Outsourcing, Offshoring & Alliances - Evaluierung

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Einführung

Einleitung

Outsourcing ist ein strategisches Unternehmensthema und gewinnt trotz vieler gegenteiliger Meinungen ständig an Bedeutung. Die Unternehmen sind aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs in den globalen Märkten gezwungen ihre Kosten zu senken und Ihre Kernkompetenzen laufend zu verbessern. Neben der kontinuierlichen Verbesserung Ihrer Prozesse ist Outsourcing ein probates Mittel Kosten zu reduzieren und sich besser auf die Kundenbedürfnisse einzustellen.

Das vorliegende Skriptum behandelt nach einer kurzen Einführung in die Begriffe und die strategischen Aspekte in erster Linie den gesamten Outsourcing Prozess von der Evaluierung der auszulagernden Prozesse über die Partnersuche und die Vertragsgestaltung bis zum Betrieb.

Aufbau des Stoffes

Am Beginn werden dem Leser die notwendigen Grundlagen, Definitionen und Begriffe vermittelt, die im Outsourcing-Kontext relevant sind. In weiterer Folge wird ein Phasenkonzept vorgestellt, dass den gesamten Outsourcing-Prozess beschreibt. Auf dieses Konzept wird dann in jeder Phase detaillierter eingegangen. Der Leser soll somit den gesamten Zyklus eines Outsourcing-Vorhabens verstehen und nachvollziehen können. Neben dem „klassischen“ Outsourcing wird auch immer wieder auf die Spezifika von Cloud-Lösungen eingegangen.

Grundlagen und Begriffe

Der Leser soll am Ende dieser Lektion die häufigsten Begriffe des Outsourcings kennen und ihre Bedeutung abschätzen können.

Das Prinzip der Arbeitsteilung wurde im 18. Jahrhundert durch Adam Smith eingeführt. Es führte zu gesellschaftlichen Wohlstand und volkswirtschaftlichen Wachstum über Spezialisierung und dem Einsatz der Arbeitskräfte in Ihren jeweiligen Fachbereichen.

Speziell in der Automobilindustrie wurde die Arbeitsteilung sehr stark umgesetzt (Fließband Henry Ford).

Idee des Outsourcings und insbesondere des Business Prozess Outsourcing kann als Fortsetzung dieses Prinzips auf komplexerer Ebene gesehen werden. Bestimmte Leistungen bzw. Prozesse werden ausgelagert um sie dadurch wirtschaftlicher abwickeln zu können.

Dabei soll nicht 1:1 ausgelagert werden, sondern eine möglichst effiziente Umgestaltung erfolgen.

Inzwischen hat die Arbeitsteilung fast alle Bereiche erfasst. Es sind viele Unternehmen entstanden, die anderen ganze Prozesse ablösen. Das ist beginnend von einem Catering, über Hochzeitsplaner, Auslieferungs- und Montagefirmen für Einbaumöbel bis hin zu kompletten Produktionen wie sie etwa Rauch für Red Bull oder Magna für große Autokonzerne durchführen.

Definition

„Bei Outsourcing erfolgt eine dauerhafte Auslagerung von Leistungen mit einer Übertragung von Handlungsverantwortung an Externe. Es wird auf eine langfristige Arbeitsteilung zwischen Unternehmen abgezielt.“

„Das besondere beim Outsorucing ist, dass es sich nicht um eine kurzfristige oder zufällig andauernde, sondern um eine gezielte langfristige Externalisierung bestimmter Teilleistungen einer Organisation und deren Übernahme durch einen Externen handelt.“

An dieser Definition hat sich durch die Cloud wenig geändert, da der Cloud-Aspekt in erster Linie den IT-Betrieb mit all seinen Facetten betrifft aber kaum ganze Unternehmensprozesse.

Sourcing-Formen

In diesem Abschnitt werden gängige (Out-)Sourcing Formen beschrieben.

Konzentration von IT-Services

Diese Form kann in zwei Varianten unterschieden werden:

  • Internes Sourcing: IT-Services werden im Unternehmen konzentriert.
  • Konzerninternes Sourcing: Zusammenführung von IT-Services in einem Konzern in einem Tochterunternehmen.

Oftmals finden sich in Unternehmen dezentrale IT-Organisationen vor. Dies führt häufig zu unterschiedlichen Abläufen derselben Prozesse, einer heterogenen IT-Landschaft und damit letztendlich zu hohem Ressourcen- und Infrastrukturbedarf. Dies kann durch internes Sourcing, also durch die Zusammenführung dezentraler Units und einem Shared Service Center-Ansatz (Bildung einheitliche Abläufe und Funktion wie z.B. IT-Help-Desk) effizienter gestaltet werden. In einem Konzernverbund wird dies häufig durch Auslagerung in ein eigenes Tochterunternehmen – auch als Spin-Off bezeichnet – realisiert. Diese IT-Dienstleister haben dann auch die Möglichkeit externe Kunden zu servicieren.

Strategisches Outsourcing (Totales Outsourcing)

Wird auch als totales Outsourcing bezeichnet. Nachdem Services durch internes oder konzerninternes Sourcing gebündelt wurden, könnte ein nächster Schritt die komplette Auslagerung an einen externen Outsourcing-Anbieter sein. Damit wird dann ein Großteil der benötigten IT-Services von einem externen Dienstleister er­bracht und nicht mehr von eignen Ressourcen.

Im Falle des Outsourcing einer konzerninternen IT-Dienstleisters (Spin-Off), kann die Übernahme entweder direkt oder durch die Bildung eines Joint-Ventures erfol­gen. Ein Joint-Venture ist eine Beteiligung des Outsourcing-Anbieters am Spin-Off, die dann erst in weiterer Folge zu einer Übernahme führt. Diese Allianz zwischen Outsourcing-Kunden und -Anbieter hat den Vorteil, dass der IT-Betrieb im ersten Schritt relativ reibungslos funktionieren kann und der Anbieter mehr Zeit hat, die Prozesse kennenzulernen. Andererseits hat auch der Kunde länger die Möglichkeit steuernd mitzuwirken.

Partielles Outsourcing (Outtasking) / Multisourcing

Ist ein Kunde nicht bereit, den gesamten IT-Betrieb an einen Dienstleister zu übergeben, so kann für ihn diese Form in Frage kommen, da hierbei mehr Steuerungsmöglichkeiten beim Kunden bleiben als beim totalen Outsourcing.

Partielles Outsourcing bezeichnet die Auslagerung eines Teilbereichs oder Teil­aufgaben der IT. Multisourcing bezeichnet die Auslagerung von verschiedenen Teil­bereichen an verschiedene Dienstleister. Damit ist auch bei Multisourcing eine komplette Auslagerung der IT möglich – nur eben an verschiedene Dienstleister.

Insourcing

Vor allem wenn Outsourcing-Projekte scheitern, stellt sich die Frage wie mit dem Leistungsbedarf umzugehen ist. Neben der Möglichkeit, die Leistungen an einen anderen Anbieter auszulagern, ist auch Insourcing – d.h. die Rückführung der Leistungserbringung in das eigene Unternehmen – eine mögliche Option.

Business Process Outsourcing (BPO)

In dieser Form werden nicht nur IT-Ressourcen (Infrastruktur) und Prozesse ausgelagert, sondern der gesamte Geschäftsprozess. Vor allem für nicht-unter­nehmenskritische Unterstützungsprozesse kann dies eine Option sein. Diese Form erfordert vom Outsourcing-Anbieter hohes Branchen- und Prozess-Know How. Beispiele für BPO sind die Auslagerung der Lohnverrechnung, Buchhaltung, Hausverwaltung oder von Customer Care-Prozessen.

Near-/Offshoring

Insbesondere Unternehmen mit straffen Budgetvorgaben denken über die Aus­lager­ung von Leistungen in sogenannte Billiglohn-Länder nach. Near-/Offshoring be­zeichnet die Auslagerung von Aufgaben und Prozessen in andere Länder, um signifikante Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Im mitteleuropäischen Raum wird unter „Nearshore“ die Auslagerung in Nachbarländer wie beispielsweise Irland, Osteuropa oder Russland verstanden. Unter „Offshore“ wird die Auslagerung auf weiter entfernte Länder wie häufig Indien oder China verstanden.

Neben der Kostenattraktivität, ergeben sich durch diese Form zusätzliche Risiken: Sprachprobleme, eingeschränkte Kommunikation durch die Zeitverschiebung, häufigere Missverständnisse aufgrund unterschiedlicher Kulturen, schwächere Kontroll- und Managementmöglichkeiten der Offshore-Teams, unzureichendes Testing, Qualitätseinbußen. Diese Risiken sollten bereits bei der Planung ent­sprechend berücksichtigt werden, z.B. durch Planung erhöhter Overhead-Kosten.

Cloud Computing

Während das Outsourcing von Geschäftsprozessen (Teilprozessen) längst nicht mehr auf den IT-Bereich beschränkt ist (man denke nur an Facility Management, Logistik, ja sogar Produktion wie z.B. bei Red Bull) ist das Thema Cloud ausschließlich auf die IT beschränkt.

Definition Cloud Computing

Die Begriffe Cloud und Cloud Computing werden für verschiedenste Outsourcing-Ausprägungen verwendet und ist für viele mit unterschiedlicher Bedeutung belegt. Bisher konnte sich keine Definition als allgemeingültig durchsetzen. In Publikationen oder Vorträgen werden häufig Definitionen verwendet, die sich zwar meist ähneln, aber die doch immer wieder variieren. Eine Definition, die in Fachkreisen meist herangezogen wird, ist die Definition der US-amerikanischen Standardisierungs­stelle NIST (National Institute of Standards and Technology), die auch von der ENISA (European Network and Information Security Agency) genutzt wird:

"Cloud Computing ist ein Modell, das es erlaubt bei Bedarf, jederzeit und überall bequem über ein Netz auf einen geteilten Pool von konfigurierbaren Rechnerressourcen (z. B. Netze, Server, Speichersysteme, Anwendungen und Dienste) zuzugreifen, die schnell und mit minimalem Managementaufwand oder geringer Serviceprovider-Interaktion zur Verfügung gestellt werden können."

Folgende fünf Eigenschaften charakterisieren gemäß der NIST-Definition einen Cloud Service:

  1. On-demand Self Service: Die Provisionierung der Ressourcen (z. B. Rechenleistung, Storage) läuft automatisch ohne Interaktion mit dem Service Provider ab.

  2. Broad Network Access: Die Services sind mit Standard-Mechanismen über das Netz verfügbar und nicht an einen bestimmten Clientgebunden.

  3. Resource Pooling: Die Ressourcen des Anbieters liegen in einem Pool vor, aus dem sich viele Anwender bedienen können (Multi-Tenant Modell). Dabei wissen die Anwender nicht, wo die Ressourcen sich befinden, sie können aber vertraglich den Speicherort, also z. B. Region, Land oder Rechenzentrum, festlegen.

  4. Rapid Elasticity: Die Services können schnell und elastisch zur Verfügung gestellt werden, in manchen Fällen auch automatisch. Aus Anwendersicht scheinen die Ressourcen daher unendlich zu sein.

  5. Measured Services: Die Ressourcennutzung kann gemessen und überwacht werden und entsprechend bemessen auch den Cloud-Anwendern zur Verfügung gestellt werden.

Diese Definition gibt die Vision von Cloud Computing wieder, wobei davon abgesehen werden sollte, die einzelnen Punkte zu dogmatisch zu sehen.
So wird z. B. eine ubiquitäre Verfügbarkeit bei Private Clouds eventuell gar nicht angestrebt.

Nach der Cloud Security Alliance (CSA) hat Cloud Computing neben der oben erwähnten Elastizität und dem Self Service noch folgende Eigenschaften:

  • Service orientierte Architektur (SOA) ist eine der Grundvoraussetzungen für Cloud Computing. Die Cloud-Dienste werden in der Regel über ein sogenanntes REST-API angeboten.

  • In einer Cloud-Umgebung teilen sich viele Anwender gemeinsame Ressourcen, die deshalb mandantenfähig sein muss.

  • Es werden nur die Ressourcen bezahlt, die auch tatsächlich in Anspruch genommen wurden (Pay per Use Model), wobei es auch Flatrate-Modelle geben kann.

Bereitstellungsmodelle

NIST unterscheidet vier Bereitstellungsmodelle (Deployment Models):

  1. In einer Private Cloud wird die Cloud-Infrastruktur nur für eine Institution betrieben. Sie kann von der Institution selbst oder einem Dritten organisiert und geführt werden und kann dabei im Rechenzentrum der eigenen Institution oder einer fremden Institution stehen.

  2. Von einer Public Cloud wird gesprochen, wenn die Services von der Allgemeinheit oder einer großen Gruppe, wie beispielsweise einer ganzen Industriebranche, genutzt werden können und die Services von einem Anbieter zur Verfügung gestellt werden.

  3. In einer Community Cloud wird die Infrastruktur von mehreren Institutionen geteilt, die ähnliche Interessen haben. Eine solche Cloud kann von einer dieser Institutionen oder einem Dritten betrieben werden.

  4. Werden mehrere Cloud Infrastrukturen, die für sich selbst eigenständig sind, über standardisierte Schnittstellen gemeinsam genutzt, wird dies Hybrid Cloud genannt.

Die oben genannten Definitionen decken aber nicht alle Varianten von Cloud Angeboten ab, was zu weiteren Definitionen wie „Virtual Private Cloud“, etc. führt.

Servicemodelle

Grundsätzlich können drei verschiedene Kategorien von Servicemodellen unterschieden werden:

  1. Infrastructure as a Service (IaaS): Bei IaaS werden IT-Ressourcen wie z. B. Rechenleistung, Datenspeicher oder Netze als Dienst angeboten. Ein Cloud-Kunde kauft diese virtualisierten und in hohem Maß standardisierten Services und baut darauf eigene Services zum internen oder externen Gebrauch auf. So kann ein Cloud-Kunde z. B. Rechenleistung, Arbeitsspeicher und Datenspeicher anmieten und darauf ein Betriebssystem mit Anwendungen seiner Wahl laufen lassen.

  2. Platform as a Service (PaaS): Ein PaaS-Provider stellt eine komplette Infrastruktur bereit und bietet dem Kunden auf der Plattform standardisierte Schnittstellen an, die von Diensten des Kunden genutzt werden. So kann die Plattform z. B. Mandantenfähigkeit, Skalierbarkeit, Zugriffskontrolle, Datenbankzugriffe, etc. als Service zur Verfügung stellen. Der Kunde hat keinen Zugriff auf die darunterliegenden Schichten (Betriebssystem, Hardware), er kann aber auf der Plattform eigene Anwendungen laufen lassen, für deren Entwicklung der CSP in der Regel eigene Werkzeuge anbietet.

  3. Software as a Service (SaaS): Sämtliche Angebote von Anwendungen, die den Kriterien des Cloud Computing entsprechen, fallen in diese Kategorie. Dem Angebotsspektrum sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Als Beispiele seien Kontaktdatenmanagement, Finanzbuchhaltung, Textverarbeitung oder Kollaborationsanwendungen genannt.

Der Begriff "as a Service" wird noch für eine Vielzahl weiterer Angebote benutzt, wie z. B. für Security as a Service, BP as a Service (Business Process), Storage as a Service, so dass häufig auch von "XaaS" geredet wird, also "irgendwas als Dienstleistung“. Dabei lassen sich die meisten dieser Angebote zumindest grob einer der obigen Kategorien zuordnen.

Die Servicemodelle unterscheiden sich auch im Einfluss des Kunden auf die Sicherheit der angebotenen Dienste. Bei IaaS hat der Kunde die volle Kontrolle über das IT-System vom Betriebssystem aufwärts, da alles innerhalb seines Verantwortungsbereichs betrieben wird, bei PaaS hat er nur noch Kontrolle über seine Anwendungen, die auf der Plattform laufen, und bei SaaS übergibt er praktisch die ganze Kontrolle an den CSP.

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Abbildung 1: Cloud Definition nach NIST (eigene Grafik)

Was unterscheidet Cloud Computing von klassischem IT-Outsourcing?

Beim Outsourcing werden Arbeits-, Produktions-oder Geschäftsprozesse einer Institution ganz oder teilweise zu externen Dienstleistern ausgelagert. Dies ist ein etablierter Bestandteil heutiger Organisationsstrategien. Das klassische IT-Outsourcing ist meist so gestaltet, dass die komplette gemietete Infrastruktur exklusiv von einem Kunden genutzt wird (Single Tenant Architektur), auch wenn Outsourcing-Anbieter normalerweise mehrere Kunden haben. Zudem werden Outsourcing-Verträge meistens über längere Laufzeiten abgeschlossen.

Die Nutzung von Cloud Services gleicht in vielem dem klassischen Outsourcing, aber es kommen noch einige Unterschiede hinzu, die zu berücksichtigen sind:

  • Aus wirtschaftlichen Gründen teilen sich in einer Cloud mehrere Nutzer eine gemeinsame Infrastruktur.

  • Cloud Services sind dynamisch und dadurch innerhalb viel kürzerer Zeiträume nach oben und unten skalierbar. So können Cloud-basierte Angebote rascher an den tatsächlichen Bedarf des Kunden angepasst werden.

  • Die Steuerung der in Anspruch genommenen Cloud-Dienste erfolgt in der Regel mittels einer Webschnittstelle durch den Cloud-Nutzer selbst. So kann der Nutzer automatisiert die genutzten Dienste auf seine Bedürfnisse zuschneiden.

  • Durch die beim Cloud Computing genutzten Techniken ist es möglich, die IT-Leistung dynamisch über mehrere Standorte zu verteilen, die geographisch weit verstreut sein können (Inland ebenso wie Ausland).

  • Der Kunde kann die genutzten Dienste und seine Ressourcen einfach über Web-Oberflächen oder passende Schnittstellen administrieren, wobei wenig Interaktion mit dem Provider erforderlich ist.

Crowdsourcing

Als neueres bzw. Randthema im Sourcing-Kontext bezeichnet Crowdsourcing die Auslagerung von Arbeits- und Kreativprozessen an die Masse der Internetnutzer (Crowd). Crowdsourcing, das mit Open Innovation-Konzepten verwandt ist, ist daher ein neuer Modus der Arbeitsorganisation, der es Unternehmen ermöglicht, die kollektive Intelligenz und Arbeitskraft einer beinahe unbegrenzten Zahl von Internetnutzern zu erschließen. Davon abzugrenzen sind Crowdfunding bzw. Crowdinvesting, die Methoden zur Finanzierung von Projekten oder Unternehmen beschreiben. Beispielhafte Einsatzfelder für Crowdsourcing sind Co-Creation, Microtasking oder Crowdtesting.

