ML1 - Remote-Teams

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Virtuelles Team - ja oder nein?Welche spezifischen Gründe oder Vorteile sprechen für virtuelle Teams?

Welche Erfahrungen gibt es, insbesondere von Unternehmen wie Microsoft, GitLab, ..., die international tätig sind und bereits seit langem virtuelle Teams einsetzen?

Welche Herausforderungen virtueller Teams gibt es?

Wie kann die Zahl an Besprechungen niedrig gehalten werden?

Welche Tipps für das Gelingen virtueller Gruppen- bzw. Teamarbeit gibt es?

Wie kann Vertrauen virtuell gefördert werden?

Wie schaffe ich in Kontinuität ein virtuelles Team zu motivieren?

Wie kann man in virtuellen Teams dafür sorgen, dass der Informationsaustausch flüssig bleibt?

[[Welche bewährten Methoden und Strategien können angewendet werden, um effektiv an einem äußerst komplexen Projekt zu arbeiten, bei dem Teammitglieder über insgesamt sieben verschiedene Länder verteilt sind, insbesondere im Kontext des virtuellen Arbeitens und Lernens?]]

Welche Faktoren und Anreize tragen dazu bei, dass Teilnehmer an virtueller Zusammenarbeit motiviert sind und sich aktiv engagieren?

In diesem Kapitel beschäftigen Sie sich mit Vorteilen und Erfolgsfaktoren virtueller Teamarbeit. Mythen der virtuellen Teamarbeit werden mit der Realität verglichen und auch die Grenzen virtueller Teams aufgezeigt. Intensiv können Sie sich mit den drei Erfolgsfaktoren "Gemeinsame Vision", "Vertrauen und Sicherheit" sowie dem Schlüsselfaktor "Medienkompetenz" beschäftigen.

Das Sechs-Stufen-Modell virtueller Teambildung wird vorgestellt und kritische Phasen der Teamentwicklung beleuchtet. Rollen in virtuellen Teams und die zentrale Rolle der Projektleitung in virtuellen Teams beleuchten die beiden weiteren Schritte.

Danach zeigen wir Herausforderungen virtueller Teamarbeit und natürlich Lösungsvorschläge. Im letzten Schritt erfahren Sie mehr zum Umgang mit virtuellen Problemfällen.

Virtuelles Team - ja oder nein?

Ein virtuelles Team besteht aus mehreren Mitgliedern, die gemeinsam ein Projekt bearbeiten – ohne regelmäßigen persönlichen Kontakt zu haben.

Die Kommunikation und Kooperation der Teammitglieder erfolgt Mithilfe von technischen Hilfsmitteln. Sie nutzen zur Zusammenarbeit E-Mail, Chats, virtuelle Teamarbeitsräume, Videokonferenzen, aber auch Telefon und Telefonkonferenzen.
Die Teammitglieder arbeiten räumlich verteilt, manchmal sogar in unterschiedlichen Zeitzonen. Virtuelle Teams sind real – sie bestehen aus “wirklichen“ Menschen und sie können „wirkliche“ Teams sein.

Nachstehend ein paar Fragen, die Ihnen bei der Beurteilung und Entscheidung eines virtuellen Teams helfen können:
  • Benötigt das Projekt oder die Aufgabe ein hohes Maß an direkter Arbeit mit Kund*innen?
  • Ist es wichtig, dass ausführliche Tests der produzierten Materialien durchgeführt werden?
  • Ist das Produkt sehr komplex und braucht ständig viel Interaktion, um sicherzustellen, dass es wirklich funktioniert?
  • Gibt es eine spezielle Ausrüstung für die Aufgabe, die nicht im Homeoffice stehen kann?
  • Gibt es mögliche Sicherheitsrisiken, die nur vermieden werden können wenn die Mitarbeiter*innen im Büro sind?
Wenn Sie auf mehr als eine oder zwei der Fragen mit ja antworten, dann ist es wahrscheinlich klüger ein Team zentral in einem traditionellen Büro anzusiedeln.

