Management kooperativer Informationssysteme - Produktkostenkalkulation
Produktkostenkalkulation „Wellengelenk“
Produktkostenkalkulation
Für einen typischen Lagerauftrag zur Fertigung des Wellengelenks mit einer Losgröße von 5.000 Stück wird von der Abteilung Arbeitsvorbereitung eine Plankalkulation durchgeführt.
Materialmenge und Materialkosten
Abgeleitet aus dem Primärbedarf und der Stückliste des Produkts „Wellengelenk-00“ ergibt sich für den Lagerauftrag durch deterministische Bedarfsermittlung folgender Sekundärbedarf (Rohstoffe und Zukaufteile).
Der Tertiärbedarf (Hilfs- und Betriebsstoffe) für die Durchführung der Produktion wird mittels stochastischer Bedarfsermittlung aus Vergangenheitswerten ermittelt. Die Kosten für den Tertiärbedarf sind in den Gemeinkostenzuschlagsätzen enthalten.
Durchführungszeiten
Für die Ermittlung der Durchführungszeit der Arbeitsvorgänge an den einzelnen Arbeitsplätzen benötigt man die Informationen der Rüstzeit tr und der Zeit je Einheit te aus den Arbeitsplänen des Fertigprodukt „Wellengelenk-00“ sowie der Eigenfertigungsteile „Schaft-00“ und „Gelenkkreuz-00“
Dabei sind die Arbeitspläne für NC-Fertigung heranzuziehen, da die Losgröße mehr als 1.000 Sück/Los beträgt.
Die Summe der Durchführungszeiten an den einzelnen Arbeitsplätzen bzw. Kostenstellen für die Fertigung des Lagerauftrags zeigt die nachfolgende Tabelle.
Da die Maschineneinrichter der NC-Arbeitsplätze andere Fertigungsstundensätze haben als das Maschinenpersonal, sind an diesen Arbeitsplätzen die Rüstzeiten und die Ausführungszeiten getrennt zu betrachten.
Produktkalkulation (zu Vollkosten)
Basierend auf den oben vorliegenden auftragsspezifischen Informationen (Materialkosten und Durchführungszeiten) sowie den auftragsunabhängigen, unternehmensspezifischen Informationen (Gemeinkostenzuschlagsätze, Personalstundensätze, Maschinenstundensätze) lassen sich mittels Zuschlagskalkulation die Plankosten für den Kostenträger „Wellengelenk“ ermitteln.
Aus den Herstellkosten können mithilfe der Konstruktions-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten die Selbstkosten des Produkts ermittelt werden.
Das Ergebnis der Plankalkulation zu Vollkosten wird als Basis für die Festlegung des Verkaufspreises (=Bruttoangebotspreis) herangezogen.
Theoretische Grundlagen |
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Kostenträger Als Kostenträger bezeichnet man die für den Verkauf bestimmten Produkte bzw. Dienstleistungen des Unternehmens. Aus dem Verkaufserlös dieser Kostenträger müssen die gesamten im Betrieb anfallenden Kosten abgedeckt werden. |
Primärbedarf – Sekundärbedarf - Tertiärbedarf Als Primärbedarf wird das Produktionsprogramm des Unternehmens verstanden, in welchem festgelegt ist, welche Produkte vom Unternehmen in der betrachteten Periode hergestellt werden. Als Sekundärbedarf bezeichnet man den Bedarf an Rohstoffen und Zukaufteilen, der für die Herstellung des Primärbedarfs erforderlich sind. Als Tertiärbedarf bezeichnet man den Bedarf an Hilfsstoffen und Betriebsstoffen, der für die Herstellung des Primärbedarfs benötigt wird. |
Deterministische Bedarfsermittlung Die deterministische Bedarfsermittlung erfolgt durch Multiplikation des Primärbedarfs mit der Mengenangabe in der Stückliste (=Stücklistenauflösung). Damit kann der erforderliche Materialbedarf sehr genau ermittelt werden. Diese Methode wird meist für Rohstoffe und Zukaufteile (=Sekundärbedarf) verwendet. |
