Beratungstheorie - Organisationsentwicklung
Organisationsentwicklung – Change
Ganz als Kontrapunkt zur soeben betrachteten Strategieberatung, die mit rationalem Kalkül an Problemstellungen herangeht, betrachtet Organisationsentwicklung (OE) besonders stark die weichen Faktoren von Organisationen in deren Analyse und Gestaltung. OE nährt sich damit aus dem Menschenbild der Human Relations-Bewegung, und somit dem „Social Man“ und teilweise „Self Actualizing Man“. Man betrachtet und behandelt hier Organisation als Organismus und nicht mehr als Maschine. Demzufolge sind OE-Berater*innen auch Katalysator*innen, Impulsgeber*innen und erfahrene Begleiter*innen in Entwicklungsprozessen. Die Inhalte und letztliche Expertise finden sich nicht bei Berater*innen, sondern im System selbst wieder. Diese Expertise zu mobilisieren ist das Ziel von OE-Beraterung. Man findet die OE ebenso unter den Schlagworten Umsetzungsberatung, Transformationsberatung oder Change Management/ Consulting wieder.
Letztlich setzt OE auf Kommunikationsprozesse rund um weiche Parameter wie Konflikte, Gruppendynamik, Motivation, Führung, Commitment und Partizipation. Damit stärkt OE das soziale System und verspricht daraus die optimale Nutzung des technischen Systems; im Zentrum steht das Lernen und damit die Herstellung der dafür nötigen Bedingungen, damit sämtliche Beteiligten aktiv mitgestalten können, um Effektivität und Menschenbezug gleichermaßen zu gewährleisten [1] .
Damit ist OE keine inhaltliche sondern Prozessberatung, es geht um „Hilfe zur Selbsthilfe“, um Sicherstellung der nötigen professionellen Rahmenbedingungen und Moderation des Entwicklungsprozesses. Gleichzeitig gibt OE ein Sicherheitsnetz durch die kontrollierte und beabsichtigte Dramaturgie des Gestaltungs- und damit Veränderungsprozesses. Da Menschen und deren Organisationen sich bekanntermaßen gegen Veränderungen sträuben, und aus ökologischen Prinzipien heraus eher das (nicht) Bewährte fortsetzen, fließt in die OE eine große Portion Wissen um diese psychologischen, soziologischen und pädagogischen Gesetzmäßigkeiten ein.
Mittels OE gestaltet man Wertschöpfungsketten und Prozesse, man führt TQM-, CRM- oder Wissensmanagementsysteme [2] ein, unterstützt in der Vision-Mission-Leitbildfindung. Ganz der Metapher des Organismus folgend, geht es hier verstärkt um die Ausdifferenzierung der einzelnen Systemteile (der Organe sozusagen) und es geht bei wachsender Komplexität darum, wie man diese bewältigt, wie man die Untersysteme miteinander integriert. Wir sprechen hier von offenen Systemen, die vielfältigen Anforderungen durch Spezialisierung gerecht zu werden versuchen, die sich in einer steten Entwicklung befinden, um sich an die Umgebung anzupassen. Somit verändert OE-Beratung Situationsparameter, und führt damit in jedem Fall selbstregulierte Anpassungsaktivitäten im System herbei. Diese sind selten eindimensional, linear zu sehen, sondern bildhaft gesprochen wie eine Welle, die im System alle möglichen Impulse auslöst und sich durch die Gesamtheit fortbreitet.
Dies mag nun alles bildhaft sehr erbaulich klingen – doch welchen Strukturen folgen OE-Berater*innen, was konkret tun sie?
OE- und damit Changeberater*innen sammeln in wissenschaftlich fundierter Weise die geeigneten Daten im Klient*innensystem, beobachten also ganz besonders strukturiert durch mehrere Methoden, und melden diese Ergebnisse zuerst einmal klar aufbereitet an das Klient*innensystem zurück. Sie halten dem System also eine Art Spiegel vor, und bearbeiten und bewerten dann gemeinsam mit dem Klient*innensystem diese Resultate. Damit garantieren Sie Fairness, mischen sich nicht ein oder spielen sich als Richter*in auf, sondern laden stimmig „zum Tanz“. Ziele und konkrete Interventionen (Gestaltungsmaßnahmen) werden ebenso in enger Kooperation mit dem Klient*innensystem geschmiedet – bzw. moderieren Berater*innen hier zumeist die eigenständige Ableitung der Maßnahmenkataloge, und mischen sich inhaltlich nicht ein. Dies baut auf der Sichtweise auf, dass das System selbst Expert*in ist, und auch nur die eigenen Entscheidungen annehmen und umsetzen kann. Nach der Implementierung und Umsetzung der Interventionen, die teilweise von Berater*innen begleitet werden, kommt es zu einer erneuten Beobachtungs- und Datensammlung – zur Evaluation, aber vor allem zum Neustart für die nächste Gestaltungsrunde.
Interventionen und Erfolgsfaktoren
Damit begegnet OE dem eigenen Anspruch und Axiom, dass man in komplexen Systemen ganzheitlich und in komplexen Wechselwirkungen beobachten, denken und agieren muss. Indem man mit solchen groben Prozessstrukturen an das System herangeht, erhalten alle Untereinheiten des Systems auch die Option, angesprochen zu sein und Teil der Anpassungsprozesse zu werden. Hierbei agiert man auf der Ebene der einzelnen Mitarbeiter*innen, auf der Teamebene, sowie auf der Organisationsebene. Wie im Kapitel zur Lernenden Organisation beschrieben, sind dies wesentliche Bausteine des organisationalen Lernens. Frei nach Watzlawick geht es beim Individuum um die „Mentalen Landkarten“, um die eigenen assoziativen Abbilder der Wirklichkeit, auf der Gruppenebene fokussiert man die sozialen Parameter Kommunikation, Beziehung und Konflikt. Auf der Gesamtebene des „Organismus“ Organisation legt man den Fokus auf die Kultur, das Klima, die Prozesse und Strukturen, um soziale sowie technische Elemente gleichermaßen zu betrachten. Die weiter hinten betrachtete Systemische Beratung hingegen trennt hier sehr klar zwischen Individuum und Organisation!
Damit fallen konkrete Maßnahmen auf Individualebene an, die wir alle kennen: fachliche Fortbildung, Seminare und Coachings zu sozialen Kompetenzen, Selbstmanagement, Jobrotation, Optimierung von Arbeitsplätzen, Supervision, gruppendynamische Selbsterfahrung etc…
OE-Berater*innen führen gemeinsam mit ihren Kund*innen auf der Teamebene folglich Teamklausuren, Teamsupervisionen, moderierte Teammeetings durch, begleiten in outdoor- und Erlebnistrainings, oder stimulieren Entwicklung durch Konfliktworkshops, mediative Prozesse oder Kommunikationsworkshops.
Auf organisationalem Niveau regen Berater die Systementwicklung durch Beobachtung, Befragung, durch Workshops zur Prozess- und Rollenoptimierung an, aber auch durch Leitbildentwicklung, Führungskräfteprogramme, Kulturprogramme. Sehr konkrete Maßnahmen auf dieser Ebene fußen wiederum auch auf individueller und Teamschulung, etwa in der Einführung von standardisierten Mitarbeiter*innengesprächen, Feedbackschleifen, Unterlagen und Rituale zur gemeinsamen jährlichen Zielvereinbarung, aber auch zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge.
Auch wenn OE-Beratung in sehr unterschiedlichen Bedingungen sehr unterschiedliche konkrete Ziele bedient, so gibt es dennoch erfolgsfördernde Faktoren [3] in der Prozessgestaltung:
- Breite und eingehende Diagnose und Zustandsbeschreibung: in allen Systembereichen sollten Erhebungen stattfinden, um die bestehenden Symptome zu erfassen.
- Klare Visionen liefern nicht nur die konkreten Ziele, sondern weit mehr Rüstzeug, damit das System sich auch in eine klare Richtung entwickeln kann.
- Gemeinsames Problembewusstsein muss ermöglicht werden, und damit wird der Weg frei für die aktive Beteiligung an der Gestaltung.
- Es braucht eine hohe Akzeptanz und Commitment bei den Entscheidungs-trägern, relevante Knotenpunkte im System müssen authentisch hinter der Sache stehen.
- Kommunikation muss zeitnah, breit, offen und klar erfolgen und nicht gekünstelt sein, sondern authentisch.
- Es braucht ein ausreichendes, aber auch herausforderndes Timing um die Veränderungsprozesse zu gewährleisten.
- Als besonderes Projekt braucht es professionelles Projektmanagement und klare Verantwortlichkeiten, die auch akzeptiert und gelebt werden.
- Im Zentrum steht das Empowerment, die berühmte „Hilfe zur Selbsthilfe“, welche ohne entsprechende Ressourcen und fachliche Aufrüstung nicht geleistet werden kann.
- Sogenannte „quick wins“, also sich rasch einstellende, konkret erlebte Gewinne und Vorteile sichern den Enthusiasmus und damit die Bereitschaft, sich auf das Ziel weiter hin zu bewegen. Ohne rasche Erfolge verlässt kein System den bisherigen Weg.
- Flexibilität in der Prozessgestaltung und –führung ist die Königstugend: Change- und OE-Berater*innen müssen rasch auf neue Umstände reagieren und nicht am ursprünglichen Entwurf und Plan festhalten. Das System und damit erst recht seine Veränderung stehen in einer starken Dynamik, ein starres Vorgehen nach Plan wie bei einer Maschine würde fehlschlagen.
- Der Beratungsprozess, die Entwicklung muss fortlaufend und zu konkreten Entwicklungsmomenten monitoriert werden. Dies kann im Regelfall nicht zeitlich im vorab geplant werden, sondern an Zuständen und erwarteten Entwicklungspunkten.
- Verankerung der Entwicklung ist letztlich das Um und Auf, denn ohne schriftliche gemeinsame Vereinbarung und verbindliche Protokollierung kann die Organisation das erreichte Niveau nicht halten oder nicht an die nachrückende Belegschaft weiter vermitteln.
Falls Sie in Beratungsprojekten involviert sind oder waren, die explizit Veränderung, also Change zur Aufgabe haben, so werden Sie auch wissen wie es laufen kann, wenn man diese soeben genannten Dimensionen vernachlässigt. Veränderung trägt eine starke Kraft in sich, und bewirkt in komplexen Systemen auch sehr unvorteilhafte Nahzeit- und Langzeitwirkungen. Ein Mindestmaß an bewusstem Monitoring muss selbst in kleinsten Veränderungsprojekten geleistet werden, mit dem Ziel klare Fehlrichtungen zu verhindern.
Doppler und Lauerburg [4] bieten in ihren Ausführungen ebenso einige Kriterien an, die Change-Beratung zum Erfolg oder Misserfolg machen. Diese sind als Schema übersichtlich in Tabelle 5 dargestellt und spiegeln die oben beschriebenen Dimensionen wider.
Tabelle 5: Kriterien für Misserfolg versus Erfolg bei Change-Beratung (nach Doppler, Lauerburg, 2005, S.166 f., zitiert nach Ameln, Kramer und Stark, 2009).
Misserfolgstreiber | Erfolgsstärkend |
---|---|
Unklare Gedanken, diffuse Ziele | Transparente Projektziele, plausible Begründung |
„schlampig zusammengestiefeltes“ Projektteam | Handverlesene Auswahl von Schlüsselleuten |
„high pressure selling“ pfannenfertiger Konzepte | Beteiligung der Betroffenen bei der Lösungsfindung |
Übertriebenes Effizienzstreben | Realistisches Timing |
Kaltstart | Ordentliche Vorbereitung, Vorphasen |
Lieblingsideen wirken ständig im Hintergrund mit | Lieblingsideen kommen zuerst klar auf den Tisch, werden offengelegt |
Fahrplan durchziehen | Sensibel, flexibel den Prozess steuern |
Widerstand unterdrücken oder brechen | Konstruktiv mit Widerstand umgehen, herein holen |
Konflikte verleugnen und vermeiden | Konflikte offenlegen, Raum zugestehen, bearbeiten |
Hinter verschlossenen Türen aus dem Elfenbeinturm heraus arbeiten | Offene Information und lebendige Kommunikation |
Problematisch am Menschenbild der Human Relations-Bewegung war gewesen, dass es zwar stimmt, dass man durch Eingehen auf die Bedürfnisse und vor allem Sozialen Erfordernisse der arbeitenden Menschen moralisch gut steht, und man mittels Partizipation an Informationsflüssen, Entscheidungen und Gestaltung durchaus den erstrebten wirtschaftlichen Erfolg wahrscheinlicher macht. Dennoch muss hier, mit dem Vorwissen zur Weiterentwicklung des Menschenbildes darauf aufmerksam gemacht werden, dass auch die Organisationsentwicklung, das Changemanagement die Gefahr in sich trägt, falsch verstanden zu werden und so etwas wie eine Basisdemokratie auszurufen. Die Stärkung der Partizipation, optimierte Kommunikation und die Stärkung der Konfliktbehandlung in Unternehmen ist kein schlechter Ansatz - insofern man in Changeprojekten nicht vernachlässigt, dass Ungleichgewichte und spannungsvolle Situationen in einem System Firma letztlich nicht vermieden und „kuriert“ werden können noch sollen (OE verstand sich seit jeher als Unterstützung zur Selbstheilung).
Den einen optimalen Balancezustand, wie es Organisationsentwicklung klassischer-weise oft anpeilt, kann und wird es nicht geben - das soziale Miteinander der Menschen basiert seit jeher auch auf Unterschieden und Spannungen, dazu gehört auch der Unterschied zwischen den Interessen der Individuen und den Interessen der Organisation. Unternehmen können ohne jegliche Machtstrukturen und direktive Anweisungen letztlich nicht bestehen oder gar erfolgreich laufen. In sehr partizipativen Maßnahmen erlebt man demnach sogar oft den Widerstand des Systems gegen diese Beratung: Menschen wollen partiell mitgestalten, aber nur in dem alltagsrelevanten Umfeld; für strategische Bereiche verlassen sie sich gerne auf ihre spezialisierten Kolleg*innen. Ebenso sind Menschen und damit auch Organisationen letztlich überaus beschäftigt mit ihren Alltagsaufgaben, und können nicht zusätzlich in umfassenden Entwicklungsprojekten überfordert und überlastet werden.
In jedem Fall führt professionelle OE-Beratung an den Fallstricken der rein strategischen Beratung vorbei, wenn es darum geht, dass der „Faktor Mensch“ bei der Umsetzung auch mit an Bord ist. Letztlich wird Organisationsentwicklung und Change-Beratung dann erfolgreich sein, wenn sie auch gleichermaßen die harten Fakten, die technische Systemseite und inhaltliche, strategische Beratung mit an Bord nimmt. Diesbezüglich spricht man heute darum auch von „integrierten Beratungsansätzen“.
Systemische Organisationsberatung
Systemtheoretischer Hintergrund
Als Vorläufer oder zumindest relevanten Paten der Systemtheorie darf hier auf Humberto R. Maturana, einem herausragenden Forscher im Bereich Neuro-wissenschaften, Psychologie und Philosophie verwiesen werden. Er verband als erster die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der frühen 1990er Jahre mit dem philosophischen und psychosoziologischen Diskurs zum postmodern Man und begründete das hier relevante „Autopoiese-Konzept“.
Die Väter und Mütter der Systemischen Organisationsberatung sind mehrere: neben Maturana´s Autopoiese fließen die Theorie sozialer Systeme und des Konstruktivismus (Niklas Luhmann, Ameln) hinein, aber ebenso die später daraus entwickelten Erkenntnisse aus der systemischen Familientherapie. Hinzu kommen selbstredend die bisherigen Wissensbestände der Organisationsberatung an sich, sowie die naturwissenschaftliche Selbstorganisationstheorie (nicht-lineare Vernetzung, Teufelskreis-Dynamiken). Auch Paul Watzlawick, berühmter öster-reichischer Kommunikationsforscher und Arno Bammé befassten sich mit dem modernen Konstruktivismus, der Sichtweise von Mensch und Organisation als spezielle (autopoietische) Systeme. Letztlich finden sich die Anfänge der Systemtheorie bei Mach, Ehrenfels und Wertheimer, im späten letzten Jahrhundert treten als Autoren von Bertalanffy („Allgemeine Systemtheorie“), von Foerster (radikaler Konstruktivismus), George Bateson, Fridjof Capra und von Glasersfeld ins Bild.
