Management und Organisation - Kapitel 2

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Aufbau der Organisationsstruktur

Ziele der Lektion

  • Bedeutung und Anwendung von Managementstrukturen für eine IT
  • Unterscheidung zwischen Aufbau- und Ablauforganisation

In der Organisationslehre wird zwischen Aufbau- und Ablauforganisation differenziert. Die Aufbauorganisation bildet die hierarchische Struktur einer Abteilung oder einer Organisation. Hier wird der Rahmen für die Ablauforganisation festgelegt. Die Ablauforganisation regelt die Prozesse in einem Unternehmen: Welche Aktivitäten werden von welchen Stellen durchgeführt und in welcher Reihenfolge. Neben der Aufbau- und Ablauforganisation spielen natürlich die Mitarbeiter einer Abteilung eine wesentliche Rolle [OS355]. Der Begriff „Organisation“ kann auf unterschiedliche Arten verstanden werden. Einerseits als institutioneller Organisationsbegriff im Sinne eines zielgerichteten sozialen Systems, das bestimmten Regeln unterworfen ist („das Unternehmen hat eine Organisation“). Andererseits umfasst Organisation im Sinne des instrumentellen Organisationsbegriffes alle Prozesse und Regelungen für Aufgabenteilung und Koordination, die zum Zweck der Zielerreichung eines Unternehmens eingesetzt werden [HAG10]. Bei der Festlegung einer IT Organisation müssen Entscheidungen hinsichtlich folgender Fragestellungen getroffen werden:

  • Welche IT Aufgaben müssen erledigt werden?
  • Wo müssen diese Aufgaben erledigt werden?
  • Welche Stellen werden dafür benötigt?
  • Wie werden diese Stellen besetzt?
  • Wie müssen die Prozesse im IT Bereich gestaltet werden, um die Aufgaben effizient und effektiv erfüllen zu können?

Darüber hinaus hängt die Größe und Struktur einer IT-Organisation maßgeblich von den Geschäftsfeldern und -aktivitäten ab. So unterscheidet sich beispielsweise die IT-Organisation einer Großbank signifikant von jener eines Marketingunternehmens. Die regionale Verteilung hat ebenfalls Einfluss auf die Organisation der IT. So müssen neben Zeitverschiebung und Sprachunterschieden auch kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden. Wie jeder andere Bereich wird auch die IT von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens beeinflusst. Daher muss die IT-Organisation auch unter dem Druck von Kostenreduktionen und den damit verbundenen Risikoabwägungen auf eine effiziente Unterstützung des Unternehmens ausgerichtet sein [TIE09, S361f]. Organisatorische Konzepte für die IT können einerseits die Aufbauorganisation und andererseits die Ablauforganisation betreffen.

Aufbauorganisatorische Ausrichtung

Bei der aufbauorganisatorischen Ausrichtung wird die Organisationsstruktur der IT gestaltet. Dafür werden die Aufgabenbereiche der IT identifiziert und daraus gegebenenfalls die Bildung von Abteilungen abgeleitet. Weiters werden die Arten der benötigten Stellen im IT-Bereich und deren Anzahl festgelegt. Es wird bestimmt, in wie weit eine Unterstützung von zentralen Stellen, wie beispielsweise Rechtsabteilung, Personalabteilung, Controlling etc., benötigt wird. Die Frage der Integration von Prozessverantwortungen für IT-Prozesse in das Liniensystem wird ebenso behandelt, wie jene, wie die Arbeitsprozesse zu einer gesamten Organisation verbunden werden können. In der Regel ist die IT als eine Abteilung organisiert, wobei in einer Abteilung mehrere Arbeitsaufgaben eines segmentierten, aber zusammengehörigen Aufgabenkomplexes unter der Leitung einer Instanz zusammengefasst werden [TIE09, S361]. Die klassische Organisation der IT in ihrer Frühzeit war der Betrieb eines Rechenzentrums, wobei im Laufe der Zeit Aufgabengebiete wie beispielsweise Anwendungsentwicklung und Projektmanagement hinzugekommen sind. Eine stark technikbezogene IT-Abteilung als reiner Lieferant von Technologie kann allerdings die Anforderungen der Geschäftsbereiche an eine moderne IT nicht mehr erfüllen. Es werden Leistungen wie die Implementierung und umfassende Betreuung betriebswirtschaftlicher Anwendungen nachgefragt. Die gesicherte Qualität der bereitgestellten Informationen, sowie die Verfügbarkeit der Informationssysteme werden dabei ebenso gefordert und vorausgesetzt, wie die effektive Auslastung der Infrastruktur um dem wachsenden Kostendruck zu begegnen [TIE09, S362f]. Vor allem bei größeren Unternehmen findet die Gliederung der IT in eine Nachfrageorganisation und eine Lieferorganisation Anwendung. Im Sinne eines zentralen Informationsmanagements leitet der CIO dabei aus der Geschäftsstrategie die IT-Strategie ab und setzt diese in IT-orientierte Regelungen um. Als Teil der Nachfrageorganisation bündelt er die IT-Bedarfe (Anforderungsmanagement) und Nachfrage und organisiert die Lieferbeziehungen mit IT-Dienstleistern (Dienstleistermanagement), um diese Nachfrage zu decken. IT-Dienstleister können interne IT-Abteilungen oder externe Dienstleister (z.B. Outsourcing Anbieter) sein [GAD06, S55].

