Internationale IT-Projekte und Projektcontrolling - Planung und Durchführung 2

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Planung und Durchführung von internationalen Projekten - Teil 2

Projektcontrolling in internationalen Projekten

Ein guter Projektstart und eine sorgfältige Projektplanung sind eine gute Basis für den Erfolg eines internationalen Projektes. Da internationale Projekte typischerweise mit schnell ändernden Umwelten konfrontiert sind, muss der*die Projektmanager*in dafür bereit sein bzw. regelrecht davon ausgehen, dass es im Projektverlauf zu Abweichungen vom Projektplan kommen kann.

Diese Abweichungen machen es notwendig, ein periodisches Projektcontrolling zu planen und im Rahmen des Projektablaufes zu installieren.

Das Projektcontrolling bezieht sich auf alle Betrachtungsobjekte des Projektmanagements. In internationalen Projekten darf sich diese Betrachtung nicht nur auf die harten Fakten wie Projektleistungen, Projekttermine und die Projektkosten beschränken. Insbesondere das sogenannte „Social“ Controlling mit seinen Betrachtungsobjekten Projektorganisation, Projektkultur sowie allen Beziehungen zu den relevanten Projektumwelten [1] sind dem Contro.

Grundlegend unterscheidet sich der Ablauf des Projektcontrollings internationaler Projekt nicht von dem eines herkömmlichen Projekts [2]  :

  • Definition von relevanten Leistungskennzahlen / Key-Performance-Indikatoren (KPI) und deren Messung
  • Planung, Organisation und Durchführung der Sammlung der relevanten Daten und der dafür nötigen Prozesse und Infrastruktur
  • Soll-/Ist Vergleich der KPIs und Analyse möglicher Abweichungen
  • Planen und Durchführen von korrigierenden Maßnahmen

In internationalen Projekten sind allerdings kulturelle Einflussfaktoren zu beachten, die den Controlling-Prozess mitunter wesentlich beeinflussen können.

Kultureller Einfluss auf das Projektcontrolling

Risikofreudig Risikoavers
Wichtige Entscheidungen aufgrund von Veränderungen werden schneller getroffen, Controlling aufgrund kürzerer Reaktionszeit ist effektiver Wichtige Entscheidungen aufgrund von Veränderungen benötigen mehr Zeit, da mehr Details verlangt werden Zeitverzögerung kann Effektivität des Controllings verringern
Individualistisch orientiert Kollektivistisch orientiert

Bevorzugen Interviews und Fragebogen ohne Anonymität

Bevorzugen Messung der persönlichen Performance

Bevorzugen anonyme Interviews und Fragebogen

Bevorzugen Messung der Team-Performance

Theoretisch Pragmatisch
Genaue und ausführliche Analyse der Ursachen für Plan-Abweichungen wird bevorzugt Schnelles Setzen von Aktionen und Gegenmaßnahmen werden bevorzugt
Sequentiell Synchron
Priorisierung von Tasks bei Ressourcenknappheit fällt eher leichter Priorisierung von Tasks bei Ressourcenknappheit fällt eher schwerer
Aufgabenorientiert Beziehungsorientiert
Höhere Wahrscheinlichkeit, dass virtuelles Reporting gute Ergebnisse bringt Können Schwierigkeiten haben, Probleme zu berichten, um die Beziehung zum*zur Empfänger*in des Berichts nicht zu gefährden
Leistungsorientiert Statusorientiert
Projektmanager*innen tendieren dazu, regelmäßig Zeit und Aufwand in Messung zu investieren, um schnell Gegenmaßnahmen setzen zu können Projektmanager*innen tendieren dazu, regelmäßig Zeit und Aufwand in vordergründig lohnendere Tätigkeiten wie Networking oder interne Politik zu stecken

Kultureller Einfluss auf das Projektcontrolling [3]

Definition von relevanten Leistungskennzahlen

Für die Definition relevanter KPIs muss der*die Manager*in eines internationalen Projektes analysieren, welche Bereiche das Projektcontrolling erfassen soll. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Projekt müssen wesentlich mehr Bereiche überwacht werden.