Begriffsdefinition

Manche sagen, verteilte Teams, andere wiederum greifen auf die englischen Begriffe "Virtual Teams", "Remote Teams" oder "Distributed Teams" zurück. Egal, welchen der Begriffe Sie als Grundlage nehmen, zunächst geht es immer um eines: Eine bestimmte Anzahl von Menschen, die zusammenarbeiten und nicht am gleichen Standort sitzen. Die Ausprägung dieser Grundlage sieht dann je nach Team ganz unterschiedlich aus.

Es gibt virtuelle Teams, bei denen alle Mitarbeiter*innen zu einer Firma gehören. Das kann zB bedeuten, dass ein Teil des Teams in Deutschland sitzt, ein anderer in Österreich. Der Chef des Teams sitzt vielleicht auch in Deutschland. Wird das Team erweitert, ist es auch möglich, dass Mitarbeiter*innen aus Italien, Frankreich oder Spanien noch hinzukommen. Selbstverständlich sind räumlichen Möglichkeiten hier keine Begrenzungen gesetzt. Das ganze Team könnte auch über mehrere Kontinente verteilt sitzen. Aber das Land alleine ist es nicht. Stellen wir uns weiter vor, dass die oben genannte Firma in Deutschland und Österreich schon feste Standorte unterhält. In Italien hat sie Büros angemietet. In Deutschland gehört ihr ein eigenes Gebäude. Jetzt steht die Erweiterung an. Weil in Spanien gerade erst der Markt erobert werden soll, wird hier erst einmal ein einzelne*r Mitarbeiter*in eingestellt. Um die Kosten im Griff zu behalten, bekommt sie*er kein gemietetes Büro. Stattdessen stellt ihr*ihm die Firma Laptop und Handy, sowie ein Auto zur Verfügung, und übernimmt die anfallenden Kosten für ihre*seine Telekommunikation von zu Hasue aus. Nehmen wir jetzt einfach einmal an, die Firma entwickelt sich sehr gut weiter. Steht ein neues Projekt an, bei dem eine neue Software programmiert werden soll. Die Recherchen der Firma ergeben, dass die*der Expert*in genau für dieses Programm in Indien sitzt. Sie*er hat allerdings kein Interesse daran, fest angestellt zu werden, da sie*er erfolgreich als Freelancer arbeitet. Auch sie*er wird jetzt ins Team eingebunden.

Tatsächlich gehören alle dieser unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit unter das Stichwort "Virtuelles Team".

Der Begriff "virtuell" hat den gleichen Wortstamm wie "Virtualität" (Kraft, Möglichkeit) und beschreibt damit sehr treffend das Potenzial das virtuelle Teams in sich bergen. Wie wir aber auch durch die COVID-19 Pandemie bestätigt bekommen haben, wird sich rein auf technische Lösungen zu verlassen, wie etwa schlicht ein Webkonferenztool zur Verfügung zu stellen, kaum zu einer erfolgreichen virtuellen Zusammenarbeit führen. Neben den technischen Rahmenbedingungen bedarf es auch einer klaren Rollenverteilung und umfassender Telekooperationskompetenz. Außerdem muss auch bedacht werden, dass das nötige Commitment der einzelnen Personen innerhalb eines Teams vorhanden ist, und entsprechende Unterstützungsangebote eingeplant werden, um dieses zu fördern.