Maturana und Varela entwarfen, von der Biologie kommend (denken Sie hierbei an die Erkenntnisse zur menschlichen DNA und die genetische Reproduktion sowie Expression) das Autopoiesekonzept, mit dem sie alles Lebendige (neu) zu definieren versuchten:
„Wenn wir von Lebewesen sprechen, haben wir bereits angenommen, dass es etwas gemeinsames zwischen ihnen gibt, andererseits würden wir sie nicht zu der einen Klasse zählen die wir „das Lebendige“ nennen […] Unser Vorschlag ist, dass buchstäblich andauernd selbst erzeugen. Darauf beziehen wir uns, wenn wir die sie definierende Organisation autopoietische Organisation nennen.“ [5]
Was kennzeichnet autopoietische Systeme nach Maturana:
- Autopoiese: die Fähigkeit zur Selbsterzeugung
- Homöostase: Selbstorganisationsprinzip, „Flussgleichgewicht“
- Operationale Geschlossenheit: lebendige Systeme sind hier energetisch offen, aber informational geschlossen: „was wir als Wirklichkeit erleben, ist unsere eigene Konstruktion“
- Selbstreferenz: die Interaktion der Systemkomponenten führt zur Erzeugung neuer Komponenten (das System bringt sich selber stetig –neu- hervor).
- Die Systemgrenze ist ins System integriert und kein zusätzlicher Teil
Luhmann und Giesen stellen jene Denker dar, die diese stark naturwissenschaftlich geprägten Überlegungen in den Bereich sozialer Systeme rückten. Von Foerster hingegen gilt als Vater der Kybernetik, die sich mit der Steuerbarkeit von komplexen Systemen befasst.
Ursprünglich wollte man versuchen, die Wirklichkeit angemessen, exakt und mathematisch zu beschreiben. Gelandet ist man in diesem Diskurs bei der Erkenntnis, dass es eine Systemaktivität ist, wenn wir Wirklichkeit konstruieren, und damit Sinn schaffen – und dass es letztlich keine/n neutrale/n Beobachter/in gibt. Denn sobald wir beobachten oder interagieren, werden wir unentwirrbarer Teil des Systems. Im Relativismus spricht man hier davon, dass diese Wirklichkeits-konstruktion immer relativ zur Autor*in/ Urheber*in, zum erzeugenden System ist: meine „Wirklichkeit“ ist mit Sicherheit nicht die Ihre, während Sie dieses Heft lesen – auch wenn wir in wesentlichen Dingen übereinstimmen mögen.
Im Zentrum sozialer Systemtheorie steht die Kommunikation. Sie ist der Code, mit dem innerhalb und zwischen Systemen Kontakt geschieht.
René Descarte wird Ihnen ein Begriff sein, er prägte unsere Denkgeschichte maßgeblich, indem er den Objekten die/den Beobachter*in gegenüberstellte [6] : „cogito ergo sum“, und darum dachten wir bisher über Objekte unserer Wahrnehmung nach. Es ging (siehe auch die Entwicklung der Menschenbilder) um die logische rationale Erschließung der Wirklichkeit: zwischen wahr und falsch gibt es hier nichts („tertium non datur“). Die Systemische Denkweise verbindet nun beide Welten, bietet die fehlende Brücke. Die „Geburt“ dessen wurde erst durch wissenschaftliche Erkenntnisse auf vielen Ebenen möglich, etwa durch die Relativitätstheorie, Chaostheorie, Thermodynamik, Kybernetik, später Quantenphysik. Im Kern steht ein veränderter Blickwinkel auf die Kausalität: nicht mehr linear, direkte Ursachen-Wirkungen sondern kreishafte Zusammenhänge werden betrachtet; zudem sind die betrachteten Objekte allesamt miteinander verbunden – auch mit den Beobachter*innen. Wie wir bereits angesprochen haben, bringen Systeme neue Elemente aus sich selbst hervor („Selbstreferenz“), also ist ein Ganzes nicht nur quantitativ mehr als die Summe seiner Teile, sondern auch qualitativ [7] .
Organisationen und deren Beobachtung
In den vorangegangenen Menschenbildern und damit Organisations- und Beratungstheorien hatte man den Menschen und dessen Organisationen als triviale Maschine betrachtet. Nun bricht mit der Systemischen Denkweise die Vorstellung der „nichttrivialen Systeme“ an: Systeme sind streng genommen nicht analytisch bestimmbar, sie sind vergangenheitsabhängig und unvorhersagbar.
Von „Kybernetik zweiter Ordnung“ [8] spricht demnach von Foerster, wenn das untersuchte System (Klient*innenunternehmen) und Beobachter*innen als gesammeltes System betrachtet werden:
„…alles was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt. Der Beobachter spricht durch seine Äußerungen zu einem anderen Beobachter, der er selbst sein könnte; alles, was den einen Beobachter kennzeichnet, kennzeichnet auch den anderen.“ [9]
Im Kern von Organisationen steht - wie weiter oben bereits angemerkt - die Kommunikation, aber auch Entscheidungsprogramme, die Prozesse festlegen, wie etwa unter welchen Parametern eingekauft wird, welche Berater gewählt werden, wie Innovation und Forschung in die Produkte einfließen, wie man die Datenbank füttert. Paul Watzlawick [10] brachte es bezogen auf soziale Systeme und Kommunikation auf den Punkt: „Es kann nicht nicht kommuniziert werden“. Dies gilt nicht nur für die nonverbale stetige Kommunikation, die wir als Individuen abstrahlen, sondern auch für Teams und Unternehmen(steile), die andauernd etwas über sich aussagen - wenn man nur „zuhört“, „zusieht“.
Kommunikation wird systemisch von den Akteuren losgelöst, als etwas Eigenständiges zwischen den System(teil)en gesehen. Zugleich ist es aber mit Watzlawick gesprochen unmöglich, dass ein Sender einem Empfänger 1:1 Informationen übermittelt, denn…
was gesendet wurde, muss erst gehört,
was gehört wurde muss erst verstanden,
was verstanden wurde muss erst akzeptiert
und was akzeptiert wurde, muss erst umgesetzt werden.
Dies gilt insbesondere für alle Ihre und meine Beratungsleistungen, erst recht, wenn man von außen Kommunikation und Beziehung aufnimmt. Darum ist Beobachtung auch immer eine aktive Handlung, es geschieht weit mehr dabei als dass passiv und steril Informationen gesammelt würden. Spencer Brown [11] prägte diesbezüglich den Begriff der „Form“: hier meint man nun nicht nur den Raum, Zustand und Inhalt eines Systems, sondern zugleich auch seine relevante Umwelt, den Kontext, in dem Beobachtung stattfindet. Wir denken etwa bei „Katze“ auch immer an „Hund“, wenn wir also Klientensysteme beobachten sind wir stets auch unlösbarer Teil dabei. Wir konstruieren Wirklichkeit, indem wir beobachten und die von Klient*innen selber konstruierte Wirklichkeit erfragen (z.B. „wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Führung“). Hier wird aus systemischer Sicht nicht wichtig sein, was „die Wirklichkeit“ (abgesehen von ökonomischen Kennzahlen) ist, sondern was die Konstruktion, die „mentale Landkarte“ ist. Und diese wurde in einem Sinnschöpfenden Prozess (der Klient*innen, deren Organisation, von uns) erschaffen: insofern wird alles Betrachtete seinen Sinn erfüllen, einen wichtigen Nutzen erfüllen. Diese Überlegung beruht auf der oben beschriebenen Selbstorganisation von Systemen.
Göbel trifft eine für die Beratung wichtige Unterscheidung, indem er autonome Selbstorganisation von autogener Selbstorganisation trennt: autogen bedeutet selbstreguliert, jedoch unbewusst, aus sich selber heraus – autonom meint die geplante, bewusste, angesteuerte Gestaltungshandlung in Organisationen. Aus dieser Unterscheidung findet Beratung ihren Platz, aber auch die Entwicklung postmoderner Organisationsmodelle wie das fraktale Unternehmen und das virtuelle Unternehmen, die beide auf Selbstorganisation im systemischen Sinn aufbauen. Solche Formen werden von vielen Autoren mit dem Bild der Jazzband im Vergleich zum Orchester verglichen. In einer Jazzband spielt man ein ungefähres Stück, die Basiskomponenten sind bekannt und werden von allen gemeinsam akzeptiert, die Selbstregulation läuft ständig mit, und man schöpft aus den individuellen Freiheiten der Systemteile (Musiker*innen), auch hält man ständig intensiven Kontakt zur relevanten Umwelt, dem Publikum.
Punkto Selbstorganisation weist uns die systemische Erfahrung jedoch auch darauf hin, dass Veränderungen auf Dauer nur extrem schwer von außen in einem System anzustoßen sind: das System wird sich selbstregulierend wieder in den vorigen Status versetzen, diesen aus sich heraus reproduzieren. Denken Sie hierbei an die Erfahrung, wenn aus Abteilungen ganze Teams „outplaced“ werden, weil es massive Konflikte gab. Die neuen Mitarbeiter*innen erweisen sich in der Regel nach einer bestimmen Zeit als sehr ähnlich, es hat sich - von den Gesichtern mal abgesehen - nicht viel verändert. Darum geht die Systemische Beratung oft davon aus, dass man eine recht massive Störung als Intervention, als Maßnahme setzen muss, damit ein System in echte Veränderung geht. Andererseits hat ein/e Berater*in letztlich nicht die leiseste Ahnung von den „Möglichkeitsräumen“, den Potentialen des beratenen Systems. Seine Interventionen können darum auch leicht vollkommen unvorhersehbare, hyperexponentielle Effekte im System auslösen, nämlich solche, die man sicher nicht wollte. Das Bild des „butterfly effects“ aus der Chaosforschung wird hier sehr gerne zur Bebilderung bemüht.
Auch, siehe Luhmann [12] , tragen Organisationen eine ständige Verleugnung ihrer latenten Unsicherheit mit sich: in einer komplexen Welt kann ein komplexes System nicht mit Sicherheit sagen, wie „gut“ und „richtig“ die eigenen Entscheidungen und Handlungen sind. Darum kommt es einem als Berater*in in manchen Kund*innensystemen so vor, als würden sich die Menschen und das Gesamte ständig belügen, etwas vormachen, auf Mythen und Geschichten bauen, wenn sie zum Beispiel von ihrem Erfolg oder der gelungenen Teamatmosphäre, oder von bestimmten Problemstellen sprechen. Systemisch denkend erkennt man dann, dass gerade dieser Zynismus, diese Märchen dem System ermöglichen zu existieren - und demnach wohl auch etwas zu schaffen. Organisationen weben ständig an Mythen und Glaubenssätzen, an latenten Regeln, welche die sichtbare Realität beeinflussen: wie etwa „immer Vollgas, egal wohin“, „Probleme bringen Aufmerksamkeit“, „Hilf mir aber misch dich nicht ein“, „wir haben hier keine Probleme“ etc…
Simon fasst zehn Gebote zum systemischen Denken zusammen [13] :
- Sei dessen eingedenk, dass alles was gesagt wird, von einer/m Beobachter*in gesagt wird
- Unterscheide das Gesagte vom Phänomen (über das gesprochen wird, also Mitteilung von Wirklichkeit, Landkarte von Landschaft)
- Willst du Informationen beschaffen, so treffe Entscheidungen (siehe Unschärfekorrelation in der Naturwissenschaft)
- Trenne die Beschreibung (der Phänomene) von deren Erklärung und Bewertung
- Der status quo bedarf immer der Erklärung (alles was ist, beobachtbar ist, wird durch aktives Schaffen erzeugt und hat darum seinen bestätigten Sinn)
- Unterscheide Elemente, Systeme und Umwelten
- Betrachte Soziale Systeme als Kommunikationssysteme, definiere Einheiten der Kommunikation
- Das System besteht immer auch aus seiner Umwelt (was muss ich einbeziehen?)
- Orientiere dein Handeln an repetitiven Mustern (alles Einmalige hat wenig Bedeutung, Redundanzen zeigen aber Sinn oder Probleme auf)
- Betrachte Paradoxien und Ambivalenzen als normal und erwartbar! (es gibt etwas zwischen wahr und falsch – nicht in unseren mentalen Landkarten, aber in der Landschaft lebender Systeme)
Das systemische Weltbild umfasst, wie in Tabelle 6 dargestellt, einige klare Unterscheidungsmerkmale zum bisherigen mechanistischen Weltbild. Die Zusammenstellung stammt von einer der österreichischen Proponenten der Systemischen Beratung - Roswita Königswieser.
Tabelle 6: Vergleich der Weltbilder: systemisch und mechanistisch (nach Königswieser, Hillebrand, 2008, S.28).
Mechanistisches Weltbild | Systemisches Weltbild |
---|---|
Objektivität, eine Wahrheit, unveränderliche Gesetze | Wirklichkeitskonstruktion, viele Wahrheiten und (Hypo-)Thesen |
Richtig – falsch, schuldig - unschuldig | Kontextabhängigkeit, Nützlichkeit, Anschlussfähigkeit |
(Fremd-) Steuerung | Selbststeuerung, Selbstorganisation |
Lineare Kausalketten | Vielfältige Wechselwirkungen, Feedbackschleifen |
Messbarer, fixer Unterschied | Sich unterscheiden, verändern |
Linearer Fortschritt, ändern | Entwicklung, ändern und bewahren, deblockieren |
Formale Logik, Widerspruchsfreiheit, Ausschluss | Integration von Widersprüchen, Einbeziehung |
Harte Fakten, rationale Beziehungen | Integration von harten und weichen Faktoren, wie Emotion, Intuition, Kommunikation |
Rollen: Macher*in, Führende und Geführte, Manipulation | Rollen: Impulsgeber*in, Gärtner*in, Befähiger*in, Entwicklungshelfer*in, Coach |
Methoden: Instruktion, Anordnung, Befehl, Lernen durch trial & error | Methoden: Zuhören, Fragen, Dialog, Diskussion, Reflexion, Lernen lernen |
Berater*in & Kund*in
Im Zentrum von Beratung jeglicher Art stehen immer Berater*in und Kund*in/ Klient*in. Auch Ihnen wird mit Sicherheit aus Ihrer beruflichen Erfahrung klar sein, dass bei jeder Auftragssituation Klärungen stattfinden müssen, teils hinter den Kulissen bei sich selbst (auf beiden Seiten), aber vor allem in offener gemeinsamer Kommunikation, und damit erhält auch die formale und informellere Beziehung zwischen einander ihren Auftakt. Ebenso wesentlich wird sein, dass man sich aus Berater*innensicht eine klare Sicht erarbeiten sollte, wer echte Auftraggeber*in, wer Sponsor*in und damit Financier, wer direkt Konsument*in und damit Letztkund*in ist, und wer noch aller indirekt involviert oder von der Beratungsleistung betroffen sein könnte. Solche Situationsanalysen reichen nicht aus, dass man sie ein für alle Mal durchläuft, sondern vielmehr muss nahezu ständig ein Auge darauf gehalten werden, und zu bestimmten Beratungszeitpunkten sollte man diese Klärung auch offen mit den Kund*innen gemeinsam schaffen.
Berat*innen sind letztlich in jeder Ausprägung und Artikulation ihres Kerngeschäftes (der Beratung) immer Beobachter*innen, oder sollten es in einem sehr gereiften Ausmaß sein: egal ob sie von intern, von extern beobachten, in einer sehr spezialisierten Form (Fachexpert*innenblick, prozess- oder inhaltsorientiert), oder in nicht-spezialisierter Weise [14] . Hierbei können Berater*innen unterschiedliche Perspektiven einnehmen:
- Dezisionistische Perspektive: (aus dem Lateinischen decidere, „entscheiden“) Berater*innen bringen Wissen als Informationen ein, aufgrund welcher die Entscheidungsträger*innen Handlungsalternativen sehen und wählen.
- Technokratische Perspektive: das Beraterwissen, und somit der/die Berater*in bestimmt zwangsdringlich die Entscheidungen - die Entscheidungsträger*innen werden somit zu Ausführenden.
- Pragmatische Perspektive: unterstreicht den kritischen, konstruktiven Dialog zwischen Berater*in und Kund*in/ Entscheidungsträger*innen, in dem es um das eingebrachte Wissen und auch um Wertefragen gehen soll.
- Politische Perspektive: der/die Berater*in hat per se eine politische Rolle im System des/der Kund*in: verschiedene Akteur*innen werden unentwegt an ihm „zerren“, und um Koalitionen und Instrumentalisierung der Berater*innen zu eigenen Zwecken (Sichtweisen) bemüht sein.
