E-Commerce-Systeme - Preise und Steuern
Preise & Steuern
Der Produktpreis hat einen immer höheren Stellenwert als Kriterium zur Kaufentscheidung im E-Commerce.
,,Der richtige Preis muss einerseits zum Produkt, andererseits in den Markt passen. Gleichzeitig sollte er eine optimale Marge versprechen und bereitwillig vom Kunden gezahlt werden.”
Kunden investieren mitunter viel Zeit mit der Suche nach dem ,,besten” Angebot, bei Vergleichen spielt der Preis eine zentrale Rolle. Preisvergleichsportale zählen deshalb zu den wichtigsten Internetquellen für Kaufentscheidungen.
Preise
Um die Preisgestaltung möglichst flexibel zu realisieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Preisdefinition. Ein Attribut für den Standardpreis, sowie die Definition eines Sonderpreises gehören zu den Mindestanforderungen eines E-Commerce Systems. Darüber hinaus gibt es weitere Preisarten, die die Definition flexibler unterschiedlicher Preise für ein Produkt ermöglichen. Abhängig vom Zeitraum, der Produktanzahl, Herkunft, Kundengruppe oder des Kunden kann ein Produkt also einen unterschiedlichen Preis haben.
Hinweis: Mit einem Produktpreis ist auch immer eine Währung (EUR, GBP, USD,...) untrennbar verbunden! Details zur Währungsumrechnung bei internationalen Online Shops werden in Abschnitt [waehrungsumrechnung] behandelt.
Preisarten
Zur Definition eines Produktpreises gibt es verschiedene Preisarten:
- Standardpreis,
- Sonderpreis (=Spezialpreis) innerhalb eines bestimmten Zeitraumes,
- Staffelpreis/Mengenrabatt,
- Preis pro Land,
- Preis auf Kundengruppenebene (z.B. für Wiederverkäufer, Endkunden, Stammkunden) und
- Preis auf Kundenebene.
Darüber hinaus bieten Katalogpreisregeln und Rabatte zusätzliche Flexibilität in der Preisgestaltung: Mit Katalogpreisregeln (Katalog von ,,Produktkatalog”) ist es möglich, anhand von Produktkategorien- oder -attributen eine zusätzliche Preisanpassung vorzunehmen, z.B. wenn für eine bestimmte Kategorie 10% Rabatt gewährt werden soll. Die Preise werden auf den Produkt- und Kategorieseiten entsprechend verringert dargestellt.
Mit Warenkorbpreisregeln (Gutscheinen, Gutscheincodes) wird ein Rabatt im Warenkorb gewährt, die Preisdarstellung auf den Produkt- und Kategorieseiten wird dadurch nicht beeinflusst. Ein Gutschein kann sich dabei auf ein oder mehrere Produkte des Warenkorbes, oder auf den gesamten Warenkorb beziehen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Warenkorbpreisregeln:
- Automatisch / nicht automatisch d.h. mit oder ohne Eingabe eines Gutscheincodes,
- Rabatt auf den Versand (versandkostenfrei),
- fixer oder prozentueller Rabatt auf einen, mehrere oder alle Produkte des Warenkorbes (10 EUR vs. 10% Rabatt),
- Rabatt für spezielle Kundengruppen (oder alle) oder
- spezielle Angebote wie "Buy X get Y free" (es wird also eine gewisse Menge Y rabattiert, wenn X Stück gekauft werden)
Preisangabe und Preisauszeichnung
Hinsichtlich der Darstellung und Auszeichnung von Preisen gegenüber den Kunden gelten verschiedene Bestimmungen pro Land.
Die wichtigsten Anforderungen zur Preisangabe gemäß E-Commerce-Gesetz und Preisauszeichnungsgesetz in Österreich sind:
- Der Preis muss für einen durchschnittlich aufmerksamen Betrachter leicht lesbar und zuordenbar sein.
- Es muss eindeutig erkennbar sein, ob die Preise einschließlich der Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge ausgezeichnet sind (Bruttopreise) oder nicht.
- Es ist anzugeben, ob Versandkosten enthalten sind.
- Die Preise sind einschließlich der Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge auszuzeichnen (Bruttopreise).
- Die Preise sind in österreichischer Währung auszuzeichnen.
- Wird zusätzlich der Nettopreis angegeben, so ist der Bruttopreis in dessen unmittelbarer Nähe auszuzeichnen.
Darüber hinaus ist für bestimmte Produkte bzw. Produktgruppen, die nach Volumen, Gewicht, Länge oder Fläche verkauft werden, die Auszeichnung des Grundpreises (z.B. 2 EUR/Liter) erforderlich.