Hauptprobleme beim Outsourcen

Outsourcing ist mit andersartigen Anforderungen und Managementinstrumenten verbunden als hierarchische Aufgabenteilung oder tradierte Markttransaktionen. Das Management ist gewohnt in der Hierarchie zu führen. Die Führung des Outsourcers kann jedoch nur auf Vertragsvereinbarungen wie z.B. Service Level Agreements basieren.

Es können dabei nicht Erfahrungen aus einer Organisation 1:1 in eine andere Organisation übertragen werden. Gründe dafür sind unterschiedliche Rahmenbedingungen wie die Bedeutung der Prozesse im Unternehmen oder das vorhandene Budget. Weiteres wirkt sich die Entwicklungsgeschichte und die damit entstandene unterschiedliche Unternehmenskultur der Partner stark auf die Zusammenarbeit aus. Da beim Outsourcer die IT-Prozesse Kernprozesse und nicht unterstützende Prozesse sind, findet man dort auch im Allgemeinen wesentlich ausgeprägtere Skills. Nicht zuletzt führt bereits die Tatsache, dass die handelnden Personen sich ändern automatisch zu einer geänderten Situation.

Ein weiteres Problem ist der unvermeidliche Know How Verlust im eigenen Unternehmen. Wenn eine Tätigkeit nicht mehr im Unternehmen ausgeübt wird, ist das Know How dafür auch nicht mehr in der gleichen Form erforderlich. Viele Unternehmen machten aber in der Vergangenheit den Fehler, Ihr Know How in diesen Bereichen gänzlich zu vernachlässigen. Dies führt aber dazu, dass der Auftragnehmer auch nicht mehr aktiv gesteuert werden kann. Es muss also zumindest genügend Fachkenntnis im Unternehmen verbleiben um den Outsourcer aktiv steuern zu können.

Die Kosten orientieren sich beim Outsourcen meist nur an der augenblicklichen Situation und sind höchstens (hoffentlich) an das Mengengerüst gekoppelt. Stark degressive Kostenentwicklungen – wie sie in der IT im Asset Bereich durchaus üblich sind, müssen dann nicht an den Auftraggeber weitergegeben werden. Hier sind kreative Preismodelle gefragt.

In einigen Fällen lässt nach einiger Zeit die Qualität der Leistungserbringung nach. Es gibt eine Reihe von Gründen dafür. Es wird die im Projekt vorhandene Euphorie nachlassen, die am Beginn im Projekt vorhandenen hochqualifizierten Personen werden in neuen Projekten benötigt sodass für den Betrieb nur mehr die „zweitbeste“ Mannschaft zur Verfügung steht. Das benötigte Fachwissen ist eher exotisch (spezielle Betriebssysteme o.Ä.) und daher wird keine Fortbildung seitens des Outsourcers für dieses Nischen-Knowhow zur Verfügung gestellt. Einige dieser aufgezeigten Punkte können im Leistungsvertrag geregelt sein. Eine hundertprozentige Gewähr auf gleichbleibende Leistung wird es aber nicht geben.

In größte Probleme kann der Auftraggeber kommen, wenn der Outsourcer plötzlich beschließt, das Geschäftsfeld Outsourcing in der Region oder generell aufzugeben, oder das Outsourcingunternehmen insolvent wird.

Das Phasenkonzept

Hier wird das Phasenkonzept kurz beschrieben bevor in den späteren
Lektionen (4-8) detailliert auf die einzelnen Phasen eingegangen wird.

Dieses Kapitel behandelt folgende Themen:

  • Die Phasen des Outsourcingprozesses

  • Methoden in der Evaluierungsphase

  • Methoden in der Due Diligence Phase

  • Betrachtung des Transitions-Projektes

  • Aspekte der Betriebsphase

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Das in diesem Studienheft beschriebene Outsourcing-Phasenkonzept gliedert sich in zwei unterschiedliche Abschnitte. Der erste Abschnitt umfasst die Strategiephase und die Evaluierung der Potenziale. Die Strategie ändert sich je nach Marktgegebenheiten bleibt aber normalerweise für mehrere Jahre bestehen. Ausgehend von der Strategie werden die Potenziale evaluiert. Aus dieser Evaluierung ergeben sich einer oder mehrere Outsourcingkandidaten. Wird ein Kandidat aufgrund der Managemententscheidung zum Outsourcingprojekt, so werden für diesen Kandidaten die restlichen 3 Phasen durchlaufen.

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Abbildung 2: Phasen des Outsourcingprozesses

Obiger Prozess kann in folgende fünf Phasen gegliedert werden:

  1. Erarbeiten einer Outsourcingstrategie
  2. Evaluierung der In- und Outsourcingpotenziale
  3. Partnersuche und Vertragsgestaltung (auch Due Diligence genannt)
  4. Implementierung / Transition
  5. Betrieb über eine definierte Dauer

Strategiephase

Aufbauend auf der Unternehmensstrategie und der daraus abgeleiteten IT-Strategie sollte die Outsourcingstrategie entwickelt werden. Dies ist vor der Evaluierung erforderlich, da etwa aus strategischen Überlegungen durchaus wirtschaftliche Outsourcingkandidaten u.U. „verworfen“ werden müssen. Auch auf die späteren Phasen wirkt sich eine vorhandene klare Strategie aus. Beispiel: Single Sourcing oder Multi-Sourcing. Private Cloud oder Public Cloud.

Evaluierungsphase

Hier werden die Prozesse des Unternehmens betrachtet. Abgestimmt auf die Strategie werden mit verschiedenen Methoden die Prozesse bewertet und mögliche Kandidaten für ein Outsourcing oder auch Insourcing ermittelt.

zentrale Fragestellung: was ?

Vertragsphase (Due Diligence)

Am Beginn dieser Phase ist festgelegt welcher Unternehmensprozess ausgelagert werden sollte. Die Leistungen werden in einem Lastenheft festgeschrieben. Als nächster Schritt werden mögliche Partner am Markt gesucht. Dann folgt die Ausschreibung der Dienstleistung. Nach Einlangen der Angebote werden diese bewertet und mit dem Bestbieter die Vertragsverhandlungen durchgeführt. Wird man sich einig endet diese Phase mit der Unterzeichnung des Vertrages.

zentrale Fragestellung: wie gut ? - wer ? - wie teuer ?

Implementierungsphase / Transition

Dies ist die Phase, in der der Vertrag umgesetzt wird. Es ist dies ein sehr komplexes Projekt mit einer Dauer von nur wenigen Monaten. Am Ende ist der Verantwortungsübergang vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer für den ausgelagerten Geschäftsprozess.

Betriebsphase

In dieser Phase wird der Outsourcer vom Auftraggeber über die vereinbarten Service Levels gesteuert.

zentrale Fragestellung: wie manage ich ? - wer managt ?

Phase 0: Outsourcing Strategie

In diesem Kapitel wird auf folgende Punkte eingegangen:

  • Ist Outsourcing überhaupt ein Thema?

  • Was sind wesentliche Gründe für ein Outsourcing?

  • Welche Prozesse will/sollte ich outsourcen ?

  • Welche Partner kommen in Frage?


Einleitung und Definitionen:

In vielen Branchen verändert sich die Bedeutung der IT vom Support-Tool hin zu einer Quelle des Wettbewerbsvorteils. Stetige Veränderungen der strategischen Rahmenbedingungen erhöhen den Veränderungsdruck in der IT. Die IT-Investitionen in Unternehmen spiegeln jedoch häufig nicht die veränderten strategischen Prioritäten wider

Damit IT nachhaltig Wert schaffen kann, ist es daher für die Unternehmen unabdingbar, dass die Entwicklung der IT-Strategie eng mit der Geschäftsstrategie verzahnt wird.

Die Rolle der IT hat sich in den letzten Jahren von einer effizienten Unterstützung des Backoffices über eine Unterstützung des Kerngeschäftes hin zu einer Quelle der strategischen Differenzierung entwickelt.

Im erstgenannten Bereich geht es heute fast ausschließlich um die kostengünstigste Lösung. Hier wird auch vorwiegend Standardsoftware eingesetzt. Beispiele sind ERP-Lösungen, Mailing Systeme, Office Software und Ähnliches.

Bei der Unterstützung des Kerngeschäftes ist nicht mehr nur die Kostenfrage entscheidend, sondern auch wie effektiv das Kerngeschäft unterstützt wird. Beispiele sind hier Routenplanungssysteme für Fuhrparkunternehmen, branchenspezifische CAD Systeme für Konstruktionsbereiche, Prozessunterstützung in der chemischen Industrie.

Eine strategische Differenzierung bedeutet, dass ich z.B. als erster eine neue Technologie nutze, die mir eine neue strategische Ausrichtung ermöglicht.

Für das Thema Outsourcing kommen vorwiegend die Supportprozesse in Betracht. Hier ist der Wettbewerbsfaktor praktisch nicht vorhanden. Bei den Kosten ist es zumindest wahrscheinlich, dass Outsourcer aufgrund ihrer größeren Mengen eindeutig Synergieeffekte lukrieren können. Da die Lösungen allgemein verfügbar sind, ist auch die Konkurrenz unter den möglichen Anbietern groß, was sich wiederum auf einen günstigen Outsourcingpreis auswirkt.

Strategische Aspekte

IT-Strategie und IT-Alignment sind wesentliche Themen der IT-Leitung. Sie behandeln immer auch die Ableitung der IT-Strategie aus der Unternehmensstrategie. In diesem Lehrheft wird das Thema nur soweit behandelt, wie es sich auf das Outsourcing differenzierend auswirkt.

Grundsatzentscheidung (ob)

Prinzipiell muss von der Geschäftsleitung entschieden werden, ob Outsourcing überhaupt ein Thema sein darf oder soll.

Neben vielen Gründen die für Outsourcing sprechen, gibt es auch Aspekte die dagegen sprechen können: So kann man den Verlust von Entscheidungsspielräu­men anführen, da ein durchgeführtes Outsourcing de facto nur schwer rückgängig zu machen ist. Ein anderer Grund gegen ein Outsourcing-Projekt ist der Grad der Abhängigkeit den ein Unternehmen bereit ist einzugehen. Hier wird ein Verteidigungsministerium sicher ganz andere Vorstellungen haben als ein durch­schnittliches Unternehmen.

Schwerpunktentscheidung (warum)

Neben dem Argument der Kostenersparnis gibt es noch eine Reihe anderer Faktoren die für ein Outsourcing-Projekt sprechen. Häufige Gründe sind in Kapitel 4.3 angeführt.

Sachentscheidung (was)

Es gibt immer eine gewisse Anzahl von Prozessen im Unternehmen, die auch von externen Partnern erledigt werden könnten. Wie man herausfindet, welche Prozesse sich am ehesten bei einem bestimmten Unternehmen für ein Outsourcing eignen, wird ausführlich in Lektion 5 abgehandelt.

Partnerentscheidung (wer)

Dies scheint auf den ersten Blick keine strategische Entscheidung zu sein. Sie wird auch sachlich mit klarer Vorgehensweise im Kapitel Due Diligence abgehandelt. Dennoch fließen oft bei den Bewertungs- und Gewichtungskriterien strategische Überlegungen mit ein. Ein Beispiel könnte die bessere Gewichtung von Kandidaten sein, die in den gleichen Ländern tätig sind wie der Auftraggeber.

Umsetzungsentscheidung (wie)

Hier ist bereits die grundsätzliche Entscheidung zu treffen, inwieweit speziell eine Public Cloud in Frage kommt.

Hauptparameter sind legale Aspekte wie Datenschutz bei personenbezogenen Anwendungen aber auch besonderes Bedürfnis nach Geheimhaltung z.B. auf Grund von Technologieführerschaft.

Gründe für Outsourcing

Für ein Outsourcing-Projekt können verschiedene Gründe sprechen. Im Folgenden sollen häufige Gründe kurz dargestellt werden. In der Praxis können aber natürlich auch andere Motivationsfaktoren oder eine Kombination verschiedener Gründe für oder gegen ein Outsourcing-Projekt sprechen.

Reduktion der IT-Kosten

Für viele Outsourcing Projekte steht eindeutig die Reduktion von (IT-)Kosten an oberster Stelle, allerdings gehen mit Outsourcing nicht automatisch Einsparungen einher - manche Unternehmen sehen sich nach einer Auslagerung sogar mit höheren Kosten konfrontiert. Die liegt u.a. an der mitunter schwierigen Vergleich­barkeit von Eigen- und Fremdleistung. Stehen Kostenziele im Vordergrund, ist es ratsam, wenn man vor Vertragsabschluss versteht, wie der Outsourcing-Anbieter diese erreichen will (z.B. durch Standardisierung, Reduktion von Personal, ...)

Fixkosten werden durch Outsourcing zu variablen Kosten

Fixe Kosten durch Outsourcing zu variablen Kosten zu wandeln erscheint grund­sätzlich schwierig, dennoch sind viele Outsourcing-Anbieter bestrebt, ihr Angebot so zu gestalten, dass der Kunde dazu die Möglichkeit hat. Dies kann insbesondere durch die Wahl verschiedener Service Levels erfolgen. Eine tatsächliche Variabilisierung kann aber nur dann erfolgen, wenn das Preismodell transaktions- oder stückbasierend aufgebaut wird. Gerade in diesem Punkt liegt einer der wesentlichen Vorteile von Cloud-Lösungen, die eine vollständige Elastizität von Services als grundlegendes Geschäftsmodell bieten können.

Kernkompetenzen

Outsourcing ist eng mit der Konzentration auf das Kerngeschäft eines Unter­nehmens verknüpft. Interne Kräfte, die mit der Organisation von Randthemen betraut sind, können so effektiv entlastet werden und ihre Arbeitskraft auf den Kernprozess des Unternehmens richten. Outsourcing kann damit einen wesentlichen Beitrag zu einer Strukturreform und Flexibilisierung des Unternehmens leisten.

Reduktion der Fertigungstiefe

Die Reduktion der Fertigungstiefe kann ebenfalls ein Grund für Outsourcing sein. In diesem Zusammenhang spricht man oft auch von der „Verlängerten Werkbank“. Damit ist die direkte Unterstützung des Kunden an der Werkbank gemeint; im Gegensatz zu einem Lieferanten, der die Leistungen nur „auf dem Hof abstellt“. Durch dieses Modell können Kapazitätsengpässe und Spezialwissen ausgeglichen werden.

Verschlankung des Unternehmens

Durch den Zukauf von Leistungen, anstelle diese selbst zu produzieren, kann ein Unternehmen strategische Flexibilität gewinnen. Es entfallen Kosten für Infrastruktur und Know-How-Barrieren. Damit verbunden ist auch die Reduktion der Kapital­bindung – die bei der Eigenproduktion benötigte IT-Soft- und Hardware entfällt und bindet damit keine Finanzmittel mehr.

Bei öffentlich notierten Unternehmen wie Aktiengesellschaften kommt noch ein Aspekt hinzu: Die Konzentration auf das Kerngeschäft und die Schaffung schlanker Strukturen, wird von Analysten oft als positive Entscheidung zur langfristigen Ver­besserung des Shareholder-Values gesehen. Aus diesem Blickwinkel kann Out­sourcing als Bestandteil eines Shareholder-Value-Konzepts auch als strategisches Managementinstrument zur besseren Bewertung des Unternehmens gesehen werden.

Service Levels

Ein weiterer Grund für Outsourcing ist die Möglichkeit mit dem Outsourcing-Anbieter Service Levels einführen zu können. Dies ermöglicht eine bessere und vor allem transparente und garantierte Qualität der erbrachten IT-Leistungen.

IT Governance

Aufgrund gesetzlicher Anforderungen an ein internes Kontroll- oder Risikomana­gementsystem kann ein unternehmensweites Corporate Governance und daraus folgend auch ein IT-Governance Modell erforderlich sein. Damit ergeht der Auftrag an den CIO, eine zielgerichtete und effektiv gesteuerte IT-Organisation zu schaffen, die den Nutzen der IT maximiert, IT-Ressourcen optimiert und das daraus resul­tierende Risiko minimiert. Aus diesen Anforderungen heraus kann ein Out­sourcing-Projekt eine Werkzeug sein, um diese IT-Governance-Strukturen aufzu­bauen bzw. mit einem erfahrenden Outsourcing-Anbieter zu implementieren.

Phase 1: Evaluierung

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Ablauf der Evaluierungg

Die Phase der Evaluierung reicht von der strategischen Entscheidung Outsourcing prinzipiell in Erwägung zu ziehen bis hin zur Erstellung eines Grobpflichtenheftes für einen konkreten auszulagernden Prozess.

Es ist diese Phase, die den Grundstein für ein erfolgreiches Outsourcing legt, und doch bei den meisten Unternehmen zu kurz kommt oder überhaupt übersprungen wird. Ausgangspunkt der Betrachtungen sind die identifizierten Unternehmensprozesse, die einer Bewertung unterzogen werden (Stärken/Schwächen Analyse SWOT).

Ein weiterer arbeitsintensiver Schritt ist die Ermittlung der Kernkompetenzen und der kritischen Erfolgsfaktoren für das Unternehmen. Damit schafft man die Grundlage für eine Klassifizierung in Prozesse, die man unbedingt im Unternehmen halten will und solche die bei günstiger Konstellation auch vergeben werden können.

Um in der Due Diligence Phase die Wirtschaftlichkeit des Outsourcings (Einsparungspotenzial) beurteilen zu können, muss das Unternehmen bzw. der Unternehmensbereich die eigenen Prozesskosten einigermaßen genau kennen.

Nach diesen Vorarbeiten kann man eine Prioritätenliste für auslagerbare Prozesse für die Geschäftsleitung erarbeiten und am Ende das Lastenheft für den am ehesten auszulagernden Prozess erstellen.