Um einige Rollenakzente klarer darstellen zu können, wollen wir die Rolle der/s Berater*in aus einer inhaltlich und einer prozessorientierten Sichtweise betrachten, auch wenn diese im Regelfall nur selten in echten Beratungsprojekten so sauber getrennt umgesetzt werden.
In der inhaltsorientierten Beratung stellt sich der/die Unternehmensberater*in im Regelfall als Informant*in, als „Provider“ lösungsrelevanten Wissens dar, oder als Lösungsfinder*in. Hier steht die Herausforderung an die/den Berater*in in der Disziplin, sich eigener Handlungen zu enthalten, nicht selbst operativ tätig zu werden.
In der prozessorientierten Beratungsform hingegen stellen Berater*innen als Methoden-expert*innen den Rahmen her, in dem Kund*innen ihre inhaltlichen Lösungen entwickeln und umsetzen kann. Hierbei geht es dann um die Rolle eines/ einer Moderator*in, aber auch Begleiter*in, die/der die „Lernfähigkeit des Kundensystems“ [15] zu entwickeln hilft. Diese Rollenfärbung ringt Berater*innen vor allem inhaltliche Zurücknahme ab: eben nicht inhaltlich beizutragen, optimalerweise nicht einmal durch unbewusste nonverbale Zustimmungs- oder Ablehnungssignale. Berater*innen sind im prozessorientierten Rahmen darum bemüht, komplexe und oft emotional aufwühlende Probleme neutral und objektiv fassbar zu machen. Darum treten sie mitunter als Dolmetscher*in oder Übersetzer*in für ihre/seine Klient*innen auf und erleichtern es dem System der/des Kund*in damit, kluge Entscheidungen zu treffen und selbst aktiv zu werden.
Einige Kernfragen im Spannungsfeld Berater*in-Klient*in sind:
- Welches sind offene und vor allem latente Gründe/ Erwartungen von Klient*innen an den/die Berater*in und die Beratungsleistung?
- Wieso entscheidet man sich gerade für externe oder gerade für interne Beratung (Frage der Ressourcenverwendung, Transaktionskosten), für Beratung an sich?
- Fragen rund um die Berater*innenwahl, die Vertrags- und Beziehungsgestaltung.
- Welche Vorstellungen hat das Klient*innensystem (nicht nur der eine Ansprechpartner) zum Beratungsprozess und zu dessen Steuerung/ Kontrolle (inkl. Wissensmanagement, Ergebnis- und Verlaufsevaluation). Genauer einzugehen ist darauf: was sind unklare Ziele, gibt es viele komplexe Ziele, bestehen widersprüchliche einander konfligierende Ziele, kann man die Beratungseffekte von den alltäglichen Systemeffekten trennen (eine Frage der Wirksamkeitskontrolle), was genau hat gewirkt, was sind latente Folgen, wie verteilt sich welche Verantwortung, wie erfasst und behandelt man langfristige verzögerte Effekte?
- Wie tiefgreifend besteht die Notwenigkeit der „Metaberatung“, also des Empowerments der/des Kund*in zur Beratungskooperation, damit diese auch gut integriert wird und verstanden, geteilt wird.
- Sind die Kund*innensysteme nicht homogen, gibt es Untereinheiten die wie eigene Systeme wirken? Wie geht man damit um? Und wir kommuniziert der Berater*in hierzu mit den Kund*innen? Ebenso: ist das Beraterseitige System homogen oder zersplittert, wirken hier mehrere Untersysteme mit (z.B. Partnerunternehmen) und wie will man damit um gehen, um Qualität und Transparenz zu sichern?
Interne Beratung
Nicht selten findet man ehemalige Consulter*innen nunmehr mit einer Managementfunktion betraut in Unternehmen wieder, die sich als ebenso professionelle oder zumindest sehr differenzierte Auftraggeber*innen bewegen, oder als interne Auftragnehmer*in, interne Beratungsdienstleister*in.
Interne Beratung stellt sich meist als institutionalisierte Unternehmensressource dar: diese leistet Beratung im Management-, IT- oder Personalbereich. Auch interne Rechtsabteilungen und HR-Business-Partner-Konzepte fallen hier herein. Bedenken Sie hierbei die Entwicklung des Menschenbildes mit, als es zunehmend darum ging, dass jede/jeder intern Kund*in und Dienstleister*in zugleich wird und Kommunikation sowie fachliche und Methodenkompetenz die relevanten Kriterien werden.
Die Vor- und Nachteile interner und externer Beratung sind leicht auszumachen: Vorteilhaft ist mit Sicherheit, dass interne Berater samt ihrem Wissen dem Unternehmen erhalten bleiben, sie verfügen über interne Erfahrung im Unternehmen, erleben die Auswirkungen ihrer Beratungen oft in eigener Person mit. Sie kämpfen aber auch mit Beziehungsthemen und internen Koalitionsversuchen und damit um ihre Objektivität und Unabhängigkeit, auch macht ihnen zunehmende Betriebsblindheit zu schaffen. Dafür gelingt internen Berater*innen die Einschätzung, wie realistisch eine Maßnahme ist oder welche Formen und Zeitachsen sowie Akteur*innen für ein Beratungsprojekt förderlich sind und welche nicht. Externe Berater*innen hingegen bringen auch Erfahrungen und Wissen aus anderen Betrieben mit, sind darum meist innovativer, aber auch unabhängiger und per se objektiver. Externe Berater*innen sind jedoch auch naturgemäß an Folgeaufträgen interessiert und gelten gerne als Management-hörig; zudem sieht man sie gerne als „Fremde“, als jene die von der Firma keine Ahnung haben und nur Theoretiker*innen sind, und darum kämpfen sie mit der Akzeptanz, aber auch mit Anpassungsproblemen (Auftreten ebenso wie administrative Schnittstellen zu den Kund*innen).
Einen vertiefenden Einblick zu gegenwärtiger, interner Beratung in Unternehmen finden Sie im Artikel „Analysis of best practices of internal consulting“ [16] . Die Autor*innen fassten die Ergebnisse von 30 Artikeln zusammen, die sich mit interner Beratung bei Unternehmen der Fortune 500 List befassen, und geben Antworten zu folgenden Fragen:
- in welchen Businessbereichen findet interne Beratung intensiv statt,
- was sind Brennpunkte der Interventionen (Maßnahmen),
- welches sind die Methoden zur Steigerung der organisationalen Fähigkeiten,
- wie wird Talent Management betreut, und
- wie wird der klassische fünfstufige Beratungsprozess umgesetzt (Eingang, Diagnose, Datensammlung, Maßnahmendesign, Umsetzung, Evaluation).
Auffallend aus den Rückmeldungen der Praktiker war, dass interne Consultants im Regelfall „keinen Platz am Tisch der obersten Entscheidungsträger“ erhalten, weil sie entweder als HR-Funktion gesehen werden, ihnen zu wenig strategische Kompetenz zugestanden wird oder sie (aus diesen Faktoren heraus) zu wenig glaubwürdig auftreten und erscheinen. Zwei Drittel der Praktiker*innen arbeiten im Rahmen von Changeprojekten, und damit als Organisationsentwickler*innen, die Hälfte bemüht sich mit der Implementierung von Business Plänen in die vorhandene Struktur- und Prozesswelt. Schwerpunkte in den Arbeitsmethoden bei den internen Berater*innen bilden Kommunikationsprozesse, Formen persönlichen Empowerments (Coaching, Mentoring etc.) und teambezogene Ansätze (Workshops, Gruppendynamik, Supervision, Klausuren). Kaum fand man hingegen Aktivitäten zu Diversity, zur Bildung einer lernenden Organisation oder zu Wissensmanagement.
Qualitätsmerkmale der Beratung für interne wie für externe Beratung sind in jedem Fall dieselben, und man kennt sie auch unter dem Begriff der „Governance“ [17] der Beratung:
- Unabhängigkeit der Berater*innen und der Beratung (Unparteilichkeit)
- Transparenz der beratenden Aktivitäten
- Objektivität (nach allgemein gültigen und/oder gemeinsam anerkannten Kriterien)
- Wirtschaftlichkeit (und damit Kosten-Nutzen-Balance)
Diese Prinzipien werden im Rahmen der Beratungsdienste auf folgende Systeme angewendet und dadurch konkret sichtbar: Strategie, Organisation, Prozesse, Systeme, Werte und Verhalten. Erfolg verbuchen Berater*innen, interne wie externe gleichermaßen dann, wenn sie ein kundenspezifisches Angebot bieten, ihre Ansätze umsetzungsfähig und realisierbar sind, sie Wissen im Kund*innensystem systematisch und stichhaltig aufbauen und integrieren, sowie interne Ressourcen möglichst anhaltend oder kontinuierlich zu mobilisieren helfen.
U-Theory
Den Hintergrund für diese Theorie und das ebenso genannte Verfahren stellt das Unwohlsein in der heutigen Zeit dar; davon sehen sich die Autoren selbst berührt: Otto Scharmer [18] und KollegInnen [19] vom MIT sowie von der Society for organisationale Learning in Cambridge, Massachusetts (also Teil der geistigen Elite der US-Ostküste) sehen weltweite Misswirtschaft, hyperexponentielle Verläufe von Prozessen auf allen Ebenen, die in ein „break down“ führen. Die U-Theory sieht sich als couragierter Beitrag dazu, das Ruder herum zu reißen und zu einem „break through“ der Menschheit in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Spiritualität zu führen. Von besonderer Bedeutung für diese Vision sind ein neues Bewusstsein, das individuell und kollektiv, also gemeinschaftlich wirkt und gepflegt werden muss, sowie die neue „kollektive Leadership“, die uns alle aufruft, nicht mehr oberflächlich rational zu agieren, um folgenschweres Scheitern zu vermeiden.
Otto Scharmer unterstreicht, dass wir mit blinden Flecken agieren, die aber erhellbar sind, es ist eine Frage des ins Bewusstsein Holens, und dies verlangt nach einer neuen Form des Rituals, des Prozesses. Nachhaltiges Versagen führen die Autor*innen in letzter Instanz auf den fehlenden Blick und Kontakt zu inneren Quellen zurück, die uns führen, entscheiden, handeln, wirtschaften, kommunizieren oder kooperieren lassen. Auch hier geht es, wie bereits in früheren Kapiteln, um eine massive Veränderung der eigenen und gemeinsamen Perspektivenwahl: wir betrachten jene Zukunft, die „wanting to be born“, also sich danach sehnt, dazu bereit ist, geboren zu werden. Diesen Erfahrungsmoment (eine Kombination aus Träumen, meditieren, denken und fühlen) nennt man hier „presencing“. Presencing meint einerseits das voraus-wahrnehmen und spielt andererseits zugleich das pre-sensing an, also ein „den (konstruktiven) Sinn vorausfühlen, vorausahnen.
Die Abkehr von bisheriger spontaner und rationaler, gewohnter Problem- und Lösungsbearbeitung beim Einzelnen und in der Gruppe (Organisation) nennt Scharmer metaphorisch „stop downloading“. Werden wir uns dessen bewusst, wie wir im Regelfall (also zu 99%) der Fälle Inhalte und Herangehensweise aus bereits verfügbaren Erfahrungen als Muster „herunterladen“, also unreflektiert anwenden, dann ist ein erster Schritt geschehen. Dazu gehört auch der unverstellte Blick auf die Fakten, die hier nicht mehr interessengeleitet bereits in unserer Wahrnehmung verbogen oder verleugnet werden.
Hier wirken auf der einen Seite Überlebensdruck und Existenzangst, auf der anderen Seite das Bedürfnis und der Sog hin zu Veränderung, zu Entwicklung und zum Lernen. Die Sehnsucht nach einem neuen Paradigma des Denkens treibt auch ein vielleicht letztes Aufbäumen und Dagegenhalten alter Denkmuster hervor, die uns so lange in Sicherheit schaukelten.
Das Verfahren der U-Theory kann man als eine Reise durch fünf (aktiv betriebene) Erlebnisdimensionen veranschaulichen:
- Co-Initiating: Gemeinsame Intentionsbildung
- Ziel: „eine gemeinsame Intention schaffen“
- Anweisung: „innehalten, zuhören, was sagen andere, was sagt mir das Leben,
dass gerade ich genau jetzt tun soll“
Co-Sensing: Gemeinsame Wahrnehmung
- Ziel: „beobachte, beobachte, beobachte“
- Anweisung: „gehe zu den Orten mit dem größten Potential, und horche mit weit
offenem Geist und Herzen“
Presencing: Gemeinsame Willensbildung
- Ziel: „Verbinde dich mit der Quelle der Inspiration und des Willens“
- Anweisung: „gehe zum Ort der Stille und erlaube dem inneren Wissen
aufzutauchen“
Co-Creating: Gemeinsames Experimentieren
- Ziel: „sei Schöpfer*in“
- Anweisung: „entwerfe das Neue in lebendigen Beispielen, um die Zukunft im Tun
zu entdecken“
Co-Evolving: Gemeinsame Gestaltung
- Ziel: „Verkörpere das Neue“
- Anweisung: „… in Ökosystemen, die es erleichtern, aus einer ganzheitlichen
Perspektive zu schauen und zu agieren“
Die Benennung als „U“ kommt vom u-förmig dargestellten Prozess, der hier durchlaufen wird. Dies spielt auch mystische, religiöse Entwicklungswege an, die stets mit einem Untertauchen beschrieben werden: Seelen reisen zu unbewussten, blinden Tiefen, um anschließend aufzutauchen; mit einem Schatz in Händen, den man ans Licht und ins Leben bringt. Die Metapher hat doch auch etwas von Geburt an sich, meinen Sie nicht?
Diese Fähigkeiten kann man trainieren, entwickeln, und muss dies auch: auf individueller Ebene wie auch auf gemeinschaftlicher Ebene:
Damit wir ein noch besseres Bild von dem doch revolutionären Beitrag der U-Theory haben, sei hier ein weiteres „4-Felder-Schema“ von Otto Scharmer eingebracht (Abbildung 12).
Indem er die sich weiter entwickelnden Formen der organisationalen Konversation darstellt, wird auch gut ersichtlich, wo blinde Flecken und Widerstände zu erwarten sind. Und wie der „Quantensprung“ durch die Konzepte von Senge und Scharmer und Kolleg*innen sich auf allen Systemebenen mit der Zeit darstellt.
Systems Awareness
High <---------------------------------------> low |
Downloading | Talking nice | Centralized | Hierarchy | FIELD 1 |
---|---|---|---|---|---|
|
Factual listening | Debate: Talking tough | Decentralized | Market | FIELD 2 |
|
Empathic listening | Dialogue: Inquiry, reflection | Networked | Dialogue | FIELD 3 |
|
Generative listening | Presencing: collecitve creativity | Ecosystem | Seeing and Acting from emerging whole | FIELD 4 |
|
Micro Meso Macro Mundo Systems Level |
|
|
|
|
Abbildung 12: Entwicklung von Konversationsformen und organisationaler Impakt (nach Scharmer, 2009; www.presencing.com).
Der Quantensprung in der U-Theory besteht im Wechsel vom Lernen aus der Erfahrung und damit aus der Vergangenheit hin zum Lernen aus der (auftauchenden, sich ankündigenden) Zukunft.
DIALOG - Verfahren
Auch dieses Verfahren ist ein Beitrag aus dem MIT von Peter Senge, dessen Beiträge wir bereits mehrmals im Rahmen des postmodern man bemüht haben. Allerdings greift er bereits beschrittene Wege von Martin Buber [20] und David Bohm [21] auf. Der Dialog bietet eine Methode um Changemanagement, Organisationsentwicklung zu leisten, und damit auch Teamentwicklung und Transformationsbegleitung eines Unternehmens hin zu einer Lernenden Organisation - aus sich selbst heraus. Das Verfahren bietet, aufbauend auf den unten beschriebenen Kernparametern, verschiedene Dialogrunden, Übungssettings zur individuellen und kollektiven, also Gruppenübung an, die Dialog zum Leben bringen. Dialog wird aber auch als Kommunikationsform im Rahmen der Großgruppenverfahren propagiert, wenn diese gelingen sollen.