Die folgenden Abbildungen 1.1 und 1.2 geben Beispiele für Preisauszeichnungen österreichischer Online-Shops. Die Produktlisten enthalten darüber hinaus die Hinweise ”Alle Preisangaben inkl. gesetzlicher MwSt.” bzw. ”Alle Preise sind inkl. MwSt. und zzgl. Versandkosten” (nicht in den Abbildungen ersichtlich).
Der Händler ist für die Einhaltung der Vorschriften zur Preisauszeichnung, sowie aller anderen rechtlichen Rahmenbedingungen (siehe Kapitel [recht]) in den Ländern, in denen er tätig ist, verantwortlich.
Dynamic Pricing
Dynamic Pricing, auch Individual Pricing, beschreibt eine Preisstrategie im E-Commerce, der die Individualisierung der Preise zum Ziel hat (Stichwort: Preisdiskriminierung). Ziel für den Händler ist es, durch Preisunterschiede seinen Gewinn zu steigern. Aufgrund der Vielzahl an Daten, die beim E-Commerce zur Verfügung stehen, kann der Preis nicht nur aufgrund der in Abschnitt 1.1.1 erwähnten Preisarten definiert werden, sondern es fließen auch viele weitere Daten in die Preisgestaltung ein.
Beispiele dafür sind:
- Endgerät des Kunden (Mobilgeräte, Tablet, Desktop),
- Betriebssystem des Kundengeräts (Windows, Android, MacOS,...),
- Hersteller des Kundengeräts (Samsung, Lenovo, Apple,...),
- Wetter (z.B. für Flug- und Ausflugsbuchungen, höhere Nachfrage gewisser Produkte bei Sonne oder Regen),
- Kundenprofil (Anzahl und Höhe zuvor getätigter Einkäufer, Alter, Geschlecht,...) oder
- Zeitpunkt (Morgen, Mittag, Abend oder die Saison).
Aufgrund dieser und vieler weiterer Daten, die dafür herangezogen werden können, ist es möglich, dass die Preise sehr rasch und oft angepasst werden.
Für Kunden ist es allerdings sehr schwer, die Preisgestaltung zu durchschauen und Preise zu vergleichen, was zu Reputations- und Vertrauensverlust des Händlers führen kann.
Steuern
Abhängig von den angebotenen Produkten und Ländern, in denen der Händler tätig ist, kommen verschiedene Regelungen für die Versteuerung der Waren zu tragen. E-Commerce Systeme besitzen meist ein Standard-Regelset zur Steuerkonfiguration, abhängig von Umsatz, Produktgruppen und Ländern können hier aber Anpassungen an der Steuerberechnung erforderlich sein.
In den folgenden Abschnitten werden die wichtigsten Regelungen bei der Besteuerung von Produkten erklärt.
Herkunftslandprinzip und Bestimmungslandprinzip
Werden Produkte aus einem EU-Land in ein anderes EU-Land versendet, so ist die Lieferung dort zu versteuern, wo der Versand begonnen hat. Versendet also ein österreichischer Händler Waren nach Deutschland, so ist die Rechnung mit der österreichischen Umsatzsteuer zu legen (Herkunftslandprinzip).
Überschreitet der Händler aber eine - pro EU-Land definierte - Lieferschwelle, kommt die Versandhandelsregelung zur Anwendung und die Bestellung ist mit der Umsatzsteuer des Ziellandes zu versteuern.
Die Lieferschwellen galten bis 31.12.2020, waren pro Land unterschiedlich und betrugen in den meisten EU-Ländern 35.000 EUR, mit einigen Ausnahmen .
Werden also Umsätze von 100.000 EUR von einem österreichischen Händler bei der Lieferung an deutsche Kunden überschritten, so müssen diese Bestellungen mit deutscher Steuer berechnet werden. In diesem Zusammenhang spricht man vom Bestimmungslandprinzip.
Eine Ausnahme bei der Besteuerung stellen digitale Inhalte, insbesondere Software, dar. Werden an einen Endkunden digitale Inhalte verkauft, ,,ist der Verkauf in dem EU-Land umsatzsteuerpflichtig, in dem der Endverbraucher seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das bedeutet, dass dem Endverbraucher die ausländische Umsatzsteuer verrechnet werden muss.”
One-Stop-Shop (OSS)
Seit 1. Juli 2021 gilt der One-Stop-Shop (OSS): ,,Der OSS ist ein elektronisches Portal, über das Unternehmen die in der EU anfallende Umsatzsteuer für bestimmte Umsätze ab 1. Juli 2021 erklären und bezahlen können. Verwendet ein Unternehmen die Sonderregelung für den OSS, entfällt die Verpflichtung, sich für die Umsätze, die über den OSS erklärt werden können, im jeweiligen Mitgliedstaat zur Umsatzsteuer zu registrieren. Zudem sind Umsätze, die über den OSS erklärt werden, nicht in die UVA aufzunehmen.” Über den EU-OSS können Unternehmen die Umsatzsteuer für ihre innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätze und Dienstleistungen innerhalb der EU erklären und bezahlen.