Der*die Projektmanager*in muss nicht nur jene Bereiche überwachen, die direkt zum Erfolg des Projektes beitragen, sondern auch jene, die zur Zufriedenheit der Umwelten bzw. Stakeholder der Projekte beitragen. Beide tragen zum Erfolg des internationalen Projektes bei.

Zu überwachende Bereiche eines internationalen Projektes

Ja nach Zielen, Struktur und Inhalt des Projektes muss der*die Projektmanager*in die Bereiche, die im Rahmen des Projektcontrollings beobachtet werden sollen, festlegen. Im nächsten Schritt definiert er*sie dann die einzelne KPIs für die gewählten Bereiche.

Planung, Organisation und Durchführung der Sammlung der benötigten Daten

Nach Festlegung der zu messenden KPIs muss der*die Projektmanager*in entscheiden, mit welchen Methoden und Prozessen die dafür nötigen Daten gesammelt werden.

Das können Daten sein, die strukturiert in Informationssystemen vorhanden sind. Beispiele in IT-Projekten sind dafür Anzahl an Software-Releases, Verfügbarkeit von IT-Infrastruktur, Frequenz und Dauer von Ausfallszeiten. Das können aber auch Dokumentationen von formaler und informeller Kommunikation in Projekt-Wikis, Chats etc. sein.

Wenn es für Bereiche keine strukturierten, dokumentierten Daten gibt, können diese durch Umfragen, Interviews etc. erhoben werden. Dies ist insbesondere für Bereiche des „Social“ Controllings relevant. [4]

Die Sammlung von Daten in internationalen Projekten ist besonders herausfordernd. Kulturelle Einflüsse, der höhere Grad an Heterogenität des internationalen Projektes und die meist höhere Anzahl an Stakeholdern führt zu einer höheren Fehleranfälligkeit bei der Datensammlung durch Subjektivität und Erhebungsfehlern.

Daher muss in internationalen Projekten der Prozess der Datenerhebung im Rahmen des Projektcontrollings regelmäßig kritisch überprüft und gegeben falls korrigiert werden.

Soll-/Ist Vergleich der KPIs und Analyse möglicher Abweichungen

Der Soll-Ist-Vergleich der gesammelten Daten und die Analyse von Abweichungen, wenn diese eine vorher definierte Schwelle überschreiten, ist der eigentliche Kern des Controlling-Prozesses. Dafür können aus der Betriebswirtschaft bekannte Controlling-Tools und Techniken genutzt werden. Welche Controlling Tools der*die Projektmanager*in einsetzt, ist vor allem von dem Grad der Komplexität des Projektes abhängig:

Controlling-Tools und Komplexitätsgrad von internationalen Projekten

Projekt-Ampel [5]

Dieses Controlling-Tool eignet sich aufgrund seines visuellen Kommunikationsansatzes für den Einsatz in internationalen Projekten. Analog zu einer Verkehrsampel werden einzelnen Projektzuständen Farben zugeordnet.

Grün Projekt-Aktivität oder Meilenstein ohne Abweichung vom Plan
Gelb Projekt-Aktivität oder Meilenstein mit hoher Wahrscheinlichkeit für zeitliche Verzögerung oder Kostenüberschreitung
Rot Aktivitäten mit Verzögerung, nicht erreichte Meilensteine, sonstige Show Stopper des Projektes
Beispiel einer Projektampel

Die Projekt-Ampel konzentriert sich auf die Visualisierung des Controlling-Status und sollte daher mit anderen Controlling-Tools, wie z.B. einer Meilenstein-Analyse, kombiniert werden.

Meilenstein-Analyse [6]

Wenn in der Planung vorab definierte Meilensteine erreicht werden, werden im Rahmen der Meilenstein-Analyse Review-Meetings durchgeführt. Dafür müssen vorab für jeden Meilenstein Erfolgs-Kriterien definiert werden. Controlling erfolgt durch den Vergleich des Ist-Stands des Meilensteines mit den Erfolgs-Kriterien sowie den dafür nötigen Kosten und Ressourcen. Die Review-Meetings werden zusätzlich dazu genutzt, Konsequenzen von Verzögerungen, Kostenüberschreitungen, Probleme mit Kommunikation oder in Beziehungen mit Projektumwelten zu thematisieren.