Outsourcing Teil-Prozess: Evaluierung

Datei:Media/image6.emf

Abbildung 3: Schematisches Ablaufdiagramm des Teilprozesses Evaluierung

Themenkomplexe einer Outsourcing Beziehung

Die Technik ist in einem Outsourcing Projekt beherrschbar. Die Hauptthemen sind die Menschen und die sich wandelnden Umfeldbedingungen.

Wichtigster Erfolgsfaktor:

Ob es gelingt, die Abwehrhaltung der Mitarbeiter zu überwinden und sie zu aktiver Mitarbeit zu bewegen.

-> Betroffene zu Beteiligten machen !

Das bedeutet:

  • Die Mitarbeiter müssen frühzeitig, vollständig und „proaktiv“ informiert werden.

  • Die Ängste sollten beseitigt sein, bevor der Vertrag unterschrieben ist.

  • Vor Aufnahme des Betriebes muss der Mitarbeiter die neuen Verantwortlichkeiten und Abläufe kennen und verstanden haben, sowie die Ansprechpartner persönlich kennen.

Da nicht nur die Mitarbeiter das Projekt gefährden können ist eine geeignete Informationspolitik festzulegen. Das bedeutet, neben den Mitarbeitern sind zu informieren:

  • Das Unternehmensmanagement – sofern es nicht der Initiator des Outsourcings war

  • Die Investoren

  • Die Presse

  • Sonstige Meinungsbilder, wie Betriebsrat, Standortgemeinden, etc.

Projektumfeldanalyse bzw. Machtanalyse

Die Machtdynamik und Vernetzung des Projektumfeldes soll frühzeitig sichtbar gemacht werden. Konfliktpotenziale, aber auch mögliche Zusammenarbeit sollte frühzeitig erkannt und konkrete Aktionspläne erstellt werden.

Ziele dieser Methode sind:

  • Die Komplexität durch Konzentration auf die wesentliche Umwelten abzubauen.

  • Erarbeiten eines Kommunikationskonzeptes um die Umweltbeziehungen aktiv gestalten zu können.

  • Managementstrategien zu definieren

  • Die Marketingmaßnahmen daraus abzuleiten

  • Eine Basis für soziales Controlling zu schaffen

  • konkrete Aktionspläne abzuleiten

Die Methode wird im Folgenden so detailliert beschrieben, dass der Leser in die Lage versetzt wird sie bei Bedarf in seinen Projekten anzuwenden.

Wirkungsweise – Umfeldanalyse

Diese Intervention hilft besonders am Beginn oder bei wesentlichen Meilensteinen im In- und Outsourcing Prozess, sich die Einflüsse der relevanten Umwelten bewusst zu machen. Das zeigt oft überraschende, völlig neue Perspektiven auf, die dann in der weiteren Arbeit als Hypothesen einfließen und dieser damit eine neue Qualität verleihen.

Darüber hinaus ist die Umwelt- (Macht-) Analyse in akuten Krisensituationen und zum Abschluss der Vertragsphase ein wirkungsvolles Instrument am Beginn der Implementierungsphase.

Ablauf der Umfeldanalyse

Teilnehmer erarbeiten und identifizieren gemeinsam eine grafische Darstellung relevanter Umfeldgruppen und deren Einfluss auf das Vorhaben. Die wesentlichen Beziehungen und Kräfte werden auf einem Blatt (siehe Abb. 5) so dargestellt, dass die Beteiligten sehr rasch alle Aspekte auf einen Blick erfassen können.

  • Wer beeinflusst den Erfolg und Misserfolg des Vorhabens?
    Die mögliche Stärke des Einflusses wird durch die Größe des Kreises symbolisiert.

  • Wie groß ist die Nähe bzw. Distanz zum Vorhaben?
    Die Nähe wird durch die Entfernung der Kreise zum Mittelpunkt dargestellt.

  • Wie sind die Beziehungsdynamiken zum Vorhaben und untereinander?
    Hier sollten sprechende Symbole frei gewählt werden.

  • Was könnte diese Initiative fördern oder stören?

    Die Einflüsse sind so genau wie möglich zu beschreiben

    Thesenbildung für jede der relevanten Gruppen

  • Der Betrachter muss sich in die Rolle der einzelnen Interessengruppen versetzen und das Vorhaben aus der jeweiligen Sicht betrachten

  • Welche Ziele bzw. Strategien verfolgen die Gruppen?

  • Welche Widersprüche, Konfliktpotentiale und Gemeinsamkeiten gibt es?

Die Teilnehmer erarbeiten nun für jede relevante Umwelt eine spezifische Strategie und leiten daraus Arbeitspakete oder Aktionspläne ab. Das Ergebnis ist im besten Fall ein ausgereiftes Kommunikationskonzept.

Beispiel einer Umweltanalyse

P1010198

Abbildung 4: Optisches Beispiel einer Umfeldanalyse

Projektumwelttabelle

Es können die klassischen Tabellen aus dem Projektmanagement auch hier angewandt werden.

Umwelten Beziehung

(Potential/Konflikt)

Maßnahmen Zuständigkeit Termin

Tabelle 1: Beispiel einer Projektumwelttabelle

Wesentlich bei dieser Methode ist, dass man nicht bei der Erkenntnis der Umwelten stehen bleibt, sondern für jeden wahrscheinlichen Konflikt auch im Vorhinein Maßnahmen definiert.

SWOT Analyse

Der Name der Methode leitet sich aus den 4 Aspekten

Strength

Weakness

Opportunities

Threads

ab

Die beiden oberen Quadranten behandeln den Istzustand, die unteren beiden die Zukunftsperspektive. Man muss dabei darauf achten, dass man nicht verschiedene Zustände (z.B. vor und nach Outsourcing) in einer Analyse vermischt.

Diese Methode stellt die Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Gefahren in 4 Quadranten dar. Diese Methode ist in der ersten Phase des Outsourcings sehr hilfreich, da man die Unternehmenssituation besser einschätzen lernt. Es ist empfehlenswert diese Methode im Team anzuwenden.

Betrachtungsobjekt kann das ganze Unternehmen oder ein konkreter Prozess sein.

Strength Weakness
  • kurzfristige Kapazitätserweiterungen möglich (Disk, Prozessorleistung)

  • Reduzierung der maschinellen Leistung innerhalb bestimmter Bandbreiten rasch möglich

  • Etwas geringere Lizenzkosten bei definierten Produkten durch Einkaufsmacht

  • Mittelfristige Verträge (mind. 3 Jahre) vermindern Flexibilität bei Kostenreduktion

  • großer Abstimmaufwand erforderlich (ca 1,5 Personen mit guter Qualifikation)

  • Leitung zwischen WG und AN ist SpoF oder es treten sehr hohe Kosten bei einer redundanten Lösung auf

  • geringere Flexibilität bei Lizenzgebarung

  • Vorteil aus Experten und Partnerstatus geht teilweise verloren

  • Drohender Verlust des MCSP-Status wenn Mitarbeiter übernommen werden

  • rascher und kostenloser Zugriff auf WINTEL Know How geht für Support verloren

  • für Entwicklungsmaschinen ist nur Housing möglich, wegen der erforderlichen Administratorrechte für Entwickler

  • komplette Abdeckung aller Plattformen kann nicht angeboten werden (je nach Anbieter unterschiedlich)

  • Wir bekommen dadurch einen zusätzlichen großen „Standort“

  • Eine Reihe von Servern muss trotzdem vor Ort verbleiben (Telefon, Haustechnik, Print-, Domänenserver)

  • Randbedingungen + Ausnahmen schwierig/teuer z.B: Mailboxgröße

Oportunities Threats
  • Zugriff auf Skills eines Großunternehmens

  • starkes Wachstum rasch verkraftbar

  • professionell definierte Prozesse erforderlich

  • Weitergabe der Einkaufsmacht-Vorteile nicht erzwingbar

  • Know How Einbruch für Unternehmen bei Übernahm von MA durch Outsourcer

  • geringere Flexibilität bei organisatorischen Änderungen im Unternehmen

  • große Kosten für Change Management für jetzt noch nicht planbare Fälle

Tabelle 2: Beispiel einer SWOT-Analyse für den IT-Bereich


Mentale Aspekte in Veränderungen

Strategieprozess (nach Thomas Petty, USA)

Nach Thomas Petty durchlaufen alle Veränderungsprozesse die unten gezeigten Schritte:

Taubheit

Die Veränderung wir negiert, der Blick geht über den Tellerrand nicht hinaus, die Mitarbeiter und Führungskräfte leben in Ihrem Job.

Ablehnung

Es wird innen oder außen festgestellt dass sich etwas ändern muss, um das mittel- oder langfristige „Überleben“ der Gesamtorganisation gewährleisten zu können. Die Folge ist kollektives Leid und Klagen; die Veränderung wird als Risiko gesehen und mit Angst wahrgenommen.

Depression/Abwarten

Die Mitarbeiter und Führungskräfte merken, dass sie sich dem Prozess nicht entziehen können. Das aktive Abblocken wird durch Depression abgelöst; eine abwartende Haltung nimmt Platz.

Akzeptieren der Realität

Die Passivität hat ihren Endpunkt erreicht. Es findet entweder eine Aufwärtsbewegung oder ein „Dropout“ (Totales Aussteigen) statt. Viele Vorhaben scheitern an der langen Vorlaufphase.

Testen

Die Phase ist geprägt von Neugier. Eine erste Suche nach dem positiven Aspekt findet statt. Der Betroffene fragt sich, was das Neue bringen wird. Im Speziellen wird das Neue bereits ausprobiert. Dies kann sowohl mental als auch real geschehen.

Der Betroffene versucht Bedeutung und Sinn zu erkennen.

Erste kleine Erfolge werden sichtbar, der Sinn der Veränderung wird erkannt.

Verinnerlichung

Die Verinnerlichung findet erst statt, wenn der gesamt Prozess durchlaufen ist. In der letzten Phase fühlt sich der Mitarbeiter eingebunden.

Worauf gilt es zu achten?

In Outsourcingprojekten ist eine Reihe von Punkten zu beachten, damit der technisch mögliche Erfolg nicht durch emotionale Barrieren verhindert wird.

Es muss eine positive Vision vorhanden sein. Der Weg zum angestrebten Ziel muss transparent sein. Alle Beteiligten müssen die Lage erkennen können. Dies erfordert einen hohen Kommunikations- und Erklärungsaufwand. Es müssen wertfrei beide Seiten der Medaille betrachtet werden (Vor- und Nachteile aufzeigen). Es müssen alle Ängste und Sorgen beachtet und ernst genommen werden.

Es müssen aber auch die Chancen klar kommuniziert werden, z.B. dass man in Zukunft auf Veränderungen flexibler agieren kann.

In der weiteren Folge muss ein gemeinsames Verständnis zum In- und Outsourcing mit entsprechenden Informationsveranstaltungen herbeigeführt werden.

Es ist dafür zu sorgen, dass eine gemeinsame Sprache gesprochen wird. Dies gilt nicht nur zwischen Provider und Auftraggeber sondern auch innerhalb der Organisation des Auftraggebers. (Hier ist nicht die Landessprache gemeint!)

Der Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen den Interessengruppen darf nicht unterdrückt sondern muss gefördert werden.

Es ist ein professionelles Projektmanagement erforderlich. In der Projektorganisation müssen alle Interessengruppen vertreten sein, auch wenn es sich aufgrund der sinnvollen Gruppengröße manchmal nur auf situative Einbindung beschränkt. Das Projekt muss ein starkes Controlling haben damit eine rechtzeitige Nachsteuerung möglich ist. Im Projekt ist soweit wie möglich auf im Unternehmen vorhandene Erfahrungen und Ressourcen zurückzugreifen. Dies kann die IT selbst, aber auch die Organisationsabteilung und den Finanzbereich betreffen.

Ein unbedingtes Muss ist aber das Commitment der Geschäftsleitung, wenn man solche Projekte mit massiven Veränderungen für die Mitarbeiter und internen Kunden erfolgreich umsetzen möchte.

Welche Unterstützung benötigen die Interessensgruppen?

Gruppe Unterstützung bei Umsetzung
Mitarbeiter
  • Motivation für Out- Insourcing. Warum?

  • Vorgehensweise transparent

  • Neutrale Anlaufstelle (Rat im Netz)

  • Selbstverantwortung

  • Mitgestaltungsmöglichkeit

  • Aktuelle Infos/Status z. Projekt

  • Umfassende Information an alle MA über aktuellen Fortschritt -> Akzeptanzsicherung

  • Mitgestaltungsmglk. Durch situatives Einbinden (sounding board, Großgruppenveranstaltung...)

Prozess

verant-
wortliche

  • Basis Skills für Projekt-/Prozessmanagement

  • Moderation und Planung von effektiven Meetings

  • Teambildung und Führung

  • Mentale Stärke (Durchsetzungskraft, Selbstvertrauen, Zugang zu Ressourcen, Empathie)

  • Interpersonelles Konfliktmanagement

  • Transparente Kommunikation

  • Lernen im Projekt von anderen

  • Klares Vorgehensmodell

  • Trainings

  • Austausch mit anderen

  • Reflexionen

  • Einzel- und Gruppencoachings

Umsetzungs

team

  • Überblick – Big Picture

  • Handlungsorientierung

  • Motivation

  • Steuern können im Projekt

  • Lernen aus Ihrer Zusammenarbeit

  • Ein Team zu sein um arbeitsfähig zu werden

  • Projekt- und Prozessmanagement basic

  • Mentale Stärke (Umgang mit Emotionen, Belastbarkeit, Durchhaltevermögen, Überblick und Detaildenken gleichzeitig

  • Training PM- oder Prosessmanagement Methoden

  • Teamentwicklung

  • Projektcoaching/Prozessbegleitung

  • Projektmanagercoaching

Führungs-

kräfte

  • Konfliktmanagement

  • Basis Prozessmanagement

  • Moderation – Konfliktmoderation

  • Empathie

  • Positionswechsel

  • Gesprächsführung (Interview, Mitarbeitergespräche...)

  • Arbeitsprozesse situativ zu gestalten

  • Training von Coachingtechniken

  • Konfliktmoderation

  • System. Projektmanagement

  • Reflexionsworkshops

Tabelle 3: Unterstützung der Interessengruppen


Evaluierung von In- und Outsourcing Potentialen

Vorgehensweise

Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten um In- und Outsourcingpotenziale zu erkennen. Man kann sie auch als Auslöser für Sourcingvorhaben definieren.

  1. Proaktive Vorgehensweise

Diese Methode wird auch als Top-Down Verfahren bezeichnet.

Ausgehend von der Unternehmensstrategie wird die IT-Strategie und in weiterer Folge die Sourcing Strategie abgeleitet. Meist geschieht dies durch eine stärkere Fokussierung auf die Kernkompetenzen des Unternehmens. Dabei wird nicht nur der momentane Zustand betrachtet, sondern versucht auch die mittelfristigen Zukunftsaspekte des Unternehmens und des Marktes zu berücksichtigen. Über die daraus abgeleiteten kritischen Erfolgsfaktoren kommt man zu den Prozessen/Kandidaten für Outsourcing und kann auch die zukünftige Unternehmensstruktur danach ausrichten.

  1. Passive Vorgehensweise

Diese Methode wird auch als Bottom Up bezeichnet. Es ist nicht ganz richtig die Vorgehensweise als Methode oder Verfahren zu bezeichnen, da hier meist fremdgetrieben agiert wird.

Kennzeichnend ist, dass meist aus der Not heraus Maßnahmen getroffen werden. Es sind entweder Situationen eingetreten, die zum Handeln zwingen oder im schlimmeren Fall ist bereits eine Katastrophe eingetreten, die aller Voraussicht nach mit einem externen Partner vermeidbar gewesen wäre.

Auslösende Situationen könnten sein:

  • Fehlende Kompetenzen in bestimmten Bereichen oder für bestimmte Produkte

  • Anstehende Investitionen (da alte Systeme nicht mehr unter Wartung genommen werden können)

  • Vertragsende mit einem bisherigen Provider

  • Der von der Unternehmensleitung geholte Berater schlägt Outsourcing vor.

  • Crash: langer Systemausfall; Datenverlust, etc.

Strategische & Finanzielle Sicht

Es gibt manchmal auch im Top Management scheinbar zwei völlig unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema Outsourcing Strategie.

Ein Teil des Managements betrachtet dieses Thema aus der Qualitätssicht im weitesten Sinne. Diese ist geprägt von folgenden Fragestellungen:

  • Welche Skills benötige ich heute und in Zukunft?

  • Welche Qualität wird von meinen Produkten und Prozessen erwartet und kann ich diese auch erbringen bzw. könnte die ein anderer besser erbringen?

  • Wie rasch kann ich agieren?

  • Ist meine Flexibilität hoch genug, um auf dem Markt bestehen zu können?

Ein anderer Teil des Managements hat nur (oder vor allem) die finanziellen Aspekte im Auge. Diese sind geprägt von folgenden Fragestellungen:

  • Wie hoch ist die (versprochene) Kosteneinsparung?

  • Kenne ich meine eigenen Kosten? Berücksichtige ich auch die versteckten Kosten?

  • Habe ich die Alternativen auch richtig bewertet (Nutzwertanalyse) ?

  • Ist eine stärkere Variabilisierung der Kosten gegeben?

Ein wirklich gutes Ergebnis wird nur bei einer Berücksichtigung beider Sichtweisen erreicht.

Begriffsspezifizierung - Die Prozesse

Für die Evaluierung ist ein grundsätzliches Verständnis von Prozessmanagement erforderlich. In der Aufschwungphase nach dem zweiten Weltkrieg hat man erkannt, dass die bis dorthin übliche funktionale hierarchische Organisation für einen raschen Wandel des Unternehmens eher hemmend war. Die Lösung sah man in einer prozessorientierten Sichtweise. So entstand in den meisten Unternehmen neben der hierarchischen Aufbauorganisation eine Darstellung aller Unternehmensprozesse in einer sogenannten Prozesslandkarte.

Die Kernprozesse sind wertschöpfende Prozesse mit direktem Kontakt zu den externen Kunden. Beispiele sind: Produktentwicklungsprozess, Produkterstellungs­prozess, Serviceprozess aber auch Supply Chain Management oder Customer Relationship Management.

Die Managementprozesse sind Führungsprozesse deren Kunden unter­nehmensintern sind. Beispiele sind: Vision und Mission, Strategiefindungsprozess, Qualitätsmanagement, Sicherheitsmanagement etc.