„Dialog“ ist …
- Ein Weg zu klarer, konstruktiver Kommunikation und damit zu kreativem, authentischen Austausch und zum Denken und Lernen in der Gruppe
- Ein Instrument, um Emotionen, Gedanken, Werte ins Bewusstsein zu holen, und gleichsam als „Schätze“ zu heben
Voraussetzung und Gestaltungswerkzeug für gelingenden Dialog ist letztlich die eigene individuelle Bewusstheit, die Übung der Achtsamkeit in unseren Gedanken, Gefühlen, Worten und Handlungen. Wenn wir dessen gewahr sind, was wir wirklich wahrnehmen, denken, fühlen, sagen, und was unsere wahren Beweggründe, Annahmen und Glaubenssätze sind, dann können wir …
- Begegnung erfahren
- Neues denkbar machen
- Gemeinsam kreativ sein und
- handlungsfähiger werden.
Theorien der Führung – und Praxis der Beratung
Die folgend dargebrachten Ansätze und Theorien entsprechen in ihrer Reihung auch im Wesentlichen der historischen Abfolge. Einzelne, wie etwa die Eigenschaftsansätze, erlebten zeitversetzt eine Neuauflage (seit den 1970er Jahren), allerdings mit veränderten Vorzeichen. Einige der Theorien waren in der Realwirtschaft auch zeitgleich wirksam: gleichsam den heutigen „neuen (und alten) Trends“ im Management schlugen Ansätze wiederholt Wellen, ausgehend von berühmt gewordenen Studien, (guten oder bedauerlichen) Unternehmensbeispielen, sowie berühmten Forschergruppen.
Zur besseren Orientierung sei hier eine kurze Übersicht geboten, in Anlehnung an Jago (1982).
Universelle Theorien:
Führungsqualitäten sind immer und überall gültig und von der Situation unbeeinflusst.
Situative Theorien (Kontingenztheorien):
Das jeweilige Führungsverhalten muss auf die jeweilige Situation abgestimmt sein.
Persönlichkeitsansätze:
Stabile Eigenschaften der Person bestimmen, ob diese Führungsqualitäten hat oder nicht, bzw. erfolgreich sein wird oder nicht.
Verhaltensansätze:
Erfolgreiche Führung liegt allein im (richtigen, gekonnten) Verhalten begründet.
Hierher (Abbildung 13) können Sie immer wieder zurückblättern, um sich in den Theorien nicht zu verirren, vor allem wenn diese sehr spannend für Sie werden.
Universelle Führungstheorien | Situative Führungstheorien | |
---|---|---|
Persönlichkeits- eigenschaften |
Eigenschaften der Führungspersönlichkeit | Führungspersönlichkeit im Kontext der Situation |
Führungsverhalten |
Interaktionsverhalten (der Führungskraft) |
Situation und Verhalten wirken aufeinander wechselseitig ein |
Abbildung 13: Übersicht zu Führungstheorien (nach Jago, 1982)
Eigenschaftsansätze
Bereits in der Antike (Expertenstaat Platons) gab es die Ansicht, dass manche Personen sich aufgrund ihrer Eigenschaften zur Führung eignen, andere nicht. Die starken Bilder von potenten „Führern“, von herausragenden Individuen, welche Geschichte und Gegenwart prägen, sowie Elitendenken gab es von der Antike bis herauf zum vorigen Jahrhundert.
Bei Führungstheorien um 1900 ging man ebenfalls von stabilen Persönlichkeitseigenschaften aus, wenn man denn vom „great man“ sprach. Neben Intelligenz, Dominanz, Durchsetzungskraft und dergleichen mehr wurden selbst körperliche Parameter wie Energie und Statur ins Treffen geführt, wenn es um die Suche nach dem „Erfolgsgaranten“ ging. Der „great man“ war die Antwort auf die grundsätzliche Frage, wer auf Grund welcher Eigenschaften zu einer Führungsfigur wird, und wie diese Eigenschaften den Führungserfolg beeinflussen.
Das Lernen durch Erfahrung wurde in dieser Perspektivenwahl noch nicht mit ein gedacht. Empirische Studienergebnisse (Hogg, 2001; Gebert und Rosenstiel, 2002) konnten nur sehr niedrige Zusammenhänge zwischen Eigenschaften und Führungserfolg attestieren. Eigenschaften werden in unterschiedlichen Kontexten – das werden Sie sicher aus Ihrer Alltagserfahrung bestätigen – unterschiedlich wirksam, oder ergeben in ihrem Zusammenspiel situativ unterschiedliche Effekte (nicht immer nur vorteilhafte für den Führungserfolg).
Nichtsdestotrotz bieten die Eigenschaftsansätze weiterhin eine teilweise Basis für Assessment-Centers und Development-Centers - in den heutigen Formen werden hier allerdings auch Verhalten und Situation in der Auswahl von Führungskräften mitberücksichtigt. Als ein Beispiel für weiterhin (wenn auch im situativen Zusammenspiel) betrachtete Persönlichkeitsfaktoren seien die „Big Five“ [22] genannt: Extraversion, emotionale Stabilität, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit sowie Offenheit für Erfahrungen.
Verhaltenstheorien
Bis zum Ende der 1940er Jahre hatte man auf Eigenschaftstheorien der Führung gebaut. Dann begann jedoch das Paradigma des „great man“ sich in all seinen Ausprägungsgraden als überholt darzustellen. Wahrscheinlich fällt dies nicht nur zufällig in jene Zeit des vorigen Jahrhunderts, in welcher es zum Fall des „Dritten Reiches“ kam. Im Rahmen der Verhaltenstheorien der Führung wandte man sich nun zunehmend dem Verhalten, den Verhaltensstilen von Führungspersonen zu.
Nun erforschte man mittels Fragebögen, Tagebuchaufzeichnungen und Interviews die Tätigkeiten von Führungspersonen, und zog Schlüsse daraus: zum Zusammenhang zwischen Verhalten und Führungserfolg.
So beinhaltet etwa die „Executive Checklist“ von Lozanta-Larsen und Parker [23] folgende, für Führungskräfte typischen Dimensionen:
Supervising,
Planning and organizing,
Decision making,
Monitoring indicators,
Controlling,
Representing,
Coordinating,
Consulting und
Administrating.
Hier fällt durchaus zu Recht auf, dass auch heute noch die Agenden von Führungskräften mehr oder minder, je nach Organisationsfaktoren, mit diesen Tätigkeitsbereichen beschrieben werden.
IOWA-Studien
Über reine Aktivitäten von Führungskräften hinaus blickte man aber auch auf Verhaltensstile, die man zur Unterscheidung von effektivem und ineffektivem Führungsverhalten heranzog. Auf Kurt Lewin, ein Forschungsgrande der 1930er und 1940er Jahre, geht die Unterscheidung zwischen demokratischem, laissez-faire und autokratischem Stil zurück.
Unter einem autokratischen Führungsstil versteht man sehr direktive Anweisungen (quasi-Befehle), es wird in den Arbeitsfluss eingegriffen, die Aufgabenzuteilung erfolgt von oben/außen, Beurteilungskriterien werden nicht immer transparent gemacht, Feedbacks erfolgen in Form von Zurechtweisung, Kritik.
Im Rahmen eines demokratischen Stils wird in der Gruppe gemeinsam mit der Führungskraft zu Zielen und Aufgaben, zur Arbeitsteilung kommuniziert und entschieden. Das selbständige Arbeiten und Transparenz im Geschehen werden von der Führung unterstützt.
Laissez-faire meint schlichtweg, dass die Arbeitsgruppe sich weitestgehend selber überlassen wird, (steuernde, beratende, beurteilende) Inputs vorsätzlich vermieden werden.
Diese Führungsstile sind auch heute noch ein allgemeiner Bestandteil von Führungswissen. Allerdings verhält es sich wie bei anderen Fragmenten zu Führungsknowhow, dass im Regelfall weder Führungskräfte noch Berater*innen dabei mit denken, worauf sich die Theorien ursprünglich bezogen, welche Einschränkungen diese aufzeigten oder aus welcher Perspektive diese gelten könnten.
Zwei-Faktoren Führungstheorien: Ohio-State & Michigan Studien
Nach den Ergebnissen der berühmten „Ohio-State-Studiengruppe“ (Fleishman et. al., Ende der 1940er Jahre) wurden zwei sich ergänzende, zentrale Faktoren ins Treffen geführt, die für den Führungserfolg bezeichnend sind.
In grafischer Darstellung findet man diese des Öfteren als Koordinatensystem in Form eines „Führungs-GRIDs“ vor. Sie leisten auch heute noch in Führungscoachings sowie –trainings einen inhaltlichen Beitrag oder den Hintergrund für die Entwicklungsziele:
„Consideration“: Beziehungsorientierung
gegenseitige Achtung, Respekt und Vertrauen
sensibel auf Bedürfnisse von Mitarbeiter*innen
beziehen Mitarbeiter*innen in Entscheidungen mit ein
fördern Kommunikation in der Gruppe
„Initiating Structure“: Aufgabenorientierung
Verhalten, bei dem die Führungskraft Aufgaben plant und
delegiert sowie
Arbeitsabläufe strukturiert,
um angestrebte Ziele zu erreichen
Die Ohio-Studien lieferten zutage, dass
- die Leistung von der Höhe der Aufgabenorientierung abhängig war (starke „initiating structure“ – hohe Leistungen),
- Beschwerden und Fluktuation (bzw. Mitarbeiter*innenzufriedenheit) von der Beziehungsorientierung abhängen (hohe „consideration“ – geringe Beschwerdenlage, geringe Fluktuation).
Folgeuntersuchungen weisen drauf hin, dass es mit zwei Faktoren wohl nicht getan sein mag, und dass die jeweils gefundenen zwei Faktoren nicht wirklich unabhängig voneinander sind. Dennoch „leben“ diese Ansätze auch heute noch weiter, als „Brillen“, die man sich in raschen Analysen, Coachings oder auch Führungstrainings „aufsetzt“, um eine erste Orientierung zu erhalten.
Das Verhaltensgitter von Blake und Mouton (Managerial Grid – Modell)
Dem Grid-Modell (siehe Abbildung 14) nach bedingt die Kombination aus Sachorientierung und Menschenorientierung, wie eine Führungskraft ihre Ziele erreicht:
- Bei hoher Sachorientierung konzentriert sie sich auf die Aufgabenkomponenten (also production, initiating structure);
- weist eine Führungskraft hingegen eine besonders hohe Menschenorientierung auf, so geht es ihr insbesondere um harmonische Beziehungen und zufriedene Menschen (employee, consideration).
Beide Orientierungen finden sich in einer Vielzahl von Varianten wieder. Die Autoren bieten in diesem Verhaltensgitter 81 Kombinationsvarianten, wobei sie in intensiver Beschreibung auf fünf besonders charakteristische Kombinationsformen eingehen.
Verhaltensstil 1.1:
wird als „Überlebens-Management“ bezeichnet und stellt das Minimum an sowohl Sach- als auch Menschenorientierung dar. Führungskräfte dieser Ausprägung tun gerade einmal, was unbedingt nötig ist.
Verhaltensstil 5.5:
im „Organisations-Management“ orientiert man sich am status quo und versucht den goldenen Mittelweg. Konformität, nicht auffallen und anecken, nichts „falsch“ machen sind hierfür Leitbilder.
Verhaltensstil 9.9:
im „Team-Management“ verknüpft sich eine ausgeprägte Sach- mit einer hohen Menschenorientierung. Das Management holt die Mitarbeiter*innen herein: gemeinsame Schaffensfreude und Konfliktklärung, Mitwirkung, Mitsprache und Mitverantwortung werden zum bestmöglichen Leistungserfolg ausgebaut.
Verhaltensstil 1.9:
im „Glacéhandschuh-Management“ legt man maximal Bedacht auf die Menschenorientierung, und nimmt für ein positives Arbeitsklima auch hohe Einbußen im Leistungserfolg in Kauf.
Verhaltensstil 9.1:
im „Befehl-Gehorsam-Management“ liegt das Verhältnis genau umgekehrt: das Leistungsmaximum wird mittels Macht, Autorität und Kontrolle zu erreichen versucht.
Verhaltensstil 9+9:
… 9+9 stellt einen später hinzu gefügten und im Grid nicht eingezeichneten Stil des „wohlwollenden Diktators“ dar. In patriarchalisch geführten Betrieben findet sich auch heute noch gerne die Haltung: „solange Sie tun, was ich bestimme, und solange Sie sich als kooperativ erweisen (nicht widersprechen) und funktionieren, solange haben sie es gut hier (bei mir)“.
Abbildung 14: Das Grid-Verhaltensgitter (nach Blake & Mouton, 1986, S. 28)
Wie alle bisher angeführten Theorien ist auch das Verhaltensgitter von Blake und Mouton eine „universelle Theorie“ – es fehlen sämtliche situationsbedingten Aspekte. Diese wurden hingegen in den folgend geschilderten Kontingenztheorien in den Brennpunkt gerückt.
Kontingenztheorien
Diese Theorien fußen in der Sichtweise und Erkenntnis, dass Ereignisse und Situationen einander bedingen. Demnach erlauben bisherige Fokussierungen auf Führungseigenschaften oder Führungsverhalten für sich allein keine adäquate Schilderung der Realität und gewährleisten keine kluge Empfehlung für optimale Führung.
Kontingenztheorien beschreiben nun Führungsstile in Abhängigkeit von bestimmten Situationsparametern als besonders erfolgreich (oder als nicht empfehlenswert).
Kontinuumstheorie Tannenbaum & Schmidt
Wesentliches Element dieser Führungstheorie ist der Entscheidungsspielraum, der bildlich gesprochen als „Raum“ entweder mehr von der Führungskraft, oder von der Arbeitsgruppe gehalten und bespielt wird (je mehr Entscheidungsspielraum eine Seite hat, umso weniger Raum kann/wird die andere Seite einnehmen).
Die Autor*innen tragen die graduelle Verschiebung des Entscheidungsspielraums auf ein Kontinuum zwischen den Polen „autoritär“ und „demokratisch/kooperativ“ auf.
Diese bipolare Aufspannung (siehe Abbildung 15) konnte in vielen empirischen Studien bestätigt werden.
Abbildung 15: Die Kontinuums-Theorie nach Tannenbaum & Schmidt (1958, Anlehnung an Weibler, 2001, S. 300)
In der Frage nach dem erfolgreichsten Führungsstil sind hier die Charakteristika der Führungskraft, die Charakteristika der Mitarbeiter*innen und die Charakteristika der Situation gemeinsam entscheidend.
Das Kontinuumsmodell fordert seit jeher, dass eine gute Führungskraft nach kluger Analyse der Charakteristika (etwa im Rahmen einer Beratung) selbst entscheidet, welcher Stil der „richtige“ sei. Und sich demnach darin auszeichnet, souverän situativ auf der „breiten Klaviatur“ der Führungsstile spielen zu können.
Kontingenzmodell von Fiedler
Diese Kontingenztheorie stellt im Unterschied zu den anderen dieses Kapitels eine (situative) Eigenschaftstheorie dar. Es geht hier also nicht mehr um das richtige Verhalten, sondern darum, die richtigen Eigenschaften zur vorgefundenen Situation zu finden.
Im Gegensatz zu universellen Eigenschaftstheorien - dem/r aufmerksamen Leser*in wird dies nicht entgangen sein - geht es hier nicht mehr um schlechte versus gute Führungspersönlichkeiten, sondern um die „situativ richtige Wahl“: wer hat den passenden Führungsstil. Die betrachteten Eigenschaften werden hier als kaum veränderbar, als stabiles Persönlichkeitsmerkmal angesehen.
Die Führungssituation, zu welcher der Führungsstil passen soll, wird nach Fiedler durch folgende Parameter gekennzeichnet (siehe Abbildung 16):
„Führende-Geführten-Beziehung“:
persönliches Vertrauen und Respekt stellen die tägliche Grundlage für die gemeinsame Zielverfolgung
„Aufgabenstruktur“:
wie spezifisch, klar sind Aufgaben und Ziele, wie vielfältig sind die Lösungsmöglichkeiten und wie sicher kann man sagen, dass eine Entscheidung die richtige war (Verifizierbarkeit)
„Positionsmacht des/der Führenden“:
Beeinflussungsmöglichkeiten, die der Führungskraft zur Verfügung stehen (Belohnung, Bestrafung).
Abbildung 16: Die acht Situationstypen im Modell von Fiedler (zitiert nach Kirchler, 2005, S. 448)
Fiedler gibt nun auch klare Empfehlungen ab, welcher Führungsstil (und damit jene Person, die diesen Stil besonders ausgeprägt hat) wann günstig sein wird:
Ein Führungsstil mit hoher Personenorientierung ist in Situationstyp IV, V & VI günstig
In allen anderen Situationen ist ein Stil mit hoher Aufgabenorientierung zu favorisieren!