Der Vorteil für den Einsatz dieses Controlling-Tools ist die Möglichkeit, hier alle Projekt-Umwelten laufend einbeziehen und auf dem aktuellen Stand halten zu können. Außerdem ist mit dieser Anwendung dieses Ansatzes für alle Mitglieder Projektorganisation leicht zu erlernen.

Earned-Value-Analyse (EVA)

Dieses Controlling-Tool soll helfen, die Beziehung zwischen Leistungsfortschritten, Kosten und Terminen betrachten. Sie kann für das Gesamtprojekt, aber auch für einzelne Projektphasen oder Arbeitspakete durchgeführt werden.

Der Earned Value (der meist mit „Fertigstellungswert“ übersetzt wird) ist die zentrale Kennzahl der EVA für die geleistete Arbeit und beantwortet die Frage: Was hat der*die Kund*in bekommen und was hat er dafür bezahlt?

Der Wert „Actual Cost of Work Performed“ (ACWP) zeigt die für diese Arbeiten tatsächlich angefallenen Kosten (Actual Cost). Der Vergleich EVA und ACWP gibt darüber Auskunft, wie kostenbewusst das Projekt durchgeführt wird. Der zweite Vergleichswert „Budgeted Cost of Work Scheduled“ (BCWS) beschreibt den Kostenverlauf, wie er sich aus der Projektplanung ergibt.

Der Vergleich EVA und BCWS gibt darüber Auskunft, wie die zeitliche Erfüllung des Projekts ist.

Die Earned Value Analyse stellt damit ein erweitertes Tool für das Projekt-Controlling zur Erfolgsmessung von Projektfortschritten dar, welches über die üblichen verbreiteten Kosten-/Budgetaspekte hinausgeht. [7]

Um die EVA anwenden zu können müssen folgende Informationen verfügbar sein

  • Budgetierte Kosten
  • Zeitplan
  • Aktuelle Kosten
  • Start und Fertigstellung von einzelnen Tasks
  • Status der Meilensteine

Die EVA eignet sich gut für komplexere, länger dauernde internationale Projekte, weil es verschiedene Parameter nutzt. Damit sie effizient eingesetzt werden kann, muss in internationalen Projekten vor allem auf die Verfügbarkeit der benötigten Information sowie auf einen entsprechenden Kenntnisstand für die Nutzung der EVA in der Projektorganisation geachtet werden [8] .

Balanced Score Card

Aufgrund der Komplexität von internationalen Projekten muss deren Performance aus verschieden Perspektiven systematisch einem Controlling unterzogen werden. Da das Controlling-Tool „Balanced Score Card“ genau das leisten kann, ist dessen Einsatz ideal für internationale Projekte.

Es werden damit nicht nur vergangene Aktivitäten betrachtet, sondern auch Feedback aus verschiedenen Bereichen gesammelt, um die Performance des internationalen Projekts zu verbessern.

Folgende Perspektiven/Bereiche werden im Rahmen der Balanced Score Card betrachtet [9]  :

  • Finanzielle Perspektive: Wirtschaftliche & finanzielle Ziele und Rentabilität
  • Kundenperspektive: Kundentreue, Marktanteil, Kundenzufriedenheit,
  • Prozessperspektive: Prozesse mit Einfluss auf Kundenzufriedenheit und finanzielle Unternehmensziele
  • Mitarbeiter- bzw. Potenzialperspektive: Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, kontinuierliche Weiterbildung und Mitarbeiterentwicklung

Um das dafür nötige Feedback zu erhalten, werden Methoden wie Umfragen, Interviews, Fokus-Gruppen etc. eingesetzt. In internationalen Projekten muss vor allem darauf geachtet werden, dass alle Bereiche, insbesondere die Bereiche des „Social“ Controllings durch die Balanced Score Card umfasst werden, da diese meist in einer engen Wechselwirkung zueinanderstehen.