Die Supportprozesse sind Unterstützungsprozesse deren Kunden ebenfalls unternehmensintern sind. Beispiel sind: Facility Management, Fuhrpark, IT, Buch­haltung, Legal Services, etc.

Untenstehend sehen Sie das Schema einer solchen Standardprozesslandschaft.

Datei:Media/image8.wmf

Abbildung 5: schematische Prozesslandkarte

Das Outsourcingobjekt sollte immer ein Prozess/Teilprozess des Unternehmens sein. Nur bei dieser Betrachtungsweise wird man auch die Schnittstellenproblematik einigermaßen befriedigend lösen können. In den meisten Fällen sind Support­prozesse sogenannte Outsourcingkandidaten. Das Auslagern noch kleinerer Ein­heiten (Aktivitäten) bezeichnet man als Outtasking. In diesen Fällen fallen einige der im Folgenden beschriebenen Aspekte weg.

Portfolio Methode zur Ermittlung von Sourcing Potentialen ausgehend vom Beitrag zu den Schlüsselprozessen

Die häufigste Methode, Kandidaten für In- und/oder Outsourcing zu finden ist die Portfolio-Methode. Dabei werden in einem Diagramm zwei wichtige Aspekte als Achsen genommen und die Prozesse dann entsprechend der beiden Aspekte im Diagramm angeordnet. Die Methodik ist zwar allgemein anerkannt und wird in der Literatur sehr häufig verwendet (siehe auch Gartner Quadranten). Die Wahl der Aspekte (für die Achsen des Diagramms) hängt aber weitgehend von den Personen ab, die diese Analyse durchführen. Es gibt dabei kein richtig oder falsch.

Deshalb sollten die zur Analyse herangezogenen Aspekte genau dokumentiert sein und auch in einem Team erarbeitet werden.

Untenstehend finden Sie ein praxistaugliches Beispiel aus einem Strategielehrbuch.

Datei:Media/image9.png

Abbildung 6: Portfolioanalyse von Unternehmensprozessen[1]

Erläuterung:

Im linken unteren Bereich sind die Outsourcingkandidaten zu finden. Das sind Prozesse, die wenig mit dem Kerngeschäft zu tun haben und bei denen kein unternehmensspezifisches Know how erforderlich ist. Der mittlere Bereich kann ebenfalls Prozesse enthalten, die für Outsourcing geeignet sind. Dies ist aber im Einzelfall genau zu verifizieren. Der rechte, obere Bereich zeigt jene Prozesse, die unternehmensspezifische Kenntnisse erfordern und die bei Beherrschung auch einen Vorteil gegenüber Konkurrenten ergeben.

In manchen Fällen wird die Portfolioanalyse zweistufig durchgeführt. Das bedeutet, dass z.B. nach der in Abbildung 7 dargestellten Analyse der linke untere Teil, nach weiteren Kriterien (z.B. vorhandenen Skills und Dauer der benötigten Skills) einer Portfolioanalyse unterzogen wird. Auf diese Weise bekommt man eine brauchbare Reihung, wenn in der Ausgangsphase besonders viele Objekte vorhanden waren.

Evaluierung von Kompetenzen

Einleitung

Kompetenzen sind Fähigkeiten von Mitarbeitern oder der Organisation, die für die Herstellung von Produkten oder Dienstleistungen erforderlich sind.

Kernkompetenzen sind Fähigkeiten, die produktspezifisch sind und vom Unter­nehmen besonders gut beherrscht werden.

Kernkompetenzen sichern das langfristige Überleben der Organisation

Hinweise auf verschiedene Methoden für das Unternehmen wichtige Kompetenzen zu eruieren, finden Sie in der einschlägigen Fachliteratur, zum Beispiel bei Hamel / Prahalad.[2]

Kernkompetenzen – Evaluierungsworkshop

Wenn sich das Unternehmen bisher noch keine konkreten Gedanken betreffend Ihrer Kernkompetenzen gemacht hat, sollte dies in einem Kernkompetenz-Evaluierungsworkshop geschehen. Die Vorgehensweise ist im Folgenden beschrieben.

In einem zu gründenden Identifikationsteam soll ein gemeinsames Verständnis über Kernkompetenzen hergestellt werden. Eine bewährte Methode dafür ist ein Evaluierungsworkshop, der in zwei Phasen abläuft.

Phase1:

Identifizierung und Strukturierung der Fähigkeiten

In dieser Phase sollten möglichst alle Funktionsbereiche und kundennahen Abteilungen vertreten sein (obere Hierarchien).

Aufgabe:

Die Teilnehmer listen die Fähigkeiten der Organisation auf, ungeachtet, inwieweit diese Fähigkeiten dazu beitragen, Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Solche Fähigkeiten können sein:

z.B. Projektmanagement, Bilanzfähigkeit, IT-Fähigkeiten, Internetfähigkeiten, Markforschungsfähigkeit, PR-Fähigkeit, Produktionsfähigkeit, Servicefähigkeit

Phase 2:

Kritische Erfolgsfaktoren identifizieren

Ein kritischer Erfolgsfaktor (KEF) ist eine Eigenschaft einer Organisation, die bei ausreichend guten Werten das Erreichen der Ziele der Organisation ermöglicht. Ziele können beispielsweise sein: Gewinnmaximierung, exzellente Kommunikation, Qualitätsführerschaft, Kostenführerschaft, etc.

Man erhält die kritischen Erfolgsfaktoren, indem man mit dem Topmanagement eines Unternehmens bestimmt, was für den Erfolg der Unternehmung entscheidend ist. Anhand der KEF können dann z. B. Projekte aufgesetzt oder priorisiert werden, die den Unternehmenszielen förderlich sind, bspw. ein Outsourcingprojekt.

Es sollte über den Begriff Erfolg Klarheit herrschen. Eine Trennung zwischen Fähigkeiten und kritischen Erfolgsfaktoren kann schwierig sein.

Aufgabe:

Suche nach kritischen Erfolgsfaktoren, die der Organisation den zukünftigen Unternehmenserfolg sichern

z.B. hochwertiges Projektmanagement, Schaffung von Vertrauen für die Dienstleistungsqualität, Im Marketing den Nutzen der Kunden darzustellen

Die Bedeutung des Konsumenten ist ganz wesentlich, am besten bindet man den Konsumenten selbst in den Prozess ein.

Kritische Erfolgsfaktoren Fähigkeiten

hochwertiges Projektmanagement im Deliveryprozess

Projektmanagement, Teamfähigkeit, Führen im Team

Schaffung von Vertrauen für die Dienstleistungsqualität

Prozessmanagement, Qualitätsmanagement

Im Marketing den Nutzen für die Kunden darzustellen

Marketing, Markforschungsfähigkeit, PR-Fähigkeit etc.

Tabelle 4: Zuordnung der notwendigen Fähigkeiten zu kritischen Erfolgsfaktoren


IT-Kosten

Bei dem Kapitel IT-Kosten zeigen sich unabhängig von Betriebsgröße häufig sehr große Mängel. Selbst wenn Unternehmen entsprechend moderne ERP-Systeme für Ihre Kostenrechnung benutzen, können Sie Ihre Kosten meist nicht wirklich vergleichbar für Benchmarks bzw. als Basis für die vom Outsourcer angegebenen Kosten darstellen.

Dies liegt nicht an den mangelnden Werkzeugen, sondern vielmehr an den organisatorischen Aspekten.

Voraussetzung sind klar definierte Prozesse mit klaren Verantwortlichkeiten. Nur dann können auch Kosten richtig zugeordnet werden.

Die folgenden Unterkapitel zeigen, wie komplex das Thema eigene Kosten und Kostenvergleich mit dem Outsourcer werden kann.

Kostenfallen

Nachstehend angeführte Punkte sind ein klassischer Ausschnitt aus möglichen Hindernissen für eine klare Kostenermittlung. Diese Beispiele sind nicht theoretisch, sondern der Praxis entnommen.

  • Es existiert keine eigene Kostenstelle für IT

  • Die Kostenstelle existiert, aber es sind bei weitem nicht alle IT-Kosten darauf geplant

  • Es gibt verschiedene Bereiche im Unternehmen, die IT-Kostenstellen haben

  • Es wird nur auf IT-Kostenstellen geplant, trotzdem werden IT-relevante Assets teilweise auf Fachbereichskostenstellen beschafft.

  • Es gibt kein definiertes Budget, jegliche Investition wird außerordentlich genehmigt

  • Es gibt eine einheitliche Kostenstelle IT, es werden aber nicht alle Kostenarten darauf geplant (z.B. Personal, Mieten, etc)

Die wesentlichen Kostenarten in der IT und Ihre Inhalte sind in Kapitel 5.6.2 in der Tabelle 5 dargestellt.

Kostenverschiebung bei Outsourcing

Die folgende Grafik zeigt, wie sich die Kosten innerhalb des Unternehmens darstellen und wie Sie im Falle eines Outsourcings betrachtet werden müssen.

Datei:Media/image10.png

Abbildung 7: Kostenverschiebung durch Outsourcing

Die Höhe der (Teil-)Balken sagt nichts über die tatsächliche Höhe oder Differenz der Kosten aus.

Vereinfacht betrachtet setzen sich die Kosten für IT-Prozesse immer aus Sachkosten, Personalkosten und (Personal-)Gemeinkosten zusammen. Das Unternehmen hat natürlich auch noch Risikokosten (Risiko des operativen Betriebes) zu tragen. Diese werden allerdings in den seltensten Fällen ausgewiesen.

Der Outsourcinganbieter behauptet normalerweise, dass er alle diese Kosten übernimmt und dafür einen Marktpreis verrechnet, der deutlich unter den bisherigen Kosten liegt. Von dieser Darstellung lassen sich Einkäufer und meist auch CFO’s beeindrucken und leider auch manchmal täuschen.

Beim Outsourcing kommen auf jeden Fall noch Handlingkosten dazu, weil der Auftraggeber ja den Outsourcer steuern muss (Controlling, Single Point of Contact). Für diese Aufgabe werden hohe Qualifikationen verlangt. Dies ist also nicht mit einer Billigarbeitskraft abzudecken. Und es fallen natürlich wieder Gemeinkosten für diese Aufgaben an.

Zusätzlich sind auch die Projektkosten für das Outsouring auf den angestrebten Zeitraum aufzuteilen.

Das Risikokostenthema ist noch komplexer. Die Ausfallrisiken, die ein Durchschnittsunternehmen hat weil es keine Redundanz bei Stromversorgung, Klimatisierung und Datenleitungen hat, deckt natürlich ein guter Outsourcer nahezu perfekt ab. Bei der Vertraulichkeit und Integrität ist es schon schwieriger einen Vergleich anzustellen, bzw. die Vorteile eines Outsourcers zu erkennen. Hier werden Restrisiken bleiben. Zusätzlich handelt sich der Auftraggeber aber neue Risiken ein. Das Hauptrisiko ist die Existenz des Outsourcing Partners. Er könnte durch Konkurs verloren gehen, oder plötzlich nicht mehr an diesem Geschäftszeig interessiert sein.

Diese Risiken sind schwer zu bewerten und werden daher meist in den Projekten auch nicht berücksichtigt.

Anmerkungen:

  • Ein generelles Ziel ist, möglichst viele fixe Kosten in variablen Kosten zu verwandeln.

Sonderfall Cloud

Der Kostenvergleich ist bei einer Cloud Variante etwas komplexer. Durch die mögliche starke Variabilisierung der Kosten Muss das Mengengerüst mit den zugehörigen zeitlichen Aspekten relativ genau untersucht werden. (Wann wird welche Leistung benötigt).

Abbildung 8 zeigt schematisch den klassischen Kostenverlauf bei steigendem Bedarf an IT-Leistungen mit sprungfixen Kosten (z.B. durch Anschaffung neuer HW/SW) gegenüber einem variablen Verlauf.

Datei:Media/image11.png

Abbildung 8: Klassischer und variabler Kostenverlauf

Total Cost of Ownership - TCO

Die Summe aus direkten und indirekten Kosten über die gesamte Lebensdauer eines Produktes bzw. einer Dienstleistung wird als TCO bezeichnet. Da man meist ganze Prozesse auslagert, ist diese Betrachtungsweise sehr hilfreich um zu den tatsächlichen Kosten zu gelangen. Speziell die grau hinterlegten Tätigkeiten/Kostenarten werden meist bei der Betrachtung der internen Kosten vergessen.

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Abbildung 9: Kostenschema TCO

Kostenbetrachtung bei komplexen Outsourcing-Projekten

Business Process Outsourcing (BPO) ist die komplexeste Form des Outsourcings. Hier werden nicht nur einzelne Arbeitsschritte oder Teilprozesse nach außen gegeben, sondern es wird ein ganzer Geschäftsprozess nach außen verlagert.

Wirtschaftlichkeitspotentiale des BPO

Die folgenden Aussagen stellen Hinweise auf mögliche Potenziale dar. Es gibt keine vorgegebene Gewichtung zwischen den Aussagen und Gruppen.

Allgemeine Potenziale

Die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Outsourcings ist umso besser

  • Je länger die Entscheidungsdauer im Management ist

  • Je größer der Einfluss der innerbetrieblichen Politik ist

  • Je länger die Amortisationszeiten für Investitionen dauert

  • Je höher oder öfter laufende Investitionen notwendig sind

  • Je stärker saisonale und konjunkturelle Einflüsse das Unternehmen beeinflussen

Personal

Die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Outsourcings ist umso besser

  • Je mehr Mitarbeiter in dem Prozess beschäftigt sind

  • Je höher der Anteil der Führungskräfte an den Mitarbeitern ist

  • Je höher das Lohnniveau des Unternehmens ist

  • Je größer der Fixanteil der Gehälter ist

  • je geringer die Auslastung von notwendigen Spezialisten ist

System & Infrastruktur

Die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Outsourcings ist umso besser

  • Je geringer die Auslastung der IT-Systeme ist (hohe Synergieeffekte)

  • Je kapitalintensiver die Prozesse sind

  • Je höher die Kommunikationskosten sind

  • Je höher die Kosten für Bürofläche/Arbeitsplätze sind

  • Je mehr heterogene Plattformen vorhanden sind

  • Je geringer der Standardisierungsgrad der Hardware ist

  • Je geringer der Standardisierungsgrad der Software ist

Prozesse

Die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Outsourcings ist umso besser

  • Je größer die Anzahl der Prozessvarianten ist

  • Je geringer der Automatisierungsgrad in den Prozessen ist

  • Je mehr Prozessstandorte es gibt

  • Je mehr nicht beherrschte Teilprozesse existieren

  • Je höher die Durchlaufzeit der Prozesse im Konkurrenzvergleich auf Basis von Benchmarks ist

Hochrechnung möglicher Einsparungen

Man muss die Kosten des Unternehmens bzw. der zu betrachtenden Prozesse kennen, um bei einem Outsourcingangebot seriöse Vergleichswerte zu haben. Untenstehend sind die wesentlichen, den Prozess betreffenden Kostenkomponenten angeführt.

Kostentyp Bestandteile / Inhalt
Direkte und indirekte Kosten Rohdaten,

keine internen Verrechnungssätze

Personalkosten Reisekosten, Spesen, KFZ, Arbeitsplatzkosten
IT - Software AFA, SW-Wartung, (Investitionen)
IT – Hardware AFA, HW – Wartung, (Investitionen)
Kommunikationskosten AFA, Netzwerkkomponenten
Raumkosten Miete, Infrastruktur, Klima etc.
Externe Dienstleister Beratung
Gemeinkosten/Gebühren für die Nutzung von unternehmensinternen, aber prozessexternen Dienstleistungen z.B. IT-Support oder Lohn/Gehaltsabrechnungen
Schulungskosten / Weiterbildung Seminare, damit verbundene Spesen, Literatur

Tabelle 5: Kostenarten und Ihre Inhalte

Anteilige Ressourcennutzung schätzen

Als nächster Schritt ist die anteilige Ressourcennutzung zu ermitteln. Ziel ist es, nur die tatsächlich für den Prozess erforderlichen Ressourcen darzustellen und die zuordenbaren Kostenanteile zu ermitteln.

Mitarbeiter/ Personalressource

Hier muss zwischen Mitarbeitern, die ausschließlich für einen Prozess arbeiten und solchen die nur einen bestimmten Teil Ihrer Zeit für den Prozess arbeiten unterschieden werden. Dies kann man am besten durch strukturierte Interviews erheben, in denen man den prozentuellen Kapazitätsbedarf des Mitarbeiters an den jeweiligen Prozessen ermittelt.

Die Ergebnisse können am besten in einer Personal-Prozess-Matrix dargestellt werden.

HW- und SW-Nutzung

Die Ermittlung der anteiligen Nutzung der Hard- und Software durch die Prozesse ist ohne Systemunterstützung kaum möglich. Systemmanagement Tools können die Basisdaten dazu jedoch fast immer liefern. Man muss nur auf die erforderliche Granularität achten. Da die Zuordnung meist nur über die Nutzer und nicht über die Prozesse möglich ist, muss in den meisten Fällen der oben ermittelte Personalschlüssel für die Verteilung der Kosten herangezogen werden.

Büroflächen und Infrastruktur

Büroflächen und Infrastruktur werden meist linear über die Anzahl der Mitarbeiter auf diese aufgeteilt. (Pro-Kopf Ansatz)

Bei der Infrastruktur muss besonders die Mietvertragsdauer beachtet werden. Hier können besonders langfristige Verträge scheinbar niedrige Jahreskosten erzeugen. Für einen Vergleich mit dem Outsourcer benötigt man aber vergleichbare Laufzeiten (Kapitalbindungen)

Gemeinkosten und interne Dienstleistungen

Diese werden häufig als direkte Kosteneinsparung außer Acht gelassen, da es meist keine lineare Kosteneinsparung gibt. Aufgrund des meist sehr hohen Gemeinkostenanteils kann es hier zu massiven Verfälschungen kommen. Die Lösung bietet hier die im Kapitel 5.7 erläuterte Prozesskostenrechnung an.

Unternehmensexterne

Unternehmensexterne legen im Normalfall Einzelrechnungen. Man muss nur darauf achten, dass Sie eindeutig Prozessen und nicht nur Kostenstellen zugewiesen werden.