Fiedler zählt zwar zu den meist zitierten Autoren im Bereich der Führungsforschung, ja man kann sogar getrost anmerken, dass die meisten Publikationen zum Ende des vorigen Jahrhunderts in diesem Bereich sich stark auf seine Erkenntnisse bezogen haben. Doch eine klare Einschränkung muss hier auch bei Fiedlers Modell unterstrichen werden: sein Modell gilt nicht für neu komponierte Arbeitsgruppen (etwa in einer Storming Phase), und klammert auch alle Effekte aus, die mit gruppendynamischen Phänomenen einhergehen. Fiedlers Modell „funktioniert“ bildlich gesprochen nur im Rahmen eines Standbildes. Zudem gibt es rege, vielfältige Kritik an seinen Ergebnissen.
In der Beratungspraxis findet dieses Modell dennoch regen Niederschlag, allerdings weniger wie bisherige Modelle in Verhaltenstrainings oder bewusstseinsstärkenden Coachings, sondern in der situativ abgestimmten Auswahl von Führungskräften (siehe Assessment-Centers).
Normatives Entscheidungsmodell
Dies ist ein guter Versuch, eine Antwort zu finden auf die Frage: „wie soll man führen, wenn es darum geht…
- möglichst rasch
- möglichst gute, rationale Entscheidungen zu treffen
- welche von den Geführten auch möglichst nachhaltig mitgetragen, angenommen werden“
Anhand eines Entscheidungsbaumes findet man den situativ stimmigen Entscheidungsstil (siehe Abbildung 17). Hierfür muss man sich 7 Fragen stellen und hierbei auf ein klares „Ja“ oder „Nein“ kommen [24] , um im Entscheidungsbaum (Abbildung 17) zu einer Lösung zu finden:
- Ist Qualität wichtig, und eine Lösung vermutlich besser als die andere?
- Genügt meine Information für eine hochwertige Entscheidung?
- Ist das Problem strukturiert?
- Ist es für die Ausführung wichtig, dass die Mitarbeiter*innen die Entscheidung nachhaltig akzeptieren?
- Wird die Führungsentscheidung von den Mitarbeiter*innen akzeptiert werden?
- Besteht Commitment der Mitarbeiter*innen zu den Organisationszielen, die durch die Problemlösung erreicht werden sollen?
- Ist bei einer mehr oder minder gemeinsamen Entscheidung mit Konflikten zwischen den Mitarbeiter*innen zu rechnen?
Abbildung 17: . Der Entscheidungsbaum nach Vroom & Yetton (1973, zitiert nach Gebert & Rosenstiel, 2002, S. 210)
Vroom und Yetton (1973) finden zu folgenden Entscheidungsstilen:
AI - Autoritäre Entscheidung 1:
Führungskraft entscheidet selbst anhand vorliegender Informationen
AII - Autoritäre Entscheidung 2:
Information wird bei den Mitarbeiter*innen eingeholt, diese werden jedoch nicht weiter informiert oder involviert. Führung entscheidet.
BI - Beratende Entscheidung 1:
ein kleiner Pool an Mitarbeiter*innen wird zu Erörterung und Konsultation einbezogen, die Entscheidung kann aber dennoch unabhängig davon von der Führung getroffen werden.
BII - Beratende Entscheidung 2:
Diskussion und Erörterung mit dem gesamten Team, Entscheidung liegt bei der Führungskraft.
GII - Gruppenentscheidung:
gemeinsame Erörterung und Diskussion sowie Entscheidung.
Studien haben gezeigt, dass die Einhaltung dieses Modells tatsächlich positiv auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen wirkt, auch werden Entscheidungen positiver bewertet. Dennoch muss hier auch darauf hingewiesen werden, dass die so erzielten Resultate nicht immer effektiv sind.
Dieses Modell zeichnet sich demnach durch seine Klarheit und Begrenzung auf Entscheidungssituationen aus, und liefert auch sehr gute Richtlinien für eine erste Annäherung an pragmatische Unternehmenssituationen. In der Beratungspraxis findet dies Eingang in Coachings, in Führungskräfteausbildungen, Emergent Talent Programs, (Entscheidungs-)Trainings und mitunter in Development-Centers.
Und nicht zuletzt könnte man den hier geführten Term „Mitarbeiter*innen“ und „Führende*r“ auch mit „Kund*in“ und „Berater*in“ ersetzen, um das eigene Sensorium in diesem Spannungsfeld zu schärfen.
Situative Reifegradtheorie von Hersey und Blanchard
Auch bei Hersey und Blanchard (1977) finden wir jene bereits bekannten Dimensionen wieder, denen zufolge Führung sich verstärkt auf Mitarbeiter*innen oder auf Aufgaben fokussiert. Die Führung steht also in der Pflicht, sich ein stimmiges Bild der Situation zu machen und den eingesetzten Führungsstil passend zu wählen und zu gestalten. Wann ist nun welcher Akzent, welcher Stil passend?
Dies hängt hier davon ab, welchen Reifegrad Mitarbeiter*innen aufweisen: je nachdem wie ausgeprägt deren „job maturity“ und „psychological maturity“ ist, wird in der Führung ein anderer Schwerpunkt zu setzen sein:
- Unter „job maturity“ versteht man Fertigkeiten und Wissen, welche zur erfolgreichen Bearbeitung der Jobaufgaben eingesetzt werden, wobei man sich bildlich gesprochen zwischen Neueinsteiger*in bis hin zu Fachexpert*in und Spezialist*in bewegt.
- Mit „psychological maturity“ subsummiert man Faktoren wie Leistungsmotivation und Selbstsicherheit, die sich etwa mit zunehmender Seniorität im Arbeitsleben oder im jeweiligen Job entwickeln.
Reife Mitarbeiter*innen übernehmen demnach gerne und in verlässlicher Weise Verantwortung, arbeiten weitestgehend selbständig und orientieren sich gerne an herausfordernden, wenngleich realistischen Zielen.
Vier Reifestufen („maturity“ M1 bis M4) lassen sich wie folgt bebildern:
- M1: Ein/e Mitarbeiter*in muss sich erst mit den eingesetzten Softwareprogrammen, typischen Arbeitsprozessen, Tagesstrukturen in einem neuen Job anfreunden, hat aber genau genommen keine große Freude daran, oder fühlt sich darin sehr unsicher, etwa die neue Firmendatenbank kennen zu lernen.
- M2: Ein/e Mitarbeiter*in hat sich in die wesentlichen Elemente ihres Jobs eingearbeitet, kennt das Unternehmen bereits besser, ist aber noch weit von echter Performance entfernt, und strengt sich an, besser zu werden. Oder erlebt schon sehr viel Spaß an ihren Agenden, braucht aber recht häufig noch die Unterstützung von Arbeitskollegen und Vorgesetzten.
- M3: Ein/e Mitarbeiter*in macht den Job gut. Hat aber keinen Elan, es macht ihm keine Freude. Oder er findet die neuen Projekte zwar aufregend und könnte diese auch bewältigen, zeigt sich jedoch durch das Neue und die Veränderung sehr verunsichert, ob er das auch hinbekommen wird.
- M4: Die/der Mitarbeiter*in ist vollkommen in Job und Team integriert, bringt ihre eigene Expertise ein, und erlebt viel Spaß an ihrer Performance, sie wird auch von anderen um Rat gebeten. Die Mitarbeiterin ist in jeglicher Hinsicht autonom, fähig, und motiviert sich selbst laufend.
Gelingt die Einschätzung der Führungskraft, wird sie folgende Führungsstile und damit Akzente wählen, um den Mitarbeiter*innen in den vier unterschiedlichen Reifestufen passend zu begegnen (siehe Abbildung 18):
Abbildung 18: Reifegradmodell nach Hersey & Blanchard (1982, S. 152, zitiert nach Weibler, 2001, S. 325)
In den vier Stufen sind folgende Schwerpunkte im Rahmen der Führungstätigkeit zu setzen:
„Telling“:
- hohe Aufgabenorientierung
- Schwerpunkt auf: diktieren, leiten oder etablieren
„Selling“
- hohe Mitarbeiter*innen-Orientierung & hohe Aufgabenorientierung
- Schwerpunkt auf: argumentieren, erklären, klarstellen, überzeugen
„Participating“:
- geringere Aufgabenorientierung & sehr hohe Mitarbeiter*innen -Orientierung
- Schwerpunkt auf: ermutigen, zusammenarbeiten, anvertrauen
„Delegating“:
- reife Mitarbeiter*innen & hohe Fachkenntnisse & hohe Leistungsmotivation
- Schwerpunkt auf: delegieren, beobachten, bevollmächtigen
Was dieses Modell leistet: es legt eine auch für den Führungsalltag sehr intuitive, einleuchtende Orientierung in die Hand - wiederum eine gute „Brille“.
Charismatische Führung
Bereits in den frühen 1980er Jahren lieferte House fundierte Überlegungen zur Verknüpfung von Charisma und Führung, bis zur Jahrtausendwende stimmten eine Reihe weiterer Autoren ein [25] . Führt man heute Interviews oder Befragungen in unterschiedlichen Betrieben zu „Leadership“ durch, so taucht der verstärkte Ruf nach charismatischen Leadern auf. Nicht nur Praktiker*innen sind der Ansicht, dass der Nährboden hierfür wohl einerseits darin liegt, dass über viele Jahre hinweg eine immer technischere Form der Führung gelebt wurde und in weiten Arbeitsbereichen schlichtweg die Vision und Sinnerfüllung abhandengekommen ist. Auch wird wohl in einer multimedialen Welt starker Bilder und komplexer Zusammenhänge alltäglich der Wunsch nach Erlebnisstärke und nach Vereinfachung und klarer Orientierung stärker.
Charismatische Führungskräfte geben genau das: als Modell leben sie vor, wie ein „Held“ agiert, dem man gerne was „abschaut“ ohne gleich „perfekt“ werden zu müssen. Charismatische Menschen nehmen einem auch etwas ab: die eigene Suche nach Träumen, Zielen, Sinn – man kann sich ihnen anschließen und damit an Visionen, Klarheit und Kraft teilhaben (siehe Abbildung 19).
Die Wurzeln dafür, dass wir für charismatische Führung empfänglich sind, liegen der Verhaltensforschung nach in menschheitsgeschichtlichen Vorphasen als - ähnlich dem Tierreich - Dominanz, Stärke und Mut dafür ausschlaggebend waren, ob die Sippe überleben wird (wobei auch diese Argumentation sicher keine letztgültige Wahrheit in sich trägt und durchaus auch angefochten wird).
Nun basieren funktionale Hierarchien (wie vertikale betriebliche Führung) vielmehr auf Logik, als auf Charisma. Doch Logik allein schafft keine Hoffnung, keine Emotion. Charisma wirkt demnach, da es (insgeheim) eine Erleichterung unserer menschlichen Grundängste bietet, wie etwa: „ich bin ein niemand“, „ich kann nichts“, „ich bin allein“, „ich bin hilflos“, „ich verliere die Kontrolle und Orientierung in der Welt“ [26] .
Anders betrachtet, hat Charisma damit sehr viel mit Dynamiken des Vertrauens zu tun. Neuere Akzente der Charismatischen Führung schwenkten denn auch sehr stark zur Befassung mit Aspekten des Vertrauens um.
Als Grundsteine des Charismas kann man Vertrauen, Kompetenz und Integrität ins Treffen führen: wir vertrauen Führungspersonen, denen wir ob ihrer Fähigkeiten und ihres „Images“ zutrauen, „es zu schaffen“, dabei „echt“ zu sein und menschliche Grundwerte zu beachten und zu pflegen. Charisma kann darum auch nicht mittels optimierter Verhaltensweisen wie perfektionierter Kommunikation und Selbstpräsentation (siehe „sportliche“ Verhaltenstrainings) erreicht werden, zumindest nicht auf lange Sicht.
Charismatische Führung bereichert die bisher betrachtete, klassische aufgaben- und personenbezogene Führung um das Element der Zukunftsvisionen und damit der „Strahlkraft“. Nach House führen bestimmte Eigenschaften charismatischer Führungskräfte (leichter als sonst) zu bestimmten, für alle Seiten vorteilhaften (emotionalen) Reaktionen und Handlungen. Neben Arbeitszufriedenheit und erzielter Leistung rückt nun auch die menschliche Emotion in den Fokus, und damit der Selbstwert der Geführten sowie deren Vertrauen in die Führungskraft.
Aus der Vertrauensforschung kann hier festgehalten werden, dass Vertrauen immer mit Fragen um die Zukunft, mit Unsicherheit und Verletzbarkeit sowie freiwilliger Interaktion und „Gefolgschaft“ zu tun hat. Vertrauen verbessert die Kommunikation, Motivation und Zufriedenheit, und damit auch die Leistungsergebnisse. Besonders in veränderungsstarken Zeiten
Transaktionale Führung
Es stehen hier nachdrücklich die ökonomischen Ziele im Zentrum. Um diese (bestmöglich) zu erreichen, setzt man auf die innere, intrinsische Motivation der Mitarbeiter*innen. Motivation wird stimuliert, und Unternehmensteile sowie die einzelnen Mitarbeiter*innen auf die konkreten Ziele hin ausgerichtet.
Im Hintergrund der transaktionalen Führungskonzepte steht die Transaktionsanalyse (Eric Berne), eine psychotherapeutische Schule, die Ihre Wurzeln im Werk Sigmund Freuds findet.
Um den Kern von transaktionaler Führung besser zu verstehen, werfen wir einen Seitenblick in die Grundanschauungen der Transaktionsanalyse:
- Die Menschen sind in Ordnung und von Grund auf gut.
- Jeder kann „Denken“.
- Jeder Mensch entscheidet selbst über sein Schicksal und kann seine (bisher/ bereits gefällten) Entscheidungen auch ändern.
Die Fundamente transaktionaler Psychotherapie, Gesprächsformen (Coaching) sind demzufolge:
- Die Grundlage für jede Arbeit ist ein Vertrag.
- Die Kommunikation ist frei und offen.
Dies lässt sich direkt in den Arbeitskontext überführen. Hierbei fällt zu früheren Führungskonzepten auf, wie stark hier die Eigenständigkeit, Mündigkeit aller Mitarbeiter*innen, und vor allem das Medium der gemeinsamen Kommunikation hervorgehoben wird.
Wesentlicher Bestandteil der transaktionalen Führungsansätze sind psychologische Motivationstheorien - Führung optimiert, indem sie sich diese Erkenntnisse zunutze macht. Motivierte Mitarbeiter*innen tragen mehr von sich aus zu den Unternehmenszielen bei und erbringen auch herausragende Leistungen. Wie oben beschrieben sprechen wir hier von fähigen, mündigen Mitarbeiter*innen, die „von Haus aus“ nach intrinsischer Motivation streben. Im Brennpunkt der Führungstätigkeit steht folglich die Frage, wie man intrinsische Motivation stimulieren kann oder aber nicht verhindert: dieses „aus sich selbst heraus“ Antrieb und Freude finden bei der Arbeit.
Dies gelingt durch Kommunikation über und von konkreten Zielen, sowie durch Transparenz zu den Firmen-, Abteilungs- und Arbeitsgruppenzielen.
Peter Drucker [27] hat mit „Management by Objectives“ eine Variante transaktionaler Führung geprägt: Unternehmensziele werden in Unterziele aufgespannt, diese als Individualziele mit jedem/r einzelnen Mitarbeiter*in besprochen. Wesentlich hierbei ist, dass die besprochenen Ziele bestimmten Qualitätskriterien entsprechen (siehe „smarte“ Ziele im Kapitel II) und auch persönliche Ziele des/r Mitarbeiters/in mit einbinden, wie etwa eine bestimmte Fortbildung, Spezialisierung in der Arbeit, Lebensgestaltung. Besonders daran ist, dass diese Zielvereinbarung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*innen denn auch einen quasi zusätzlichen Arbeitsvertrag darstellt, der oft auch an Prämien und Boni und damit zusätzlich an extrinsische Motivatoren gekoppelt ist. Denn für eine Transaktion (z.B. Leistung) bekommt man eine andere zurück (Anerkennung, Geld, Spielraum, Beförderung etc.). Die Zielvereinbarung prägt und richtet den Alltag der Mitarbeiter*innen maßgeblich aus. In der Vereinbarung wird eine beidseitige Gewinnsituation angepeilt: auf der einen Seite sollen die klassischen Erwartungen eines Unternehmens an seine Angestellten bedacht werden, auf der anderen Seite die Mitarbeiter*innen -Erwartungen nach Orientierung, Klarheit und Zielen - aber auch nach Mündigkeit und Eigenständigkeit. Entscheidungs- und Handlungsspielräume werden hier ebenso gemeinsam festgehalten, wie Zeitpunkte, zu denen man sich bisherige Ergebnisse gemeinsam anschauen will. Hier kommen dann transparente Zielerreichungskriterien zur Anwendung, Ziele können zudem in unterschiedlichen Graden erreicht werden.