Planen und Durchführen von korrigierenden Maßnahmen

Auf Basis der Resultate der Analyse der Abweichungen und deren Ursachen mit Hilfe der eingesetzten Controlling-Tools muss der*die Projektmanager*in mit seinem*ihrem Team und in Abstimmung mit den Vertreter*innen der relevanten Projekt-Umwelten entsprechende Gegenmaßnahmen planen, über deren Einsatz entscheiden und sie dann durchführen. Viele dieser Maßnahmen fallen in die Bereiche Change- und Claim-Management.

Change Management

Changes können geplant oder ungeplant sein. Sollten für die Veränderungen nicht schon im Rahmen der Risiko-Analyse entsprechende Planungs-Vorkehrungen getroffen worden sein, muss dafür von dem*der Projektmanagerin improvisiert werden.

Egal, ob geplant oder ungeplant, um systematisches Change Management betreiben zu können, sollte in einem internationalen Projekt eine genaue Dokumentation der Changes geführt werden. In Software-Projekten wird das oft in Ticket-Systemen oder Request-Trackern verfolgt. Diese Dokumentation sollte für die gesamte Projektorganisation transparent und leicht zugänglich sein,

Speziell in internationalen Projekten mit ihrer verteilten und heterogenen Struktur muss darauf geachtet werden, dass die Autorität, den Projekt-Plan als Reaktion auf Changes modifizieren zu können, zentralisiert ist und bleibt. Idealerweise sollte sie bei dem*der Projektmanager*in bzw. im Projektteam konzentriert bleiben.

Eigene Change-Management-Guidelines für die gesamte Projektorganisation, auf deren Einrichtung und Einhaltung der*die Projektmanager*in achten sollte, sichern den Erfolg im Projekt. [10]

Claim Management

Egal, wie genau ein Projekt, seine Ziele und sein Umfang auch definiert werden. Im Laufe eines Projektes kommt es zu Änderungen, deren Ursprung in zusätzlichen oder geänderten Anforderungen meist von internen oder externen Kund*innen des Projektes liegen.

Projektmanager*innen müssen sich daher in nahezu jedem Projekt mit dem Umgang dieser Claims, dem Claim Management, befassen.

Grundlegend läuft dieses in zwei Schritten ab

  1. Identifizierung der Claims in Bezug auf Ursachen und Kosten
  2. Übermittlung der Claims an den*die Kund*in

In internationalen Projekten kommt es aufgrund deren Komplexität – insbesondere im Vertragsbereich – sowie aufgrund größerer Diversität der Projektumwelten erfahrungsgemäß zu mehr Changes.

Die Übermittlung der Claims an den*die Kund*in geschieht meist in der speziellen Kommunikationssituation „Verhandlung“, in der die Spezifika der interkulturellen Kommunikation – wie in Kapitel 2 erläutert - verstärkt auftreten. Für Verhandlungssituation im interkulturellen Umfeld müssen sich Projektmanager*innen speziell vorbereiten. Eigene Unterstützung bzw. Coaching ist im Vorfeld speziell für Verhandlungssituationen sehr zu empfehlen.

Einfluss der Charakteristika internationaler Projekte auf das Projektcontrolling

Zusammenfassend beeinflussen typischerweise die blau markierten Charakteristika internationaler Projekte das Projektcontrolling.