Stochastische Bedarfsermittlung Die stochastische Bedarfsermittlung erfolgt mittels Bedarfsschätzungen (= Bedarfsprognose). Dabei wird der zukünftige Materialbedarf aufgrund von vergangenen Verbrauchswerten prognostiziert. Diese Methode wird meist für Hilfs- und Betriebsstoffe (=Tertiärbedarf) verwendet. |
Zuschlagskalkulation Bei der Zuschlagskalkulation wird angestrebt, die im Unternehmen anfallenden Kosten auf die verschiedenen Kostenträger möglichst verursachungsgerecht aufzuteilen. Die Zuschlagskalkulation wird wie folgt durchgeführt 1) Ermittlung der voraussichtlich anfallenden Einzelkosten (Fertigungsmaterial, Fertigungslöhne) für den Kostenträger. Die Einrechnung der anteiligen Gemeinkosten in den einzelnen Kostenstellen erfolgt über die jeweiligen Gemeinkostenzuschlagssätze aus dem BAB. In Kostenstellen mit Maschinenstundensätzen sind zusätzlich die entsprechenden Maschinenkosten zu ermitteln. Als Zwischensumme erhält man die Herstellkosten des Kostenträgers. 2) Die Einrechnung der Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten sowie der Konstruktionsgemeinkosten erfolgt über die jeweiligen Gemeinkostenzuschlagssätze (Basis Herstellkosten). Als Zwischensumme erhält man die Selbstkosten des Kostenträgers 3) Die Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns erfolgt über einen prozentuellen Gewinnzuschlag (Basis Selbstkosten), woraus sich der Nettobarpreis ergibt. 4) Nach Einrechnung der Zuschläge für Skonto (Zahlung innerhalb bestimmter Fristen) und Rabatte (z.B. Mengenrabatt, Stammkundenrabatt) ergibt sich der Nettoangebotspreis des Kostenträgers. Da der Kunde als Basis für die Berechnung der Höhe des Rabatts den ihm vorliegenden Angebotspreis heranzieht, erfolgt die Ermittlung der in der Kalkulation anzusetzenden Rabatte „in 100“. Das gleiche gilt für ein gewährtes Skonto. 5) Nach Berücksichtigung der Umsatzsteuer (20%) ergibt sich der Bruttoangebotspreis. Das Schema der Zuschlagskalkulation ist in ihrem Aufbau der Hauptkostenstellengliederung im Betriebsabrechnungsbogen angepasst. |
Durchführungszeit Unter der Durchführungszeit T versteht man die Gesamtzeit zur Durchführung der erforderlichen Arbeitsvorgänge an einem Arbeitsplatz für die Fertigung einer bestimmten Stückzahl eines Produkts. Sie setzt sich zusammen aus der Rüstzeit trund der Ausführungszeit ta Die Ausführungszeit ta ist die für die eigentliche Durchführung der Arbeitsaufgabe erforderliche Zeit. Man erhält sie durch Multiplikation der Stückzahl m des Fertigungsauftrags mit der für die Durchführung benötigten Zeit je Einheit te. laut Arbeitsplan. |
Terminologie in der Kostenrechnung im SAP-System
Gesamttarif
Im SAP ERP werden häufig – der betrieblichen Praxis folgend – auch die Fertigungslöhne (=Einzelkosten) auf den Fertigungskostenstellen erfasst und gemeinsam mit den Fertigungsgemeinkosten mit einem einheitlichen Fertigungskostensatz (bestehend aus Fertigungslöhnen plus Fertigungsgemeinkosten) in die Kostenträgerrechnung weiterverrechnet.
Produktkostenkalkulation - Kostenträgerrechnung
In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird die Produktkostenkalkulation auch als Kostenträgerstückrechnung bezeichnet. SAP unterscheidet jedoch zwischen diesen beiden Begriffen.
Bei der Aufnahme eines Produkts in das Produktionsprogramm eines Unternehmens werden zunächst allgemein (auftragsneutral) die Selbstkosten dieses Produkts (=Produktkostenkalkulation) ermittelt.