Formen virtueller Teams

[ Virtuelle Teams existieren in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Die folgende Einteilung folgt der Klassifikation nach Aufgabenbezogenheit von Duarte und Snyder.][]

  • Vernetzte Teams
    Bestehen aus einem losen Netzwerk von Einzelpersonen mit "ExpertInnenstatus", deren Zusammenarbeit ein gemeinsames Ziel hat. Beispiel: Die EntwicklerInnengemeinschaft der Open Source- Software Moodle.
  • Parallele Teams
    In einem parallelem Team kennen die Mitglieder einander. Die Teamstrukturen sind sehr klar definiert. So bestehen sie aus einer bestimmten Anzahl an Mitgliedern, die immer wieder in derselben Formation, meist für einen kurzen Zeitraum, zusammenarbeiten und als Team in der Organisation verankert sind. Parallele Teams werden dafür eingesetzt, Problemlösungen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, welche die Organisationen in den herkömmlichen Strukturen nicht lösen können.
    Beispiel: wenn Verbesserungen von Standards oder Prozessen erzielt werden sollen, wie zB Mobile Working Richtlinien.
  • Projekt- bzw. Entwicklungsteams
    Diese Teams bestehen für einen längeren Zeitraum. Ihre Aufgabe besteht in der Erarbeitung eines Projekts oder Produkts für eine*n Kund*in oder Nutzer*in. Nachdem das Projekt abgeschlossen ist oder die Produkte entwickelt wurden, werden die Teams wieder aufgelöst. Das Projektziel ist in einem Projektauftrag klar definiert und die Entscheidung zur Erreichung des Ziels obliegt dem Team.
    Beispiel: Die Entwicklung eines Informationssystems, also normalerweise für Nicht-Routine-Aufgaben.
  • Arbeits- bzw. Produktionsteams
    Arbeits- bzw. Produktionsteams arbeiten fortlaufend zusammen und weisen klare Teamstrukturen auf. Die Anzahl der Mitglieder und deren Fertigkeiten und Fähigkeiten sind genau festgelegt. Dabei kann die Zusammensetzung der Mitglieder auch grenzüberschreitend erfolgen, nach gleichen Abteilungen, zB Forschung und Entwicklung. Beispiele: Softwareindustrie oder bei der Einbindung von Tele-WorkerInnen in den Organisationsalltag.
  • Service-Teams oder Dienstleistungsteams
    Service-Teams oder Dienstleistungsteams können global verstreute Teams sein, die aber einer Organisation angehören. Ihre Aufgabe ist die Unterstützung der KundInnen oder der internen Organisation. Sie zeichnen sich durch ihre ständige Verfügbarkeit aus. So kann auf Kund*innenwünsche zu jeder Tages- und Nachtzeit reagiert werden. Jedes Team arbeitet an Problemen und Lösungen, die nach Arbeitsende an ein anderes weitervermittelt werden. Das macht ein Arbeiten rund um die Uhr möglich. Beispiele: Service und technischer Support.
  • 'Management-'Teams
    Diese Form von  Teams sind typisch für die Managementebene globaler und multinationaler Konzerne. Sie sind meistens mit Teammitgliedern, die aus dem Topmanagement kommen, besetzt. Die Teammitglieder gehören in der Regel einer Organisation an, können aber geographisch und zeitlich verteilt sein. Sie arbeiten fortlaufend zusammen. Beispiele: um Entscheidungen über gemeinsame Ziele zu treffen bzw. neue Herausforderungen, die ganze Organisation betreffend, zu diskutieren.
  • Action Teams
    Auch Action Teams, die für Gefahren- und Notfälle sowie spezielle Situationen eingesetzt werden, arbeiten zunehmend auf virtueller Basis zusammen. Sie bestehen meist aus organisationsübergreifenden Mitgliedern. Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit steht vor allem die schnelle Übermittlung von Informationen, Daten, etc. Beispiele: Tornado-Vorhersage, die Flugkontrollteams von Weltraummissionen, Fernsehteams, die aus dem Ausland über Ereignisse berichten und mittels Liveschaltung mit den Personen im nationalen Studio korrespondieren.

Vorurteile und Realität von virtuellen Teams

[ „Bitte versuch mir nicht zu erklären, dass es so etwas wie ein virtuelles Team gibt. Eine virtuelle Arbeitsgruppe von mir aus – aber ein Team nie im Leben.“ - kommt Ihnen das bekannt vor? Entweder weil Sie selbst davon überzeugt sind oder weil Sie diese oder ähnliche Aussagen selbst gehört haben? ]

Werfen wir gemeinsam einen Blick auf die gängigsten Vorbehalte gegenüber virtueller Teamarbeit.