Summiert man die Kosten der obigen Kostenarten, erhält man die Gesamtkosten des Prozesses

Erst dann ist ein Vergleich mit einem eventuell bekannten Branchenwert, oder eben mit dem Outsorurcing Angebot möglich (Benchmarking).

Prozesskostenrechnung

Das Thema Prozesskostenrechnung wird im Folgenden sehr kompakt abgehandelt, damit sich der Leser ein Bild von dem Thema machen kann. Für weitere Informationen wird auf das Buch von Detlef Remer, „Einführen der Prozess­kostenrechnung“ (siehe auch Literaturverzeichnis), verwiesen.

Obwohl der Begriff der Prozesskostenrechnung in der Literatur schon fast zwei Jahrzehnte existiert, gibt es kaum Unternehmen, die diese intensiv anwenden. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die meisten Unternehmen nicht durchgängig prozessorientiert organisiert sind.

Bei Outsourcingprojekten muss daher meist versucht werden, die Kosten des auszulagernden Prozesses aus der vorhandenen Kostenrechnung abzuleiten.

Gründe für eine Prozesskostenrechnung

Durch den Einsatz einer Prozesskostenrechnung am Beginn eines Outsourcing­projektes ist es dem Unternehmen möglich, den Kostenansatz des Outsourcing Anbieters nachzuvollziehen. Dieser arbeitet natürlicherweise mit Prozesskosten­rechnung weil er Kosten optimieren und verursachergerecht zuteilen muss. Für einen realistischen Kostenvergleich muss zumindest für den betrachteten Prozess ansatzweise die Prozesskostenrechnung herangezogen werden.

Traditionelle Kostenrechnungssysteme

Traditionelle Kostenrechnungssysteme wie Grenzplankostenrechnung oder Deckungsbeitragsrechnung eignen sich wegen der konsequenten Trennung fixer und proportionaler Kosten zur Steuerung direkter Unternehmensbereiche.

„Fixe“ Kosten sind jedoch meist nur bei kurzfristiger Betrachtungsweise fix. Durch entsprechende Managemententscheidungen können sie mittel- bis langfristig durchaus variabel werden.

Ein Beispiel dafür ist das Auslagern des Fuhrparks, bei dem der Anbieter auch den vorhandenen Fuhrpark übernimmt, und für den Kunden Kosten nur mehr im Falle eines tatsächlichen Transports anfallen.,

Die traditionellen Kostenrechnungssysteme liefern daher wenig Information für längerfristige Entscheidungen

Zuschlagskalkulation

Bei Zuschlagskalkulation erfolgt Quersubventionierung in die variantenreichen in geringen Stückzahlen hergestellten Produkte.

Im untenstehenden Beispiel ist dargestellt, wie ein Bestellkostenzuschlag linear zum Umsatz die kalkulierten Gesamtkosten verfälschen kann. Dies ist besonders kritisch, wenn aufgrund der falsch kalkulierten Kosten falsche strategische Entscheidungen getroffen werden (Produktionsausweitung oder Produktionseinstellung).

Zuschlagskalkulation Produkttyp A Produkttyp B
Einkaufspreis 10 €/Stk 50 €/Stk
eingekaufte Menge 10 Stk 10 Stk
Einkaufssumme 100 € 500 €
Einkauf gesamt 600 €
Gemeinkosten (Bestellen, ein- und auslagern, Rechnung schreiben und buchen etc) 1200 €
Gemeinkostenzuschlag 200 % 20 €/Stk 100 €/Stk
Kalkulierte Gesamtkosten je Stk 30 €/Stk 150 €/Stk
Die Gemeinkosten werden mit einem Zuschlag i.H.v.

1200€/600€ = 200 % auf den Einkaufspreis zugeordnet.

Prozesskalkulation Produkttyp A Produkttyp B
Einkaufspreis 10 €/Stk 50 €/Stk
Kosten je Prozess 60 €/Stk 60 €/Stk
Kalkulierte Gesamtkosten je Stk 70 €/Stk 110 €/Stk
Unter der Annahme, dass jeder Typ gleich hohe Gemeinkosten verursacht, ist ein gleich hoher Prozesskostensatz von

1200€/20Stk = 60 €/Stk zutreffend

Tabelle 6: Gegenüberstellung Zuschlagskalkulation und Prozesskostenrechnung

Theorie – Begriffsbestimmungen

Wir gehen von der Annahme aus, dass alle vorhandenen Aktivitäten und Prozesse im Unternehmen für die Erzeugung der Produkte bzw. für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind. Diese Aktivitäten beziehungsweise die von Ihnen verursachten Kosten werden in drei Kategorien eingeteilt:

lmi leistungsmengenorientiert

lmn leistungsmengenneutral

pua prozessunabhängig

Repetitive Tätigkeiten verursachen direkt prozessabhängige bzw.
leistungsmengeninduzierte (lmi) Kosten. Sie werden von einem oder mehreren Kostentreibern bestimmt.

Z.B: Eingangsrechnung prüfen und kontieren

-> Kostentreiber = Anzahl Eingangsrechnungen

Indirekt prozessabhängige bzw. leistungsmengenneutrale (lmn) Kosten fallen für nicht repetitive aber immerhin mittelbar prozessabhängige Tätigkeiten an.
Sie sind unterstützend aber prozessnah

z.B: Abteilung leiten, Bewerber auswählen

Diese können zwar nicht sinnvoll einzelnen Aktivitäten, aber ganzen Prozessen zugeordnet werden.

Prozessunabhängige Kosten (pua)

z.B Qualitätssicherungsseminar abhalten; Betriebstankstelle

Hier ist keine sinnvolle Zuordnung zu einzelnen Prozessen möglich.

Kostentreiber

Kostentreiber sind Faktoren oder Größen, die Kosten direkt oder indirekt beeinflussen.

Einer der häufigsten Fehler ist die Verwechslung von Kosten mit Kostentreibern.
Kosten können immer direkt in Geldeinheiten angegeben werden. Kostentreiber sind hingegen Parameter die bestimmte Kosten beeinflussen.

Kosten die direkt in das Produkt einfließen, wie zum Beispiel Materialkosten und Arbeitskosten, werden auch von der herkömmlichen Kostenrechnung genau zugeordnet. In den letzten Jahrzehnten ist der Gemeinkostenanteil, der nicht direkt dem Produkt zugeordnet werden kann immer stärker angestiegen und liegt häufig bei bis zu 200 % der Direktkosten.

Hier sollen uns die Kostentreiber helfen, die Gemeinkosten nicht nach dem Umsatz verteilen zu müssen, sondern für einen Großteil dieser Kosten einen verursachungsgerechten Kostenschlüssel zu finden.

Im ersten Schritt wird es dadurch möglich, die Kosten der Produkte genauer zu ermitteln.

Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen:

  • Anzahl der Bestellungen

Der Bestellvorgang kostet annähernd gleich viel ob ich 1, 10 oder 100 Stück bestelle.

  • Anzahl der Rechnungen

Die Rechnungslegung bis hin zum Mahnwesen ist ebenfalls unabhängig von Stückzahl oder Wert des bestellten Gutes.

  • Interner Transport

Die Transportkosten hängen vom Gewicht und Größe der Ware ab, nicht jedoch vom Wert. (Kurbelgehäuse oder teure Kleinteile)

Faktoren der Kostentreiberbildung

Es gibt für zu verteilende Gemeinkosten meist mehrere mögliche Kostentreiber, die herangezogen werden könnten. Der beste Kostentreiber muss folgende Eigenschaften besitzen.

  • Die Definition muss verständlich sein

  • Die ökonomische Effekte müssen von den Mitarbeitern nachvollzogen werden können

  • Der Aufwand für die Berechnung oder Erfassung des Kostentreiberwertes sollte gering sein.

  • Der zu verwendende Kostentreiber sollte schon verfügbar sein (z.B. in einem ERP System)

  • Die Proportionalität zwischen Kostentreiber und Prozess- Output muss gegeben sein (wobei der Zusammenhang nicht linear sein muss).

Anzahl erforderlicher Kostentreiber

Die Anzahl der erforderlichen Kostentreiber variiert von Fall zu Fall. Prinzipiell versucht das Unternehmen mit möglichst wenig unterschiedlichen Kostentreibern auszukommen. Es gibt aber Randbedingungen, die die Anzahl beeinflussen und daher zu berücksichtigen sind. Im Wesentlichen sind dies:

  1. Genauigkeit der Gemeinkostenverrechnung

Die erforderliche Genauigkeit muss vom Management festgelegt werden. Je mehr Gemeinkosten verrechnet werden müssen umso mehr Kostentreiber benötigt man. Eine 100%ige Verrechnung der Gemeinkosten mithilfe von Kostentreibern ist unwirtschaftlich und daher nicht sinnvoll.

  1. Unterschiedlichkeit der Prozesse

Je unterschiedlicher meine Prozesse sind, desto eher werde ich unterschiedliche Kostentreiber für die Aufteilung der Gemeinkosten benötigen. Stark unterschiedliche Prozesse benötigen also mehr Kostentreiber.

  1. Relative Kosten der Prozesse

Bei Prozessen mit hohen relativen Kosten lohnen sich mehr Kostentreiber um die Genauigkeit der Verrechnung zu erhöhen.

  1. Ungenauigkeit der Kostentreiber

Manche Kostentreiber erreichen nur eine bedingte Genauigkeit. Das bedeutet die Korrelation zwischen Kostentreiber und anfallenden Kosten ist (deutlich) geringer als 1(100%). Daher benötigt man zur Absicherung meistens weitere Kostentreiber, da dann die Kombination dieser eine höher Korrelation ergibt.

Beispiele für Kostentreiber

Die nachfolgende Tabelle zeigt einige mögliche Kostentreiber in einem Unternehmen. Welche Kostentreiber in Ihrem Unternehmen bzw. für Ihre Prozesse anzuwenden sind, muss von Fall zu Fall entschieden werden.

Eine zu geringe Anzahl von Kostentreibern reduziert die Genauigkeit, eine zu hohe Anzahl steigert den Erfassungs- und Berechnungsaufwand.

Erfassungsobjekt Kostentreiber
Produktvielfalt Anzahl gefertigter Lose
Teilevielfalt Anzahl der Ein- und Auslagerungen
Vertriebsgemeinkosten Anzahl der Verkäufer je Produktart
Komplexität des Produkitionsprogrammes Anzahl der Varianten
Komplexität der Produkte Anzahl der Einzelteile der Produkte

Prozessdurchführungen,

Transaktionen etc.

Anzahl der Bestellungen, Kontrollen, Buchungen, Rechnungen, PC-Anschlüsse, Kundenbesuche, Wareneingänge, Eingangspositionen, Paletten, Neuprodukte, Teilenummern, Lieferanten, Kundenauftragspositionen, Kunden, Kostenstellen, etc.
Reine Verwaltungsprozesse, lmn Prozesse Zeitgrößen

Tabelle 7: Beispiel von verschiedenen Kostentreibern

Cloud Aspekte

Die Ermittlung der eigenen Kosten hat zwar nichts mit der Cloud zu tun. Es ist aber auf jeden Fall zu beachten, dass die Kostentreiber im eigenen Betrieb nicht unbedingt die Messgröße für die variablen Kosten beim Cloud Betrieb sein müssen. Es kann sein, dass für den Nutzer andere Messgrößen wirtschaftlicher sind.

Einführung der Prozesskostenrechnung

Eine Prozesskostenrechnung muss nicht für das ganze Unternehmen eingeführt werden. Es bringt auch Erkenntnisse, wenn das Unternehmen besonders kritische Prozesse unter diesem Gesichtspunkt näher betrachtet. Selbst wenn die PKR nur für Teile der Prozesslandschaft eingeführt wird, ist es ein bedeutendes Organisations- bzw. Veränderungsprojekt und bedingt eine professionelle Projektorganisation.

Um ein gutes Ergebnis zu bekommen sind folgende Phasen mehrfach zu durchlaufen.

Projektphasen Ergebnisse

Tätigkeitsanalyse

Selbstaufzeichnung durch Einzelmitarbeiter

Tätigkeitskatalog

Teilprozessanalyse

Interview der Kostenstellenleiter

Teilprozesse

Teilprozesskosten

Schnittstellenübersicht

Hauptprozessanalyse

Erweitertes Management-Team

Hauptprozesskatalog

Prozesshierarchie

Tabelle 8: Projekt – Einführung Prozesskostenrechnung

In der obenstehenden Tabelle darf der Begriff Hauptprozess nicht mit Kernprozess verwechselt werden. Beim Thema Outsourcing handelt es sich meist um Supportprozesse. Die Unterteilung in Haupt- und Teilprozess sowie in Aktivitäten stellt nur eine Modularisierung des Prozesses dar.

Ein mehrfacher Durchlauf der Phasen ist deshalb empfehlenswert, weil im Zuge der Verdichtung der Aktivitäten nach oben häufig Mehrgleisigkeiten und sofort zu realisierende Effizienzsteigerungen entdeckt werden.

=
Phase 2: Due Diligence =

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Prozessbeschreibung der Due Diligence Phase

Die einzelnen Prozessschritte der Due Diligence Phase sind in dem folgenden Ablaufdiagramm dargestellt.

Der gelb markierte Bereich (Letter of Intent) ist optional und wird nur bei Bedarf durchlaufen.

Bei einer offenen Ausschreibung fällt die Bietersuche bzw. die Bietereinschränkung ebenfalls weg. Dies bedingt jedoch eine wesentlich umfangreichere Ausschreibung, da Punkte die in der Bieterauswahl geklärt werden können, bereits in der Ausschreibung entsprechend exakt eingegrenzt werden müssen.

Offene Ausschreibungen sind meist im Behördenbereich oder in behördennahen Bereichen vorgeschrieben.

In dieser Phase sind die meisten Aktivitäten, die sich durchaus stark unterscheiden können, je nachdem ob eine Public Cloud Variante in Erwägung gezogen wird oder nicht.

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Abbildung 10: Schematischer Projektverlauf: Due Diligence

Beschreibung der Arbeitsschritte

Nachdem die Entscheidung für den Outsourcinggegenstand in der Evaluierungsphase gefallen ist, werden im Folgenden die einzelnen Schritte der Due Diligence Phase erläutert. Teilweise wird dabei auch auf die Unterschiede zwischen Ausschreibungen die dem Bundesvergabegesetz unterliegen und solchen bei denen das nicht der Fall ist, eingegangen.

Beschreibung des Vorhabens

Als erster Schritt muss die Outsourcingdienstleistung soweit konkretisiert werden, dass für die Anbieter eine Entscheidung möglich ist, ob Sie die gewünschte Leistung anbieten können.

Der strukturelle Aufbau dieses Dokumentes ist bei fast allen Projekten ähnlich.

  • Grobe Beschreibung des Unternehmens.

  • Beschreibung, was ausgelagert werden soll.

  • Beschreibung des Mengengerüstes (Volumen).

  • Beschreibung, welche Qualität der Auftraggeber vom Auftragnehmer erwartet.

Der Inhalt hängt jedoch stark vom Outsourcinggegenstand ab

Anbieterauswahl

Eine der eigentlichen Ausschreibung vorgelagerte Anbieterauswahl soll den Aufwand für die Analyse und Beurteilung der Angebote in Grenzen halten, indem man nur eine geringe Anzahl qualifizierter Anbieter zur Ausschreibung einlädt.

Bei öffentlichen Ausschreibungen ist dies meist nur unter gewissen Randbedingungen erlaubt.

Hier fließt auch ein, ob man Cloud Anbieter mit berücksichtigt und wenn ja welche Art von Cloud Anwendungen in Frage kommen.

Bietersuche

Im Falle eines nicht öffentlichen Unternehmens können die Kriterien für eine Einschränkung der Anbieter frei gewählt werden. Dies kann z.B. die geografische Nähe sein, weil man die Skills unter Umständen auch für andere noch nicht bekannte Probleme nutzen will; manchmal gibt auch die Geschäftsleitung Präferenzen vor, die aufgrund anderer Geschäftsbeziehungen gegeben sind. Die Einbeziehung des Einkaufs ist in jedem Fall empfehlenswert, da er meist viele qualifizierte Lieferantenkontakte hat und auch häufig Informationen über die regionalen Gegebenheiten hat. Prinzipiell muss man auch mit der Geschäftsleitung abklären ob das Thema Offshoring inkludiert oder ausgeschlossen werden soll.

Öffentliche Unternehmen haben in diesem Punkt weniger Spielraum. Sie können sich des EU-weit genormten Bekanntmachungsformulars bedienen und dort Ihre Forderungen bzw. Präferenzen bekanntgeben. Forderungen die dem Gleichheitsprinzip oder anderen Grundsätzen der EU widersprechen (freier Dienstleistungsverkehr) sind in diesem Fall nicht gestattet.

Bieterbewertung (nach Meldung)

Nachdem sich eine Reihe von Bietern gemeldet haben, müssen diese bewertet und gereiht werden. Die Vorgehensweise kann folgendermaßen aussehen:

Zuerst wird gecheckt ob die Anbieter alle geforderten Kriterien erfüllen. (k.o. Kriterien)

Dann werden Hearings mit den in Frage kommenden Interessenten durchgeführt.

Grundlage der Bewertung ist das Hearing und –sofern es sich im Gespräch klären lässt – die Beurteilung der untenstehenden Kriterien

  • Ort der Leistungserbringung

  • Sind die Skills ausreichend und in brauchbarer Qualität vorhanden?

  • An welchem Ort, in welcher Sprache sind die Skills vorhanden?

  • Wie ist die Darstellung des Unternehmens?

  • Sind Rückschlüsse auf die Unternehmenskultur möglich?

  • Wurde das Projekt verstanden?

  • War der methodische Ansatz überzeugend?

Weitere Vorgehensweise:

Die Fragen bzw. deren Beantwortung sind in eine Kriterienmatrix einzupflegen. Es kann dazu eine abgewandelte Form der Tabellen 9 und 10 herangezogen werden.

Anschließend werden die geeigneten Bieter direkt zu einer Ausschreibung eingeladen.


Ausschreibung (Request for Proposal )

Für die Ausschreibung muss ein Lastenheft (oft auch Grobpflichtenheft genannt) vorliegen. Aus diesem muss die geforderte Leistung soweit hervorgehen, dass der Anbieter in der Lage ist ein ausgepreistes Angebot zu legen.