Führen mittels Zielvereinbarungen zeigt sich letztlich jedoch erst dann, wenn es als sich wiederholender Prozess gelebt wird - der immer wieder Räume für die zielgerichtete gemeinsame Betrachtung und Neuausrichtung sowie Vereinbarung bereithält und kultiviert. Dies erlaubt einerseits ein besseres Monitoring durch die Führung, aber auch durch Mitarbeiter*innen selber, und damit zu gemeinsam bestimmten Korrekturen am Weg, womit Lernen jederzeit möglich ist.
Unter dem Begriff „Management by Exceptions“ finden wir einen weiteren Mosaikstein transaktionaler Führung: die Führungskraft greift nur in schweren Ausnahmefällen ein, und weist direktiv an, was zu tun ist. Dieses Eingreifen ist an vorbestimmte Sollgrößen im System gebunden, und kann nicht einfach aus Gutdünken der Führung spontan beschlossen werden.
Aus Metastudien (siehe Kirchler) weiß man, dass diese transaktionalen Managementansätze (siehe Abbildung 20) sehr wohl einen nachweislich starken positiven Einfluss ausüben auf die Kooperationsqualität, die Arbeitsatmosphäre, das Engagement der Mitarbeiter*innen, sowie auf die Zielerreichungsqualität und Leistungskennziffern der Unternehmen.
Im Zentrum der transaktionalen Führung steht also einerseits das Rationalitätsprinzip (Unternehmensziele erreichen) und das Prinzip der Reziprozität, der Wechselseitigkeit („geben und bekommen“). Transaktional Führen ist somit das „Management von Tauschgeschäften und der Fähigkeit, Ergebnisse unter Kontrolle von Strukturen und Prozessen zu erzielen“ (S.469, Kirchler). Verhandlung spielt hier eine wesentliche Rolle.
Niederschlag findet dieser Ansatz nicht nur im heutigen breiten Führungsalltag, sondern auch im „leadership branding“, der markenorientierten Unternehmens- und Mitarbeiter*innenführung. Trainings gewährleisten, dass Mitarbeiter*innen und Führungskräfte diesem Ansatz optimiert folgen können. Dies geschieht etwa durch Managementtrainings zum Zielvereinbarungsgespräch, oder zur professionellen Definition von (Unter-) Zielen. Auf die gegebenen Werte aufbauend, finden auch Workshops zur Optimierung der eigenen Arbeitsgestaltung, Coachings zum Selbstmanagement und dergleichen ihren beraterischen Einsatz.
Auch im Design von optimalen Informationssystemen und Kommunikations-systemen (transparente operationale Ziele, Ist/Soll/Prüfgrößen, Zeitpunkte, Reports etc.) im Betrieb finden wir die Leistung externer Beratung wieder. Denn ohne entsprechendes Kontroll- und Berichtwesen lässt sich diese Führungsform nicht umsetzen.
Transformationale Führung
Dieser Begriff geht auf die späten 1970er Jahre und auf Burns [28] zurück.
Im Brennpunkt transformationaler Führung steht:
„wenn eine oder mehrere Personen einander derart verpflichtet sind, so dass Führende und Geführte sich gegenseitig zu höheren Ebenen der Motivation und Moralität heben“ [29] .
Sehr oft wird transformationale Führung in einem Atemzug mit charismatischer Führung oder auch mit visionärer Führung genannt und behandelt, in beiden Ansätzen geht es schließlich darum, dass Führung Werte und Sinn vermittelt. Und dass Führung eine Modellfunktion erfüllt, indem die Führungskraft in ihrem Handeln eine starke Vision zum Ausdruck bringt und damit den Untergebenen Inspiration und Motivation schenkt.
Transformationale Führung will, im Einklang mit dem Terminus, verändern, entwickeln, folgende Faktoren auf eine höhere Stufe bringen:
Werte, Bedürfnisse, Einstellungen, Sichtweisen, Handlungsweisen.
Und ist damit ein Gegenakzent zu Kennzahlengetriebenheit, zu stark geregelter, fast schon technokratischer Führung.
Transformationale Führung visiert umso mehr die menschliche Emotion an, und erreicht ihre Ziele über die psychologische Wirkung der Identifikation und Projektion.
Dies schafft sie nur über das Vertrauen und damit über die Beziehung, nicht über direkte Kontrolle. Mitarbeiter*innen identifizieren sich gerne und stark mit einer charismatischen Persönlichkeit in der Führung. Über den persönlichen, emotional positiv erleben Kontakt mit dieser identifizieren sie sich sehr stark mit der vorgelebten Unternehmensvision. Positiv erlebten Führungspersonen wird auch noch mehr an wertvollen Eigenschaften und Fähigkeiten zugeschrieben, Mitarbeiter*innen „projizieren“ auf Ihre Vorgesetzten.
Die Führungskraft wirkt transformativ indem sie auf vier Ebenen wirkt (siehe Neuberger [30] , [31] ):
Charisma:
„man vertraut mir (als Führung) und eifert meinem Beispiel (meinen „bigger-than-life-issues“nach)
Inspiration:
„… schaffe ich, indem ich mit Bildern, Symbolen und emotionellen Appellen kommuniziere. Dadurch mache ich die angestrebten Ziele bewusst und bringe diese in die Köpfe und Herzen meiner Mitarbeiter*innen. Die von mir getragene Vision hat viel Erstrebenswertes in sich, dem wir Menschen gerne entgegenlaufen.“
Intellektuelle Stimulation:
„So treibe ich Veränderung im Kleinen wie Großen an: ich gebe meinen Leuten Mut, es anders anzugehen, eine andere Perspektive einzunehmen, mit bisherigen Gewohnheiten und Prozessen zu brechen. Wir stellen auch bisherige Werte unserer Organisation konstruktiv in Frage“.
Individualisierte Wertschätzung:
„Ich gehe mit jedem anders um, achte jedoch auf Fairness. Ich kümmere mich darum, dass meine Leute die gestellten Herausforderungen effektiv bewältigen können“.
Transformationales Führen (siehe Abbildung 21) bringt nachvollziehbarerweise höheres Commitment, Engagement, und besonders in Kombination mit transaktionalen Führungsakzenten auch um ein gutes Stück höhere Leistungswerte im Unternehmen. Wie Kirchler und Rodler (2002) hervor streichen, stimuliert transformationale Führung insbesondere die Motivation. Transformationale Führer schaffen, dass ihre Untergebenen „…do more than they originally intended and often even more than they thought possible [32] “.
Und damit „federt“ transformationale Führung besonders in massiven Umbruchzeiten, in Change-Phasen (Merging Phasen) die natürlich aufkommenden Ängste, Unsicherheiten und Orientierungslosigkeit gut ab. In Abbildung 21 sieht man, wie transaktionale Führung „ en détail“ wirksam wird.
Abbildung 21: Transformationale Führung, nach Bass, 1985, S.23
Warnungen an Leader, die betont transformational führen, könnte man wie folgt formulieren, und damit auf die Bruchbereiche dieses Ansatzes hinweisen (siehe auch Neuberger):
Lass dich auch mal beurteilen und hinterfragen
Gib der Vielfalt in deinem Team Raum, und stelle die zentralen Werte und Einstellungen nicht als absolut in den Raum
Bedenke, was im Unternehmen geschehen soll, wenn Du als zentrale Person ausfallen solltest
Beachte auch, dass der Einsatz deiner Mitarbeiter*innen nicht zu blindem und quasi religiösem Eifer wird!
Insgesamt findet man durch viele Metaanalysen gesichert ein „gutes Zeugnis“ für transformationale Führung punkto Performance und Zufriedenheit aber auch punkto Effektivität, Motivation sowie Commitment. Und dies für nahezu alle Organisationsformen und Bereiche (Forschung, Schule, Verkauf, Finanz, Militär, Umweltschutz, Regierung, Kirche etc.)!!!
Im Forschungsprojekt „Globe“ wurden seit 1991 in 62 Ländern, von 170 Forscher*innen insgesamt 17.300 Manager*innen in 951 Organisationen befragt: Transformational-charismatische Führung stellt weltweit DIE erwünschte Art von Führung dar, und wird als universell und als effektiv erachtet. [33]
Symbolische Führung
Wir Menschen leben in einem Universum der Bedeutungen, der Symbole; Bilder treiben und bestimmen unser Denken, Fühlen, Entscheiden, Handeln. Wir produzieren und verändern Symbole in unseren Begegnungen, in unseren Interaktionen. Beispiele für Symbole [34] sind etwa Rituale, Statussymbole, Architektur, Moden, Geschichten, Glaubenssätze, „Höf“lichkeiten (im Sinne von Verhaltenscodes, wie man isst, sich bewegt, spricht etc.).
Führung an sich ist demnach auch ein Symbol, auf das wir uns einigen, und dem wir zuschreiben, dass es „so“ zu sinnvollem Arbeiten in Unternehmen kommt. Führungskräfte sind ebenfalls Symbole – als Modell.
Symbolische Führung (siehe Abbildung 22) bringt Symbole ins Spiel, und nutzt bestehende Symbole, um eine Wirkung bei den Untergebenen zu erzielen. Letztlich wirkt dieser Führungsansatz, indem interpretiert wird. Wirksame „Symbole“, also Sinnbilder, sind auch (finanzielle) Anreize, Regeln, Inhalte. Im direkten Führen steuert die Führungskraft, dass all diese Symbole „richtig“ interpretiert werden, dass alles für den Einzelnen und im Rahmen des Unternehmens „Sinn macht“.
Abbildung 22: Symbolisches Management (siehe Neuberger, 2002, S.651)
Dies schafft man neben der alltäglichen, bildstarken Kommunikation auch durch strategisch gesetztes Visualisieren von Unternehmensgrundsätzen, Leitbildern, Mission, Vision. Oder durch die Sensibilität, wann, wo, wie man was kommuniziert, denn dies wird eine andere Bedeutung, ein anderes Symbol, einen anderen Sinn vermitteln (etwa die Umstrukturierung im Betrieb, Kurzarbeit etc.).
Letztlich geht es hier darum, dass Bedeutungen, Sinn das Handeln beeinflussen und bestimmen, und Handlungen gewisse Bedeutungen, einen bestimmten Sinn zugeschrieben bekommen. Als optimal wird hier gesehen, wenn Aktionen das bedeuten, was in die Sinnbilder des Unternehmens passt - und dies auch bei allen klar angekommen und präsent ist.
Dem/r werten LeserIn wird nicht entgangen sein, dass diese Perspektive etwa fast schon „abgehobenes“ an sich hat, die individuelle Beziehung ebenso zu einem abstrakten Wert, eben einem Symbol verändert.
De facto kann man sich aus Beratersicht wohl am ehesten vorstellen, dass symbolische Führung ein guter Akzent in Umbruchsituationen darstellen kann, vor allem in der eigenen (Führungs-, Betriebs-, Prozess-) Analyse. Zur innerbetrieblichen Orientierung in Krisen tragen Überlegungen zu Symbolen sicher etwas bei - wie etwa: „wofür steht das“, „was macht das mit dem System“, „welches Symbol muss raus, uminterpretiert werden, neu dazu kommen“ etc…
Schwierig wird die „zackige“ Umsetzung symbolischer Führung, wenn Symbole im Unternehmen auch in Subkulturen identisch interpretiert werden sollen: wie etwa von externen aber integrierten Dienstleister*innen, Lehrlingsgruppen, oder ausgelagerten satellitären Einheiten (siehe Indien, Pakistan). Wir sprechen hier letztlich von Themen der Firmenkultur, des kulturellen Führens.
Systemische Führung
Systemisches Führen baut im Wesentlichen auf den Erkenntnissen der neueren Systemtheorie [35] auf. Hier sind Organisationen (Unternehmen, Vereine, Institutionen etc.) soziale Systeme, die aus Kommunikationsakten bestehen. Kommunikationsakte stehen somit im Fokus, nicht (so sehr) die natürlichen Personen als Mitglieder. Nun können soziale Systeme nicht selbst denken oder sprechen, also Kommunikationsakte erbringen. Dies schaffen sie über die „psychischen Systeme“ der Mitglieder. Psychische Systeme ihrerseits bestehen vereinfacht gesagt, aus Gedanken. Soziale Systeme (siehe Unternehmen) sind also mit psychischen/ Bewusstseinssystemen (Mitarbeiter*innen) eng verkoppelt, sie beeinflussen einander, während sie „Kommunikationsakte setzen“ oder „denken“.
Führung schafft bewusst Ordnung durch Strukturen, innerhalb welcher Selbstorganisation stattfinden kann. Mitarbeiter*innen organisieren sich in organischer (und nicht in Reißbrett-) Form ständig selbst, wenn sie Mehrwert produzieren, um Leistung zu generieren. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, nicht nur rationale Ursachen-Wirkungs-Elemente.
Führung hat in den Bereich der Selbstorganisation kaum oder in jedem Fall weniger Einfluss, als die MitarbeiterInnen selbst es haben. Die Systeme sind gekoppelt, aber selbständig – siehe Abbildung 23.
Systemisches Führen trägt demnach viel Sensibilität, Respekt für das System, für die Menschen darin, und für die Kultur in diesem System in sich. Wenn es etwa zu auffallenden Verhaltensweisen bei Mitarbeiter*innen kommt, dann wird das nicht auf der Ebene der echten Person gesehen, sondern diese Person ist quasi „Symptomträger*in“, stellvertretend für das System. Es wird also vordergründig immer darum gehen zu hinterfragen, was im gesamten System dazu geführt hat. Ebenso misst man auch „abwegigen“ Mustern im System ihren eigenen Sinn und Wert bei:
Gerüchte etwa sind nicht ein Persönlichkeits- oder Kommunikationsproblem einzelner Rädelsführer, sondern ein Ventil, das Sinn macht, indem es eine Balance herstellt zwischen den Dingen die offen gesagt werden und den Tabus - den explizit nicht offen kommunizierten Dingen.
Ein Beispiel ist auch, wie häufig in Unternehmen die IT-Abteilung zum Buhmann wird, stellvertretend für alle möglichen Unzulänglichkeiten des Gesamtsystems. Systemische Führung würde hier mit Sicherheit andere Wege gehen, um dieses Thema konstruktiv zu lösen, als klassische Führung mit betriebswirtschaftlichem Fokus.
Führungskräfte greifen darum nur mit besonderer Achtsamkeit „führend“ in ihr System ein, und nehmen stark darauf bedacht:
- … Anpassung und selbständige Entwicklung („Evolution“) im System und des Systems zu ermöglichen und zu fördern (denn es gibt keine Entwicklung abseits des Systems und kein System ohne Anpassung und Evolution)
- … das System mit Respekt zu behandeln
- … Extreme Erscheinungen zu tarieren, zu moderieren
- … keine endgültigen Lösungen finden zu wollen
- … laufende Dynamiken und Prozesse am Leben zu halten
- … mit Unklarheiten, Unterschieden, Mehrdeutigkeiten konstruktiv zu leben
- … Potentiale, Chancen zu schaffen und zu pflegen
- … Probleme zu identifizieren und zu lösen
Folgt man Luhmann´s Grundsätzen, so wirft die neuere Systemtheorie ein wesentlich anderes Licht auf ein Unternehmen: es befindet sich in einem ständigen Ereignislauf, dessen Ausgang stets unbestimmt bleibt. Hier setzen etwa Führungsperspektiven an, denen zu folge die Führung eines Unternehmens letztlich eine Illusion bleibt, und nur funktioniert, weil man das System dies glauben lässt, und weil man sich das selber bzw. das System einem dies glaubt. Etliche Aussagen gegenwärtiger Wirtschaftsmagnaten bestätigen diesen Blickwinkel als einen sehr angebrachten und aufschlussreichen, direkt aus deren Alltagspraxis.
Spezielle Systemische Führungsansätze
In den letzten 10 Jahren beobachtet man eine fast durchgängige Annäherung der Beratungszunft an Systemisches Gedankengut.
Zumeist wird hier „systemisch“ jedoch in vager Form als „ganzheitlich“ verstanden. Aus Sicht des Autors hält sich der Wiener Ansatz am stringentesten an die zugrunde gelegte Systemtheorie Luhmann´s [36] [37] .
