Kundenbeziehungsmanagement - Einleitung
Einleitung
Das Wichtigste gleich vorweg: In dieser Lehrveranstaltung lernen Sie nicht, wie man eine CRM-Seite programmiert. Sie lernen auch nur bedingt die Faktoren, die dazu notwendig wären und es gibt auch keine Anleitung für einen Prozessplan – dafür gibt es genügend Fachliteratur. Projektpläne für die Einführung klassischer CRM-Systeme gibt es wie Sand am Meer – ein gutes und brauchbares Beispiel liefert Wolfgang Schwetz (siehe Literaturverzeichnis).
Sie lernen aber, in welchen Kontext das Thema einzuordnen ist. Und auch, welche Fehler bisher gerne und oft gemacht wurden. Sie werden die Schnittstelle zwischen KundInnen und Unternehmen genau unter die Lupe nehmen und sich ein eigenes Bild davon machen müssen – von den Schwierigkeiten, Herausforderungen und Chancen, die damit verbunden sind.
Das Ziel besteht darin, Sie fit zu machen für die Diskussion rund um das Thema. Sie sollen genau dort, wo in Zukunft die Entscheidungen punkto Kundenbeziehungsmanagement getroffen werden, mitreden können. Und zwar weil Sie sich mit den relevanten Rahmenbedingungen auseinandergesetzt und sich eine eigene, fundierte Meinung gebildet haben.
Sie werden die Parameter kennenlernen, die für den Aufbau eines solchen Systems notwendig sind. Diese dann in einen Projektplan bzw. in ein Computerprogramm umzusetzen, ist eine andere Aufgabe, die Ihnen jedoch in Folge einfacher von der Hand gehen sollte (sofern das Ihr Job sein wird), weil Sie wissen, woran Sie denken müssen und was wirklich wichtig ist. Und warum.
Wir werden uns in erster Linie mit dem auseinandersetzen, was nicht funktioniert. Der Grund dafür ist einfach: ein gut funktionierendes Kundenbeziehungsmanagement fällt niemandem auf – oder wenn, dann nur in Ausnahmefällen; bei einem schlecht funktionierenden sieht dies anders aus. Es schreckt KäuferInnen ab, es verärgert Menschen und frustriert sie. Auf lange Sicht schwächt es den Unternehmenserfolg und genau das sollte gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit auf keinen Fall passieren. Deswegen arbeiten wir hier an einem sehr wichtigen Thema, von dem auf lange Sicht Gedeih und Verderb eines Unternehmens abhängen. Es geht um die Kunden, also um den vielbeschworenen „Markt“, aber auch um die Frage, wie eben genau die Beziehung zwischen Unternehmen und KundInnen aussehen kann – gibt es hier so etwas wie gleiche Augenhöhe oder ist der Kunde König, oder Opfer – oder beides?
In diesem Skriptum sollen anhand zahlreicher Fehler im Kundenbeziehungsmanagement (ab jetzt mit KBM abgekürzt), aber auch anhand positiver Beispiele die Grundbedingungen es Erfolgs erarbeitet und definiert werden.
Falls Ihnen übrigens aufgefallen ist, dass ich teilweise männliche und teilweise weibliche Formen verwende: im Sinne der Emanzipation gehe ich hier meinen eigenen Weg: Es soll einerseits die Lesbarkeit erhalten bleiben, andererseits klar sein, dass – bis auf bewusst gesetzte Ausnahmen – stets alle Geschlechter gemeint (und nicht nur mitgemeint) sind. Daher wechsle ich ständig ab, mit dem Ziel, die Gedanken daran stets wach zu halten, ohne zugleich durch Penetranz abzuschrecken. Und ich verwende das Binnen-I statt dem Stern oder dem Unterstrich.
Der Blick auf den Mangel
In diesem Skriptum rollen wir das Thema über die Betrachtung des Mangels auf. Warum ist das so?
Den Pannendienst rufen Sie nur, wenn Sie eine Panne haben. Konfliktmanagement wird von Firmen nur in Auftrag gegeben, wenn es kracht und meist kurz bevor oder kurz nachdem es zu spät ist. Fukushima kennt man erst seit dem Reaktorunfall. Wenn über Afrika berichtet wird, dann meist nur über Hungerkatastrophen, Bürgerkriege, sonstige Kriege oder extreme Naturereignisse.
