesign konzipieren
    1. Entscheidung für ein Forschungsparadigma
    2. Welche Methode? Welche Daten?
    3. Auswahl und Erhebung der Daten
    4. Auswertung der Daten
  3. Durchführung
  4. Ergebnisdarstellung/Bericht
  5. Publikation


Formen des wissenschaftlichen Arbeitens

Methodentriangulation

In der wissenschaftlichen Praxis kommt es häufig zu einer Verknüpfung des quantitativen Ansatzes mit dem qualitativen Ansatz. Das wird als Methodentriangulation verstanden. Die Triangulation ist eine methodische Technik, um einen Untersuchungsgegenstand möglichst breit und tief erfassen zu können. Die Verknüpfung der verschiedenen Paradigmen kann in unterschiedliche Forschungsdesigns eingebettet werden (siehe Abbildung "Basisdesign zur Verbindung qualitativer und quantitativer Forschung"). Dabei können Vorteile beider Forschungsparadigmen verknüpft und Nachteile verringert werden.

Basisdesign zur Verbindung qualitativer und quantitativer Forschung

Datenerhebung

In der Regel werden unabhängig von der verwendeten Methode Daten erhoben. Einige statistische Grundlagen der deskriptiven Statistik (sie beschreibt Merkmale wie beispielsweise die durchschnittliche Größe von Schüler*innen) und der Inferenzstatistik (sie untersucht Hypothesen) sollen hier gezeigt werden.

Skalen
Variablen-Ausprägungen werden auf Skalen gemessen.

  • Skalenniveaus bestimmen, welche statistischen Maßzahlen zur Beschreibung eines Merkmals verwendet werden dürfen.
  • Skalenniveaus bestimmen, mit welchen Methoden Zusammenhänge zwischen zwei Merkmalen bestimmt werden.
  • Skalenniveaus geben an, welche statistischen Tests und Modelle verwendet werden dürfen.


Auflistung Skalenniveaus
Beispiel Rechenoperationen
Kategoriell Nominalskala Mann/Frau A = B oder A B
Ordinalskala Stimme sehr, ziemlich, wenig, gar nicht zu Reihenfolge
Metrisch Intervallskala IQ A - B, B + C Abstände
Metrisch Verhältnisskala Einkommen in Euro, Alter A / B, Verhältnisse (doppelt soviel etc)


Grundgesamtheit und Stichprobe
Als Grundgesamtheit wird die Population verstanden, über die man eine Aussage treffen will. Ist eine Vollerhebung nicht möglich oder nicht sinnvoll, wird eine Stichprobe gezogen, aufgrund derer man mittels der Methoden der Statistik (Inferenzstatistik) repräsentative Aussagen über die Grundgesamtheit trifft. Durch die Art der Stichprobenziehung soll gewährleistet werden, dass die Stichprobe die Grundgesamtheit entweder in Bezug auf alle Merkmale oder auf ein bestimmtes Merkmal gut repräsentiert.

Als häufigste Arten der Stichprobenziehung gelten:

  • die einfache Zufallsstichprobe: Die Wahrscheinlichkeit, in die Stichprobe aufgenommen werden, ist für jede Person gleich. Gängige statistische Verfahren basieren auf Zufallsstichproben.
  • die geschichtete Stichprobe: mit Zufallsauswahl in jeder Schicht; Schichten sind vordefiniert (z.B. Bundesländer, Geschlecht, Alter).

Formen des wissenschaftlichen Arbeitens


Organisation der Daten
Für statistische Berechnungen werden die Daten in eine Datenmatrix eingefügt. Eine Datenmatrix ist die Darstellung von Daten in einer Tabelle. Die Erstellung der Datenmatrizen erfolgt entweder in eine Statistik-Software (z.B. R oder SPSS) oder in einem Tabellenkalkulationsprogramm (z.B. Excel).
In jeder Zeile befindet sich ein Merkmalsträger bzw. ein Fall. In den Spalten finden sich die Merkmale oder auch Variablen (z.B. Alter, Größe, Einkommen).