Vorurteil 1: Virtuelle Teams sind nie so effektiv wie herkömmliche Teams, die gemeinsam an einem Ort arbeiten.
Realität:
Unter optimalen Rahmenbedingungen sind virtuelle Teams mindestens genauso effektiv wie herkömmliche Teams. In vielen Fällen übertreffen die Ergebnisse virtueller Teamarbeit jene herkömmlicher Teams. Damit virtuelle Teams ihre Aufgaben effektiv und effizient lösen können, müssen bestimmte Bedingungen gegeben sein.

Vorurteil 2: Wenn die Dinge in einem virtuellen Team schlecht laufen, dann ist die Technologie schuld daran.
Realität:
Die Technologie kann ein Stolperstein für virtuelle Teams sein. Nicht immer können die eingesetzten Kommunikationstools, die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Entweder weil sie für die tägliche Arbeit in ihrer Funktionalität nicht den Bedürfnissen des Teams entsprechen oder weil sie nicht für alle Teammitglieder leicht verfügbar sind. Virtuelle Teams scheitern in der Praxis jedoch viel häufiger an nicht-technologischen Problemen, wie z.B. mangelndem Projektmanagement und ungenügenden Absprachen.

Vorurteile 3: Face–to-face Kommunikation ist die beste Umgebung für Kooperation und alles andere ist nur ein fauler Kompromiss.
Qualitativ hochwertige Arbeitsprozesse und Ergebnisse können in unterschiedlichen Umgebungen entstehen. Wesentlich sind die Bereitschaft und Fähigkeit sich umweltangepasst zu verhalten. Vielfach sind Unsicherheit und fehlende umfassende Medienkompetenz der wahre Hintergrund dieser Aussage

Vorurteil 4: Teamleiter virtueller Teams müssen „Technologiefreaks“ sein
Ein gewisses Grundwissen über die Kommunikationstools ist sicher nötig. Die Projektleitung virtueller Teams erfordert aber weitaus mehr Kenntnisse über virtuelle Teamdynamik und Zusammenarbeit.

Vorurteil 5: Die Teamdynamik ist die Gleiche, egal ob es sich um ein herkömmliches Team oder ein virtuelles Team handelt.
Natürlich sind die Kernfragen ähnlich gelagert: Wie kooperieren wir? Wie managen wir die Kernprozesse? Wer übernimmt welche Rolle? Wie lösen wir Konflikte?

Ideen für eine gelungene virtuelle Teamarbeit

Einen Kommunikationsleitfaden zu verfassen trägt in wesentlichen Teilen dazu bei, ob das virtuelle Team gelingen wird. Idealerweise legt das gesamte Team die Leitlinien für das Arbeiten im Homeoffice gemeinsam fest. Auf diese Art wird sichergestellt, dass die einzelnen Mitglieder sich als Teil des großen Ganzen sehen, sich aktiv am Prozess beteiligen und mit Motivation die vereinbarten Regeln auch in der Praxis anwenden.

Neben Fragen zur Erreichbarkeit und Antwortzeiten sind allgemein gültige Kommunikations- und Besprechungsregeln in solch einem Leitfaden empfehlenswert. Klassische Dos und Don'ts zu formulieren, ist beim Erstellen eines Leitfadens ein guter Startschuss.

Die verpflichtende Antwortzeit

Es klingt zunächst einleuchtend: Wer im Call oder einem Meeting sitzt, kann nicht zeitgleich auf E-Mail reagieren. Doch, warum antwortet die*der Kolleg*in auch zwei Stunden nach dem Termin noch nicht? Im Büro würde ich wohl schnell zu ihm an den Schreibtisch treten und sie*ihn bitten die dringende Email kurz zu prüfen. Virtuell ist das auf diese Art und Weise jedoch nicht möglich. Aus diesem Grund ist es im Vorfeld wichtig, über notwendige Antwortzeiten zu diskutieren und verbindliche Richtlinien einzufordern.