Umsatzsteuersätze pro Land
Wird an Kunden in verschiedenen Ländern verkauft, müssen - abhängig vom Umsatz im jeweiligen Land - andere Steuersätze bei der Rechnungserstellung berücksichtigt werden.
Tabelle 1.1 gibt einen Überblick über die Steuersätze der EU-Länder.
Land | Normalsteuersatz | Reduzierter Steuersatz |
---|---|---|
Belgien | 21 | 6 / 12 |
Bulgarien | 20 | 9 |
Dänemark | 25 | - |
Deutschland | 19 | 7 |
Estland | 20 | 9 |
Finnland | 24 | 10 / 14 |
Frankreich | 20 | 5,5 / 10 |
Griechenland | 24 | 6 / 13 |
Großbritannien* | 5 | 20 |
Irland | 23 | 9 / 13,5 |
Italien | 22 | 5 / 10 |
Kroatien | 25 | 5 / 13 |
Lettland | 21 | 5 / 12 |
Litauen | 21 | 5 / 9 |
Luxemburg | 17 | 8 |
Malta | 18 | 5 / 7 |
Niederlande | 21 | 9 |
Österreich | 20 | 10 / 13 |
Polen | 23 | 5 / 8 |
Portugal | 23 | 6 / 13 |
Rumänien | 19 | 5 / 9 |
Schweden | 25 | 6 / 12 |
Slowenien | 22 | 5 / 9.5 |
Slowakei | 20 | 10 |
Spanien | 21 | 10 |
Tschechien | 21 | 10 / 15 |
Ungarn | 27 | 5 / 18 |
Umsatzsteuersätze pro Produktklasse
In Österreich beträgt lt. Tabelle 1.1 der Normalsteuersatz 20%. Der ermäßigte Steuersatz von 10% gilt für Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und Lebensmittel. Seit 1. Jänner 2020 unterliegen elektronische Publikationen wie E-Books/ E-Paper und Hörbücher dem ermäßigten Steuersatz von 10 Prozent (Steuerreformgesetz 2020). Mit dem ermäßigten Steuersatz von 13% sind Lieferungen von lebenden Tieren, lebenden Pflanzen oder Brennholz zu besteuern. .
Abhängig vom Sortiment des Händlers sind also ein- oder mehrere Produktsteuerklassen erforderlich.
Pflege und Berechnung der Preise
Ausgehend von den vorhin geschilderten Steuersätzen hat der Händler folgende Möglichkeiten für die Preisgestaltung in seinem Online-Shop: Die Pflege der Produktpreise mit dem Netto- oder dem Bruttobetrag.
Gleiche Bruttopreise in allen Ländern
Möchte der Händler in allen Ländern gleichen Preise für die Kunden anbieten bedeutet das, dass die Nettopreise variieren: Wird ein Produkt um 99,90 EUR in Deutschland und Österreich verkauft, beträgt der Nettopreis in Österreich 83,25 EUR und in Deutschland 83,94 EUR.
Gleiche Nettopreise in allen Ländern
Verwendet der Händler für ein Produkt in Deutschland und Österreich den selben Nettopreis, variiert der Bruttopreis. Das Produkt mit einem Nettopreis von 83,25 EUR kostet in Österreich also 99,90 EUR, während es in Deutschland hingegen 99,07 EUR kostet.
Ein wichtiges Kriterium - manchmal auch ein limitierender Faktor - bei beiden Varianten sind externe Systeme wie Warenwirtschaftssysteme, die Preise und Steuern an das E-Commerce System liefern und wo Bestellungen hin exportiert werden. Unterstützen externe System die gewünschte Steuerkonfiguration nicht, muss auf ein anderes Berechnungsmodell zurückgegriffen werden oder das Berechnungsmodell des externen Systems im Online Sho implementiert werden.
Leitfragen zu Preisen und Steuern des E-Commerce Systems
Bei diesen Fragen handelt es sich nicht um Lern-Kontrollfragen, sondern um Leitfragen, die bei der Planung eines E-Commerce Systems behilflich sein können.
- Welche Preisarten werden im Online-Shop benötigt?
- Welche Währung ist die Standardwährung?
- In welche Währungen soll automatisch umgerechnet werden?
- Soll eine automatische Währungsumrechnung erfolgen?
- Ist eine automatische Rundung der Preise erforderlich?
- Welche Produktsteuersätze sind anzuwenden?
- Wird in Länder mit unterschiedlichen Steuersätzen verkauft?
- Ist bei der Steuerberechnung das Herkunftsland- oder Bestimmungslandprinzip anzuwenden?
- Wie sieht die Preisgestaltung (gleiche Brutto-/Nettopreise) aus?