Im konkreten Fall einer Ausschreibung sind auf alle Fälle organisationsspezifische Richtlinien und Gesetze wie z.B. das Bundesvergabegesetz 2006 zu beachten bzw. einzuhalten.

Ausschreibungen sind meist in die unteren Kategorien gegliedert.

Organisatorische Randbedingungen

Die organisatorischen Randbedingungen enthalten meist auch eine Reihe von Musskriterien, deren Nichterfüllung automatisch zur Ausscheidung des Angebotes führt. Inhalte dieses Abschnittes sind:

  • Abgabetermin (Eingangsstempel)

  • Rückfragen bei wem, bis wann, in welcher Form

  • Abgabeform (Papier, elektronisch, Anzahl, Sprache)

  • Vergabeverfahren, Zuschlagsverfahren

  • Nummerische/tabellarische Daten nur in vorgefertigter Struktur

  • Angebotsöffnung

  • Beurteilungszeitraum

  • Beurteilungs-/ Gewichtungskriterien

  • Subunternehmerklausel

  • Alternativangebote(erlaubt/ nicht erlaubt)

Kaufmännische und rechtliche Randbedingungen

Hier empfiehlt es sich neben einem versierten Einkäufer auch einen geübten Juristen beizuziehen. Inhalte dieses Abschnittes sind:

  • Immaterialgüterrecht

  • Wartung

  • Mitwirkung des Auftraggebers

  • Entgelt (Zahlungsbedingungen, Rechnungslegung)

  • Gewährleistung, Garantie

  • Haftung, Schadenersatz

  • Vertragsdauer, Rücktrittsbedingungen

  • Datenschutz, Geheimhaltung

  • Gerichtsstand, anwendbares Recht

  • Informationspflichten

Projektbedingungen, Betriebsbedingungen

  • Projektgremien

  • Termine

  • Eskalationsmechanismen

  • Ziele, Ergebnisse

  • Dokumentation

  • Abstimmung (wann, wo, wie häufig)

Leistungsbeschreibung……

  • … wird im Detail später behandelt

Angebotsbewertung

Es gibt Forderungen/Musskriterien deren Nichterfüllen die Ausscheidung nach sich zieht.

Es gibt qualitative Forderungen/Leistungen, die gewichtet/bewertet werden.

Es ist empfehlenswert, alle beschriebenen Aspekte/Forderungen zusätzlich in Form eines Fragenkataloges beizulegen. So ist gewährleistet, dass der Anbieter alle Forderungen mit konkreten Angaben beantworten muss. Zur Bewertung wird dann ausschließlich der Fragenkatalog herangezogen. Damit ist bei der Bewertung leicht der Bezug zu den Angaben des Bieters herzustellen.

Die Leistungsanforderungen unterliegen meist einer unterschiedlichen Gewichtung. Die Gewichtung muss in jedem Fall vor Einlangen der Angebote festgelegt werden. Bei öffentlichen Ausschreibungen wird die Gewichtung den Anbietern bereits in der Ausschreibung bekanntgegeben.

Die Festlegung der Zielgewichtung erfolgt von einem fachkundigen Team. Es ist darauf zu achten, dass alle Leistungen (auch organisatorischer und kaufmännischer Art den Gewichtungsgruppen(Hauptkriterien) zugeordnet werden. In manchen Unternehmen gibt die Unternehmensleitung bestimmte Gewichtungen vor, z.B. Preis muss mit 70% Gewichtet werden. Der Rest kann dann von den Teams auf die restlichen Kriterien aufgeteilt werden. Die Gewichtung des Preises ist umso höher, je klarer die gewünschte Leistung im Vorhinein definiert werden kann.

Die im Folgenden beschriebene Methode der Nutzwertanalyse beschreibt ein Verfahren, mit dem man im Team nachvollziehbare Gewichtungswerte ermitteln kann.

Nutzwertanalyse

Es handelt sich dabei um eine Methode, die normalerweise den Nutzwert verschiedener Entscheidungsalternativen im Vergleich zueinander liefert. Das Ergebnis der - anfangs vielleicht etwas technisch anmutenden - Analyse ist für jede der Alternativen eine Zahl, die den Nutzwert darstellt. Die „beste“ Lösung erhält dabei den höchsten Nutzwert im Vergleich zu den anderen Alternativen.

Wir verwenden hier diese Methode um Gewichtungsfaktoren für verschiedene Aspekte der angebotenen Leistungen nachvollziehbar und wertfrei zu finden.

Diese Methode ist besonders gut geeignet, wenn „weiche“ - also in Geldwert oder Zahlen nicht darstellbare – Kriterien vorliegen, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Bei Outsourcingprojekten kommt es wie bei allen Dienstleistungsangeboten nicht nur auf die Kosten an, sondern auch auf andere Kriterien wie das Vorhandensein von Referenzprojekten, die Qualifikation der Mitarbeiter oder die geografische Lokation. Was auf den ersten Blick nicht unbedingt direkt miteinander zu vergleichen ist, wird mit Hilfe der Nutzwertanalyse in eine vergleichbare Form gebracht.

Mögliche Zielsysteme (Kriterien) sind:

  • Kosten

  • Risiko

  • Skills

  • Unternehmensgröße

  • Unternehmenskultur

  • Vertragsflexibilität

  • Geografische Nähe

  • Internationalität

  • ......

Das untenstehende Bild zeigt die Methode des paarweisen Vergleiches, die sich hervorragend für die Erarbeitung in Teams eignet.


Zielgewichtung

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Abbildung 11: Praxisbeispiel für Zielgewichtung

Die folgenden Tabellen zeigen sowohl die Bewertung der k.o. Kriterien (bei denen natürlich eine Gewichtung nicht sinnvoll ist) als auch die Sekundärkriterien die einer Gewichtung unterliegen. In der Tabelle 10 wurde dabei eine häufig vorkommende Abart der Gewichtungsdarstellung gewählt. Anstatt der Vergabe von Prozentpunkten, werden dabei unterschiedlich mögliche Maximalpunkte angeführt. Beide Methoden sind zulässig. Eine Einschulung des Teams auf die angewandte Methode ist jedoch zu empfehlen.

Bei größeren Unternehmen gibt es für diese Tabellen bereits entsprechende Excel-Vorlagen.


Angebotsbewertung – K.o. Kriterien

 

 

 Bezug auf Anbieter1 Anbieter2 Anbieter3 Anbieter4 Anbieter5 Anbieter6 Anbieter7
  Primärkriterien    erfüllt = 1, nicht erfüllt = 0

unvollständig = X  

1 Fragebogen vollständig ausgefüllt   0 1 1 1 1 1 1
2 Fragebogen rechtzeitig eingelangt   1 1 1 1 1 1 1
3 Übernahme der Generalunternehmerschaft   1 1 1 1 1 1 1
4 Nachweis von mind. 2 erfolgreich abgeschlossenen Migrationsprojekten   1 1 1 1 0 1 1
5 Nachweis, dass mind. je 2 Ihrer Mitarbeiter Certifikate für Produkt xy erworben haben   X 1 1 X 1 1 1
6 Zusage der Generalunternehmerschaft bei Einbindung weiterer Unternehmen auf Wunsch des AG.   1 1 1 1 1 1 1
8 Sicherstellung der Beratungsleistung   1 1 1 1 1 1 1
Ausscheiden ( J/N)   J N N J J N N

Tabelle 9: Angebotsbewertung – K.o. Kriterien

Angebotsbewertung - Sekundärkriterien

Sekundärkriterien

 

 Bezug auf

max

Punktebewertung der Bieter

   

1 Wie viele XXX Projekte haben Sie bereits erfolgreich abgeschlossen   5 5 5     3 2
2 An welchen Orten in Österreich haben Sie Niederlassungen oder Tochterunternehmen.   5 5 5     5 5
3 Qualifikation und Erfahrung der eingesetzten Mitarbeiter im Projekt   30 30 15     23 18
4 Anzahl der fertiggestellten Migrationsprojekte   10 10 10     9 5
5 Bedingungen bei Einbindung Dritter   10 8 8     9 9
6 Verwendung Schulungsunterlagen   5 5 2     5 3
7 Beschreibung der Organisation des Bereiches der dieses Projekt abwickelt   10 10 9     8 9
8 Beschreibung der Qualitätssicherung   10 10 10     8 9
9 Erfahrungen von Produkten   10 9 9     9 6
10 Erfahrung Migrationsprojekte   10 10 9     8 5
  Punkteanzahl   105 102 82 87 71
  Reihung     1 3 2 4

Tabelle 10: Angebotsbewertung Sekundärkriterien

Entscheidungsantrag

Sobald die Leistungskriterien vollständig bewertet wurden, ergibt sich eine Reihung der Anbieter. Das Projektteam muss dann einen Entscheidungsvorschlag aufgrund des vorliegenden Ergebnisses für das zuständige Management erstellen.

Entscheidungsvorschlag

Der Entscheidungsvorschlag ist von der Form häufig in den Unternehmen vorgegeben.

Ein typischer Entscheidungsvorschlag enthält:

  • Projektgegenstand

  • Angefragte/anbietende Firmen

  • Wegen Musskriterium ausgeschiedene Firmen

  • Grafische Darstellung der erreichten Punkte

  • Gesamtkosten über Laufzeit

  • Eckdaten für Umsetzung

  • Ersuchen um Entscheidung

Vertragsgestaltung

Sobald das Management den Entscheidungsvorschlag akzeptiert hat, wird gemeinsam mit dem ausgewählten Anbieter der Detailvertrag ausgearbeitet.

Folgende Verträge kommen üblicherweise bei einem Outsourcingprojekt vor:

  • Letter of Intent (LOI) (optional)

  • Rahmenvertrag

  • Leistungsverträge

  • Allgemeine Geschäftsbedingungen

Bei Public Clouds wird es in den seltensten Fällen einen LOI geben. Auch der Verhandlungsspielraum ist bei dieser Variante meist sehr gering. Dies liegt einerseits daran, dass die meisten Anbieter sehr große Unternehmen sind, die ihren Kunden in den meisten Fällen ihre Vertragsbedingungen aufzuzwingen versuchen. Andererseits ist es nicht nur eine Frage der Macht, sondern der Anbieter kann wirklich günstige Konditionen nur anbieten, wenn er die identische Applikation möglichst vielen Kunden anbieten kann.

Letter of Intent (LOI)

Letter of Intent ist nicht unbedingt erforderlich. Liegen jedoch bestimmte Rahmenbedingungen vor, wird als erster Schritt ein LOI erstellt.

Rahmenbedingungen, die für einen LOI sprechen:

Zeitgewinn: Wird manchmal vom ON benötigt um intern Bestellvorgang auslösen zu können

Aufbau von Vertrauen: Es wir damit die reelle Absicht dokumentiert.

Regelung über Kostenaufteilung: Wenn die gemeinsame Vertragsausarbeitung relativ aufwändig ist und eventuell erst in dieser Phase gemeinsam das Detailpflichtenheft erarbeitet wird.

Aufbau eines LOI

Ein typischer LOI enthält wie alle Verträge einen rechtlich organisatorischen und einen fachlichen Teil. Diese Teile behandeln folgende Aspekte:

Rechtliche Aspekte:

  • Präambel

  • Kurzbeschreibung der Absicht der Zusammenarbeit

  • Inkrafttreten und Laufzeit des LOI

  • Beschreibung des beabsichtigten Verhandlungsablaufes

  • Geheimhaltungsvereinbarung

  • Auswirkungen falls kein Vertrag zustande kommt
    (Kosten, Rückgabe bzw. Zerstörung der Dokumente, etc.)

  • Exklusivität (sofern sinnvoll)

  • Schlussbestimmungen

  • Schlichtungsklausel

  • Anwendbares Recht und Gerichtsstand

  • Unterzeichnung

Fachliche Aspekte:

Im fachlichen Teil werden die gemeinsam zu erreichenden Ziele definiert. Die Projektteams der beiden Vertragspartner werden zusammengestellt und ein grober Terminplan ausgearbeitet. Die Zuständigkeiten, die Verantwortlichkeiten sowie die Verhandlungspartner werden auf beiden Seiten bekanntgegeben.

Auch werden die bereits in dieser Phase erforderlichen Assets (Server, PC’s Räumlichkeiten etc.) definiert und geregelt wer Sie beistellen muss.

Die Mengengerüste des Outsourcinggegenstandes werden festgelegt.

Den Abschluss bilden sonstige Pflichten wie Informationspflichten, Zutrittsrechte und Ähnliches.

Es wird manchmal eingewandt, dass der Letter of Intent keine rechtliche Verbindlichkeit besitzt. Dies stimmt nur insoweit, als kein Rechtsanspruch auf Zustandekommen eines Vertrages besteht (Absichtserklärung). Die restlichen Vereinbarungen sind jedoch trotzdem bindend.

Rahmenvertrag

Der eigentliche Outsourcingvertrag gliedert sich üblicherweise in einen Rahmenvertrag und mehrere Leistungsverträge. Der Rahmenvertrag hat meist eine Mindestlaufzeit und gilt danach fort, solange noch ein gültiger Leistungsvertrag besteht. Grund für diese Aufteilung ist die Tatsache, das sich die einzelnen Leistungen häufig ändern können bzw. Leistungsverträge auslaufen oder hinzukommen können. Die Bedingungen des Rahmenvertrages ändern sich dadurch nicht.

Typische Inhalte eines Rahmenvertrages:

  • Präambel

  • Definitionen

  • Vertragsgegenstand

  • Projektorganisation

  • Entgelt und Zahlungsbedingungen

  • Entgelte, Spesen, Abgaben

  • Freiheit von Rechten Dritter

  • Einhaltung von Normen

  • Abnahme bzw. Abnahmemodalitäten

  • Haftung, Verzug und Schadenersatz

  • Immaterialgüterrechte

  • Vorgehen bei Handlungsunfähigkeit eines Partners

  • Übernahme von Anwendungen und anderen Dienstleistungen

  • Konkurrenzschutz

  • Einhaltung des Datenschutzes

  • Geheimhaltungsverpflichtung

  • Informationspflichten der Partner

  • Verbot der Vergabe von Subaufträgen (falls gewünscht)

  • Konzerngarantie

  • Garantie des Auftraggebers für die Mitwirkung seiner verbundenen Unternehmen

  • Aufnahme neuer / Ausscheiden verbundener Unternehmen in/aus diesem Vertrag

  • Vertragsdauer

  • Allgemeine Bestimmungen

Vertragsende

Die Regelungen im Falle des Ablaufes der Vertragsdauer, bei vorzeitiger Kündigung und unvorhergesehener Insolvenz gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Outsourcing Vertrages

Dieser Aspekt ist bei Cloud Verträgen besonders wichtig, da man meist keine laufende Information über den Standort der Daten hat. In vielen Fällen ist nicht einmal der aktuelle Betrteiber bekannt. Es müssen daher die Übergabeprozeduren, die genauen Datenformate und die Dauer der Übergabe (Bandbreiten) vertraglich genau festgelegt sein.

Leistungsverträge Service Level Agreement (SLA)

Leistungsverträge beschreiben möglichst exakt die zu erbringende Dienstleistung. Speziell im IT-Bereich ist dafür die Bezeichnung „Service Level Agreement“ üblich.

Bestandteile eines Leistungsvertrages

Gegenstand Umsetzung
Zentraler IT-Service Katalog Erfassen der Services
Service Beschreibung Detaillierung d. Katalogs
Service Level Ziele definieren
Service Pricing Kosten festlegen
Monitoring, Reporting- und Reviewverfahren Messung definieren
Account Management Dialog zw. Partnern

Tabelle 11: Bestandteile eines SLA

Nutzen

Der primäre Nutzen für beide Vertragsparteien ist die klare Definition der IT-Leistung. Die Leistung wird dadurch objektiv messbar und kann damit auch kontinuierlich verbessert werden.

Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass dadurch die Anwender mittelfristig die IT-Leistungen positiver wahrnehmen.

Definition von SLA[3]

Die Bezeichnung Service Level Agreement ist kein juristisch definierter Begriff.

Am ehesten könnte aus juristischer Sicht folgende Definition herangezogen werden:

Service Level Agreements sind eine Konkretisierung der Leistungsmerkmale von IT Dauerschuldverhältnissen. Ziel ist die sachliche Abgrenzung bzw. Konkretisierung des Hauptvertrages.

Soweit die SLA lediglich die Hauptvertragspflichten konkretisieren, stellen diese keinen eigenständigen Vertrag dar. Die juristische Einordnung hängt in diesem Fall alleine vom Hauptvertrag ab.

Einordnung der SLA in IT-Projekte (zeitlicher Kontext)

Die folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Verträge bei Outsourcingvorhaben und Ihre Gültigkeit im zeitlichen Kontext des Projektes.

Datei:Media/image15.wmf

Abbildung 12: Vertragsdokumente im Outsourcingprozess

Einordnung der SLA in IT-Verträge

Datei:Media/image16.wmf

Abbildung 13: Gegenseitiger Bezug der Vertragsteile

Neben dem Rahmenvertrag und den Leistungsverträgen gelten auch noch (nachrangig) die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die wesentlichen Aspekte des Vorhabens sind im Rahmenvertrag und in den Leistungsverträgen definiert, wobei die Leistungsverträge in keinem Aspekt dem Rahmenvertrag widersprechen dürfen. Für Aspekte, die weder im Rahmenvertrag noch in den Leistungsverträgen definiert werden, können die AGB’s als ergänzendes Vertragswerk herangezogen werden.

Übersicht über Bestandteile eines SLA

Die Bestandteile eines SLA wurden bereits in Tabelle 11 dargestellt.

  • Beschreibung der Leistung

  • technische Beschreibung der einzuhaltenden Leistungsmerkmale (bspw. Verfügbarkeit)

  • Wartungsverpflichtungen (Reaktionszeiten)

  • Monitoring und Reporting

  • Sanktionsmöglichkeiten

  • Change Agreements

  • sonstige Bestimmungen

Zum besseren Verständnis werden die Punkte nun einzeln erläutert.

Leistungsbeschreibung

„Aus juristischer Sicht sollte versucht werden, die Leistungen eines Hauptvertrages im Rahmen von SLA lediglich zu konkretisieren, nicht hingegen diese zu ändern oder einzuschränken.“ Üblicherweise wird man versuchen selbst Leistungen, die beim Start des Vorhabens für alle Leistungsverträge gleich sind, in den Leistungsverträgen zu definieren, da hinzukommende Leistungen u.U. anders geregelt sein könnten. In diesem Fall müsste dann auch der Rahmenvertrag geändert werden.