Berater*innen und Berater*innengruppen wie Daniel Pinnow in Hamburg [38] , Roswita Königswieser [39] in Wien oder Malik in St. Gallen veröffentlichen – auch als Businessstrategie in Richtung USP - stetig neue Werke zu eigenständig weiterentwickelter, oder umgeformter, angereicherter Systemischer Führungstheorie und Organisationstheorie.
Diese stellen aus Sicht des Autors zwar wertvolle Leistungen dar, sind jedoch mit einem weit kritischeren Auge zu betrachten, als es jene Weiterentwicklungen benötigen, die von – nicht businessgetriebenen – Forschungsstätten stammen.
[Exkurs: Erinnern Sie sich kurz an charismatische Führung, Expert*innen- und Identifikationsmacht: legen Sie dies mal um auf eine differenzierte Blickweise zu allfälligen „Starautor*innen“ der Managementliteratur].
Im Brennpunkt dieser Ansätze steht jedoch immer der Respekt vor dem System (und seinen Teilen):
- Den Blick auf das Ganze zu behalten
- Die Führung ist Teil des Systems (des Ganzen)
- Anregungen schaffen und nicht befehlen
- Nicht Lenken sondern Lernen steht im Brennpunkt
Damit werden System, Team und der Einzelne gleichermaßen im Auge behalten. Betrachtung erfolgt nie nur aus einer Perspektive (Berater*in, Führende etc.) sondern aus möglichst vielen Blickwinkeln, von innen und von außen. Ziel ist stets, Entwicklung anzuregen und zu pflegen.
Da man das komplexe System Unternehmen nicht wirklich verstehen, kontrollieren und organisieren wird können, versucht systemisches Führen dem gerecht zu werden, indem es die Selbstorganisationsprozesse in Gang bringt oder im Laufen hält (mancherorts auch als Selbstheilung beschrieben).
Virtuelle Führung
Forscher*innen wie Ewald Scherm [40] und Stefan Süß gingen in den letzten zehn Jahren auf Bedingungen und Einflussfaktoren zu Führung und Kooperation in virtuellen Organisationen, virtuellen Teams und Strukturen ein.
Virtuelle Zusammenarbeit setzt auf den Merkmalen
- herkömmlicher Teamarbeit auf,
- weiters auf delokalisierten und dezentralen Arbeitsplätzen,
- sowie auf dem Einsatz elektronischer Kommunikationskanäle.
Ausgehend von struktureller Führung, innerhalb welcher Führungskräfte „interaktiv führen“ sprechen diese Autoren Räume an, die ein virtuelles Zusatzangebot oder die Basis für vielerlei Projektarbeiten darstellen: email, Videokonferenzen, Intranetlösungen und Kooperationssoftware stellen die Grundsäulen. Die sogenannte „Mediarichness“ kann ein Vorteil im instrumentellen Sinn sein, aber auch zu Diffusität führen!
Virtuelle Teams sind aus Berater*innensicht eine wahre „Augenweide“, und waren in den letzten zehn Jahren stetig leichter zu empfehlen, zu implementieren. Denn virtuelle Teams stehen für überregionale Verfügbarkeit, und man kann viel zielgesetzter und zeitweise sogar weltweit recruiten, also nach den besten Leuten suchen. Unschlagbar ist auch, dass virtuelle Teams sehr erweiterte Spielräume und damit Attraktion für den Menschen und „Humus für Performance“ bieten:
- erweiterte Spielräume bezogen etwa auf Arbeitszeiten - und damit auch Pausengestaltung: denken Sie an unterschiedliche Biorhythmen, familiäre Hintergründe wie Kinder, welche für alle vorteilhaften weiteren Rahmenbedingungen hier spielbar sind)
- erweiterte Spielräume auch in der Handlung und Ausführung (Arbeitsteilung wird hier zeitweise komplett neu „erfunden“, Rollen gelebt und verschoben, Kooperation neu definiert- etwa im gemeinsamen Echtzeitbearbeiten von Mindmaps, technischen Zeichnungen etc.)
- weitere Räume in der Entscheidung
- rasche Reaktionsfähigkeit und Schlagkraft
- die mitunter enorme Kostenersparnis gefällt dem Kundensystem verständlicherweise auch, wenn man allein schon an Reisespesen denkt.
Gehen wir als Berater*in in Systemen mit virtueller Führung zu „Werk“, so werden folgende Fragen für uns (und für die beratene Führung) wesentlich:
- wo steht die Gruppe im Prozess der Vertrauensfindung?
- wie kann opportunistisches Verhalten sanktioniert werden?
- Verfügen die Mitarbeiter*innen über ein diskretes Ausmaß an Selbstführung?
- Kann ein laufender intensiver Informationsaustausch stattfinden?
Grundlegend bleibt auch hier, dass die Führungsposition prinzipiell anerkannt sein muss („ja es braucht einen Führer in unserem Team“), und dass man per „Management by Exceptions“ vorgehen kann, also bei sozialen, persönlichen Grenzen oder bei Kompetenzgrenzen direktiv eingreifen kann.
Auch hier setzt die Beratungsleistung oft an, wenn im Team oder bei Einzelnen oder der Führungskraft nicht klar ist, wie unter welchen Bedingungen auch hier „klare Töne und Anweisungen“ Raum haben, und was und wieweit Selbstführung geht. Letztlich finden hierzu sehr häufig Klausuren statt – zur gemeinsamen Erstellung von Richtlinien und Grenzen, von Vereinbarungen mit sich selbst und den anderen. Und es finden oft auch rein technisch-strukturelle Beratungsrunden statt, in denen dem verwendeten (IT)Werkzeug auf den Puls gefühlt wird, ob dieses eigentlich erfüllt, was die Leute brauchen, und ob das Team das auch als gemeinsames „Prozesswissen“ parat hat. Denn sehr oft fällt das Ganze relativ „einfachen“ Unkenntnissen zum Opfer, und da es alles Experten sind, traut sich auch kaum jemand zu, sein Gesicht wegen Nichtigkeiten zu verlieren; etwa indem man nachfrägt, wie die Firewall denn nun wirklich zu konfigurieren sei, damit das auch sicher klappt etc..
Was sind nun Hindernisse und Fallstricke in virtuellen (Führungs-) Settings?
Im Rahmen von Coachings oder Supervisionen lassen sich Führungskräfte gerne dabei unterstützen, wie sie es bei ihren virtuellen Teams schaffen sollen Beziehungspflege zu leisten und im Team zu ermöglichen. Beziehungen werden beruflich-virtuell mehrheitlich gar nicht gepflegt (außer durch eingestreute „Emoticons“); in jedem Fall ist die persönliche Beziehung zueinander unersetzbar und unerlässlich – im Team und mit der Führung. Denn nur hier kommt es zu echten Effekten der Motivation, der gemeinsamen Integration und Identifikation.
Hierzu finden beraterseitig Methoden Eingang wie:
- das Coaching der Führungskraft und der Einzelnen (Kommunikation danach ausrichten, dass Beziehung auch virtuell spürbar wird),
- Teamcoaching vor allem regelmäßig (monatlich, im Quartal) in realer persönlicher Begegnung
- Design und Begleitung von Incentives und Gruppenerfahrungen, Abenteuerelementen mit Fokus auf emotionaler Kommunikation.
Neue Herausforderungen für die Teams und Führung, und somit Einsatzbereiche für BeraterInnen stellen hier jedoch auch folgende Themen dar:
siehe Tag-Wachrythmen bei interkontinentaler Kooperation, und daraus entstehende Leistungsvorteile für einzelne,
- latente Missverständnisse
die keinen Klärungsraum finden oder gar nicht an die Wahrnehmungsschwelle gelangen,
- Abhängigkeit von technischen Lösungen
Umgang in der Person damit, Psychohygiene, Aggressionsabfuhr, Burnout, aber auch IT-orientierte Expert*innenberatung, Optimierung in der Handhabung
- aufkommender Produktionsdruck
denken Sie an „Ping-pongmails“, Arbeitsketten schaukeln sich hier gerne zu sonst unerreichten und „verrückten“ Geschwindigkeiten auf, die Qualität oder zumindest die Nachhaltigkeit bleibt auf der Strecke)
- und die Frage der Informationstransparenz
wer hat welche Infos, wer schaut zu, an wen wird zusätzlich reportet: dies kann nur mit vertrauensvoller individueller Kommunikation den geeigneten strukturellen Lösungen zugeführt werden.
Neue und stets veränderte Herausforderungen an Mitarbeiter*innen und Führung stellen sich hier im Bereich der Soft Skills (wie Moderationsfähigkeit), aber auch im Bereich der Handhabung neuer Softwarelösungen. Kulturelle Dimensionen wie etwa die Vorliebe und Tabus im Umgang mit Kommunikationsmitteln müssen hier ebenso mitberücksichtigt werden: dies reicht von der Vorliebe für SMS oder email versus Telefonie, bis hin zu kontinental unterschiedlichen Höflichkeitsformen im Umgang hiermit.
Zentral ist hier der fehlende Raum für nonverbale, informelle Kommunikation, in dem authentische Anerkennung und spontane Aufmunterung geschehen können.
Am Ende des Tages wird der Ansatz zur virtuellen Führung als gute Ergänzung zu interaktionistischer Führung gesehen, wenn es um formalisierbare und strukturierte Führungsaufgaben geht, die man sogar besonders effektiv medial tätigen kann.
Beratungstätigkeiten fokussieren am Hintergrund dieses Ansatzes auf Trainings zum Teambuilding für virtuelle Teams und deren Führung, auf der Entwicklung von Fertigkeiten und Fähigkeiten im Umgang mit medialen Kanälen, auf der teils ebenso virtuellen Supervision und damit Team- und Fallbesprechung, oder auf der Beratung zur stimmigen Wahl von Produkten.
In den unterschiedlichen Teamentwicklungsphasen kommt es zu unterschiedlichen Formaten der Beratung, wie zu Workshops mit dem Ziel des Vertrauensaufbaus oder der Visionserneuerung – als gruppendynamische outdoor- oder indoor-Trainings, zur Einigung über Prozessrichtlinien, Freiheitsgrade, sozialen Umgang, zur Klärung und Harmonisierung von Erwartungen, zur Motivation und Identifikation mit Team und Unternehmen. Im Spezialfall von Mergers und Joint Ventures liegen im virtuellen Kooperationsbereich noch umfassendere Herausforderungen, die es wahrzunehmen und zu begleiten gilt; leider greifen gerade hier nur sehr wenige Unternehmen auf professionelle externe Begleitung zurück. Erlebnisstarke Incentives runden die Palette ab.
Verteilte & Geteilte Führung
Verteilte Führung / „Distributed Leadership“ (Barry, 1991) und geteilte Führung / „Shared Leadership“ weisen keine starke Abgrenzung zueinander auf, und finden auch stets sehr ähnliche Folgen für die Unternehmensperformance.
Durch Forschungsarbeiten wie etwa von Pearce [43] finden sich verdichtete Hinweise darauf, dass Shared Leadership zur Effektivität von Teams einen wesentlicheren Beitrag leistet, als dies eine alleinige noch so gute Führungskraft könnte.
Innerhalb von hochprofessionellen Teams kommt es aus dieser Sichtweise zu Nachfrage- und Angebotssituationen, auf welche jedes Teammitglied mit seinen Ressourcen und damit auch Fähigkeiten antwortet. Führung wird hier also weitergereicht, und „auf jeden in unterschiedlicher Weise zu unterschiedlichen Zeitpunkten zurückgegriffen“ [44] .
Zusammenarbeit, Koordination und Innovation sind in solchen Teams weitaus höher als in rein vertikal, also hierarchisch-traditionell geführten Teams [45] . Auch der Zusammenhalt und damit die Leistungsfähigkeit sowie die Stärke der gemeinsamen Vision gewinnen in diesem verteilten Führungsmodell enorm an Stärke. Allerdings weisen Studien auch darauf hin, dass verteilte Führung allein so ist wie eine Schwalbe, die noch keinen Sommer macht: die Mischung aus verteilter Führung und einer koordinierten Vergabe dieser Führungsanteile scheint sich als die beste Variante heraus zu stellen [46] .
Im Umfeld von Kleinunternehmen oder Einpersonenunternehmen (EPU), die sich informell oder formal mit anderen zusammenschließen und auch marktorientiert darstellen, können diese Effekte besonders stark zum Vorschein treten. In diesen Bereichen kann Beratung in nächster Zukunft auch besonderen Raum finden - immerhin stellen Kleinunternehmen und EPU´s den Löwenanteil der heimischen Wirtschaft, und die Förderungsleistungen in diesem Bereich schnellen hier seit wenigen Jahren fulminant empor.
Hierbei sei an dieser Stelle kritisch zur Diskussion gestellt: der überwiegende Großteil der Beratungsdienstleistungen in Österreich, aber auch in der gesamten EU werden mittlerweile in geförderter Form konsumiert, teilweise geht es auch eher um den richtigen „Topf“ und weniger leicht um die „richtige Beratung“. Ferner: was macht das mit „Beratung“, wenn man sich diese nicht mehr aus der eigenen Tasche leisten will, kann, soll, muss?
Letztlich orientiert sich dieses Führungskonzept an autonomen, verstreuten, selbständigen, selbstorganisierten Subsystemen. Der Vollständigkeit halber sei hier auch darauf hingewiesen, dass dieses Führungsmodell bereits in den frühen 1950er und dann 1990er Jahren angeklungen war, als Produktionsmodelle wie die „Fraktale Fabrik“ [47] oder Just-in-Time-Production und Lean-Production Einzug in die Unternehmen weltweit hielten.
Eine Führungskraft sollte diesen Erkenntnissen zufolge ihre Führerschaft mit anderen vertrauenswürdigen Mitarbeiter*innen teilen, um Ressourcen und Entscheidungsrechte besser im Team zu verteilen.
Erfolgskriterien sind:
- Als wesentlich für den Erfolg stellt sich auch hier heraus, dass jede Führungsperson – ob im Shared oder im Distributed Modus – auch sich selber als Führer sehen muss.
- In der verteilten Form müssen gruppendynamische Effekte (Neid, Missgunst, Konkurrenz) klar analysiert werden, um den positiven Leistungseffekt durch kluge Verteilung und Kommunikation auch heben zu können.
- Geteilte – also Shared Leadership zeigt sich zwar als der verteilten Form prinzipiell überlegen. Allerdings werden beide Formen auch in unterschiedlichen Betriebsphasen und Unternehmensteilen, sowie selbstverständlich in unterschiedlichen Branchen und Sektoren unterschiedlich möglich oder wünschenswert sein.
Da die geteilte sowie verteilte Führung sehr hohe Ansprüche an alle Beteiligten setzen, kommt der Beratung in vielfältiger Weise eine wichtige Rolle zu: Unterstützung bei der Auswahl von Führungspersonen, beim Erstellen von Zeitdesigns, bei der Fassung gemeinsamer Sichtweisen und damit Begegnung von emotionalen Faktoren in Gruppenworkshops oder speziellen T-Gruppen, die klare Trennung und Konzeption was in vertikaler und was in ge-/verteilter Führung geschehen soll, bis hin zu Sensibilisierungstrainings für die spezielle – oft auch virtuell ablaufende – Kommunikation. Aber auch die Beratung zu Instrumenten, die eine verteilte oder geteilte Führung im Alltag umsetzbar, transparent oder nachvollziehbar machen.
Die Moderation von speziellen Klausuren mit beraterischem Input zur Optimierung des Führungs-Geführtensystems auf inhaltlicher wie auf Beziehungsebene stellen weitere beraterische Interventionen dar.
Selbstführung
Vorläufer der Selbstführung sind die Erkenntnisse von Karl E. Weick zur „Selbstorganisation“.
Wodurch erhöht sich die Freude von Mitarbeiter*innen an ihrer Arbeit und Aufgabe, und an deren Performance?
Indem man ihnen Räume zur „Führung ihrer selbst“ überlässt, sie zu Proaktivität und Initiative stimuliert, ihnen Selbstmotivation ermöglicht, ihnen die Chance gibt „Project-Ownership“ („das ist mein Baby“) zu erleben. Wir sprechen dann von individueller Selbstführung.