Beim Kundenbeziehungsmanagement ist es ähnlich. Der Normalfall interessiert niemanden. Und der tritt immer dann ein, wenn alles funktioniert, also meistens. Gerade dieser Normalfall bedeutet aber auch, dass dahinter ein offensichtlich gut ausgedachtes und funktionierendes System steckt.
Wir Menschen sind scheinbar so gepolt, dass uns nur das Unerwartete wirklich interessiert. Die Verkehrsfunkmeldungen in der Art „Alles funktioniert reibungslos, es gibt nichts zu berichten“ sind zwar selten, wirken aber immer etwas komisch.
Das erleichtert uns die Sache nicht gerade, denn es wirkt wie eine Spurrille auf der Fahrbahn – sie zieht das Fahrzeug magisch an, man rutscht hinein – ob man will oder nicht. Erfolgsgeschichten sind fad und auch schnell erzählt: „Only bad news are good news.“
Zugleich finden wir hier aber die positive Seite des Mangels: Sie zeigt uns, wo wir anpacken können und müssen. Durch den Mangel erkennen wir, was uns fehlt, und zwar zum Glück, oder zumindest zum unternehmerischen Erfolg. Es ist also weder sinnlos noch dumm, beim Mangel zu beginnen und sich dadurch leiten zu lassen.
Die Gefahr bleibt jedoch, dass man in der Spurrille bleibt und aus dem Mangel nicht mehr herauskommt. Das zeigt sich in den meisten Unternehmen z. B. in dem Faktum, dass Tadel häufig und Lob meist selten ist. Eine Führungskraft, die lobt? Meist findet man das nur in Ausnahmefällen oder in standardisierten Formen, etwas als Gesamtlob in der Weihnachtsfeieransprache. Beim Tadel sieht das ganz anders aus, oder? Denken Sie an Ihren Chef/Ihre Chefin oder an sich selbst.
Wir werden daher versuchen, den Blick in diesem Skriptum nicht nur auf den Mangel zu richten, sondern auch Beispiele erarbeiten, die uns zeigen, wie etwas gut funktioniert. In Unternehmen mit gutem KBM wird dies übrigens auch dokumentiert. Das Ergebnis sind etwa Best-Practice-Modelle, die im Idealfall auch noch motivierend wirken.
In der Praxis sieht es so aus, dass es immer schon ein KBM gibt – egal, wie elaboriert dies aussieht, denn es gibt schlicht und einfach bestehende Kundenbeziehungen. Es ist zwar möglich, ein neues System darüber zu setzen, aber nur in den wenigsten Fällen wird dies sinnvoll sein. Selbst wenn ein völlig neuer Prozess samt entsprechender Software-Unterstützung aufgesetzt wird, muss man vom bestehenden System ausgehen. Gerade dieser Wandel verlangt nach Behutsamkeit, wenn man die KundInnen nicht verschrecken will.
Das didaktische Konzept
Die Basis für gutes KBM soll jedoch nicht von mir, sondern von Ihnen erarbeitet werden. Das Skriptum gibt die notwendige Hilfe plus die Beispiele. Und sie werden noch von anderer, sehr kräftiger Seite unterstützt: von Ihren KollegInnen. Gemeinsam wissen Sie nämlich bereits, wie es geht, wie es gehen kann, gehen muss.
Ein Fazit können wir jetzt schon ziehen: Gemeinsam sind wir gescheiter – das ist das Motto nicht nur dieser Lehrveranstaltung. Wäre dem nicht so, dann würde der bilaterale Kontakt Lehrer-Schüler schon in der Schule mehr als ausreichend sein. Lernen ist jedoch eine Form des Miteinanders, des Austauschs, der gegenseitigen Hilfe, der verstärkenden Motivation – kurz: StudentIn sein heißt nicht nur Bücher wälzen und lernen. Es bedeutet einen Weg gemeinsam zu gehen.
Daher verlangt diese Lehrveranstaltung auch nach einem Miteinander. Es gibt nur wenige Präsenzphasen, dazwischen studieren alle mehr oder weniger allein. Der Ausgleich ist das gemeinsame Forum, die Internet-Plattform, auf der Austausch möglich ist. Aus didaktischer Sicht ist das eher eine notdürftige Hilfsmaßnahme, aber das bedeutet nur, dass wir sie so gut nützen werden wie möglich – schließlich haben wir keine andere.
In anderen Studien werden ganze Semester oder mehr für das Thema Kundenbeziehungsmanagement bzw. CRM verwendet (und gebraucht), wir müssen mit einer einzigen Lehrveranstaltung auskommen.