Die verbindliche Erreichbarkeit

Ähnlich verhält es sich mit der Erreichbarkeit des Teams. Ist gewünscht, dass das Team gemeinsam mit der Arbeit startet oder gibt es eine Kern- oder Gleitzeit für das gesamte Team? Sollen sich Mitglieder beim Kommen und Gehen an- bzw. abmelden, und wie wird die kurze Abwesenheit bei Kaffeepausen, Kund*innenterminen oder Meetings kommuniziert? Diese Information ist nicht zuletzt auch für die Kolleg*innen von Relevanz, weshalb eine klare Definition wertvoll sein kann. 

Die empfohlenen Kommunikationskanäle

Die Frage nach den allgemeinen Regeln für die interne Kommunikation entscheidet oftmals über die Effizienz bzw. Ineffizienz des Homeoffice. Indem beispielsweise für spezielle Anlässe jeweils definierte Kommunikationskanäle vereinbart werden, kann ein Unterschied im angeschlagenen Ton eher herausgehört und damit ein Konflikt bereits im Frühstadium abgefangen werden. In diesem Punkt soll beispielsweise dezidiert geregelt werden, wie Kritik übermittelt werden soll. 

Das regelmäßige Meeting

Der tägliche Austausch in Form eines morgenlichen Standup-Meetings ist bei vielen erfolgreichen Teams gelebte Realität. Gerade virtuell ist der tägliche Austausch besonders wichtig, insbesondere Video-Meetings für das gegenseitige Sehen der Kolleg*innen sind dabei von Vorteil. Neben dem morgendlichen Standup-Meeting führen einige Teams auch ein zusätzliches Abend-Meeting. Wieder andere Teams hören sich sogar zwischendurch noch einmal kurz nach der Lunchpause.

Die verfügbare Telefonliste

Sollte einmal schnell eine Information von einem konkreten Teamkollegen notwendig werden, führt wohl kein Weg an einem kurzen Telefonat vorbei. Für diesen Zweck hilft es eine eigene Telefonliste zur Verfügung zu stellen, die alle Nummern des Teams zentral und idealerweise auch passwortgeschützt bereithält. Die Bereitschaft seine eigene Telefonnummer in solch einer Liste eingetragen zu wissen, muss jedoch vorne weg von den einzelnen  Teammitgliedern eingeholt werden.

Immerhin haben viele Angestellte kein offizielles Firmenhandy oder einen umgeleiteten Firmenanschluss und verwenden virtuell oftmals ihre Privatnummern. Es kann auch durchaus der Fall sein, dass einzelne Kolleg*innen die teaminterne Verwendung gutheißen, es jedoch nicht dulden, wenn Nummern an externe Partner*innen außerhalb des Teams weitergeleitet werden.

Die hilfreiche Kalendereinsicht

Einen Blick in den Kalender der Kolleg*innen kann oftmals Verwirrungen verhindern und manch kurze Rücksprache erübrigen. Die Freigabe eines gut gepflegten Kalenders ist meist ein Gewinn für alle beteiligten Personen und ein gut gemeinter Rat von vielen Remote-Work-Expert*innen. Insbesondere für Meetings ist zu empfehlen, dass Mitglieder den Einladungen verpflichtend zu- oder absagen müssen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewähren und Überschneidungen zu vermeiden. Ohne die Information über die anwesenden Personen lässt sich ein Meeting auch nur schwer planen. Auf der anderen Seite wird beim Blick in den Kalender einer*eines Kollegen*Kollegin schnell klar, wieso er auf die dringende E-Mail noch nicht geantwortet hat. Steht im Kalender ein externer Termin mit einer*einem Partner*in oder Kund*in, ist das Rätsel über die ausbleinende Antwort schnell gelöst.