Ursprünglich als Selbstmanagement (-Theorie [48] ) beschrieben, fokussierte man vorerst auf Verhaltensweisen und deren Optimierung zum Erfolg: wie setzt sich ein/e Mitarbeiter*in oder eine Führungskraft selbst Ziele, wie belohnt und bestraft sie sich, wie läuft Selbstbeobachtung ab, und was tun sie – und was davon ist unter welchen Umständen erfolgreich. Mittels Coachings und Trainings zum Selbstmanagement wird auch heute an diesem Angelpunkt daran gearbeitet, das (Selbst-) Bewusstsein bei Mitarbeiter*innen und bei Führungspersonen auszubauen. Über die Selbstbelohnung findet man zur Wahrnehmung der eigenen Kompetenz, zu Sinn und zu Selbstkontrolle. Später wurden dann auch die mentalen Denkmuster mit in die Selbstführung, und damit in Coachings und Trainings mit einbezogen: welche Sichtweise macht Sinn, ist konstruktiv, und welche Gedankenmuster wirken destruktiv, schmälern Klarheit und Ergebnisstärke. Und wie gelingt es positiv, Verantwortung und kluge Organisation (Zeit-, Ressourcenmanagement) in der eigenen Arbeit zu leisten.
Beratend bedient man sich diverser Methoden, wie etwa Visualisierungen oder sogenannter narrativer Techniken: Geschichten erzählen und diese konstruktiv verändern, womit sich auch Haltungen und Denkmuster ändern. Die Arbeit an mentalen Dimensionen der Selbstführung zeigt, dass damit sich ebenso emotionale Anteile zum Positiven verändern: man hat mehr Enthusiasmus, bessere Laune, ist man auch weniger nervös [49] .
Selbstführung (siehe Tabelle 7) ist letztlich eine Motivationstheorie (VIE-Theorie, Erwartungs-mal-Wert-Theorien [50] ), wobei die Motivation durch Verhaltensstrategien und durch mentale Strategien beeinflusst wird. Vertrauen und Selbstwirksamkeit zählen zu den wesentlichen Wirkfaktoren, die - wie man gut nachvollziehen kann – auf den Leistungserfolg auch im Beruf wirken. Im Kern guter Selbstführung steckt also immer die fortwährende, achtsame und realistische Pflege des Vertrauens in sich selbst und in die Wirksamkeit der eigenen Aktionen.
Tabelle 7: Individuelle Selbstführung (in Projektteams) (Martin Haberstroh S.18)
Manz (1983) | „We suggest specific strategies for managing our own behavior. These strategies are especially suited for motivating and leading ourselves in the face of difficult and, at least in the short-run, unappealing but necessary tasks” (S.16) |
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Manz (1986) |
“This work generally reflects the view that behaviors are not performed for their intrinsic value but because of their necessity or because of what the performer will receive for his/her performance.” (S.588) “Here, self-leadership is conceptualized ad a comprehensive self-influence perspective that concerns leading oneself toward performance of naturally motivating tasks as well as managing oneself to do work that must be done but is not naturally rewarding.” (S.589) |
Houghton & Neck (2002) | “Simply stated, self-leadership is a process through which people influence themselves to achieve the self-direction and self-motivation necessary to behave and perform in desirable ways.” (S.672) |
Dies unterstützen Berater*innen etwa durch Unterweisung in mentalen Versenkungs- und Meditationsformen (Autogenes Training, Fokussierungstraining, Jacobson´sche Muskelrelaxation etc.) und durch Hinführung zum Selbstcoaching durch strategische Fragen. Jedoch auch das Vertrauen in uns selbst vermag á la longue nicht ohne die Anderen, die Feedbacks zustande kommen: hier wird etwa 360° Feedback als Methode wertvoll, oder der/die Berater*in als wertvoller Spiegel und Feedbackgeber*in.
Folgende Dimensionen sind in der Optimierung der Selbstführungskompetenz wichtig, wenn es auch um den Kontext geht - also um die erfolgreiche Beeinflussung der Umwelt, damit das Team gute Erfolge erbringt:
- Informations-/Feedbacksuche,
- Unterbrechungskontrolle (also Umgang mit Unterbrechungen, Störungen),
- sowie Risikowahrnehmung und Risikokommunikation.
Eine Orientierung beim Selbstcoaching, zur eigenen Arbeit an mehreren Dimensionen der Selbstführung geben die folgenden drei Bereiche:
- Wie führe ich selbst mein Aufgabenerfüllungsverhalten? Hierbei sind sowohl meine Erfüllungsarbeiten auf gedanklich-kognitiver Ebene als auch auf physischer Verhaltensebene gemeint: allgemeines, „klassisches“ Selbstmanagement also.
- Wie führe ich selbst meine gedanklichen Muster: es soll in Richtung positiv, konstruktiv und realistisch gehen. Vom Hindernisdenken zum Chancendenken und Möglichkeitsdenken. „Sollen“ und „Wollen“ finden hier zueinander.
- Wie führe ich selbst mein intrinsisches Motivationsverhalten, wie schaffe ich mir selbst ein angenehmes Arbeitserleben?
Der Erfolg von Team-Selbstführung hängt stark von den Aufgaben ab, die ein Team zu leisten hat: bei konzeptuellen, stark mentalen Aufgaben wirkt sich die Selbstführung des Teams (ohne externe Führung) leistungsstärkend und ergebnisstärkend aus, hingegen negativ wenn das Team schlichtweg optimales Verhalten zu erbringen hat (Service, Koordination von Friedenstruppen vor Ort, Schweißarbeiten an Reaktorkühlsystemen etc.). Wenn es in einem Unternehmen um das Pro oder Contra „Team-Selbstführung“ (und deren Grenzen) geht, so führt man als zugezogener (interner oder externer) Berater zu folgenden Fragen:
- welchen Wert haben die Teamziele (für den Einzelnen)
- welchen Beitrag kann das Teammitglied für das Gruppenergebnis leisten,
- wie stehen die Erwartungen nach Wechselseitigkeit
- ist das Team eine funktionale Einheit oder eine cross-funktionale Einheit (die mehrere Expertisen zusammenbringt)?
Teamselbstführung schafft Vorteile bei funktionalen Einheiten, bei hoher Wechselseitigkeit, möglichem Beitrag des Einzelnen zum Teamergebnis, und wenn die Teamziele für jeden im Team einen hohen Eigenwert haben.
Dies könnte man sich bildhaft an einem professionellen Basketball- oder Fußballteam vergegenwärtigen. Das Gegenteil hierzu wäre etwa so manche UNO-Hilfstruppenkonstellation samt Einflechtung verschiedener NPO´s und NGO´s. Eigenartigerweise ist im ersten Beispiel aus dem Sportbereich stets eine klare Außenführung artikuliert und festgelegt, obwohl das Team sich im Wesentlichen selbst führen wird. Im zweiten Bild, im Hilfseinsatzfall ist zumeist lange unklar, wer überhaupt wie dabei ist, Verantwortung übernimmt, wie Informationen fließen, wo Koordination zusammenläuft, und es sind neben vielen Sprachen auch Kulturen und Berufsfelder zusammengewürfelt. Es bräuchte also per definitionem eine klare Führung und keine Teamselbstführung. Dennoch scheinen solche Zusammenstellungen immer „aus sich selbst laufen“ zu müssen. Woran diese ja dann im Regelfall auch (inoffiziell) scheitern.
In der Entsendung von relativ selbstgeführten Teams wird unter anderem wichtig sein, deren Beziehungsbasis gestärkt und stimuliert zu haben. Diese liefert die Basis, um im „Alleinlauf“ dann nicht an Beziehungskonflikten zu erstarren. Zugleich stellt dies die Basis bei erfolgreichen Außen(mission)teams dafür, dass diese an sachlichen, an Aufgabenkonflikten sogar noch in Teamperformance und Teamzufriedenheit wachsen!
Hier kommen wesentliche Beratungspotentiale im Aufbau einer offenen, klaren Teamkultur in Spiel, welche persönlichen Angriffen wenig Raum bietet, sondern hingegen auf humorvolle Weise Verbindlichkeit, Wert und Sinnwahrnehmung stärkt, wie auch das einfache von Du-zu-Du.
Dahinter stellt man effiziente Anleitungen in der Selbstführung für die einzelnen Mitglieder (Personal Training, Coaching). Denn eine starke individuelle Selbstführung bringt auch mehr Wahrnehmung für den Wert der eigenen Beiträge, mehr Stolz dafür (um nicht zu sagen der Glaube unersetzbar für die Teamgesamtleistung zu sein), und damit wird der Einzelne mehr proaktiven Beitrag in die Gruppenziele führen – und sich an entsprechender Stelle sogar zurücknehmen.
Authentische Führung
Inhaltlich steht authentische Führung im Regelfall aufs engste verknüpft mit ethischen Themen, mit Nachhaltigkeit und moralischer Akzeptanz der Lösungen.
Luthans und Avolio definierten 2003 authentische Führung wie folgt:
“…authentic leadership development is a process that draws from both positive psychological capacities and a highly developed organizational context, which results in both greater self-awareness and self-regulated positive behaviors on the part of leaders and associates, fostering positive self-development. The authentic leader is confident, hopeful, optimistic, resilient, transparent, moral/ethical, future oriented, and gives priority to developing associates to be leaders. The authentic leader is true to him/herself and the exhibited behavior positively transforms associates into leaders themselves.” (Luthans & Avolio, 2003, S.243)
Walumbwa, Avolio und Gardner [51] zeigen Zusammenhänge und Unterschiede von authentischer Führung und „great man“, „charismatischer Führung“ und ähnlichen Ansätzen auf.
Woraus setzt sich nun authentische Führung im Wesentlichen zusammen, was sind die Kernfaktoren:
- Ausgewogene Selbst-Bewusstheit
- Fähigkeit zu objektiver Informationsverarbeitung (ohne dass Selbstschutz, Verleugnung etc. verzerren)
- Authentisches Tun: nicht Belohnungsgetrieben, sondern kohärent mit dem eigenen Bewusstsein seiner selbst und der gegenwärtigen Situation. Die Suche nach dieser Kohärenz, Stimmigkeit zwischen „mir“, der Situation und dem Ziel zeichnet authentisches Tun aus.
- Beziehungsorientierung, stimmige Nähe, Offenheit
- Hohe ethische Standards – Moral
Im Zentrum authentischer Führung steht die Moral - und damit die moralische Persönlichkeitsentwicklung der Führungskraft.
Für die Beratungsseite steht damit die Herausforderung, Führungskräfte, aufkommende Talente in eine wahrhaftige, aufrichtige Entwicklung zu begleiten – und sich damit wohl mehr und mehr in gesprächstherapeutische Methoden im Einsatzbereich „Selbsterfahrung“ zu bewegen. Es geht hier zentral um die Bereiche Selbstbewusstsein und Selbstregulation. Und damit um Themen wie Mut, Hoffnung finden und geben, Selbstvertrauen, Ehrlichkeit, moralische Größe – im Alltag extrahiert, konfrontiert. Gern nimmt man hier das „story telling“, das Geschichte(n) über mich selber erzählen zu Hilfe, um Bewusstheit zu stärken: „was macht mich aus, wer bin ich, wofür stehe ich, wofür gehe ich“.
Berater*innen sind evtl. auch mal dazu aufgefordert, diese Entwicklung zu fordern, durch starke Gruppendynamiken anzuheizen, um „in vivo“ authentisches Verhalten heraus zu fordern. Denn letztlich zeigt sich unter Druck und Stress, was aufgesetzt und was authentisch stabil ist – etwa in besonderen Assessment Centers. Neben speziellen Feedbackformen (360°) zur Vertiefung der Selbstbewusstheit, setzen Berater*innen auch Mentoring-Programme ein, um zu mehr Selbstbewusstheit, zu ausgewogener Informationsverarbeitung, zu authentischem Tun und zu besserer Beziehungsorientierung zu verhelfen. Mentor*innen können hierbei in der Firma aber auch in einem anderen Bereich oder Unternehmen gefunden werden.
Soll die Beziehungskomponente bei einer Führungskraft gestärkt werden, so wird auch gerne mal zum Mittel gegriffen, diese positional einfach für eine Zeitlang mit Kolleg*innen aus einfachen Jobhierarchien wechseln zu lassen. So geht dann eben auch der Vorstand eine Woche im Jahr Post austragen oder Waren schlichten.
In Tabelle 8 finden sich noch einmal in übersichtlicher Weise zusammengefasst, soeben besprochene, und mögliche Strategien zur Stärkung von Authentischer Leadership in ihren Wirkfaktoren.
Tabelle 8: Strategien zur Stärkung (in) Authentischer Führung (nach Illies, 2005, S.389).
Authentic leadership component | Selection criteria | Developmental interventions |
---|---|---|
Self awareness |
Positive self concept Emotional intelligence |
Multisource feedback |
Unbiased processing |
Integrity Learning goal orientation |
Assessment centers |
Authentic behaviour |
Self monitoring Self-esteem |
Coaching / mentoring Behavioral role modeling |
Relational authenticity |
Past positive relationships Past behaviour interview |
Upward feedback Leader-member exchange training |
Mittlerweile wird beraterseitig auch schon eifrig mit dem „ALQ“ dem „Authentic Leadership Questionnaire“ gearbeitet [52] . Es dient in Unternehmen Prozessen der „Ausbildung“ und (Coaching)Begleitung und setzt per se auf der Ebene FührendeR-Geführter an: es ist eine Form der Selbst- und Fremdbeschreibung, in der auch der (die) Untergebenen (und Kolleg*innen) eine Beschreibung, ein Feedback abgeben. Hierbei bewegen sich die Beschreibungen entlang der vier Kernfaktoren authentischer Führung.
Aus der Perspektive eines Organisationsentwicklers kommen beratend zu „Authentischer Führung“ letztlich alle Ebenen in einem Unternehmen ins Spiel, denn Authentic Leadership muss überall da verankert sein: in der Einzelperspektive, in der Zweierbeziehung (FührendeR - Geführte), auf Teamebene und auf Organisationsebene (siehe Tabelle 9).
Tabelle 9: Authentische Führung auf mehreren Ebenen (nach Yammarino et.al. 2008, S.698)
Level of analysis | View of authentic leadership (AL) | Comparable leadership view |
---|---|---|
Leader - individual | “authentic leader” style, individual differences, treat followers similarly | Pragmatic leadership |
Leader-follower-dyad | “authentic dyad”, balanced relationships, one-to-one-connections | Individualized leadership (s. |
Group/team | “authentic team”, AL as shared model, followers see AL similarly | Shared leadership |
Organization | “authentic organization”, AL as philosophy/managerial values in organization | Strategic leadership |
Insbesondere im Rahmen von CSR, also Corporate Social Responsibility Projekten in Unternehmen werden Moral, ethisches Denken und Verhalten, Visionsstärke und effiziente pragmatische Schlagkraft von zentraler Bedeutung. In den folgenden Abbildung 24 und Abbildung 25 wird grafisch noch deutlicher veranschaulicht, auf welchen Ebenen Beratung ansetzen kann und wird, um Unternehmen dabei zu unterstützen, Authentische Führung zu integrieren.
Abbildung 24: Authentic Leadership, positives organisationales Verhalten und Performance (nach Yammarino et.al., 2008, S.698)
In der (langfristigen) Umsetzung solcher CSR-Themen stützt man sich firmenintern neben verlässlichen Strukturen auch gerne auf starke Opinion Leader, um die (CSR) Vision der nachhaltigen, ethisch korrekten Betriebsführung im ganzen Unternehmen zu integrieren: diese Opinion Leader sind im Regelfall nichts anderes, als authentische Leader – formelle oder informelle – die andere zu authentischem Denken, Streben und Verhalten animieren (siehe Abbildung 25).
Abbildung 25: Konzeptrahmen für die Entwicklung von authentischer Führung (nach Jeffries, 2009, S.15 und nach Gardner et. al. 2005).
In diesem Kapitel zu Authentic Leadership konnte ein Stück weiter über die bisherigen Erläuterungen und Bebilderungen hinaus aufgezeigt werden, in welche Richtung auch breiter angelegte Beratungsdienste in Bezug auf Führung fruchtbar werden. Dieser Führungsakzent eignet sich ganz besonders durch seine Kernaussagen dazu, denn diese verlangen geradezu nach einer breiten Implementierung. Dies entspricht nun den neuesten Trends in der Führungsberatung, wenn es um ganzheitliche, obgleich nicht immer „echt systemische“ Interventionen und Entwicklungsbegleitungen geht.
Führungsberatung ruht heute auf dem Bewusstsein, immer auch Organisationsberatung zu sein, oder zumindest indirekt bestimmt auch Interventionen in die Organisation hinein zu setzen.
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