Datei:Fig/bild1.png
IT Organisation als Nachfrage – Lieferbeziehung [GAD06, S55]

Um eine effiziente und effektive Unterstützung der Geschäftsprozesse sicherstellen zu können, müssen IT-Abteilungen heute leistungsfähige Services erbringen. Das Hauptziel der IT-Abteilung hat sich von der reinen Bereitstellung von Technologien zur Unterstützung der Geschäftsprozesse gewandelt und dieser Servicegedanke beeinflusst immer mehr die Gestaltung der IT-Organisation. Zentrale Forderungen sind dabei [TIE09, S364]

  • Zielorientiertes Handeln, ausgerichtet an der Geschäfts- und IT-Strategie
  • Klar definierte Ansprechpartner und Verantwortungen für bestimmte Aufgaben und auftretende Probleme
  • Umfassende Übersicht über den (Bearbeitungs-)Status laufender Projekte
  • Gewährleistung eines störungsfreien IT-Betriebs
  • Nachvollziehbarer und zielorientierter Informationsfluss innerhalb des IT-Bereichs und nach außen
  • Geregelte Abwicklung von Veränderungen (Changes) in der IT
  • Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit in der IT bei hoher Kosten- und Leistungstransparenz
  • Einheitliche Vorgaben für Dokumente aller Art (Projekt-, Prozessdokumentationen etc.)

Wenn IT-spezifische Organisationseinheiten mit unternehmensweiter Planung, Steuerung, Kontrolle und Standardisierung bezüglich Informationssysteme oder zentralen IT-spezifischen Dienstleistungen beauftragt sind, dann sind diese oft als Stabsabteilungen im Konzern angesiedelt. Wenn man die bisher beschriebenen Aspekte beachtet, können sich sehr unterschiedliche Formen der IT-Organisation im Unternehmen ergeben. Folgende Strukturen sind denkbar:

  • Zentrale EDV – Die Entwicklung, die Wartung, die Anwenderschulung und der Betrieb (Rechenzentrum) werden zentral abgewickelt.
  • Fachbereichs-EDV – Der Betrieb wird zentral abgewickelt. Die Entwicklung, die Wartung und die Anwenderschulung in der jeweiligen Fachabteilung.
  • Dezentraler Betrieb – Die Entwicklung, die Wartung und die Anwenderschulung sind zentral organisiert. Der Betrieb ist dezentral angesiedelt.
  • Dezentrale EDV – Alle Bereiche sind dezentral verankert.
  • Profit-Center EDV – Die Planung erfolgt fachspezifisch. Die Entwicklung, die Wartung, die Anwenderschulung und der Betrieb (Rechenzentrum) erfolgen als eigenständiges Tochterunternehmen mit Ergebnisverantwortung.
  • Outsourcing-EDV – Hier werden die Dienstleistungen nicht durch ein eigenes Tochterunternehmen erbracht, sondern durch Dritte [OS355].

Ablauforganisatorische Ausrichtung

Die Ablauforganisation betrifft die Prozesse im IT-Bereich. Bei den IT-Prozessen gewinnt das IT Service Management immer mehr Einfluss. Dazu ist die Identifikation, Beschreibung und Optimierung der IT-Prozesse notwendig. Durch diese Prozessorientierung soll gewährleistet werden, dass (nur) die vom Kunden erwarteten Dienstleistungen zuverlässig erbracht werden. Zur Unterstützung bei der Identifikation, Beschreibung und Dokumentation von IT-Serviceprozessen können Frameworks wie ITIL und CobiT herangezogen werden. Sie enthalten Leitfäden und Anleitungen, wie eine IT-Serviceorganisation strukturiert sein soll (siehe dazu auch Kapitel 1.1.3). In der Praxis werden IT-Serviceprozesse oft in folgende zwei Bereiche unterteilt [TIE09, S364f].