Die notwendige Transparenz

Wenn das Whiteboard im Büro wegfällt, scheint sich zunächst die Aufteilung der einzelnen Arbeitsaufgaben in ein großes Kunststück zu verwandeln. Virtuell nimmt jedoch die passende Projektmanagement-Software diesen Platz ein und bildet offene Aufgaben transparent und für jeden nachvollziehbar ab. Mit ihr lassen sich Ziele gut festhalten und Kontrollmöglichkeiten ergeben sich meist mit nur wenigen Klicks. Selbstverständlich führt kein Weg an der Kommuniation dieser Aufgabenzuteilung vorbei.

Weitere Erfolgsfaktoren

Oft sind es kleine Nuancen, die über Erfolg oder Misserfolg eines Remote-Teams entscheiden. Um an dieser Stelle von den erfolgreichen Teams zu lernen, blicken wir nun auf weitere konkrete Erfolgstipps, die sich in der Praxis als zentral für den Erfolg eines virtuellen Teams herausgestellt haben:

Klärung von Sinn und Nutzen der virtuellen Teamarbeit
Das bedeutet Auftrag, Ziele, Aufgaben und erwünschte Ergebnisse sind allen Teammitgliedern klar. 

Klarheit über die Erwartungen von Anspruchsteller*innen
Organisationsübergreifende virtuelle Teams befinden sich in der Situation, dass nicht nur die Teammitglieder in Entscheidungen eingebunden werden müssen. Auftraggeber_innen, Vorgesetzte und/oder Kolleg_innen haben ebenfalls Erwartungen und Ansprüche an das Team und dessen Arbeitsergebnisse. Stakeholder_innen mit einer Vielfalt an Ansprüchen und Erwartungen werden so zu unsichtbaren Teammitgliedern. Sie können die Arbeit in virtuellen Teams fördern oder zum Scheitern bringen. Je klarer diese Ansprüche geklärt und offen im Team diskutiert werden, desto erfolgreicher werden die Teams agieren können.

Ein gemeinsames Verständnis der Teammitgliedschaft
Alle Formen von Teams funktionieren besser, wenn sich die Teammitglieder in ihren Fähigkeiten, Wissensbereichen und Erfahrungen ergänzen. Virtuelle Teams stehen oft vor der Situation, dass die volle Bandbreite der Fähigkeiten und Kenntnisse nicht bekannt ist. In den meisten virtuellen Teams ist ein Kernteam hauptverantwortlich für den Erfolg der gemeinsamen Arbeit. Es ist wesentlich dieses Kernteam möglichst früh im Teambildungsprozess zu identifizieren und auch welche Teammitglieder aufgrund diverser Faktoren eher im „erweiterten“ Team zu finden sind. Dadurch ist auch klarer, wann das Team in der Situation ist zusätzliche Unterstützung von außen zu benötigen. Ein wesentlicher Aspekt ist auch die Klärung der Rollen und Verantwortungsbereiche.

Aufbau von Beziehungen
Wie zahlreiche Untersuchungen zum Thema „Erfolg in virtuellen Teams“ zeigen, ist der Aufbau von Beziehungen ein wesentlicher Faktor für die Performance von virtuellen Teams. Beziehungen in virtuellen Teams entstehen nicht quasi nebenbei. Die Teammitglieder benötigen Zeit und Ressourcen um einander kennen zu lernen. Auch wenn die Zeit knapp ist, sollte dem Beziehungsaufbau Raum gegeben werden, auch wenn dieser kein alleiniger Garant für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sein kann. Es ist wesentlich den passenden Zeitpunkt zum Start des konkreten Arbeitens zu finden, da hier auch der Wechsel von der Beziehungsorientierung zur Aufgabenorientierung verpasst werden kann, und eine produktive Zusammenarbeit wiederrum nicht stattfindet.