Natürliches Umfeld

x

Kulturelles Umfeld


Internationale Handlungskompetenz

x

Organisation

x

Interkulturelle Kommunikation & Konflikte

Einfluss der Charakteristika internationaler Projekte auf das Projektcontrolling

Bewältigung von Projektdiskontinuitäten in internationalen Projekten

Unter dem Begriff der Projektdiskontinuität versteht man eine Phase der Instabilität in einem Projekt, die zu einer entscheidenden Änderung eines Projektes führen kann. Dies kann eine Projektkrise sein, die das Projekt existentiell gefährden kann oder eine Projektchance mit dem Potential einer Weiterentwicklung eines Projektes. [11]

Beispiele von Projektdiskontinuitäten in einem internationalen Software-Projekt:

  • Projektkrise: Die Änderung der Lizenzierung einer Hauptkomponente eines Open-Source-Software-Projektes verhinderte den weiteren Einsatz der bisher benutzten Basistechnologie und erforderte einen Technologiewechsel.
  • Projektchance: Eine vorzeitige Veröffentlichung einer neuen Version einer genutzten Software-Komponenten ermöglichte mit neuen Funktionen die schnellere Fertigstellung der damit erstellten Benutzeroberfläche einer CMS-Software bei geringeren Entwicklungs-Kosten.

Auch in herkömmlichen, vor allem aber auch in internationalen Projekten, stößt das konventionelle Risiko-Management schnell an seine Grenzen. Dieses geht von einer kontinuierlichen Entwicklung in Projekten aus. In der Realität kommt es in internationalen Projekten oft zu diskontinuierlichen Entwicklungen und damit zum Eintreten von Projektdiskontinuitäten.

Diese müssen durch entsprechendes Projekt-Diskontinuitäten-Management behandelt werden. Dabei werden Projektentwicklungen in der Bandbreite zwischen einem negativen und positiven Projektszenario betrachtet.

Die Bewältigung einer Projektdiskontinuität läuft typischerweise wie folgt ab [12]  :

  1. Definition einer Projektdiskontinuität – Sicherung organisatorischer Aufmerksamkeit
  2. Planung & Umsetzung von Sofortmaßnahmen
  3. Ursachenanalyse
  4. Planung alternativer Bewältigungsstrategien – Re-Design, Abbruch oder Unterbrechung des Projekts
  5. Planung & Umsetzung von Zusatzmaßnahmen
  6. Beendigung der Projektdiskontinuität als Akt des symbolischen Managements
  7. Organisation und Kommunikation zur Bewältigung der Projektdiskontinuität

In internationalen Projekten sind es insbesondere kulturelle Unterschiede, die die Bewältigung von Diskontinuitäten beeinflusst. Der*die Projektmanager*in ist gefordert, bei der Gestaltung und Durchführung des Prozesses darauf Rücksicht zu nehmen.

Schon der erste Schritt, die Bestätigung der Wahrnehmung einer Projekt-Diskontinuität durch deren offizielle Definition, wird je nach Kultur zu spät oder vielleicht sogar gesetzt.

In Kulturen mit der Ausprägung einer hohen Risikovermeidung werden ungewohnte und mehrdeutige Situationen gemieden. Daher wird so lange wie möglich versucht, die Existenz einer Projektdiskontinuität zu ignorieren.

In kollektivistisch orientieren Kulturen müssen hingegen erst Gruppen und Netzwerke konsultiert werden, bevor die Entscheidung zur Setzung von Maßnahmen zur Bewältigung gesetzt werden. Dann kann es aber auch schon wieder zu spät sein. Dann eskaliert eine Projektkrise oder verschwindet eine Projektchance, ohne je genutzt zu werden. [13]

Nicht zuletzt ist auch die Projekt-Organisation dafür entscheidend, welche Maßnahmen gesetzt werden bzw. wie die bestehenden Strukturen die Findung und Setzung nötiger Maßnahmen zur Bewältigung erlauben.

Der Teilprozess der Bewältigung von Projektdiskontinuitäten stellt hohe Anforderungen an Umfang und Qualität der Kommunikation des*der Projektmanager*in mit seinem*ihrem Projektteam und den Projektumwelten. Diese unterliegt den bereits bekannten Herausforderungen internationaler Projekte und muss daher entsprechend geplant und gestaltet werden.

Einfluss der Charakteristika internationaler Projekte auf den Prozess der Bewältigung von Projektdiskontinuitäten

Zusammenfassend beeinflussen typischerweise die blau markierten Charakteristika internationaler Projekte den Teilprozess der Bewältigung von Projektdiskontinuitäten.