  • IT Service Support: Eher operative Management Prozesse mit Teilprozessen für Management von Incidents (Vorfälle, Störungen), Problems, Changes, Configuration und Releases
  • IT Service Delivery: Planende Management-Prozesse mit Teilprozessen für Management von Service Levels, Finance, Capacity, Service Continuity und Availability.


Stellenbildung und Personalbemessung

Eine Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit und stellt die auf eine Person bezogene Zusammenfassung von Teilaufgaben dar. Zu jeder Stelle sollte es auch eine Stellenbeschreibung geben. In der Stellenbeschreibung ist die Eingliederung des Stelleninhabers in die Organisationsstruktur, die zu erfüllenden Aufgaben (Stellenbildung), die zu erreichenden Ziele und die zur Aufgabenerfüllung benötigten Informationen dokumentiert. Grundlage für die Stellenbildung ist die Aufgabenanalyse. Die Aufgabenanalyse dient der systematischen Erfassung der Gesamtaufgabe einer Organisationseinheit mit dem Ziel, die erkannten Teilaufgaben sinnvoll zu Stellen, Abteilungen etc. zu kombinieren. In engem Zusammenhang mit der Stellenbildung steht die Stellenbemessung (Personalbemessung). Für eine Personalbemessung im IT-Bereich sollte beachtet werden, dass Personalumfang und Personalkosten begründet sind, die zeitgerechte Aufgabenerfüllung gewährleistet ist, die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter angemessen und gleichmäßig ist und eine Flexibilität gegenüber Veränderungen in der Aufgabenerledigung gegeben ist. Für die Ermittlung des erforderlichen Personalbedarfs können verschiedene, sich ergänzende Verfahren genutzt werden:

  • Analytische Ermittlung aufgabenorientierter Kennzahlen: Hier werden für jede Aufgabenart die Bearbeitungszeit, sowie die Aufgabenmenge ermittelt.
  • Verwenden von Richtzahlen aus Erfahrungswerten.

Wenn für die Bearbeitungszeit je Aufgabenart aus Erfahrungswerten gebildete Richtzahlen vorliegen, so können diese für die Ermittlung herangezogen werden. Die Richtzahlen geben dabei jene Aufgabenmenge an, die von einem Mitarbeiter innerhalb einer bestimmten Zeit geleistet werden kann.

Soziale Aspekte

Immer dann, wenn Menschen in einer Gruppe zusammenkommen, entstehen natürlich Reibeflächen, Konflikte, Dynamik und Hemmnisse. Es ist die Aufgabe des Projektmanagers, die Gruppe entsprechend zu beeinflussen, sodass die Projektziele erreicht werden können. Die Teamentwicklungsphasen sind dabei zu berücksichtigen

  • Forming: Formierungsphase
  • Storming: Konfliktphase
  • Norming: Normierungsphase
  • Performing: Leistungs- oder Arbeitsphase
  • Ending: Auflösung

Die Projektteammitglieder müssen demnach eine soziale Kompetenz hinsichtlich ihrer eigenen Person als auch Teamfähigkeit mitbringen. Durch die klare Aufgabenverteilung über die Projektrollen können individuelle Charaktereigenschaften auch für das Projekt genutzt werden. Nicht unerheblich ist das Konfliktpotential mit der Linienorganisation. Die Projektteammitglieder sind einer ständigen Zerrissenheit ihrer operativen Aufgabe gegenüber der Projektaufgabe ausgesetzt. Mögliche Ressourcenengpässe müssen von der Führungskraft rechtzeitig erkannt und über Interventionen geregelt werden. Diese können sein: Konfliktgespräch, Einzelinterview, Feedbackrunde, Priorisierungen, Reflexionen oder ähnliches. Emotionen beeinflussen ein Projekt ständig, vor allem wenn sich zwischen Projektteammitgliedern Reibeflächen auftun. Diese Spannungen müssen abgebaut werden, sodass sich die Mitarbeiterinnen inhaltlich möglichst umfassend der Sache widmen können [PMA08, S60ff].

Wiederholungsaufgaben

  1. Beschreiben Sie die Gliederung der IT in eine Nachfrageorganisation und eine Lieferorganisation.
  2. Wie soll die ablauforganisatorische Ausrichtung der IT erfolgen und was ist dabei zu beachten?
  3. Was ist ein Prozess?
  4. Was sind die grundsätzlichen Arten von Prozessen und wodurch unterscheiden sich diese?
  5. Welche Rahmenwerke zu IT-Prozessen kennen Sie?
  6. Was verstehen Sie unter Prozessmanagement?

Die Lösungen zu den Wiederholungsaufgaben finden Sie im Anhang.