Institutionalisieren von Kommunikationspraktiken und Vorgehensweisen
Der Lebensnerv eines virtuellen Teams ist Kommunikation. Hier soll nicht die Technologie im Vordergrund stehen, sondern die Diskussion und das Vereinbaren eines Regelwerks für die gemeinsame Kommunikation.

Beugen Sie dem Lagerkoller im Homeoffice proaktiv vor
Ein Aspekt, den einige Remote-Arbeitende von Beginn weg spüren und andere erst nach einigen Wochen (oder auch nie) erleben, ist das Gefühl des Lagerkollers aufgrund der fehlenden Nähe zu den Arbeitskolleg*innen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Auch wenn er täglich per Videocall und Team-Meetings mit anderen Menschen interagiert, fehlt ihm im Homeoffice oftmals die soziale Nähe zu Mitmenschen. Für Remote Arbeitende, die ihre Pausen mit der Frau oder den Kindern im Spielzimmer verbringen können, ist diese Gefühlslage sehr wahrscheinlich weniger relevant. Verbringt eine Person jedoch den ganzen Tag alleine zu Hause, so wäre es eine Idee sich nach dem Arbeitsende bewusst mit Freunden außerhalb der Wohnung zu verabreden und die sozialen Kontakte aufleben zu lassen. Auch der Besuch eines Coworking Spaces kann diesem Gefühl der Einsamkeit abhelfen, immerhin sind dort Gespräche an der Kaffeemaschine oder mit dem benachbarten Coworker genauso alltäglich, wie sie es im Großraumbüro sind. Für manche Personen mag auch ein virtuell abgehaltenes Teamevent die Lücke des Lagerkollers erfolgreich füllen.

Praxisbeispiel

Anna nimmt an einer Weiterbildung teil, die von ihrem Arbeitgeber zur Gänze bezahlt wird. Die für den Abschluss nötige Projektarbeit wird in einem virtuellen Team von sechs Personen durchgeführt. Das Team ist sich bei einem ersten Präsenztreffen sehr schnell über Thema und Projektablauf einig. Im Laufe der weiteren virtuellen Zusammenarbeit droht Anna scheinbar unmotiviert immer wieder das Team zu verlassen.

Was war der Hintergrund?


Annas Chefin hatte eine sehr klare Vorstellung über Annas Projektarbeit – sie sollte für das Unternehmen unmittelbar verwertbar sein. Leider hat sie das vor Beginn der Weiterbildung Anna gegenüber nicht deutlich ausgedrückt. Im Laufe der Projektarbeit finden sich Anna und ihr Team in der Situation, dass plötzlich vorher nicht vereinbarte Anforderungen an das Team und sein Projekt gestellt werden.

Fähigkeiten und Fertigkeiten einzelner Teammitglieder

Aus den vorhergehenden Kapitel ergeben sich folgende Fähigkeiten und Fertigkeiten, die einzelne Teammitglieder für das Arbeiten in virtuellen Teams mitbringen sollten:

  • zwischen wichtigen und unwichtigen Aufgaben trennen können,
  • sich schnell einen strukturierten Überblick über die zu erledigenden Tätigkeiten verschaffen können,
  • fachliche Zusammenhänge und Probleme formulieren können,
  • Arbeitsaufwände richtig einschätzen können,
  • mit freier Zeiteinteilung umgehen können,
  • auch unter Zeitdruck arbeiten können,
  • termingerechtes Arbeiten gewohnt sein,
  • seine Tätigkeiten dokumentieren können,
  • belastbar sein,
  • die technische Infrastruktur gut und sinnvoll einsetzen können,
  • offen für Weiterbildung sein,
  • Spaß am Arbeiten haben,
  • an mehreren Projekten parallel arbeiten können,
  • Beruf und Privatleben trennen können.

Motivationsfaktoren

Hier finden Sie eine Sammlung von Motivationsfaktoren für virtuelle Teams, die wir innerhalb dieser Lehrveranstaltung gesammelt haben.