Bei einem konkreten Auftrag wird dann keine neuerliche Kalkulation durchgeführt, sondern es wird auf die vorhandene Kalkulation des Produkts zurückgegriffen. Der Rückgriff auf die vorhandene Kalkulation und die Erfassung der tatsächlich anfallenden Kosten (Ist-Fertigungsdauer laut Fertigungsrückmeldung, Ist- Mengen laut Materialentnahmen) wird als Kostenträgerrechnung bezeichnet.
Das Ergebnis der Produktkalkulation wird jeweils für die kommende Kostenrechnungsperiode (i.d.R. der Kalendermonat) in den Materialstamm des Produkts fortgeschrieben.
Produktkalkulation | Kostenträgerrechnung |
Auftragsneutral, d.h. es liegt noch kein konkreter Kundenauftrag vor. Es handelt sich nur um die Kalkulation eines Musterprodukts. Es findet keine Entlastung der Endkostenstellen statt. Ergebnis der Produktkalkulation wird im Materialstamm als Standardpreis eingestellt. |
Auftragsbezogen, d.h. ein konkreter Fertigungsauftrag ist notwendig. Es handelt sich um einen konkreten Istlauf. Es findet eine Entlastung der Endkostenstellen statt. Rückgriff auf den Standardpreis aus dem Materialstamm |
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Kalkulationsschema ==
Die Ausführungen in diesem Kapitel beziehen sich ausschließlich auf Einstellungen im Customizing. Für den Nachvollzug des Fallbeispiels im Unterricht ist es nicht nötig, diese Einstellungen noch einmal eigens anzulegen. Allerdings empfiehlt es sich, die Einstellungen zumindest gedanklich nachzuvollziehen, um die Ergebnisse der Kalkulation schlüssig nachprüfen zu können.
Im Rahmen der vorliegenden Unterlage werden die vollen Gemeinkosten lt. BAB (Vollkostenrechnung) als Zuschlagssatz auf die Einzelkosten verrechnet.
Alternative Möglichkeiten der Gemeinkostenbehandlung wären: (a) Die Gemeinkosten sind Bestandteil des Kostenstellentarifs oder (b) es werden nur die variablen Gemeinkosten auf den Kostenträger verrechnet und die fixen Gemeinkosten werden direkt in die Ergebnisrechnung übernommen.
Durchführen der Produktkostenkalkulation
Bei der Produktkostenkalkulation handelt es sich um eine auftragsneutrale Kalkulation eines Produkt-
es. Bei Vorliegen eines konkreten Auftrags wird dann keine erneute Kalkulation der Selbstkosten durchgeführt, sondern auf die Ergebnisse der Produktkalkulation zurückgegriffen.
Im Folgenden wird die Kalkulation des Fertigprodukts „Wellengelenk“ mit Mengengerüst (d.h unter Rückgriff auf Stückliste und Arbeitsplan) für eine Losgröße von 5.000 Stück erläutert.
Nach einem Doppelklick auf die Transaktion
öffnet sich folgendes Fenster:
Nach Eintrag des zu kalkulierenden Materials, des Werks, der Kalkulationsvariante und der Kalkulationslosgröße drückt man die Enter Taste.
(Bleibt das Feld Kalkulationslosgröße leer, wird auf die im Materialstamm eingestellte Kalkulationslosgröße zurückgegriffen.)
Darauf öffnet sich folgendes Fenster:
Das Fenster zeigt das Kalkulationsdatum (jeweils den ersten des Folgemonats d.h. ab diesem Datum ist die neue Kalkulation gültig und kann in den Materialstamm fortgeschrieben werden), sowie den Auflösungs- und Bewertungstermin des Mengengerüstes (Komponenten der Stücklisten und Vorgänge der Arbeitpläne) der Kalkulation.
Nach einem weiteren Enter wird der Kalkulationslauf gestartet. (In der Statusleiste wird sehr kurz angezeigt, wie die Kalkulationsstruktur durchlaufen wird.)
Als Ergebnis des Kalkulationslaufs erscheint folgendes Fenster:
In der Ansicht sind die (Standard-) Plankosten des Fertigprodukts „Wellengelenk-00“ zu sehen. Im
Die Standardansicht – wie oben beschrieben – kann über den Menüpfad Kosten -> Elementanzeige (F5) verändert werden.