Daher könnte man etwas spitzfindig sagen: Auch wir verwalten den Mangel und bemühen uns, das möglichst effizient zu tun. Es ist eine Gratwanderung zwischen Appetizer und Eingehen aufs Detail.
Das Ziel besteht darin, ein Bewusstsein für die Vielschichtigkeit des Themas zu schaffen, aber auch Lust auf mehr zu machen. Wirtschaftsinformatik ist nicht zwangsläufig Kundenbeziehungsmanagement, kann damit aber durchaus zu tun haben. AbsolventInnen dieser Fern-FH sind bereits vielfach Spezialisten für das Generieren von speziellen Programmen sowie deren Implementierung in meist größeren Unternehmen. Spätestens dann geht es auch um genau die Themen, die wir in dieser Lehrveranstaltung anschneiden, durchdiskutieren und bearbeiten, aber gerade bei diesem Thema auch kritisch hinterfragen müssen.
Wie die Studierenden am einfachsten durch die Lehrveranstaltung kommen:
Ich halte nicht viel von der klassischen Prüfungsform. Ich gehe davon aus, dass ich es mit erwachsenen Menschen zu tun habe, die einen gewissen Grad von Eigenverantwortung besitzen. Ich bin auch der Meinung, dass „Kundenbeziehungsmanagement“ sich nicht als klassisches Prüfungsfach wie etwa Mathematik oder Statistik eignet, sondern dass es hier darum geht, menschliches Verhalten in seiner Komplexität zu verstehen.
Das Ziel kann somit auch nur ein besseres Verständnis von Kommunikation sein – in diesem Fall noch dazu punkto Kommunikation KundInnen – Unternehmen, der wichtigsten Form der Kommunikation sozusagen. Daher ist dieses Skriptum als Denk-Ansporn zu lesen und durch zu arbeiten.
Ja, es handelt sich um Arbeit, weil Sie, verehrte Studierende, das hier Geschriebene mit Ihren eigenen Ansichten und Meinungen vergleichen müssen. Damit noch nicht genug, Sie müssen auch eigene Schlüsse daraus ziehen, die Gedanken weiterverfolgen, verändern, variieren, Sie müssen das bisher Ungedachte denken, das ist meist weit anstrengender als etwas im klassischen Sinn zu lernen, in sich hinein zu stopfen, kurz wieder raus zu rülpsen und dann hinter sich zu lassen.
Lernen bedeutet somit Eigencheck: Was geht das mich an? Was habe ich damit zu tun? Sie lernen sich im Idealfall selbst besser kennen, indem Sie ihre eigenen Erlebnisse, Erfahrungen und die daraus entstandenen Meinungen mit den hier vorgebrachten Ideen und Theorien vergleichen. Bei diesem Thema haben Sie noch dazu einen unschätzbaren Vorteil: Sie sind selbst Kunde/Kundin und haben jede Menge eigene Erfahrungen, die Sie einbringen können. Sie müssen die Melange aus eigenem Erleben, Theorie und dem von mir eingebrachten Stoff dann selbst als solche erkennen („reflektieren“) und in kompakter Form wiedergeben. Das ist gleichsam die Prüfung, das ist die zu erledigende Aufgabe.
Sie müssen sich das Leben nicht schwer machen. Wie viel Zeit und Energie Sie hineinstecken, kann ich nicht überprüfen, wiewohl ich immer einen guten Einblick erhalte, wenn ich die verschiedenen Lösungen der einzelnen Lektionen miteinander vergleiche bzw. die einzelnen Studierenden miteinander vergleiche.
Sie können das übrigens auch tun und dann feststellen, wo Sie stehen.
Qualität schlägt Quantität. Es geht mir nicht um die Menge des Reflektierten, sondern um dessen Art und Weise.
Die „Prüfung“
In vergangenen Lehrveranstaltungen haben Studierende zum Rechner gegriffen und sich anhand der Anforderungen im didaktischen Konzept ausgerechnet, wie viel (oder besser wie wenig) sie tun müssen, um durchzukommen. Das ist eine seltsame Form der Ökonomie, denn ich darf das kurz mit dem Erlangen eines Pilotenscheins vergleichen. Sie lernen in drei Phasen das Fliegen. In der ersten Phase das Starten, in der zweiten das Fliegen und in der dritten das Landen. Wenn Sie sich nun ausrechnen, dass Sie mit zwei Drittel eigentlich den Pilotenschein positiv bestehen können, dann wäre es kein Problem, den dritten Teil einfach auszulassen. Zwei Drittel reichen für ein Genügend und das ist schließlich genügend.
