Wie verhindert man Missverständnisse in der virtuellen Kommunikation?

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In der Erzählung "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry sagt der Fuchs überaus treffend zum kleinen Prinzen: "Die Sprache ist die Quelle der Missverständnisse". Schon in der analogen Kommunikation kommt es zu Missverständnissen: Eine Botschaft ist anders gemeint, als sie verstanden wird, beide Kommunikationsteilnehmer*innen glauben, auf dem richtigen Weg zu sein - und irgendwann "knallt" es, weil sie die ganze Zeit aneinander vorbeigeredet und -gehandelt haben. In der digitalen Welt potenziert sich dieses Phänomen. Online entstehen Missverständnisse wesentlich schneller. Das beginnt schon bei der E-Mail-Kommunikation.

Reduzierte Wahrnehmungskanäle, fehlende soziale Beeinflussung und fehlendes Feedback. Je weniger soziale Signale wir auffangen können, desto mehr Raum für Fehlinterpretationen öffnet sich. So kann geäußerte Kritik als viel stärker empfunden werden, als sie gemeint war - weil beispielsweise die freundschaftliche Hand auf der Schulter dabei gefehlt hat, die signalisiert: "Das ist eine gut gemeinte, konstruktive Kritik, die ich dir ans Herz legen möchte". Was mit einem gemeinsamen Plaudergang zur Kaffeemaschine in wenigen Minuten geklärt wäre, kann online zu einer anhaltenden Verschlechterung des Arbeitsflusses beitragen.

Im Folgenden haben wir ein paar Ideen gesammelt, von denen wir glauben, dass sie hilfreich sind, um Missverständnissen vorzubeugen. Ganz ausschließen kann man sie allerdings dadurch nicht:

Zeit fürs Kennenlernen: Vor der virtuellen geschriebenen Kommunikation sollte die virtuelle telefonische Kommunikation mit Video kommen. So kann man Kolleg*innen auch virtuell wirklich gut kennen- und einschätzen lernen. Sobald eine gewisse (Vertrauens-)Basis da ist, wird auch die geschriebene virtuelle Kommunikation besser funktionieren. Bei vielen virtuellen Teams haben sich die Mitglieder vorher (im analogen Arbeitsmodus) persönlich kennengelernt, bevor sie in die virtuelle Welt eingetaucht sind. Sollte man jedoch nie in die Gelegenheit kommen, die Kolleg*innen persönlich kennenzulernen (wegen Entfernung), wird ein aktiver Vertrauensaufbau empfohlen, der beispielsweise durch regelmäßige Teambuilding-Maßnahmen aufgebaut werden kann.

Regelmäßige Abstimmungen: Regelmäßige Abstimmungsrunden (Jour Fixe, "Dailys", udgl.) zum Fertigstellungsgrad, geänderten Anforderungen, ... sind wichtig. Zum Beispiel kann man sich jeden Morgen für ein kurzes virtuelles "Daily" treffen, um die unterschiedlichen (Projekt-)Statuse zu berichten, Teaminterne und Teamübergreifende Themen und Termin-Blocker/Überschneidungen zu besprechen. So ist man immer up to date, was bei den anderen los ist. Außerdem kann, wenn Zeit ist, auch noch kurz "privat" geplaudert werden ("Flurfunk").

Dokumentation/Memos: Am Ende einer Nachricht wiederholen bzw. zusammenfassen, was besprochen wurde, damit man sichergehen kann, dass man alles richtig verstanden hat. Wenn man sich verbal (Telefon, Teams, etc.) abstimmt, dann die getroffenen Entscheidungen bei Projekten, Gruppenarbeiten oder Vereinbarungen schriftlich via Chat oder Email (Memo) zusammenfassen und um Berichtigung/Ergänzung ersuchen, um zu klären, falls etwas nicht so im virtuellen Raum festgelegt wurde. Das kurze Memo oder Protokoll bei Bedarf am Anfang des nächsten Meetings wieder mit den Kolleg*innen durchgehen. Ebenso empfehlenswert: Eine ausführliche Dokumentation von Anforderungen und Ergebnissen.

Eigene Kommunikation für sich selber "kritisch lesen": Mehrmals eine Nachricht durchlesen, bevor man sie abschickt, um herauszufinden, ob man sie auch anders verstehen kann. Wenn man beim Schreiben einer Mail oder Nachricht drauf kommt, dass es vielleicht besser ist, die Person anzurufen, dann auf das eigene Gefühl vertrauen und lieber zum Hörer greifen.

Videotelefonate bevorzugen: Videocalls oder Anrufe anstatt E-Mails und Textnachrichten. Wenn etwas unklar ist, das Kommunizierte in eigenen Worten noch einmal wiedergeben und nachfragen, ob es richtig verstanden wurde. Falls man selbst mitbekommt, dass das Gegenüber es vielleicht falsch aufgenommen hat, dann gleich versuchen, das Gesagte in anderen Worten noch einmal zu erklären.

Einwandfreie technische Infrastruktur zum Kollaborieren: Gut funktionierende Kanäle für die virtuelle Zusammenarbeit bzw. das virtuelle Lernen wählen. Außerdem sollten sich auch alle Beteiligten gut damit auskennen.

Gemeinsame Dokumentenbearbeitung: Gemeinsames Bearbeiten von Dokumenten via Google Docs, O365 Word, etc.

Klare Kommunikation: Klare und gezielte Fragen stellen. Antworten wiederholen, um festzustellen, ob alles richtig verstanden wurde.

Höchstmögliche Präzision: Exakte Angaben für Sitzungen, Zeit, Handlungsanweisungen, etc. festlegen.

Rollen bzw. Aufgaben- und Verantwortungsbereiche klar definieren: So wie das auch bei analogen Teams schon der Fall sein sollte.

Erreichbarkeit festlegen: Wer kann, wann, wem schreiben/anrufen. Das ist wichtig, denn nicht alle haben die gleichen Arbeitenzeiten und -rhythmen. Manche arbeiten zB täglich von 7:15 Uhr bis ca. 16:15 Uhr, andere schon 5 Uhr morgens oder erst abends. Die anderen sollten die Arbeitszeiten der Einzelnen kennen oder wissen, wo sie nachschauen können (Zeiterfassung, Teams, geteilte Kalender, ...).

  • Beispiel FernFH: Bei uns gibt es ein hauseigenes Zeiterfassungs- und Kommunikationstool (Teams). Darüber kann man bei jeder*m sehen, ob er*sie gerade arbeitet, online ist oder nicht. Wenn man in Terminen oder Telefonaten ist, wird dies auch angezeigt. Zudem hat man die Möglichkeit anzugeben, dass man gerade nicht gestört werden möchte.
  • Studierenden-Beispiel: Wir haben im Team die Regelung, dass unsere Termine nach dem "Daily" um 9:00 Uhr starten und nur bis 17:00 Uhr eingestellt werden. Wer danach und davor arbeiten möchte, kann dies tun. 

Visualisierungen: Wie Screenshots, Diagramme, etc., da diese vieles oftmals leichter verständlich machen.

Emoticons: Wenn es angemessen ist, dann ggf. Emoticons verwenden, um die Kernaussage zu unterstreichen.

Nutzung von Score Cards: Um einen optischen Eindruck über den Fortschritt/Zustand zu kommunizieren. Das hilft gelegentlich den Fokus auf gerade relevante Unregelmäßigkeiten zu lenken.

Allgemein gültige Regeln der Kommunikation befolgen: Ausreden lassen, zuhören, keinen Druck aufbauen, nachfragen, Feedback einholen und mit konstruktivem Feedback reagieren.