Mich motiviert/motivieren ...
  • Freiraum: Wenn ich im Team Verantwortung übernehmen und Entscheidungen selbst treffen darf.
  • flexible Zeiterfassungsmodelle, wie Gleitzeit.
  • der Fokus auf Ergebnisse: Wenn nicht nach Zeit, sondern nach Ergebnissen bezahlt wird.
  • regelmäßige Absprachen in Jour Fixes, "Dailys", udgl.
  • Vertrauen von Führungskräften.
  • problemlösungsorientiertes Arbeiten.
  • All-Hands Meetings, bei denen ich entscheiden kann, ob ich persönlich oder virtuell teilnehme, d.h. es werden beide Möglichkeiten für interne Meetings angeboten.
  • eine funktionierende technische Infrastruktur und entsprechende Ausstattung für jede*n. Dazu gehören auch Kollaborationstools, die zur Verfügung gestellt werden und von jeder*jedem bedient werden können.
  • die Möglichkeit, die zur Verfügung gestellten Geräte privat und beruflich zu nutzen.
  • die gemeinsame Dokumentenbearbeitung: Wenn man gemeinsam an einem Dokument arbeitet und dieses nicht wie bei anderen Tools "auschecken" muss, sondern gleichzeitig arbeiten kann, dann fördert es sehr die Zusammenarbeit.
  • Blockzeiten zum konzentrierten Arbeiten.

Teamgeist stärken - Teambuilding-Maßnahmen

"Wer zusammen lachen kann, arbeitet in der Regel auch gut bzw. besser miteinander". Robert Orben

Für ein virtuelles Team ist die soziale Vernetzung der Teammitglieder besonders wichtig, da dadurch der informelle Informationsaustausch erfolgt. Und der fördert nicht nur Toleranz und Verständnis für die anderen Teammitglieder, sondern ist auch wichtig für effektives Arbeiten. Doch das gemeinsame Lachen fällt über das Telefon, den Videocall oder die E-mail mitunter seltener aus, so zumindest der gängige Tenor. Um dem entgegen zu wirken, haben sich Start-ups und Remote-Unternehmen einige lustige und motivierende Ideen überlegt, wie sie für gute Stimmung in der Remote-Arbeit sorgen können. Da gibt es einige kreative Ideen für den Feierabend, und noch weit kreativere für die Pausenzeit während der Arbeit. Immerhin sind gemeinsame Pausen auch bei Remote-Teams möglich, es ist dies nur eine Frage der Organisation. Und so kann die soziale Vernetzung im Team gezielt gefördert werden:

Virtueller Pausenraum: Eine beliebte und recht erfolgreiche Idee ist es, im Messenger-programm der Wahl (zB Slack) einen eigenen "Pausenraum" einzurichten. In diesem Chat können sich Mitarbeiter*innen bewusst zwischen den Phasen des "Deep Work" treffen, kurz verschnaufen, sich locker über ein Thema abseits der Arbeit unterhalten oder lustige Videos miteinander teilen. Das Unternehmen "37 signals" nennt diesen Chat lustigerweise den "Wasserspender". Im Büro würden die Mitarbeiter*innen in der Pause kurz vom Schreibtisch aufstehen, zum Wasserspender gehen und sich ein frisches Glas Wasser holen. In der Regel treffen sie dort auf einen Kollegen und unterhalten sich ein wenig mit ihm. Virtuell kann diese "Zufallsbegegnung mit Kolleg*innen" in einem dafür definierten Chat stattfinden.
Der große Vorteil von solch virtuellen Pausenräumen ist es, dass die Mitglieder ihre Pausen gemeinsam verbringe und gemeinsam lockere, lustige oder unterhaltsame Momente erleben - das verbindet. Außerdem erscheint der Mitarbeiter*in nur zu dem Zeitpunkt im virtuellen Pausenraum, wenn er*sie gerade eine Pause benötigt. Er*sie wird also nicht aus einer Phase des "Deep Work" herausgerissen und kann seinem natürlichen Arbeitsrhythmus folgen.