Stellt sich nur die Frage, was machen Sie bei der ersten Landung?
Daher gibt es für diese Lehrveranstaltung keine Prozente, die Sie erlangen müssen, um zu bestehen. Wie im Management geht es darum, sich der vorhandenen Situation zu stellen, und diese sieht folgendermaßen aus:
1.) Präsenzphasen
Die erste dient dem guten Start in die Lehrveranstaltung. Wer dabei ist, ist sozusagen dabei. Wer nicht dabei ist, sollte dies nachholen und sich auch aktiv darum kümmern, sprich: zu einem Kollegen/einer Kollegin gehen und sich entsprechend informieren.
Die zweite Präsenzphase und – optional, das ändert sich je nach Semester – die dritte haben Anwesenheitspflicht, denn sie sind ein Kernstück der Lehrveranstaltung. Wer hier nicht dabei sein kann, muss entsprechende Mehrarbeit auf sich nehmen. Wie diese aussieht, ist im jeweiligen Fall mit dem Lehrveranstaltungsleiter zu klären, aber auch mit den Mitstudierenden, denn diese müssen ebenfalls dafür „büßen“. Das ist wie im Management, wenn einer nicht kann, müssen andere einspringen.
2.) Die Lektionen dieses Skriptums
Sie sind so aufgebaut, dass Sie mitdenken müssen, um die Aufgaben zu lösen. Es geht nicht darum, das Gelesene noch einmal wieder zu käuen, wie das sonst so gerne verlangt wird. Es geht darum, die eigene Lebenswelt mit dem Gelesenen zu konfrontieren und daraus Schlüsse zu ziehen. In diesem speziellen Fach sind besonders viele Geschichten enthalten, übrigens alle der Praxis entnommen und – so unglaublich es klingen mag – nicht oder fast nicht übertrieben. Sie müssen also mit Geschichten zurechtkommen, diese interpretieren, sich in die Menschen, die dort vorkommen, hineinversetzen, manchmal vielleicht auch die Qualen mit erleiden. Das ist Teil des Lernens und muss Sie nicht beunruhigen.
Noch ein wichtiger Hinweis: Die Geschichten sind teilweise rhetorisch ein wenig überhöht, sie enthalten emotionale Ausbrüche, die direkt aus dem Erleben stammen. Für sich allein wären die Geschichten nur zur Unterhaltung dienlich, im Kontext dieses Skriptums verändern sie sich jedoch. Ihr Ziel ist es jetzt, Reflexion hervorzurufen, das Nachdenken über die Hintergründe: Wieso entstehen diese Emotionen und was könnte gutes Kundenbeziehungsmanagement hier verbessern? Wie müsste es aufgebaut sein, damit die negativen Emotionen gar nicht erst entstehen oder zumindest aufgefangen werden können?
Der teilweise satirische Unterton der Geschichten dient als Träger für die Motive, tiefer in die Materie einzudringen, so wie Fett in einer Speise als Geschmacksträger dient. Und manchmal deutet er darauf hin, dass in einigen Fällen nur mehr der Humor bleibt, um einer unangenehmen Sache mit Würde zu begegnen.
Ich kann Ihnen nichts lehren, Sie müssen selbst etwas lernen. Übrigens: Sie wissen schon alles. Es kann allerdings vorkommen, dass Sie noch nicht wissen, dass Sie es wissen. Da kann ich dann ein wenig mithelfen, so dass Sie das in Ihnen Verborgene herauslocken. Das macht übrigens manchmal durchaus Spaß.
Die Ergebnisse stellen Sie bitte als pdf-Dokumente ins Forum zur jeweiligen Lektion. Die Vorlagen als Word-File finden Sie bei der jeweiligen Lektion.
3.) Der Zeitplan
Das Skriptum sollte vor der letzten Präsenzphase fertig durchgearbeitet sein. Es ist für alle Beteiligten mühsam, wenn dies nicht geschieht. Also reservieren Sie sich rechtzeitig Zeit. Sie können sich die Arbeit frei einteilen: Manche arbeiten das gesamte Skriptum samt Aufgaben und Lösungen in einem Wochenende durch, andere verdauen es häppchenweise. Machen Sie das, wie es Ihnen passt. Sie wissen selbst am besten, was für Sie gut ist.
Und jetzt viel Spaß beim Arbeiten!