Person Alter Größe Einkommen
1 24 1,63 3.250
2 57 1,57 0
3 43 1,80 2.300


Merkmale, die nicht in Zahlen ausdrückbar sind, wie zum Beispiel Geschlecht, Zufriedenheit mit einem Produkt, müssen umkodiert werden. Das heißt, den einzelnen Ausprägungen werden Zahlen zugeordnet. Zusätzlich gibt es eine Unterscheidung in „gültige Werte“ und „fehlende Werte“.

z.B. Variable Geschlecht
1 … Mann
2 … Frau
99 … keine Angabe/Angabe verweigert (fehlender Wert)

z.B. Zufriedenheit mit einem Produkt
1 … sehr zufrieden
2 … ziemlich zufrieden
3 … wenig zufrieden
4 … gar nicht zufrieden
99 … keine Angabe/Antwort verweigert (fehlender Wert)

Datenauswertung – Überblick über statistische Verfahren
Zu den wichtigsten Aktivitäten der erfahrungswissenschaftlichen/empirischen ForscherInnen zählen die Beschreibung von Untersuchungseinheiten im Hinblick auf einzelne Variablen (univariate Verteilungen), die Beschreibung der Beziehung zwischen Variablen (bivariate und multivariate Verteilungen), sowie die Generalisierung von Untersuchungsresultaten (Inferenzstatistik, Signifikanztests). [Be05, 11]

Die Multivariaten Verfahren gliedern sich in Ba03Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\textstyle \rbrack} :

  • Strukturentdeckende Verfahren
    • Faktorenanalyse, Hauptkomponentenanalyse
    • Clusteranalyse
    • Multidimensionale Skalierung
  • Strukturprüfende Verfahren
    • Regressionsanalyse (lineare Regression, logistische Regression)
    • Varianzanalyse
    • Strukturgleichungsmodelle


Deskription
Deskriptiv (=beschreibend) vorzugehen, heißt meistens Antworten auf Fragen des Typs „Wie ist/sind…?“ zu suchen. Jede Beschreibung braucht eine theoretische Vorstellung darüber, was wichtig ist. Dieser theoretische Hintergrund muss immer so explizit wie möglich formuliert werden. Bei der deskriptiven Statistik werden folgende Beschreibungsarten unterschieden:

  • Beschreibung eines Merkmals (univariate Verteilungen)
  • Beschreibung von einfachen Zusammenhängen (bivariate Verteilungen)
    • Kreuztabellen
    • Kontingenzmaße
    • Kovarianz
    • Korrelation


Induktion (Indifferenzstatistik)
In der Statistik kommt der Begriff Induktion zur Anwendung, wenn festgestellte Fakten dazu genutzt werden, eine Aussage einer Theorie zu bestärken. Hierbei handelt es sich um Wenn-Dann-Beziehungen. Die Kausalzusammenhänge einer Theorie werden in Zahlenwerten erhoben und anhand dieser bewertet.

Korrelation
Die Korrelation beschäftigt sich damit, wie häufig interessierende Merkmalskombinationen gemeinsam auftreten. Die Korrelation misst die Stärke des Zusammenhangs zwischen den interessierenden Variablen, das heißt, wie viele die Annahme bestätigende Fälle und wie viele Ausnahmefälle es gibt. Ein Zahlenwert zwischen 0 (kein Zusammenhang) und +/-1 (Maximaler Zusammenhang) gibt Auskunft über die Stärke des Zusammenhangs. Plus oder Minus gibt dabei die Richtung des Zusammenhangs an.

Signifikanz
Die Signifikanz beschäftigt sich damit, ob der festgestellte Zusammenhang im Sinne einer statistischen Wahrscheinlichkeit als Zufall zu betrachten ist. Sie beantwortet die Frage, ob eine begrenzte Stichprobe als Beweis für einen Zusammenhang, der in der Grundgesamtheit besteht, zu interpretieren ist oder nicht. Signifikanz kommt dann zum Tragen, wenn eine Stichprobe gezogen wird, das heißt, wenn nicht die Grundgesamtheit (alle Untersuchungseinheiten/Personen, die uns interessieren) erhoben wird. Eine Stichprobe ist eine zufällige Auswahl aus der Grundgesamtheit. Die Signifikanz eines Ergebnisses hängt einerseits von der Stärke des Zusammenhangs, andererseits von der Stichprobengröße n ab, also davon, auf wie vielen Fällen ein gefundener Zusammenhang beruht. Je größer die Stichprobe, desto eher ist ein Ergebnis signifikant. Dann ist jedoch vor allem auf die Stärke des Zusammenhangs zu achten (Korrelation). Ed01, 2.1-2.12

Beschreibung eines Merkmals Be05

  • Häufigkeitsverteilungen
  • Lagemaße
    • Mittelwert (arithmetisches Mittel, Median, Modus)
    • Streuungsmaße (Quartile, Standardabweichung, Varianz)
  • Graphische Darstellung
  1. Im Masterstudium Wirtschaftsinformatik an der FernFH muss es sich bei Abschlussarbeiten jedoch um empirische Forschungsarbeiten handeln, welche auch methodisch im Methodenspektrum der Wirtschaftsinformatik angesiedelt sind.