Verfügbarkeit

Die Regelung über die Verfügbarkeit sollte konkret ohne unbestimmte Rechtsbegriffe gefasst sein und möglichst keine Auslegungsspielräume eröffnen.

Schlecht:

„Der Anbieter gewährleistet eine Verfügbarkeit von regelmäßig 95 % des Dienstes“

Fehlerquelle:

Was heißt regelmäßig? Wie ist der 100% Fall definiert?

Gut:

  • Definition der abstrakten Verfügbarkeit (Was ist 100%)

  • Definition der konkreten Verfügbarkeit (Was ist geschuldet)

  • Definition ab wann die Nicht-Verfügbarkeit beginnt

  • Definition ab wann die Nicht-Verfügbarkeit endet

  • Definition der Endpunkte der Verfügbarkeit (Router, Endgerät, etc.)

  • Definition der Messung (wie, wer, wie oft, …)

Reaktionszeitklausel

Eine Reaktionsklausel enthält in der Regel folgende Angaben:

  • Definition der Fehlerklassen

  • Definition der Fehlerdokumentation

  • Definition der Reaktionszeit je Fehlerklasse

  • Definition was als Reaktion geschuldet ist (Rückruf, Beginn
    mit der Fehlerbeseitigung, Behebung des Fehlers)

  • Definition des Helpdesks/ Hotlineservice

  • Sonderfälle (planmäßige Wartung, Sicherungsmaßnahmen)

Monitoring und Reporting

Aus Gründen der Beweislast sollte eine Einigung über ein Monitoring und Reporting-System getroffen werden, da anderenfalls die Einhaltung der Verfügbarkeit oder der Reaktionszeit wechselseitig nicht überprüfbar ist.

Bisher ist in der Rechtsprechung nicht entschieden, welche Partei die Beweislast für die Einhaltung bzw. das Fehlen der Verfügbarkeit trifft. Eine Beweislastumkehr zulasten des Outsourcing Anbieters erscheint nach dem Grundsatz der Gefahrennähe denkbar.

Eine Monitoringklausel sollte enthalten:

  • Definition welche Partei für das Monitoring zuständig ist.

  • Definition welches Monitoring-Verfahren (Technik) anzuwenden ist.

  • Definition des Monitoring - Intervalls

  • Definition, in welcher Form die Monitoring Ergebnisse mitzuteilen sind.

Während das Monitoring ausschließlich auf die Gegenwart ausgerichtet ist, und in erster Linie dazu dient Grenzwertüberschreitungen und Katastrophen rechtzeitig zu erkennen, ist das Reporting vergangenheitsorientiert. Mit dem Reporting werden jene Vertragsbedingungen erfasst, die einen längeren, im SLA definierten Zeitraum betreffen. Außerdem kann man aufgrund eines guten Reportings Trends erkennen und so Maßnahmen setzen, bevor Grenzwerte überschritten werden.

Sanktionen

Zur Sanktion von Verstößen gegen die SLA werden üblicherweise Vertragsstrafen oder ein pauschalierter Schadenersatz vereinbart.

Hierbei sind insbesondere wichtig:

  • Höhe der Sanktion (u.U. gestaffeltes Eskalationsmodell)

  • Definition der Verwirkungskriterien

  • Abstimmung der Sanktionsmechanismen mit den Haftungsregelungen des Gesamtvertrages.

Prinzipiell ist zu beachten, dass die Sanktionen primär nicht den Schaden des Verstoßes ersetzen kann, sondern als Instrument zur Priorisierung der Schadensbehebung gesehen werden muss.

Erläuterung:

Da Probleme beim Auftragnehmer meist mehrere seiner Kunden betreffen, wird er bei der Reihenfolge der Behebung im Zweifelsfall die Kunden mit den stärksten Sanktionen priorisieren. Cloud Anbieter werden in den seltensten Fällen Sanktionen akzeptieren.

Sonstige rechtliche Bestandteile eines SLA

  • Zugangsrechte

Der Outsourcer kann u.U. Probleme nur beheben, wenn er im Leistungszeitraum unbeschränkten Zutritt zu den Räumlichkeiten des Auftraggebers hat.

  • Sorgfaltspflichten des Nutzers

Der Auftraggeber muss sich verpflichten, dass seine Nutzer bestimmte Regelungen – speziell im Sicherheitsbereich – beachten. Er hat dafür zu sorgen, dass die Benutzer aufgrund Ihrer Rechte nach Möglichkeit keine Ausfälle verursachen können.

  • Befugnis zur Änderung der IT durch den Nutzer

Diese sollte ohnedies weitgehend eingeschränkt sein. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so müssen die Befugnisse klar kommuniziert werden.

  • Mitwirkungspflichten

Der Auftraggeber ist im Anlassfall verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen an den Systemen zu treffen, die zur Fehlerbehebung erforderlich sind, die aber nicht in der Verantwortung des Auftragnehmers liegen. (z.B. Änderungen an der Firewall)

  • Geheimhaltungsverpflichtung

Der Auftragnehmer muss eine Geheimhaltungsverpflichtung unterschreiben falls er im Zuge seiner Arbeit Kenntnis über interne Gegebenheiten des Auftraggebers erhält.

  • Datenschutz

Wenn die Möglichkeit besteht, dass dem Auftragnehmer bei seiner Servicetätigkeit personenbezogene Daten sieht, ist eine gesonderte Datenschutzverpflichtung zu unterschreiben.

  • Ansprechpartner beim Nutzer

  • Die Ansprechpartner beim Nutzer müssen klar definiert sein, und im Falle einer Änderung sofort bekanntgegeben werden.

Sonderfälle Cloud:

Nachdem der Auftragnehmer nicht mit dem Betreiber übereinstimmen muss, ist dies auch bei den Geheimhaltungsverpflichtungen zu berücksichtigen. Der Auftragnehmer muss vertraglich verpflichtet werden, die Verpflichtung zu überbinden.

Das Thema Datenschutz wird in der einschlägigen Fachliteratur intensiv abgehandelt. Man sollte den Auftragnehmer vertraglich dazu zwingen, die Daten nur in Ländern mit einem der EU gleichwertigem Datenschutzgesetz zu verarbeiten. Selbst dann ist es in Manchen Fällen kritisch und kann zu Konflikten führen (siehe Safe Harbour versus patriot act).

Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Personalübernahme

Häufig werden bei Outsourcingprojekten nicht nur Unternehmensprozesse, sondern auch die damit bisher beschäftigten Personen vom Auftragnehmer übernommen. Der Gesetzgeber hat dafür klare Regelungen geschaffen. Dieser Aspekt entfällt in der Regel bei einer Public Cloud-Lösung.

Hinweis: Personalangelegenheiten sind in Outsourcing-Projekten meist heikel und sensibel und benötigt eine gute Planung, aber vor allem auch viel Erfahrung in der Führung und Behandlung von Mitarbeitern. Räumen Sie diesem Thema daher unbedingt die entsprechende Priorität ein!

Personalsituation

Die Auswirkung auf die Beschäftigten sollen gemeinsam mit diesen oder deren Vertretern besprochen und auch entsprechend kommuniziert werden.

Es sind dies die Fragen nach dem direkt oder indirekt betroffenen Personenkreis, sowie die Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Arbeitsinhalte und erforderlichen Qualifikationen.

Es kann sich in der Folge auch eine Änderung der Aufbaustruktur und der Abläufe als sinnvoll erweisen. Die meist unterschiedliche Unternehmenskultur des Outsourcers kann sich auch massiv auf die Motivation der betroffenen Personen auswirken.

Weiters sollen frühzeitig auch eventuell geplante Sozialpläne für die Betroffenen kommuniziert werden.

Rechtliches Instrumentarium bei Veränderungsprojekten

  • Arbeitsverfassungsgesetz

    • Informations- und Beratungsrechte (§90 bis 92);

    • Zustimmungspflichtige Maßnahmen/Betriebsvereinbarung (§96 bis 97)

    • Anfechtung von Kündigungen (§105)

    • Wirtschaftliche Mitbestimmung (§108)

    • Mitwirkung bei Betriebsveränderungen (§109)

    • Mitwirkung im Aufsichtsrat (§110)

  • Aktiengesetz, GmbH Gesetz

  • Diverse Umgründungsgesetze wie: Spaltungsgesetz, Umgründungssteuergesetz, Umwandlungsgesetz

  • Unternehmensreorganisationsgesetz

  • Erstellung eines Sanierungskonzept bei Unterschreiten bestimmter Bilanzkennzahlen

  • AVRAG - Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz – Rechte der ArbeitnehmerInnen bei Betriebsübergang

Fragestellung Betriebsrat/Belegschaft

Es ist eine natürliche Reaktion der Menschen, die gegebenen Umstände bewahren zu wollen. Dies ist keinesfalls mit einem Abblocken von Veränderungen gleichzusetzen. Durch gezielte Fragestellungen und eine gute Informationspolitik kann man häufig bei einem Großteil der betroffenen Belegschaft die notwendige Änderungsbereitschaft herbeiführen. Folgende Fragestellungen sollten dabei durchgegangen werden:

  • Motive und Ziele für das Veränderungsvorhaben aus der Sicht des Arbeitgebers

  • Externe Begleitung – Unternehmensberatung

  • Strategisches Umfeld des Unternehmens

  • Wirtschaftliche Situation

  • Unternehmenskultur(en)

  • Rechtliche Bestimmungen im Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Kollektivvertrag, Mitbestimmung

  • Betroffene Belegschaftsgruppen

Die zentralen Fragen der Belegschaft im Falle einer solchen gravierenden, nicht zu vermeidenden Änderungen sind:

  • Was will ich bewahren?

  • Was will ich mitgestalten?

=
Phase 3: Transition =

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Implementierung, Transition

Die Implementationsphase ist im Standardfall ein klassisches Projekt.

Es hat fast immer alle Merkmale eines großen Organisationsprojektes wie

  • Firmenübergreifend und manchmal auch länderübergreifend

  • Großes Projektbudget

  • Großer Zeitdruck

  • Komplexe Anforderungen

Die Implementierungsphase bei großen Outsourcingprojekten realisiert eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weit reichende Veränderung. Es muss neben der Lösung der technischen Herausforderungen auch berücksichtig werden, dass sehr viele Personen im Unternehmen nach der Transition andere Aufgaben, andere Kollegen, einen anderen Arbeitsort oder gar keine Arbeitsstelle mehr haben. Um die Betroffenen dennoch zur Mitarbeit zu motivieren ist ein großes Fingerspitzengefühl seitens des Projektleiters erforderlich.

Die technischen Anforderungen sind meist auch sehr groß, können aber bei guter Vorbereitung in der Due Diligence Phase auch von einem geübten Projektmanager ohne IT-Spezialwissen abgewickelt werden. Der Projektleiter muss allerdings bei der Ausarbeitung der Leistungsverträge bereits aktiv eingebunden sein.

Die technischen Details unterscheiden sich natürlich von Projekt zu Projekt. Auf der Metaebene haben diese Projekte immer zwei Hauptaufgaben. Es sind dies die technische Implementierung und die Integration der Mitarbeiter.

Integration der Technik

Hier wird sich in fast allen Fällen der Ort der Leistungserbringung verändern. Prinzipiell sind informationstechnische Dienstleistungen nicht an Örtlichkeiten gebunden. Es gibt aber eine Reihe von technischen Details deren Nichtbeachtung für den Endbenutzer zu einer Nichtverfügbarkeit der Systeme führen kann (z.B. IP-Adressenänderung oder Serverkonsolidierung).

Zentraler Aspekt dieser Phase ist ein funktionierendes Business Continuity Management. Da sich in der Transition Phase unter Umständen bei mehreren Prozessen, die Prozessverantwortlichen ändern und auch die Schnittstellen organisatorisch und technisch geändert werden, besteht in dieser Phase die größte Gefahr einer Prozessunterbrechung für das Unternehmen. Der einzige Vorteil dabei ist, dass bei sorgfältiger Vorbereitung die möglichen Gefahrenpunkte sachlich und zeitlich relativ genau definiert werden können. Da nicht alle Aspekte im Vorhinein getestet werden können, ist ein Business Continuity Plan unerlässlich. Das bedeutet, dass man für die wesentlichen Teilschritte, ein Fallback-Szenario vorbereiten muss.

Neben der funktionellen Planung dieser Szenarien muss auch der Zeitplan so definiert sein, dass zumindest ein Teil der Notszenarien so eingeplant ist, dass keine Terminüberschreitung dadurch verursacht wird.

Man sollte aber in der Implementierungsphase nur die aufgrund des neuen Umfeldes notwendigen Änderungen durchführen. Eine Optimierung des Betriebes in dieser Phase wird das Projekt meist überfordern und kann Ursache für ein Scheitern sein.

Typische kritische Phasen sind zum Beispiel, die Umschaltung von Datenleitungen zwischen verschiedenen Anbietern und Standorten oder ein erzwungener Wechsel eines Betriebssystems im Transition Projekt.

Integration der Mitarbeiter

Die Integration von Mitarbeitern ist nicht nur ein Thema wenn ein großer Teil der Mitarbeiter zum Outsourcer wechselt. Auch wenn keine Mitarbeiter den Dienstgeber wechseln (Shared Service, Beibehaltung der personalrechtlichen Zugehörigkeit, etc) bedeuten solche Projekte immer eine massive Änderung der Organisation speziell der Kommunikationswege sowie der Arbeitsinhalte.

Die Integration von Mitarbeitern in eine neue Organisation ist oft anspruchsvoller als die Integration der Technik. Die Qualität der IT-Dienstleistung steht und fällt maßgeblich mit der Qualifikation und besonders der Motivation der Mitarbeiter. Werden Mitarbeiter übernommen, müssen diese in die für sie neue Struktur sukzessive überführt werden. Eine frühzeitige Einbindung der Mitarbeitervertretungen und Mitarbeiter bereits während der Detailanalyse ist wichtig. Dies kann in Form von Workshops, Einbindung des Betriebsrates und einer offenen Kommunikation mit den zu übernehmenden Mitarbeitern geschehen.

Transitionsansatz anhand eines Beispieles

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Abbildung 14: Besonderheit im Transitionsprojekt

Während bei der Evaluierung die ganzen Prozesse betrachtet werden, sind die anderen Phasen des Projektes nach Sachthemen strukturiert. Je nach Outsourcinggegenstand (Prozesse, Teilprozesse) werden sich bereits in der Due Diligence Phase jeweils andere Personen bei den Verhandlungen gegenübersitzen.

Bei der Ausformulierung der Teilaspekte sind die Sachkenntnisse wesentlich. Am deutlichsten merkt man diese Unterteilung in der Transition Phase. Hier sind je Sachgebiet/Teilprozess/Applikationen jeweils eigene Teilprojekte mit unterschiedlichen Teams zu definieren. Je nach Abhängigkeiten zwischen den Applikationen können diese tw. oder zur Gänze parallel abgewickelt werden. Es müssen allerdings für jedes Teilprojekt die oben angeführten Überlegungen bezüglich Business Continuity Management bzw. Wiederaufsetzpunkte geplant werden.

Auch im Betrieb ist im Normalfall die Struktur genau erkennbar. Häufig wird für jede Applikation ein eigener Leistungsvertrag abgeschlossen. Diese Teilverträge können sowohl unterschiedliche Service Levels als auch unterschiedliche Laufzeiten haben.

Bei Cloud Computing werden nur eine oder mehrere Applikationen vom Anbieter abgelöst (SaaS) oder vom Anbieter übernommen (PaaS). Das Transition Projekt besteht in diesem Falle nur aus Datenübernahme, Datenmigration und Test der Daten. Da bei diesen Projekten praktisch immer die Applikation wechselt, kann kaum eine 1:1 Übernahme erfolgen. Müssen danach historische Daten übernommen werden so ist dies häufig mit einem größeren Migrationsaufwand verbunden.

Ein Aspekt ist auch das Zeitverhalten der Applikation, das oft erst nach Übernahme aller Produktionsdaten wirklich getestet werden kann.

Transition vs. Transformation

Im Übergang der Leistung an den Outsourcer sind oftmals zwei Phasen abzugrenzen: Transition und Transformation.

Die Transition ist dabei ein rein horizontaler Prozess. Die Leistungserbringung wechselt vom Outsourcing-Kunden oder vom Bestandsvendor (auch oft als Incumbent Provider bezeichnet) zum neuen Outsourcer. Die Art der Leistungser­bringung bleibt dabei jedoch im Kern unverändert (CMO / Current Mode of Oper­ations). Die Transformation hingegen ist ein vertikaler Prozess, der die Leistungs­erbringung verändert und in den sogenannten Future Mode of Operation (FMO) bringt. Die Transformation spielt dabei eine wesentliche Rolle, denn damit können erst die eigentlichen Ziele des Outsourcings erreicht werden. Eine Transformation befasst sich beispielsweise mit der Konsolidierung von Prozessen, Applikationen, der Reduktion und Standardisierung von Hard- und Software, etc. Abbildung 15 zeigt den Zusammenhang von Transition, Transformation, dem CMO und dem FMO.

Nun kann eine Transformation bereits im Zuge einer Transition oder erst danach stattfinden. Viele Entscheidungsträger werden erstere Variante nachfragen, da damit in der Regel auch schneller die erwarteten Ziele eintreten können. Dem entgegen steht die gewaltige Komplexität, die durch die Vermischung von Transition und Transformation entsteht. Die Gestaltung des Übergangs sollte damit genau überlegt werden.

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Abbildung 15: Transition und Transformation[4]

=
Phase 4: Betrieb =

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Dies ist zeitlich gesehen die längste Phase des Outsourcings. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Leistungsverträge und der Outsourcer ist für die Leistungserbringung voll verantwortlich (Change of Control).

Wichtig sind am Beginn dieser Phase eine klare Festlegung der Einzelrollen und Gremien inklusive Ihrer Aufgaben und Kompetenzen. Die Organisation wird zwar je Outsourcinggegenstand etwas unterschiedlich aussehen, einige Rollen sollten aber auf jeden Fall vorhanden sein.