Natürliches Umfeld

x

Kulturelles Umfeld


Internationale Handlungskompetenz

x

Organisation

x

Interkulturelle Kommunikation & Konflikte

Einfluss der Charakteristika internationaler Projekte auf den Prozess der Bewältigung von Projektdiskontinuitäten

Projektabschluss und Projektabnahme in internationalen Projekten

Projekte, insbesondere internationale, sind intensive und temporäre Unternehmungen. Der Teilprozess des Projektabschlusses hat dabei den inhaltlichen und den emotionalen Abschluss eines Projektes zum Ziel. Die formale Projektabnahme bildet den Abschluss des Teilprozesses „Projektabschluss“.

Diese Ziele sollen durch folgende Maßnahmen erreicht werden [14]  :

  • Planung und Durchführung der offenen Restarbeiten
  • Gestaltung der Umweltbeziehungen
  • Planung der Nachprojekt-Phase
  • Knowhow-Transfer in projektausführende Organisation bzw. andere Projekte
  • Symbolische Handlungen zum Projektabschluss
  • Durchführung Endabnahme

Aufgrund der meist höheren Anzahl an Projektumwelten bzw. ihrer Diversität ist der Gestaltung der Umweltbeziehungen beim Abschluss internationaler Projekte besonderes Augenmerk zu schenken. Die komplexen und diversen Beziehungen zu diesen Umwelten müssen im ersten Schritt professionell aufgelöst werden.

Gerade in internationalen Projekten kommt es häufig zum erstmaligen Kontakt mit Projektumwelten. Daher gibt es gesteigertes Interesse bzw. gesteigerten Nutzen für die Knüpfung von längerdauernden Beziehungen aufgrund der vorhergehenden Zusammenarbeit in dem Projekt. Das ist insbesondere bei einem erstmaligen Markteintritt günstig, wenn damit lokale Partner*innen oder Kund*innen gewonnen bzw. gehalten werden können.

In internationalen Projekten wird aufgrund ihrer inhärenten Dynamik und Komplexität meist mehr Wissen bei dem*der Projektmanager*in und seinem*ihrem Projektteam bzw. in der projektausführenden Organisation gesammelt. Diesen Wissens-Transfer für andere Projekte der Organisation bzw. für die ausführende Organisation zu planen und durchzuführen ist daher im Vergleich mit mehr Aufwand, aber auch mit mehr Nutzen verbunden und sollte daher mit entsprechender Priorität behandelt werden.

Bei der Wahl von Kommunikationsmethoden bzw. eingesetzter Kommunikationstechnologie im Rahmen des Projektes kann schon im Rahmen der Projektdurchführung die mitlaufende Dokumentation von Wissen unterstützt werden.

Ein gutes Beispiel aus Software-Projekten ist die Praxis, ein Projekt-Wiki des Projektteams zu führen, mit dem Ziel, niederschwellige Real-Time-Dokumentation zu erleichtern. Solch ein Projekt-Wiki kann nach Abschluss dem*der Kund*in als Produkt/Service-Dokumentation übergeben werden bzw. zur Archivierung des gesammelten Knowhows genutzt werden.

Wie auch schon in der laufenden Projekt-Kommunikation sind speziell Maßnahmen des symbolischen Managements im Rahmen des Projektabschlusses effektiv und daher deren Einsatz durch den*die Projektmanager*in zu empfehlen.

Eine Abschlusspräsentation, bei der das gesamte Projektteam sowie alle Vertreter*innen der relevanten Projektumwelten persönlich anwesend sind – was in vielen internationalen Projekten oft das erste Mal beim Projektabschluss passiert – ist eine typische Maßnahme des symbolischen Managements und damit ein wichtiges Zeichen und Ritual, das die Wichtigkeit eines sauberen Abschlusses (inhaltlich wie emotional) widerspiegelt.

Kleine oder symbolische Geschenke – wie lokale Spezialitäten, Urkunden, gerahmte Team-Fotos etc. – helfen dabei, die interpersonalen und emotionalen Beziehungen positiv zu lösen.