Eine wesentliche Rolle auf beiden Seiten ist die des Single Point of Contact. Zusätzlich gibt es normalerweise ein Betriebsführungsteam, das die Produktion auf beiden Seiten plant und abwickelt. In diesem Team ist dann auch die Funktion des operativen Controllings vertreten.

Meist ist dann auch ein Lenkungsausschuss eingerichtet, der sowohl die strategischen Aspekte der Zusammenarbeit beachtet und auch als Eskalierungsgremium im Problemfall dient. Der Lenkungsausschuss sollte mit entscheidungsbefugten Managern besetzt sein, damit im Krisenfall auch rechtzeitig Entscheidungen getroffen werden.

Betriebsphase

Der Betrieb muss möglichst rasch etabliert werden. Am Beginn sind noch häufig die Betriebshandbücher zu erstellen oder zumindest an die geänderten Bedingungen beim Outsourcer anzupassen. Wichtig ist der Aufbau einer funktionierenden und klaren Kommunikation. Hier kann es durchaus zu Änderungen der geplanten Kommunikation kommen, da die Situation oder die Kommunikationsfähigkeit der handelnden Personen falsch eingeschätzt wurden. (s. 8.12)

Das geplante Reporting und Controlling kann sich auch im ersten Jahr noch ändern. Speziell die Zeiträume und die Detailgenauigkeit kann erst im täglichen Betrieb den Erfordernissen angepasst werden.

Auch wenn das Change Management für Leistungsverträge in den Verträgen bereits vordefiniert ist, können in der Praxis kleinere Änderungen der Vorgehensweise zielführend sein. Sobald sich solche Änderungen bewährt haben, müssen Sie aber in den Leistungsverträgen nachvollzogen werden.

Generell sollte man in der Betriebsphase von Anfang an genügend Raum für kontinuierliche Verbesserungen lassen.

Single Point of Contact (SPoC)

Eines der Hauptprobleme in der Startphase ist die geänderte Kommunikation.

Ausgangssituation:

Auch wenn beim Auftraggeber bereits Werkzeuge und Verfahren für den Betrieb im Einsatz waren (Trouble Ticket System) so werden diese häufig von menschlich verständlichem Verhalten unterlaufen. Aufgrund der persönlichen Kontakte zwischen den Kunden und dem Servicepersonal im Betrieb gibt es immer wieder Versuche, die Verfahren durch Gangbeauftragung oder Direktkontakt mit den Servicemitarbeitern zu umgehen. Auch sind die Servicemitarbeiter aufgrund der persönlichen Beziehungen einem stärkeren indirektem Druck ausgesetzt, Dinge außerhalb des Systems zu erledigen.

Diese Umgehung führt zwar bei einigen Kunden zu manchmal besseren Reaktionszeiten und höheren Prioritäten. Insgesamt über das Unternehmen gesehen wird der Service dadurch allerdings schlechter.

In der neuen Situation gibt es die persönlichen informellen Kontakte zumindest am Beginn überhaupt nicht. Es erfolgt also die Servicierung genau nach dem vorliegenden Leistungsvertrag. Dies wird von den bisher privilegiert behandelten Personen als Verschlechterung empfunden.

Lösung: SpoC auf beiden Seiten

Um die Service möglichst rasch und reibungslos implementieren zu können, muss eine geordnete für beide Seiten zufriedenstellende Kommunikation aufgebaut werden. Dies geschieht meist durch die Installation eines Single Point of Contact.

Die Kommunikation von auftretenden Problemen ist ausschließlich über das Incident Management (Help Desk) abzuwickeln. Für darüber hinausgehende Probleme fungiert der SPoC als Relaisstation. Damit wird gewährleistet, dass alle Probleme dokumentiert sind und an die richtige Stelle kommuniziert werden.

Die Kontaktperson soll beide Unternehmen kennen, alle Prozesse einigermaßen verstehen, die Leistungsverträge gut kennen und am Beginn auch im Tagesgeschäft mitwirken. Diese Person ist spätestens bei der Due Diligence Phase in das Projekt einzubinden, da er dann nicht nur den Vertragstext sondern auch die Gründe warum es dazu gekommen ist kennt. (Geist des Vertrages)

Spezialfall IT Support

Der Auftraggeber muss die Betriebsprozesse des Auftragnehmers zumindest verstehen.

Fast alle großen Anbieter sind ISO 20000 zertifiziert. Das heißt, sie wickeln den Betrieb nach ITIL (IT Infrastructure Library) Definitionen ab. In ITIL sind die wesentlichen Betriebsprozesse beschrieben. Die untenstehende Abbildung 16 zeigt die nach ITIL V2 definierten Betriebsprozesse. Obwohl es inzwischen bereits ITIL V3 gibt sind noch viele Unternehmen nach dem älteren Standard organisiert. Deshalb wurde die Darstellung vom Autor gewählt.

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Abbildung 16: Prozessmodell für den Betrieb (nach ITIL 2)

Monitoring, Reporting und Controlling

Art und Häufigkeit des Reportings sollte weitgehend bereits im Vertrag vereinbart werden. Reporting zeigt im Nachhinein den Grad der Erfüllung der Service Levels und auch ihre tendenzielle Entwicklung. Zum Unterschied vom Monitoring ist das Reporting vergangenheitsorientiert. Es dient nicht dazu im Fehlerfall sofort Maßnahmen treffen zu können, sondern ist ein Instrument für einen Lenkungsausschuss der eher langfristige Maßnahmen oder auch Vertragsmodifikationen beschließen kann..

Controlling ist hingegen wesentlich weiter gefasst als Reporting.

Cloud Controlling:

Das Controlling sollte dabei folgende Aspekte berücksichtigen:

  1. Einhaltung der vereinbarten funktionalen Leistungen.

  2. Einhaltung der vereinbarten rechtlichen Rahmenbedingungen (Datenschutz, Sicherheitsbestimmungen, etc.)

  3. Rechnungscontrolling:
    Stimmen die abgerechneten Mengen mit den genutzten Mengen überein? Wurden die vereinbarten Preismodelle berücksichtigt?

  4. Anbieterbewertung:
    Eigentumsverhältnisse, wirtschaftliches Rating, ev. Benchmarks

Aktivität Ergebnis, Themen

Überprüfen auf strategischer Ebene

Controller

Validierte Strategien, Prozesse, Strukturen, Zielerreichung, Koordination, Kulturintegration und Abgleich, IT-Plattform, Managementsysteme, Know How Transfer, Kundenorientierung, Ressourcen, Kosten,

Win/Win-Konstellation

Überprüfen auf operativer Ebene

Betriebsverantwortlicher (AG), SPoC

Schnittstellen Management, SLA’s, Qualität, Trouble Shooting, Weiterbildung, Budget, Qualitätsaudits, Know How Transfer, Frühwarnsysteme, Prozesskosten, Eskalationsverfahren, Zielvereinbarung pro Mitarbeiter, Kommunikation

Tabelle 12: Controlling - Hauptaktivitäten

Der Betriebsverantwortliche des Auftraggebers hat gemeinsam mit dem SPoC die Steuerung des Outsourcers in seiner Verantwortung. Er muss darauf achten, dass die vereinbarte Qualität eingehalten wird, entscheidet gemeinsam mit dem Outsourcer über Sofortmaßnahmen, überwacht die Prozesskosten und veranlasst Qualitätsaudits.

Der Controller (auf beiden Seiten) hat eher strategische Aufgaben. Er prüft ob die Prozesse noch gültig sind, überprüft in erster Instanz die Zielerreichung, achtet darauf ob genügend qualifizierte Ressourcen zur Verfügung stehen, überwacht die Kostenentwicklung und ist auch bei geplanten Änderungen der IT-Plattformen oder der Managementsysteme rechtzeitig einzubinden.

Kriterien zur Bewertung des ON

In der Betriebsphase sollte der Outsourcer in regelmäßigen Abständen (zumindest jährlich) von den Kunden und Kontaktpersonen bewertet werden. Bewertungskriterien können sein:

  • Termingetreue Leistungserbringung

  • Qualität der Leistung

  • Kostentransparenz

  • Flexibilität

  • Fachkompetenz

  • Sozialkompetenz

  • Innovation

  • Einbezug des Outsourcinggebers

  • Rasche Informationsvermittlung

  • Kundenorientierung

Change Management in der Betriebsphase

Die in den Leistungsverträgen vereinbarten Leistungen können sich während der Betriebsphase durchaus ändern. Meist sind es Zusatzwünsche des Kunden oder auch gänzlich neue Projekte, die der Kunde mit dem Outsourcer gemeinsam durchführen möchte.

Beispiele für Projekte oder Änderungswünsche, die nach einem RZ-Outsourcing während der Betriebsphase anfallen könnten sind:

  • WAN – Bandbreitenänderung

  • Einführung von VoIP

  • Einbindung von mobilen Usern

  • Einführung eines Supply Chain Management

  • Erhöhte Security – Anforderungen

  • Anpassung an die Marktpreise für die vereinbarten Leistungen

  • Geänderte Ansprechpartner

Bei Erfüllung dieser Wünsche ändert sich natürlich auch der monatliche Preis der Leistung. So ist es durchaus üblich, dass nach halber Laufzeit des Vertrages bereits 50% der Kosten für ursprünglich nicht vereinbarte Leistungen anfallen (siehe auch Abbildung 17). Dies ist nicht auf schlechte Planung zurückzuführen sondern zeigt, dass das partnerschaftliche Verhältnis gut funktioniert.

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Abbildung 17: Entwicklung des Auftragsvolumens über die Vertragszeit

Cloud spezifische Aktivitäten

Zum Unterschied zu herkömmlichen Outsourcingmodellen wird man bei Cloud Projekten regelmäßige Datensicherungskopien anfertigen, um im Falle von Totalverlust der Daten oder Insolvenz des Cloud Betreibers zumindest mit Altdaten weiterarbeiten zu können.

Es sollte auch laufend geprüft werden, ob die Daten lesbar, und in gebräuchliche Formate konvertierbar sind.

Change Management bei Vertragsende

Die Outsourcingverträge haben immer eine mehrjährige Vertragszeit.

Es ist im Interesse des Auftraggebers, sich die Möglichkeit eines Anbieterwechsels oder einer Rücknahme des Outsourcings offenzuhalten. Dies funktioniert erfahrungsgemäß nur dann ohne große Probleme, wenn die Bedingungen bei Vertragsende bereits bei den Vertragsverhandlungen angesprochen wurden und auch im Vertrag Ihren Niederschlag fanden.

Nach Ablauf der Vertragslaufzeit bzw. rechtzeitig davor überprüft der Auftraggeber folgende Punkte:

  • Werden für die nächsten Jahre andere Services oderandere Mengengerüste benötigt als in der Vergangenheit?

  • Haben sich die Marktpreise für die bezogenen Leistungen wesentlich verändert?

  • Gibt es inzwischen neue ernstzunehmende Anbieter am Markt?

  • Benötigen die Leistungsinhalte und Serviceziele eine Anpassung?

  • Können bestimmte Funktionen oder Services inzwischen besser intern erbracht werden?

Manche dieser Punkte lassen sich bei guten Verträgen auch während der Laufzeit modifizieren. Die Verhandlungsposition ist allerdings kurz vor Ablauf des Vertrages wesentlich besser.

Es ist deshalb üblich die Services nach Ablauf der Vertragszeit neu auszuschreiben. Wenn das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gut war, kann davon ausgegangen werden, dass der bisherige Partner wieder zur Angebotslegung eingeladen wird. Er wird aufgrund seiner intensiven Detailkenntnis durchaus höhere Chancen als neue Mitbewerber haben.

Sollte der bisherige Partner aber nicht mehr anbieten oder nicht mehr den Zuschlag erhalten, ist es für den Auftraggeber sehr wichtig, folgende Punkte bereits im Vertrag inkludiert zu haben:

  • Mitwirkung des bisherigen Partners beim Wechsel zum neuen Partner. Hierbei müssen sowohl der Umfang in Manntagen als auch die Qualifikation der Mitwirkenden definiert sein.

  • Herausgabe aller erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen. Es sind dies die Betriebshandbücher, gemeinsam entwickelte Jobs, Programmadaptierungen aber auch Logfiles.

Nur wenn dies ausreichend definiert war, bleibt der Auftraggeber Herr seiner Entscheidungen.

Trends im Outsourcing

Generell erkennbare Trends

Der Beginn des Outsourcings war gekennzeichnet von immer größer werdenden Deals zwischen Großkonzernen. Viele Großunternehmen fanden, dass Ihre IT keine Kernkompetenz für das Geschäft darstellt und lagerten sie in der Folge aus. In manchen Fällen geschah dies nur in Form von sogenannten Shared Services. Das bedeutete, die Unternehmen gründeten eine IT-Tochtergesellschaft und beauftragten diese mit Ihren IT-Agenden. Der Hintergedanke war in vielen Fällen, dass das IT-Unternehmen mittelfristig nicht nur die IT der Muttergesellschaft betreiben sollten, sondern Ihre Dienstleistung auch am freien Markt anbieten sollten.

Besonders häufig war diese Überlegungen bei den europäischen Banken.

Im Falle eines echten Outsourcings an ein Drittunternehmen mussten diese aufgrund der Größe der IT des Auftraggebers ebenfalls sehr große Unternehmen sein. In der damaligen Zeit war die IT mit sehr großen Investitionen verbunden, so dass nur wenige Big Player dafür in Frage kamen. Es waren dies Unternehmen wie EDS, IBM, Siemens, die deutsche Telekom Tochter t-Systems und einige andere.

In den Neunzigerjahren änderten sich aufgrund der technologischen Entwicklung die Randbedingungen wesentlich.

Diese Randbedingungen waren:

  • Starker Preisverfall bei Prozessoren und Speichern und damit rascher Rückgang der Hardwarekosten.

  • Ablöse vieler Hostsysteme durch Unix-Systeme und später sogar durch Windowsbasierende Systeme.

  • Besonders starken Einfluss hatte die Virtualisierung der Serversysteme.

Zusätzlich zu den technischen Randbedingungen änderte sich auch durch die Globalisierung der Anbieter-Markt. Es war plötzlich möglich, IT-Dienstleistungen von weit entfernten Ländern zu beziehen. Durch die rasch anwachsenden verfügbaren und leistbaren Datenverbindungen, war es nicht mehr nötig, dass der Anbieter in geografischer Nähe sein Rechenzentrum betrieb.

Diese Art des Outsourcings ist durch zwei Begriffe geprägt:

Offshoring: Beziehung der Leistung aus einem weit entfernten Land, mit meist sehr geringen Lohnkosten und gut ausgebildeten Mitarbeitern.

Nearshoring: Beziehung der Leistung aus den Nachbarländern im Osten, mit den gleichen Randbedingungen.

Unabhängig vom Offshoring und Nearshoring war es aufgrund der technologischen Entwicklung plötzlich auch wesentlich kleineren Unternehmen möglich, Rechenzentrumsdienstleistungen anzubieten.

Der Effekt war in den letzten Jahren eine Verschiebung bei den Outsourcingprojekten von Großprojekten mit Gesamtoutsourcing der IT hin zu kleineren Projekten bei denen häufig nur Teile der IT an kleinere Partner outgesourct werden.

Dieser Trend ist besonders in Mitteleuropa erkennbar, da hier die durchschnittliche Unternehmensgröße wesentlich geringer ist als etwa in USA oder in Großbritannien.

Bei der Laufzeit der Verträge war keine so große Änderung zu bemerken. Es scheint zwar, dass die sehr großen Vertragslaufzeiten (>5 Jahre) eher seltener werden. Vereinzelt findet man aber doch immer wieder Laufzeiten von 10 Jahren. Der häufigste Wert ist aber eine Laufzeit von ca 3 Jahren.

Virtualisierung

Kennzeichen der bisher besprochenen Outsourcingvorhaben war die Tatsache, dass es sich immer um eine genau definierte Hardware und Software handelte.

In den vergangenen Jahren rückte der Servicebegriff immer mehr in den Mittelpunkt. Es wurde den Unternehmen immer mehr bewusst, dass es sich nicht um eine Hardware mit einer darauf laufenden Software handelt, sondern um ein Service, das ein Unternehmen zur Unterstützung seiner Geschäftsprozesse benötigt.

Mit der Cloud-Entwicklung ist dieser Trend noch verstärkt worden. Es interessiert überhaupt nicht mehr, wie eine Leistung im Hintergrund erbracht wird, sondern man versucht nur mehr das Service möglichst klar zu definieren und den entsprechenden Anbieter zu finden.

Ausblick

Das Thema Cloud ist längst kein Hype mehr, sondern ein Faktum mit dem alle Bereiche, die IT Services in Zukunft nutzen wollen leben müssen. Es gibt sehr viele Initiativen von Anbieter-und Anwender-Vereinigungen sowie Forschungsstellen , die versuchen die Anwender aufzuklären und die gleichzeitig Maßnahmen initiieren um die derzeitigen noch bestehenden Probleme in den Griff zu bekommen.

Eine dieser Initiativen ist die Entwicklung von Zertifizierungen für Cloud Services.

Zum Beispiel hat die Vereinigung Eurocloud ein spezielles Gütesiegel entworfen, dessen Nutzung voraussetzt, dass die für die Bereitstellung der Cloud-Services grundlegenden Anforderungen durch geschulte Auditoren geprüft und durch ein Zertifikat bestätigt werden.

Die VITE-Group (Vienna IT Enterprises) hat zum Beispiel einen Leitfaden für Cloud Verträge herausgebracht.

Es werden in nächster Zeit sicher auch Anstrengungen im Bereich der Legal Compliance und deren Kontrolle von verschiedenen Stellen gemacht werden.

Fazit

Das Thema Outsourcing hat sich somit von Großprojekten hin zu fast beliebige Serviceleistungen durch Dritte entwickelt. In allen Unternehmensgrößen gilt, dass die IT im Normalfall keine Kernkompetenz des Unternehmens darstellt und daher immer mehr zu möglichst preiswerten variablen Kosten eingekauft werden wird.

  1. Nach Marco Hollecamp (2005), S35
  2. Hamel/Prahalad (2008)
  3. Die rechtlichen Aspekte wurden teilweise einem Vortrag von Dr. Schwaiger (Linz) entnommen.
  4. Quelle: pwc, http://www.cio.de/a/7-stolperfallen-bei-transition-und-transformation,2224784