Neben den sozialen Aspekten des Projektabschlusses sollte ein wichtiger Punkt, die formelle und rechtliche Durchführung einer Endabnahme, in dem Zusammenhang nicht vergessen werden. Ganz im Gegenteil, gerade im internationalen Projektumfeld ist die Durchführung der Endabnahme besonders sorgfältig vorzubereiten und durchzuführen.

Da in internationalen Projekten oft spezielle Projektverträge bestehen und verschiedene Rechtsordnungen zusammentreffen, sollte der*die Projektmanager*in auf ein besonders professionelles und formales Vorgehen bei der Endabnahme achten [15] .

In der Projektpraxis wird gerne der Projektabschluss aus Zeit- und Budget-Gründen verkürzt bzw. nur Teile davon durchgeführt. Projektmanager*innen sehen sich am Ende des Projektes mit höherem Druck aus der projektdurchführenden Organisation und/oder von dem*der Projektauftraggeber*in konfrontiert, einen schnellen Projektabschluss durchzuführen.

Sie sollten diesem Druck aber widerstehen, um im Sinne ihres Projektteams, der Projektmitarbeiter*innen und nicht zuletzt für sich selber ihr internationales Projekt vollständig und sauber zu beenden.

Damit wird der erste Grundstein für den erfolgreichen Start ihres nächsten internationalen Projektes zu gelegt.

Einfluss der Charakteristika internationaler Projekte auf den Prozess des Projektabschlusses und der Projektabnahme

Zusammenfassend beeinflussen typischerweise die blau markierten Charakteristika internationaler Projekte den Teilprozess der Bewältigung von Projektdiskontinuitäten.

Natürliches Umfeld

x

Kulturelles Umfeld

x

Internationale Handlungskompetenz


Organisation

x

Interkulturelle Kommunikation & Konflikte

Einfluss der Charakteristika internationaler Projekte auf den Prozess des Projektabschlusses und der Projektabnahme

Inhaltliche Reflexion

  1. Wiederholen Sie für sich selber den grundlegenden Ablauf von Controlling in Projekten.

  2. Rekapitulieren Sie die Aufstellung der kulturellen Einflüsse auf das Projektcontrolling. Stimmen Sie den Aussagen zu den kulturellen Einflüssen zu?

  3. Versetzen Sie sich in die Rolle eines*einer Manager*in eines internationalen Projektes. Welche Controlling-Tools würden Sie auswählen und einsetzen? Welche Argumente pro/contra (speziell hinsichtlich ihrer Eignung für internationale Projekte) würden Sie in einer Diskussion mit Ihrem*Ihrer Auftraggeber*in anbringen?

  4. Reflektieren Sie die grundlegenden und für internationale Projekte spezifischen Anforderungen an Change- und Claim-Management.

  5. Wie würden Sie die Bewältigung von Projektdiskontinuitäten von herkömmlichen Risikomanagement in Projekten abgrenzen?

  6. "Internationale Projekte benötigen einen intensiven und gut geplanten Projektabschluss". Wie würden Sie diese Aussage untermauern?

  1. Vgl. (Gareis, 2006, S. 179)
  2. Vgl. (Köster, 2009, S. 191ff)
  3. (Köster, 2009, S. 194)
  4. Vgl. (Köster, 2009, S. 197f)
  5. Vgl. (Köster, 2009, S. 201)
  6. Vgl. (Köster, 2009, S. 202)
  7. Vgl. (Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH, 2016)
  8. Vgl. (Köster, 2009, S. 205f)
  9. Vgl. (Gareis, 2006, S. 371)
  10. Vgl. (Köster, 2009, S. 210f)
  11. Vgl. (Gareis, 2006, S. 322)
  12. (Gareis, 2006, S. 189)
  13. Vgl. (Köster, 2009, S. 101)
  14. Vgl. (Gareis, 2006, S. 386ff)
  15. Vgl. (Cronenbroeck, 2004, S. 244)